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Hinz&Kunzt 301 März 2018

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Sie engagieren sich für Oberndorf: Barbara Schubert (links oben) leitet die Kombüse. Christian Beckmann (rechts oben)<br />

gründet die Freie Schule. Bert Frisch und seine Frau Marlene wiederum halten die Fäden bei der<br />

Ostewert AG zusammen, und Detlef Horeis ist nicht nur Bürgermeister, sondern auch als Schiedsrichter aktiv.<br />

einen Berater aus Berlin an. Der habe<br />

ihnen erklärt, dass das Jammern und<br />

Klagen nichts bringe, erinnert sich<br />

Frisch. Und dann habe der Berater gesagt:<br />

„Ihr müsst euch selber retten. Mit<br />

dem, was ihr habt und was ihr könnt.“<br />

Aber Oberndorf ist klein. „1465<br />

Einwohner – wenn Käthe ihr Baby<br />

schon hat“, sagt Frisch. Was hat ein<br />

kleiner Ort zu bieten, der ähnlich viele<br />

Kühe wie Einwohner vorweist? Außer<br />

Tourismus und Viehzucht? „Gülle“,<br />

antwortet Bert Frisch und lacht. „Davon<br />

haben wir im Überfluss.“<br />

Mithilfe ihres Beraters haben die<br />

Oberndorfer aus dem Mist eine Idee<br />

gesponnen: Schließlich lässt sich aus<br />

Gülle durch Vergärung Energie gewinnen.<br />

In Biogasanlagen. Die wiederum<br />

produzieren Abwärme. Und mit der, so<br />

die verrückte Idee der Oberndorfer,<br />

ließe sich eine Fischzuchtanlage betreiben.<br />

Mit einem doppelten Nutzen: Der<br />

Fisch für die Theke, sein Kot als hervorragender<br />

Dünger für den Obstanbau,<br />

genau genommen die Bananenzucht.<br />

Der Traum vom Bananenbaum war<br />

geboren.<br />

Gleich bei der ersten Dorfversammlung<br />

hätten sie 80.000 Euro eingesammelt,<br />

erinnert sich Frisch. Eine gewaltige<br />

Summe. Ein Kern der Bewohner gründete<br />

anschließend die Ostewert AG.<br />

Es war die erste Aktiengesellschaft, die<br />

jemals in dieser Gegend gegründet wurde.<br />

Bis heute wurden zwei Millionen<br />

Euro investiert. Unter anderem in Biogasanlagen.<br />

In Aquakulturanlagen.<br />

Und in die Zucht von Welsen. Das ist<br />

der Fisch, den es jetzt seit einem Jahr in<br />

Oberndorf zu kaufen gibt. Ein besonders<br />

„pflegeleichter Artgenosse“, wie<br />

Frisch betont. „Die Zucht kommt ohne<br />

jegliche Chemie aus.“ Kaufen kann<br />

11<br />

man den „Garry“ – abgeleitet vom<br />

latein ischen Namen Clarias gariepinus<br />

– als Filet, als Räucherfisch oder auch<br />

als Fischfrikadelle.<br />

Dass in Oberndorf die Uhren ein<br />

wenig anders ticken, zeigt sich auch in<br />

der Verarbeitung des Fisches: Die erfolgt<br />

in der alten Schlachterei des Dorfes.<br />

Eigentlich stünde der Laden heutzutage<br />

leer. Der Schlachter: in Rente.<br />

Ein Nachfolger: nicht in Sicht. Aber wo<br />

einst Kühe und Schweine durch den<br />

Wolf gezogen wurden, da kann man<br />

auch Fischfrikadellen durchpressen,<br />

dachten sich die Oberndorfer. Und so<br />

wurde aus der Schlachterei ein Fischladen,<br />

und dem im Rentenalter befindlichen<br />

Metzger verhalf die Ostewert<br />

AG auch noch zu einem 450-Euro-Job.<br />

„Fische kannte der eigentlich bislang<br />

nur vom Angeln“, sagt Frisch. „Aber er<br />

beherrscht einfach sein Handwerk.“

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