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6 KULTUR JOKER THEATER<br />

Ein spirituell-soziologisches Experiment<br />

Jo Koppes Performance „Yo, me and the Gatepost II“ im Kammertheater des E-Werk in Freiburg<br />

An der Treppe zum Kammertheater<br />

des E-Werks hat man<br />

seinen Namen mit goldenem<br />

Stift auf einen kleinen Zettel zu<br />

schreiben, dieser kommt dann<br />

zusammen gefaltet in einen<br />

Hut. Wozu? Darauf kann man<br />

gespannt sein bei dem zweiten<br />

Teil von Jo Koppes performativem<br />

Begegnungsformat „Yo,<br />

me and the Gatepost“, das von<br />

Stadt und Land gefördert wurde.<br />

Vor einem Jahr lud der Tänzer<br />

und Performancekünstler<br />

unter dem gleichen Titel schon<br />

einmal in Freiburg und Berlin<br />

zu Vier-Augen-Terminen an<br />

ungewöhnlichen Orten, es gab<br />

Essen und geführte Gespräche<br />

rund um Themen wie Liebe,<br />

Familie, Sex, Körper, Wahrheit<br />

oder Geld. Ums vermeintlich<br />

Eingemachte geht es auch an<br />

diesem „partizipativ-poetischen<br />

Abend zum Verwobensein des<br />

Lebens“, wobei der Austausch<br />

nun in Kleingruppen stattfindet.<br />

Die werden nach einem<br />

melancholisch-schönen Song<br />

von Koppe und Musiker Ahmed<br />

Abdelali ausgelost, dann strömt<br />

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KREATIVE<br />

KOPFE<br />

..<br />

Ahmed Abdelali und Jo Koppe<br />

das Publikum in das mit großen<br />

Topfpflanzen und unterschiedlichsten<br />

Sitzgelegenheiten ausstaffierte<br />

Kammertheater.<br />

Gemütlich sieht das im Schummerlicht<br />

aus, exotische Lounge-<br />

Atmosphäre, dazu wird Sekt<br />

gereicht. Auf dem Tisch jeder<br />

Dreiergruppe liegt schon ein<br />

Fragenkatalog, man lernt sich<br />

ein bisschen kennen. So wird der<br />

Abend weiterlaufen – es gibt weitere<br />

Umschläge mit Gesprächsangeboten<br />

um Sinn, Lebendigkeit<br />

Fotos: Marc Doradzillo<br />

Zickenkrieg in der Sommerfrische<br />

Die Freiburger Schauspielschule zeigt „Goldonissimi“ auf der Experimentalbühne im E-Werk<br />

❱ Besuchen Sie uns gerne auf der<br />

JobStartBörse am 16.+17. Mai<br />

in der Sick-Arena Freiburg<br />

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Goldenes Patina-Licht und ein<br />

Dutzend immer wieder anders<br />

gestapelte Holzkoffer – mehr<br />

braucht Regisseurin Grete Lenz<br />

nicht als Bühnenbild für ihr<br />

Stück „Goldonissimi“ nach Carlo<br />

Goldonis Komödie „Trilogia della<br />

Villeggiatura“. Voll und mächtig<br />

turbulent wird es dann eh auf der<br />

Experimentalbühne mit einem<br />

Fingerschnippen: Geballte Energie,<br />

überbordende Expressivität<br />

und jede Menge Heißblütigkeit<br />

– so wirbeln die elf Schauspielschüler<br />

über 100 Minuten lang<br />

durch immer neue Kapriolen.<br />

Dabei sind alle ständig präsent<br />

und pausenlos in Bewegung.<br />

Diese Dynamik und Offenherzigkeit<br />

verstärken auch die Kostüme,<br />

die Karikaturen im Sinne<br />

der Commedia dell´arte zeichnen:<br />

Die acht jungen Frauen<br />

tragen viel Haut und vor allem<br />

Brust unter hautengen Miedern,<br />

dazu wippen und schwingen lustig<br />

die Reifrock-Gestelle über<br />

weißen Unterhosen. Die drei<br />

Männer geben mit schwarzweiß<br />

gemusterten Leggins und<br />

viel Rüschen wahlweise den<br />

tollkühnen Draufgänger oder<br />

charmanten Galan. Statt Masken<br />

gibt es aufgepinselte Kirschmünder<br />

und Apfelbäckchen wie<br />

beim Kasperletheater. Zu sehen<br />

bekommt man eine aufgekratzte<br />

und brünstige Teenie-Horde, die<br />

sich da in bester Ballermann-<br />

Manier auf den Weg in die Sommerfrische<br />

macht. Klar, es gibt<br />

dabei Zickenkrieg und Ärger.<br />

Grete Linz modernisiert Goldonis<br />

italienisches Sittengemälde<br />

aus dem 18. Jahrhundert noch um<br />

einige spielerische Nuancen: Bei<br />

ihr trägt die ebenso vergnügungssüchtige<br />

und verarmte Livorno-<br />

Gesellschaft Taschenlampen im<br />

Strumpfband und Sonnenbrillen<br />

am Halsgummi: Erstere bestimmen<br />

den Tag-Nacht-Rhythmus<br />

und entlarven im Spot immer<br />

wieder intime Situationen, hinter<br />

Zweiteren verschanzt man<br />

sich gerne mit coolem Pokerface.<br />

Wer das Sagen hat, saust<br />

mit Rollschuhen über die Bühne<br />

und macht fliegenden Handel.<br />

Dolce Vita – das ist der Sinn alles<br />

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Seins, für den man sich weit aus<br />

dem Fenster lehnt und lebt als ob<br />

es kein Morgen gäbe. So kommt<br />

es dann, dass je nach monetärer<br />

oder amouröser Lage der Koffer<br />

aus- und wieder eingepackt, im<br />

Blitztempo eine Hochzeit verkündet<br />

oder beim Taschenlampen-Mondlicht<br />

leidenschaftlich<br />

getechtelmechtelt wird.<br />

Womit die „Handlung“ dieses<br />

extrem actionreichen, aber inhaltlich<br />

völlig banalen Stückes<br />

auch schon erzählt wäre – und<br />

das macht das Ganze dann<br />

auch trotz großartiger schauspielerischer<br />

Leistung und viel<br />

Bühnenästhetik ebenso zäh<br />

wie anstrengend: Die Figuren?<br />

Irgendwie alle gleich und nur<br />

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und Tod, dazwischen meditative<br />

Gesangs- oder Bewegegungseinlagen,<br />

von Ahmed Abdelali<br />

stimmungsvoll mit Oud und<br />

Rahmentrommel begleitet. Mal<br />

präsentiert Jo Koppe einen Text<br />

um die Gleichzeitigkeit allen Lebens,<br />

mal erzählt er ein Märchen.<br />

Immer dreht sich das Ganze um<br />

die drei Klassiker der großen Lebensfragen:<br />

Wer bin ich? Woher<br />

komme ich? Wohin gehe ich?<br />

Das ist alles spürbar durchdacht<br />

und liebevoll arrangiert<br />

– Kunst im Sinne einer Transformation<br />

aber ist es nicht,<br />

vielmehr ein spirituell-soziologisches<br />

Experiment. Die Inhalte<br />

haben da fraglos ihre Berechtigung,<br />

allein es fehlt an Reibung,<br />

Brüchen, Herausforderung an<br />

diesem gemütlich-friedlichen<br />

Abend, der mehr und mehr zum<br />

Erweckungsgottesdienst gerät:<br />

Allzu direkt und frontal schickt<br />

Koppe sein Publikum auf den<br />

Erkenntnispfad, der Stoff dazu<br />

ist stellenweise banal und wird<br />

auf dem Silbertablett präsentiert.<br />

War Koppes Konzept in<br />

der Einzelbegegnung so originell<br />

wie charmant, so verwässert<br />

es hier zum esoterischen<br />

Workshop. Dabei hatte man je<br />

nach Kleingruppe durchaus einen<br />

interessanten Abend, aber<br />

das ist dann alles in allem doch<br />

etwas dünn. Marion Klötzer<br />

durch Frisur und Haarfarbe unterscheidbar.<br />

Wer mit wem und<br />

warum? Eigentlich egal! Die<br />

Story? Ein absehbares, ohne<br />

jeglichen Spannungsbogen<br />

montiertes Szenen-Potpourri<br />

in Endlosschleife. Kompensiert<br />

wird diese Inhaltsleere mit<br />

hochtourigem Aktionismus: In<br />

verwirrender Beliebigkeit wird<br />

hier wie im Dampfdrucktopf<br />

geflirtet, gestritten, gekeift, gesungen<br />

und gelacht. Das ist laut,<br />

überdreht, clownesk überspitzt,<br />

schrill und schräg. Dazu gibt<br />

es jede Menge pfiffiger Regie-<br />

Ideen und ein quicklebendiges,<br />

extrem bewegliches Ensemble,<br />

das aus dem Vollen schöpft, alles<br />

gibt und sich in Sekundenschnelle<br />

in immer neue Emotionen<br />

stürzt. Sogar manche Parkour-<br />

und Breakdance-Nummer<br />

wird präsentiert.<br />

Mit „Goldonissimi“ wird die<br />

Freiburger Schauspielschule im<br />

Mai zum Young Theatre Festival<br />

in Bale, Kroatien reisen<br />

– bleibt der hochmotivierten<br />

Truppe und ihrer Regisseurin<br />

zu wünschen, dass das Stück als<br />

Openair-Spektakel im dortigen<br />

Schlosshof funktioniert.<br />

Weitere Aufführungen: vom<br />

12.-15. und 19.-22. April, jeweils<br />

20 Uhr, sonntags 18 Uhr.<br />

Experimentalbühne im E-Werk,<br />

Freiburg. Marion Klötzer

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