10.04.2018 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 4 - Holen wir unsere Zeit zurück!

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

«Der Bundesrat trägt die Verantwortung für die Zerstörung<br />

von fast 1400 Stellen in zwei Jahren bei Swisscom.» Giorgio Pardini<br />

17<br />

Jobs weg für Boni und die fette<br />

Dividende des Bundes<br />

Swisscom soll 100 Millionen Franken sparen, 700 Stellen werden<br />

gestrichen. Trotz Milliardengewinn. Das verlangt der<br />

grösste Aktionär, der Bund. Er will den öffentlichen Betrieb<br />

weiter melken. Eine bizarre Vorstellung von Service public.<br />

Der Unmut wächst. Scharfe Worte<br />

machen sich Luft. Widerstand gärt.<br />

Wenn am 4. April die Aktionäre des<br />

Swisscom-Konzerns zur Generalversammlung<br />

zusammentreten, werden<br />

sich die Geschäftsleitung und vor<br />

allem der Hauptaktionär, der Bund,<br />

warm anziehen müssen. Mehrere<br />

Aktionäre wollen nicht mehr hinnehmen,<br />

dass Swisscom 2018 ein<br />

verschärftes Sparprogramm fährt und<br />

dafür weitere 700 Stellen zerstört. Dies<br />

bei einem Betriebsergebnis von<br />

4,3 Milliarden und einem Reingewinn<br />

von 1,57 Milliarden Franken.<br />

Schon 2017 hatte der ICT-Riese<br />

684 Jobs gestrichen. Giorgio Pardini,<br />

Leiter des Sektors ICT bei <strong>syndicom</strong>,<br />

nennt das «eine Renditestrategie auf<br />

dem Buckel des Personals». Für die<br />

Jahre 2018 bis 2020 hat Swisscom jetzt<br />

das Sparziel von 60 auf 100 Millionen<br />

Franken erhöht. Pro Jahr.<br />

Ohne Not werden hier Arbeit und<br />

das hohe Wissen von Mitarbeitenden<br />

vernichtet. Der Konzern ist gut aufgestellt.<br />

Die Verschuldung ist mässig,<br />

die Substanz enorm, und Swisscom<br />

konnte 2017 fast 2400 Millionen in<br />

neue Infrastrukturen investieren. Der<br />

Glasfaserausbau kommt schnell voran,<br />

und jetzt <strong>wir</strong>d 5G aufgelegt.<br />

<strong>syndicom</strong> fordert, den harten Spardruck vom<br />

Swisscom-Personal wegzunehmen. (© Swisscom)<br />

ICT-Fachorgane nennen das Swisscom-Netz<br />

im internationalen Vergleich<br />

«exzellent». Sogar die PK meldet<br />

stolze fünf Prozent Ertrag.<br />

Milchkuh mit prallem Euter<br />

Swisscom geht es so gut, dass sie<br />

immer wieder Privatisierungsgelüste<br />

weckt – erst gerade wieder, 2016.<br />

Dass es bei der Sparstrategie um<br />

höhere Renditen geht, zeigt das<br />

Verhältnis von zwei Kennzahlen: Bei<br />

sinkenden Margen in einem hart<br />

umkämpften Markt und stabilem Umsatz<br />

(11,7 Milliarden) hat Swisscom ihren<br />

Reingewinn fast halten können.<br />

Und zahlt eine unverändert hohe Dividende<br />

aus.<br />

Genau da setzt die Kritik der<br />

Gewerkschaft an. Pardini sieht den<br />

Bundesrat als Hauptverantwortlichen<br />

für die andauernde Jobvernichtung.<br />

Die Eidgenossenschaft hält 51 Prozent<br />

der Aktien. Da fallen für 2017 gut 600<br />

Millionen Franken Dividende ab.<br />

Swisscom ist eine Milchkuh, die der<br />

Bundesrat weiter melken will. Er hat<br />

dem Konzern mindestens die Werterhaltung,<br />

besser eine Wertsteigerung<br />

ins Pflichtenbuch geschrieben. Jahr<br />

um Jahr werden die Ziele hochgeschraubt.<br />

Das Parlament nickt das ab.<br />

Dass ein Betrieb des Service public<br />

Leute entlässt oder nicht mehr ersetzt,<br />

um den hohen Gewinn zu halten,<br />

nennt Pardini «nicht mehr vernünftig».<br />

Es ist eine milde Umschreibung.<br />

Tatsächlich stelle sich «hier wie bei<br />

der Post und der SBB ein politisches<br />

Grundproblem: Erste Aufgabe eines<br />

öffentlichen Betriebes kann nicht<br />

sein, möglichst viel Geld zu machen.<br />

Im Vordergrund muss der Dienst an<br />

der Allgemeinheit stehen.» Konkret:<br />

Ausbau der Infrastruktur, vernünftige<br />

Preise, eine nachhaltige Digitalisierungsstrategie.<br />

Und intern, so Pardini,<br />

«ist eine umfassende Weiterbildungsoffensive<br />

nötig».<br />

Heute ist die Gewerkschaft froh,<br />

dass sie die Nachbesserung des Sozialplans<br />

2013 durchgesetzt hat. Der Stellenabbau<br />

trifft vor allem erfahrene<br />

Leute. Pardini: «Zusammen mit dem<br />

steigenden Druck durch die neuen<br />

Managementsysteme setzt das eine<br />

Abwärtsspirale in Gang.Jetzt muss der<br />

Spardruck gelockert werden.»<br />

goo.gl/6tv5GB<br />

Unsere <strong>Zeit</strong> ist mehr<br />

wert<br />

Schweden testet den 6-Stunden-Arbeitstag<br />

bei vollem Lohn und macht<br />

gute Erfahrungen damit. Die Produktivität<br />

ist nicht gesunken – im Gegenteil,<br />

die Verkürzung der Arbeitszeit ist<br />

der Arbeitsleistung zuträglich, und<br />

den Menschen geht es gesundheitlich<br />

besser. Sie sind motivierter und haben<br />

weniger Absenz- und Krankentage.<br />

Die Arbeitgeber müssen zusätzliches<br />

Personal einstellen. Das kostet. Andererseits<br />

steigt die Produktivität, und<br />

die Kosten für Arbeitslosengeld,<br />

So zialhilfe und Krankheit sinken. Und<br />

es bleibt mehr <strong>Zeit</strong> für Freizeit und<br />

familiäre Betreuungsaufgaben.<br />

Elinor Odeberg von der schwedischen<br />

Gewerkschaft Kommunal<br />

betonte aber am SGB-Frauenkongress<br />

im Januar, Arbeitszeitverkürzung sei<br />

nicht die einzige Antwort auf die<br />

Abwesenheit der Männer in der<br />

Hausarbeit oder die erzwungene Teilzeitarbeit<br />

von Frauen. Denn Untersuchungen<br />

zeigten, dass die verwurzelten<br />

Rollenbilder dazu führten, dass<br />

auch bei ähnlichem Einkommen die<br />

Frauen die unbezahlte Care-Arbeit<br />

übernehmen und dafür manchmal<br />

sogar Teilzeit arbeiten. Der SGB-Frauenkongress<br />

hat unter Teilnahme von<br />

über zwanzig <strong>syndicom</strong>-Frauen eine<br />

Re solution verabschiedet, die fordert:<br />

«maximal 35 Stunden Vollzeit statt<br />

Teilzeitfalle».<br />

Patrizia Mordini, Leiterin Gleichstellung,<br />

Mitglied der Geschäftsleitung

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!