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syndicom magazin Nr. 4 - Holen wir unsere Zeit zurück!

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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Nur weil die SDA verlässliche Nachrichten liefert, können die<br />

Medien ihren Informationsauftrag überhaupt erfüllen.<br />

19<br />

Wer uns <strong>unsere</strong> <strong>Zeit</strong><br />

stiehlt – kleine Liste<br />

in drei Teilen<br />

Arbeitgeber nehmen uns Arbeit weg<br />

In der Medienbranche veranstalten<br />

reiche Unternehmer Massenentlassungen<br />

oder schliessen ganze Betriebe:<br />

Der SDA-Verwaltungsrat will einen<br />

Viertel der Redaktion auf die Strasse<br />

stellen, und der Ringier-Verlag lässt<br />

die Druckerei in Adligenswil auf Ende<br />

Jahr vom Erdboden verschwinden.<br />

Arbeitskampf ist zeitintensiv<br />

Davon können die engagierten Kollegen<br />

und Kolleginnen der SDA-Redaktion<br />

ein Lied singen. Seit mehr als zwei<br />

Monaten wehren sie sich gegen die<br />

verheerenden Entscheide der Unternehmensspitze<br />

und sind am 30. Januar<br />

in Streik getreten. Nach vier Tagen<br />

konnte der Verwaltungsrat an den<br />

Verhandlungstisch gezwungen werden.<br />

Seither ist der Streik lediglich<br />

sistiert. Dieser Arbeitskampf ist noch<br />

nicht abgeschlossen.<br />

Journalismus braucht <strong>Zeit</strong><br />

Medien verlangen <strong>Zeit</strong>. So auch das<br />

neue Online-Magazin «Republik». Die<br />

vielen öfters langen Artikel liefern uns<br />

Einsichten und Denkstoff. Aber nur<br />

im Zusammenspiel mit der medialen<br />

Grundversorgung der SDA, die den<br />

anderen Medien verlässlichen, verifizierten,<br />

umfassenden Nachrichtenjournalismus<br />

aus allen Landesteilen<br />

liefert, können die <strong>Zeit</strong>ungen, Onlinemedien<br />

und Radio- sowie TV-Sender<br />

ihren Informationsauftrag erfüllen. .<br />

Stephanie Vonarburg ist Vizepräsidentin<br />

<strong>syndicom</strong> und leitet den Sektor Medien.<br />

Statt Transparenz über<br />

die finanzielle Lage gab<br />

es blaue Briefe. Die<br />

Redaktion hatte keine<br />

andere Wahl als Streik.<br />

Der CEO, Markus Schwaab, sprach<br />

nun plötzlich von 1,8 Millionen Franken<br />

Defizit, das sich wegen der Kundenrabatte<br />

im vergangenen Jahr angehäuft<br />

habe. Er warnte, in den<br />

kommenden zwei Jahren müsse ein<br />

Viertel der Stellen eingespart werden.<br />

Dann ging es Schlag auf Schlag: Im Dezember<br />

wurde bekannt, dass von der<br />

«neuen» SDA erwartet werde, Dividenden<br />

an die Aktionäre auszuschütten.<br />

Schwaab: «Die SDA ist nur ihren Aktionären<br />

etwas schuldig.»<br />

Ein Paradigmenwechsel: Bisher<br />

hatte man sich bei der Nachrichtenagentur<br />

als nicht profitorientiertes<br />

Unternehmen verstanden. Statt die<br />

echte Kostenstruktur offenzulegen,<br />

wie es die Angestellten am 8. Dezember<br />

in einer Resolution verlangten,<br />

liess Schwaab im Januar die Kündigungen<br />

verschicken.<br />

Die Betroffenen handelten. An<br />

diversen Redaktionsversammlungen<br />

organisierte sich das Personal, formulierte<br />

Forderungen an die Unternehmensleitung<br />

und machte die Vorgänge<br />

öffentlich. Doch Geschäftsleitung<br />

und Verwaltungsrat verweigerten das<br />

Gespräch.<br />

Schlimmer noch: Um die Zitrone<br />

ganz auszupressen, verlangten die<br />

grossen Medienhäuser (Tamedia und<br />

NZZ) die Auszahlung der Gewinnreserven,<br />

vor der Fusion mit Keystone.<br />

Streik mit starkem Echo<br />

Am 23. Januar beschlossen die Redaktionsmitglieder<br />

einen dreistündigen<br />

Warnstreik und traten schliesslich am<br />

30. Januar geschlossen in Streik. Aus<br />

anderen Redaktionen und aus der<br />

Politik kam und kommt viel Unterstützung.<br />

Allein, bei den Verantwortlichen<br />

stiess sie auf taube Ohren. Nachdem<br />

die Belegschaft mit Unterstützung der<br />

Gewerkschaften in Bern, Zürich und<br />

Lausanne vier Tage lang gestreikt hatte,<br />

bequemte sich der Verwaltungsrat<br />

endlich an den Verhandlungstisch.<br />

Verleger auf blindem Crashkurs<br />

Seit dem 2. Februar ist der Streik nun<br />

sistiert, aber nicht beendet. Die<br />

SDA-Journalistinnen und -Journalisten<br />

haben nicht nur eine breite Welle<br />

der Solidarität erfahren, sondern sich<br />

auch weiterhin zu Wort gemeldet. Sie<br />

schrieben offene Briefe an die Verwaltungsräte,<br />

versuchten auf dem Verhandlungsweg<br />

bessere Bedingungen<br />

auszuhandeln und besuchten am<br />

5. März die Fragestunde im Bundeshaus,<br />

um die Politiker und Politikerinnen<br />

von ihrem Einsatz für den Erhalt<br />

der SDA zu überzeugen. Je länger der<br />

Konflikt andauert, desto konkreter<br />

werden die Zerstörungspläne der<br />

SDA-Besitzer. Während die Angestellten<br />

um die Zukunft ihrer Agentur bangen<br />

und auf einen verbesserten Sozialplan<br />

für die Entlassenen hinarbeiten,<br />

igeln sich der Verwaltungsrat und die<br />

Geschäftsleitung wieder ein.<br />

Es ist höchste <strong>Zeit</strong>, dass die SDA<br />

aus dem profitorientierten Korsett<br />

herausgelöst <strong>wir</strong>d. Ein kleiner Anteil<br />

der Gebühren im Umfang von vier Millionen<br />

Franken würde kurzfristig eine<br />

Verschnaufpause geben, um den Basisdienst<br />

der SDA in drei Sprachen<br />

weiterzuführen. <strong>syndicom</strong> fordert die<br />

Politik auf, entsprechende Weichen<br />

zu stellen, bevor es zu spät ist.<br />

(Nina Scheu)<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/aktuell/

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