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Interview mit Hans-Wer<strong>ne</strong>r Sinn<br />
Wirtschaftswissenschaftler<br />
„Wenn <strong>de</strong>r Euro zerbricht, hat die Bun<strong>de</strong>sbank ei<strong>ne</strong><br />
500 Mrd. EUR-For<strong>de</strong>rung gegen ein System, das nicht mehr existiert“<br />
Hans-Wer<strong>ne</strong>r Sinn richtet sich gegen die Sozialisierung von Schul<strong>de</strong>n. „Je<strong>de</strong>r muss für sein eige<strong>ne</strong>s Risiko haften“, for<strong>de</strong>rt er.<br />
Herr Prof. Sinn, Europa steckt in <strong>de</strong>r Krise, die Einheitswährung<br />
scheint momentan mehr Fluch als Segen zu sein. War <strong>de</strong>r Euro<br />
ein Fehler?<br />
Wenn ich vor zehn Jahren gewusst hätte, was später passieren<br />
wird, wäre ich damals natürlich auch strikt gegen diese<br />
Währungsunion mit lauter ungeeig<strong>ne</strong>ten Südlän<strong>de</strong>rn gewesen.<br />
Das wird auch kaum ein Ökonom an<strong>de</strong>rs sehen. Lei<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n<br />
vereinbarte Regeln nicht eingehalten, dazu kamen gefälschte<br />
Zahlen wie z.B. aus Griechenland, <strong>und</strong> heute haben wir <strong>de</strong>n<br />
Schlamassel.<br />
Wir müssen uns aber irgendwie arrangieren o<strong>de</strong>r? Der Euro<br />
ist doch mehr o<strong>de</strong>r weniger wie ei<strong>ne</strong> Ehe, die nicht geschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Wahrscheinlich wer<strong>de</strong>n wir damit leben müssen, <strong>und</strong> wir müssen<br />
versuchen die gröbsten Fehler zu beseitigen. Die Trennung<br />
<strong>de</strong>s Euro in ei<strong>ne</strong>n Nord- <strong>und</strong> ei<strong>ne</strong>n Sü<strong>de</strong>uro o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Austritt<br />
Deutschlands ist kei<strong>ne</strong> überzeugen<strong>de</strong> Option, wohl aber <strong>de</strong>r<br />
Austritt einzel<strong>ne</strong>r Südlän<strong>de</strong>r, die im Euro ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
nicht erlangen kön<strong>ne</strong>n.<br />
Was sind die gröbsten Fehler?<br />
Die Schul<strong>de</strong>nsozialisierung ist das größte Problem, <strong>und</strong> sie<br />
fin<strong>de</strong>t auf drei Ebe<strong>ne</strong>n statt. Zum ei<strong>ne</strong>n offen, über ei<strong>ne</strong> Reihe<br />
von Rettungspaketen, an <strong>de</strong><strong>ne</strong>n die Euro-Staaten anteilig teilhaben<br />
<strong>und</strong> somit haften. Deutschland als größte <strong>und</strong> stärkste<br />
Volkswirtschaft trägt dabei das höchste Risiko. Zum an<strong>de</strong>ren<br />
läuft die Schul<strong>de</strong>nsozialisierung über die EZB, die mit eigentlich<br />
nicht ausreichen<strong>de</strong>m juristischem Mandat versehen Risiken in<br />
ihre Bücher nimmt, für die letztlich auch alle Eurolän<strong>de</strong>r gemäß<br />
ihrem Anteil haften. Deutschland z.B. ist mit 27% dabei. Und<br />
schließlich über das TARGET2-System…<br />
Die Auf<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r <strong>ne</strong>gativen Implikatio<strong>ne</strong>n <strong>de</strong>s TARGET2-<br />
Mechanismus ist wohl Ihr großes Verdienst. Was genau ist<br />
TARGET2 <strong>und</strong> was ist das Problem damit?<br />
Ist die Währungsunion im Gleichgewicht, wan<strong>de</strong>rt das Geld<br />
kreuz <strong>und</strong> quer über die Grenzen, aber es gibt kei<strong>ne</strong> Nettoströme<br />
von Geld. Ein Land, das mehr Güter kauft als es verkauft,<br />
holt sich dafür <strong>de</strong>n Kredit aus <strong>de</strong>m Ausland. In Europa versiegten<br />
die privaten Kredite aber seit 2008 bei einigen Län<strong>de</strong>rn.<br />
Dadurch kam es zu Nettoabflüssen von Geld. Das Geld wur<strong>de</strong><br />
dann in <strong>de</strong>n Defizit-Län<strong>de</strong>rn nachgedruckt <strong>und</strong> bei uns, wo es<br />
im Übermaß ankam, wur<strong>de</strong> es geschred<strong>de</strong>rt, natürlich nur bildlich.<br />
Es läuft ja alles elektronisch ab. Deutschland hat in <strong>de</strong>n<br />
Jahren 2008 bis 2010 aus <strong>de</strong>m Güteraustausch mit an<strong>de</strong>ren<br />
Eurolän<strong>de</strong>rn 264 Mrd. Euro verdient, doch waren 255 Mrd. Euro<br />
davon an<strong>de</strong>rswo nachgedrucktes Geld. Dafür hat niemand<br />
in Deutschland zuvor Schuldschei<strong>ne</strong> o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Ansprüche<br />
gegen das Ausland erhalten. Nur die Bun<strong>de</strong>sbank erhielt ei<strong>ne</strong><br />
Ausgleichsfor<strong>de</strong>rung gegen die EZB. Diese For<strong>de</strong>rung kön<strong>ne</strong>n<br />
wir nie fällig stellen, <strong>und</strong> sie wird nur mit ei<strong>ne</strong>m Prozent verzinst.<br />
Insgesamt haben wir mittlerweile bald 500 Milliar<strong>de</strong>n solcher<br />
Auslandsfor<strong>de</strong>rungen erworben. Das ist die Hälfte <strong>de</strong>s Nettoauslandsvermögens<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland.<br />
Und wenn <strong>de</strong>r Euro zerbrechen wür<strong>de</strong>?<br />
Dann hat die Bun<strong>de</strong>sbank ei<strong>ne</strong> For<strong>de</strong>rung gegen ein System,<br />
das es nicht mehr gibt. Dieser Fall ist nicht geregelt, <strong>und</strong> das<br />
wissen alle.<br />
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