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Jochen Stanzl<br />

E<strong>de</strong>lmetall- <strong>und</strong> Rohstoffexperte<br />

Komplementärwährungen: Regio<strong>ne</strong>n rücken näher zusammen<br />

Die Euroschul<strong>de</strong>nkrise greift um sich. Während sich alle Welt Gedanken um ei<strong>ne</strong> Lösung macht, wie es mit <strong>de</strong>m Euro weiter geht,<br />

drucken sie im Chiemgau ihr Geld einfach selbst. Und die Regierung unterstützt das. Mit Protest o<strong>de</strong>r Auflehnung gegen <strong>de</strong>n Euro<br />

hat das allerdings nichts zu tun. Im Gegenteil: Der Chiemgauer wur<strong>de</strong> jüngst vom ehemaligen Finanzminister Theo Waigel als ei<strong>ne</strong><br />

„interessante, regionale Entwicklung“ bezeich<strong>ne</strong>t, die er unterstützt. Der Chiemgauer ist kein Einzelfall. Komplementärwährungen<br />

haben Hochkonjunktur.<br />

Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r einmal in ei<strong>ne</strong>m Freizeitpark von Walt Dis<strong>ne</strong>y war,<br />

wur<strong>de</strong> schon damit konfrontiert: Mit <strong>de</strong>m Dis<strong>ne</strong>y-Dollar. Das<br />

Konzept <strong>de</strong>r Komplementärwährungen macht weltweit Schule.<br />

Während <strong>de</strong>r Dis<strong>ne</strong>y-Dollar wohl primär aufgr<strong>und</strong> sei<strong>ne</strong>s Unterhaltungswertes<br />

eingeführt wur<strong>de</strong>, hofft man in Japan mit ei<strong>ne</strong>r<br />

ähnlichen Komplementärwährung <strong>de</strong>n Weg aus <strong>de</strong>r jahrzehntelangen<br />

Deflation fin<strong>de</strong>n zu kön<strong>ne</strong>n. Der Weg: Stärkere lokale<br />

Kooperation. Das Ziel: Ei<strong>ne</strong> verbesserte lokale Kreditaufnahme.<br />

Auch wenn die Hoffnung, die Deflation zu überwin<strong>de</strong>n, überzogen<br />

war, zeigte gera<strong>de</strong> die Zeit nach <strong>de</strong>m Erdbeben von Kobe,<br />

dass Komplementärwährungen auf lokaler Ebe<strong>ne</strong> wirksam die<br />

Wirtschaftstätigkeit verbessern konnten. In Japan entstan<strong>de</strong>n<br />

im Jahr 1995 <strong>und</strong> danach Netzwerke, in <strong>de</strong><strong>ne</strong>n soziale Pflegedienste<br />

entwe<strong>de</strong>r in Yen abgerech<strong>ne</strong>t o<strong>de</strong>r auch auf Zeitkonten<br />

gutgeschrieben wer<strong>de</strong>n kön<strong>ne</strong>n. Diese Zeitgutschriften kön<strong>ne</strong>n<br />

auch an Familienmitglie<strong>de</strong>r übertragen wer<strong>de</strong>n, etwa an solche,<br />

die hilfsbedürftig sind.<br />

Die I<strong>de</strong>e von Komplementärwährungen ist nicht <strong>ne</strong>u. Vor gut<br />

einhun<strong>de</strong>rt Jahren gab es in Deutschland bereits das Wära-<br />

Geld. Es trug dazu bei, dass ein Braunkohlebergwerk in Schwa<strong>ne</strong>nkirchen<br />

nordöstlich von München trotz Weltwirtschaftkrise<br />

zwischen 1926 <strong>und</strong> 1931 wie<strong>de</strong>r in Betrieb genommen wer<strong>de</strong>n<br />

konnte, in<strong>de</strong>m die damals in Erfurt ansässige Wära-Tauschgesellschaft<br />

ei<strong>ne</strong>n Kredit in Wära ausstellte, <strong>de</strong>n die Banken in<br />

Schwa<strong>ne</strong>nkirchen bis dato vehement ablehnten. Das Beson<strong>de</strong>re<br />

am Wära-Geld: Es hatte ei<strong>ne</strong>n monatlichen Wert-Schw<strong>und</strong> von<br />

ei<strong>ne</strong>m Prozent – musste also möglichst bald wie<strong>de</strong>r in Umlauf<br />

gebracht wer<strong>de</strong>n. Das Ziel hier: Die Geldumlaufgeschwindigkeit<br />

soll erhöht wer<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> damit die Wirtschaftstätigkeit. Der<br />

Schw<strong>und</strong> konnte aber auch durch <strong>de</strong>n Erwerb von Wertmarken<br />

ausgeglichen wer<strong>de</strong>n – das war aber nur unter Inkaufnahme<br />

zusätzlicher Kosten möglich. Trotz <strong>de</strong>s Erfolges – in Schwa<strong>ne</strong>nkirchen<br />

arbeiteten 1931 wie<strong>de</strong>r 60 Bergleute <strong>und</strong> das Wära-<br />

Geld brachte ei<strong>ne</strong>n wirtschaftlichen Aufschwung, <strong>de</strong>r die ganze<br />

Region erfasste – verbot das Reichsfinanzministerium im<br />

Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Brüningschen Notverordnungen von<br />

1931 das Wära-Experiment in Schwa<strong>ne</strong>nkirchen. In Schwa<strong>ne</strong>nkirchen<br />

<strong>und</strong> Umgebung breiteten sich nach <strong>de</strong>m Wära-Verbot<br />

wie<strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> wirtschaftlicher Nie<strong>de</strong>rgang aus.<br />

Sie sind also effizient, die Komplementärwährungen. Vielleicht<br />

hat man sich <strong>de</strong>swegen siebzig Jahre später wie<strong>de</strong>r an sie<br />

erin<strong>ne</strong>rt. Im Oktober 2001 begann <strong>de</strong>r Trend <strong>de</strong>r Regionalwährungen<br />

in Deutschland nämlich von <strong>ne</strong>uem. Damals wur<strong>de</strong><br />

in Bremen ein regional begrenzter Gutscheinring eingeführt –<br />

zahlreiche weitere folgten in Städten wie das bereits genannte<br />

Chiemgau, Ainring, Pfaffenhofen, Göttingen, Witzenhausen,<br />

Gießen, Hagen, Schopfheim, Siegen, Berlin, Düsseldorf, Dres<strong>de</strong>n,<br />

Kamenz, Zwönitz, Hitzacker o<strong>de</strong>r Neustadt. Sie unterschei<strong>de</strong>n<br />

sich in ihrer gr<strong>und</strong>sätzlichen Ausgestaltung, sind aber nie<br />

ei<strong>ne</strong> konkurrieren<strong>de</strong> Einrichtung zum Euro, son<strong>de</strong>rn stets an ihn<br />

gebun<strong>de</strong>n <strong>und</strong> auch in <strong>de</strong>n Euro zurücktauschbar.<br />

Als erstes in ganz Deutschland bekannt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Chiemgauer.<br />

Er war eigentlich als klei<strong>ne</strong>s Projekt ei<strong>ne</strong>r Walldorfschule ins<br />

Leben gerufen wor<strong>de</strong>n, die sich mit ei<strong>ne</strong>r eige<strong>ne</strong>n Währung finanzieren<br />

wollte, wenn Menschen in umliegen<strong>de</strong>n Geschäften<br />

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