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erechnen, nimmt man nur die Schäden durch<br />

Mobbing oder Versicherungsbetrug. Nein, das<br />

ist längst kein Randthema unserer Gesellschaft<br />

mehr, das trifft mitten ins Herz.<br />

Jörg Steinleitner: Worin sehen Sie das<br />

Hauptproblem?<br />

Peter Hahne: In einem überzogenen<br />

Anspruchsdenken unserer Führungselite, das<br />

sich wie eine Epidemie in alle Schichten der<br />

Gesellschaft ausbreitet. Nach dem Motto: Wenn<br />

die da oben sich kostenlose Luxusflüge und<br />

üppige Managergehälter genehmigen, dann darf<br />

ich doch wohl mein Fahrtenbuch fälschen! Fatal<br />

ist die Demokratieverdrossenheit; und dass so<br />

wenig getan wird, um das Vorurteil aus der Welt<br />

zu schaffen, dass Politik ein schmutziges<br />

Geschäft ist, bei dem man sein Gewissen an der<br />

Garderobe abgeben muss.<br />

Jörg Steinleitner: Können Sie sich erklären,<br />

weshalb das Bewusstsein für Werte in unserer<br />

Gesellschaft in den vergangenen Jahren<br />

abgenommen hat und nun wieder wächst?<br />

Peter Hahne: Unsere Spaßgesellschaft hat in<br />

ihrer Oberflächlichkeit zu lange von einem<br />

falschen Toleranzbegriff gelebt. Jetzt erleidet<br />

man als bittere Bilanz, dass alles gleichgültig<br />

wird, wenn man alles für gleich gültig hält. Den<br />

wahren Wert der Werte erfährt man wohl erst<br />

durch ihren Verlust. Gerade junge Leute sind die<br />

banale Beliebigkeit leid und fragen nach dem,<br />

was unsere Gesellschaft jenseits von Konsum,<br />

Karriere und Kapital zusammenhält, was also<br />

wirklich wichtig ist. Nicht von ungefähr findet<br />

Papst Benedikt XVI. unter der Jugend Beifall,<br />

wenn er der "Diktatur des Relativismus" die<br />

fundamentalen Werte des Christentums<br />

entgegensetzt und versucht, Vernunft und<br />

Glauben in Balance zu bringen.<br />

Jörg Steinleitner: Wenn Sie ein<br />

Zukunftsszenario zeichnen sollten - wie würde<br />

unsere Politik und Gesellschaft in 50 Jahren<br />

aussehen, sollte sich nichts an unserem<br />

Wertebewusstsein<br />

ändern?<br />

Peter Hahne: Es wird sein wie auf der Titanic:<br />

Wir feiern ein Fest, das Orchester spielt – und<br />

die ganze Spaßgesellschaft versinkt auf ihrem<br />

Ego-Trip ohne Kompass und Kapitän im Rausch<br />

der Beliebigkeit in den Abgrund. So befürchtete<br />

es übrigens schon der Nobelpreisträger Werner<br />

Heisenberg in den 1970er Jahren prophetisch,<br />

deshalb mahnen altersweise Politiker wie<br />

Helmut Schmidt Ethik und Führung an. Ich halte<br />

es notfalls mit Erich Kästner: "Es ist besser,<br />

beizeiten Dämme zu bauen, als darauf zu<br />

hoffen, daß die Flut Vernunft annimmt."<br />

Jörg Steinleitner: Welche Kur empfehlen Sie<br />

unserem Land und seinen Menschen?<br />

Peter Hahne: Wir sollten von der Ich-AG, die<br />

wir auf unserem selbstverwirklichenden und<br />

selbstzerstörerischen Ego-Trip zu werden<br />

drohen, zu einer "GmbH" werden, einer<br />

Gesellschaft mit begründeter Hoffnung. Ohne<br />

Hoffnung haben wir keine Zukunft, und Zukunft<br />

gibt es nicht ohne Herkunft. Wir brauchen eine<br />

radikale Umkehr zu den Wurzeln (lat. = radix),<br />

um weiterzukommen. Das muss weniger gelehrt<br />

als gelebt werden. Werte wollen nicht als Worte<br />

erfahren werden, sondern als Begegnung.<br />

Jörg Steinleitner: Ihr Buch nimmt sehr stark<br />

Bezug auf die christlichen Werte. Weshalb?<br />

Peter Hahne: Weil ich dieses Buch ja bewusst<br />

als Christ geschrieben habe und mich an das<br />

Deutschland des Grundgesetzes wende. Unsere<br />

Verfassung hat nun mal einen Vor-Satz, eine<br />

Präambel, von der alle weiteren<br />

Grundrechtsartikel unmittelbar abhängen: "In<br />

Verantwortung vor Gott und den Menschen." Es<br />

sind also die christlich-jüdischen Wurzeln, die<br />

unsere Werte wie Menschenrechte,<br />

Menschenwürde und die Gleichheit vor dem<br />

Gesetz so wertvoll machen. Allein die Zehn<br />

Gebote reichten, um Betrug und Anspruchs-<br />

Egoismus, Generationenkonflikte und Mobbing<br />

zu<br />

bekämpfen.<br />

Jörg Steinleitner: Welche anderen Werte<br />

halten Sie für bedeutsam?<br />

Peter Hahne: Auch die finden wir beispielhaft<br />

und aktuell in der uralten Bibel: Nächstenliebe,<br />

Barmherzigkeit, Demut, Mut und Gelassenheit,<br />

um nur einige zu nennen. Oder die preußischen<br />

Tugenden, die selbst SPD-Chef Kurt Beck<br />

wieder betont sehen will: Fleiß, Disziplin,<br />

Leistungsbereitschaft. Es sind die Werte, die<br />

unserer Gesellschaft Lebensqualität und unserer<br />

jungen Generation im Wettbewerb der<br />

Globalisierung Ausbildungschancen geben.<br />

Jörg Steinleitner: Kann man heute als Politiker<br />

– und auch als Unternehmer – tatsächlich noch<br />

Erfolg haben, obwohl man sich vorgenommen<br />

hat, nach gewissen, zum Beispiel christlichen<br />

Werten zu handeln – gibt Ihnen diese<br />

Zuversicht?<br />

Peter Hahne: Dafür stehen zahlreiche<br />

namhafte Unternehmerfamilien (z.B.<br />

Deichmann, Hipp, Loh) und der breite<br />

Mittelstand, bei denen der "ehrbare Kaufmann"<br />

kein verstaubtes Relikt ist. Und dass ein klares<br />

christliches Bekenntnis der politischen Karriere<br />

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