IM KW 18
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Gelungene Premiere von „Die Geburtstagsfeier“<br />
Humiste überzeugt mit gekonnter Aufführung der wohl beklemmendsten und elendsten Geburtstagsparty der Theatermoderne<br />
Psychokomödie, absurdes Theater, irrealer Mafia-Thriller, Horrortrip<br />
durch Seelenlandschaften mit kafkaesken Ambitionen.<br />
All das hat „Die Geburtstagsfeier“ von Nobelpreisträger Harold<br />
Pinter seinem Publikum anzubieten. Dem Ensemble des Theaterforums<br />
Humiste unter Regie von Christian Reiter, assistiert<br />
von Viktoria Matt, gelang es, diese schräge Vielfalt mit dem für<br />
die semiprofessionelle Truppe zwar bekannten, aber immer wieder<br />
höchst bemerkenswerten schauspielerischen Können auf die<br />
Bühne Imst Mitte zu bringen.<br />
Von Peter Bundschuh<br />
Die ganze Aktion rund um die Aufführung<br />
hatte schon etwas Gewagtes<br />
und Unberechenbares an sich. Einerseits<br />
ist es nicht einfach die (Verlags-,<br />
Autoren-…) Rechte zur Aufführung<br />
bekannter Stücke zu erlangen. Natürlich<br />
ist auch das Unterfangen an<br />
sich riskant, ein dem absurden Theater<br />
zuzuordnendes Stück in seinen<br />
stets wechselnden Ebenen zwischen<br />
Realität und Irrealem, zwischen Komik<br />
und Grauen überhaupt in Szene<br />
zu setzen. Dazu wurde die Aufführung<br />
als „Schuss aus der Hüfte“ von<br />
Christian Reiter in einer Hardcore-<br />
Probezeit von nur fünf Wochen<br />
durchgezogen. Hätte da das Stammensemble,<br />
Stefanie Bauer (Lulu),<br />
Gottfried Hecher (Petey), Peter Mair<br />
(Goldberg), Roswitha Matt (Meg),<br />
Andre Steger (Stanley) und Mathias<br />
Wilhelm (McCann) nicht im vollen<br />
Galopp und an sechs Probetagen pro<br />
Woche mitgezogen, hätte auch ein<br />
guter Reiter da schon aus dem Sattel<br />
geworfen werden können.<br />
DAS WARUM BLEIBT STETS<br />
VERBORGEN. Vor einem Jahr<br />
hat sich Stanley in einer ziemlich<br />
schäbigen Pension eingemietet und<br />
dümpelt da eher ungewaschen vor<br />
sich hin. Gastgeber im Haus am<br />
Meeresstrand sind ein älteres Ehepaar,<br />
Meg, ziemlich unbedarft, und<br />
Ehemann Petey, von Berufswegen<br />
Liegestuhlaufsteller, ein stiller Typ,<br />
irgendwie resigniert, aber nicht<br />
blöd. Stanleys Zurückgezogenheit<br />
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Für Stanley (sitzend) nimmt nach seiner<br />
durch den aalglatten Goldberg (stehend<br />
r.) organisierten Geburtstagsfeier<br />
ein nicht mehr endenwollender Schrecken<br />
seinen Lauf.<br />
als einziger Gast wird durch das<br />
Eintreffen der Herren Goldberg und<br />
McCann gestört, die sich ebenfalls<br />
in der Pension einquartieren. Sie<br />
scheinen in einem Auftrag angereist<br />
zu sein. Der aalglatte Goldberg übernimmt<br />
es sozusagen als Ehrenmann,<br />
eine Geburtstagsfeier für Stanley zu<br />
organisieren. Für diesen nimmt ein<br />
nicht mehr endenwollender Schrecken<br />
seinen Lauf.<br />
Vor einem Jahr hat sich Stanley in der ziemlich schäbigen Pension von Meg (Roswitha<br />
Matt) und ihrem Mann Petey eingemietet und dümpelt da als einziger Gast<br />
eher ungewaschen vor sich hin.<br />
RS-Fotos: Bundschuh<br />
SKURRIL-BEKLEMMENDER<br />
THRILLER. Zu Anfang hätte sich<br />
das Stück in unterschiedlichste<br />
Richtungen entwickeln können.<br />
Nach dem Auftauchen der beiden<br />
dubiosen Schergen einer nicht näher<br />
bezeichneten Organisation<br />
einschließlich der dubiosen Rolle<br />
der kessen Lulu wandelt es sich zu<br />
einem skurrilen und beklemmenden<br />
Thriller. Die Motive der Protagonisten<br />
werden nie enthüllt, der Zuseher<br />
bleibt auf der Suche nach dem<br />
Warum, darf Interpretationsfreiheit<br />
genießen und sich ein Stück Wonnegrusel<br />
genehmigen. Wenn Reiter<br />
mit „Die Geburtstagsfeier“ ein etwas<br />
anderes Genre ausprobiert (Die<br />
RUNDSCHAU hat berichtet) ist<br />
es ihm gelungen, ein spannendes<br />
Stück der Moderne, genauer des absurden<br />
Theaters, auf die Bühne zu<br />
bringen. Für diese Spezies, salopp<br />
gesagt, recht sommerlich und nach<br />
Ansicht des Verfassers „leichter verdaulich“<br />
als beispielsweise Ionesco<br />
„Die Stühle“, Beckett „Warten auf<br />
Godot“ oder Grass „Hochwasser“.<br />
Letzterer mit besonderem Nachhall<br />
auf die österreichische Moderne wie<br />
Bernhard, Bauer oder Jelinek.<br />
AUGENMASS GEHALTEN.<br />
Die Bühne erweist sich in ihrer Dimension<br />
als dem Stück gewachsen,<br />
das schlicht ausgerichtete Bühnenbild<br />
von Thomas Schönnach, Walter<br />
Huber und Joschi König kommt<br />
dabei entgegen. Die Kostümauswahl<br />
von Brigitte Schönnach unterstreicht<br />
die handelnden Charaktere. Verantwortlich<br />
für Dramaturgie und Technik<br />
zeichnen David Grissemann und<br />
Markus Matt. Foto und Grafik liegt<br />
bei Melitta Abber. Gelungen und<br />
ohne Kanten in das Geschehen integriert<br />
ist auch die rückblendenartige,<br />
filmische Einspielung von Peter Mair<br />
über, ja worüber? Sind es Szenen aus<br />
den Kindertagen des Hauptdarstellers?<br />
Es bleibt offen – gut so!<br />
HAROLD PINTER. Pinter war<br />
an der Royal Academy of Dramatic<br />
Art ausgebildet worden und<br />
hatte Engagements an kleineren<br />
Bühnen angenommen. Sein Stück<br />
„Die Geburtstagsfeier“ stieß bei der<br />
Uraufführung 1958 auf Unverständnis.<br />
Später wurde der Schauspieler,<br />
Bühnenautor und Menschenrechtsaktivist<br />
für sein Schaffen vielfach<br />
ausgezeichnet, darunter mit dem<br />
Österreichischen Staatspreis für<br />
Europäische Literatur 1973. Pinter<br />
arbeitete breit gefächert auch als<br />
Prosaist, Lyriker und Filmemacher.<br />
2005 wurde ihm der Nobelpreis verliehen.<br />
Harold Pinter starb im Dezember<br />
2008 in London.<br />
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Der aalglatte Goldberg (r.) übernimmt es sozusagen als Ehrenmann, eine Geburtstagsfeier<br />
für Stanley (2.v.r.) zu organisieren, an der auch die kesse Lulu (2.v.l.)<br />
teilnimmt und als Hauptprogramm „Blinde Kuh“ gespielt wird.<br />
„Die Geburtstagsparty“<br />
Weitere Aufführungen: 4., 5., 12.,<br />
13., <strong>18</strong>., 19., 26., 27. Mai, 9., 10., 15.,<br />
16., 17. Juni. Freitag, Samstag jeweils<br />
um 20 Uhr. An Sonntagen um <strong>18</strong><br />
Uhr. Kontakt – Tel.: 0664 6360646;<br />
www.humiste.at.<br />
RUNDSCHAU Seite 16 3./4. Mai 20<strong>18</strong>