Als PDF downloaden - Haufe.de
Als PDF downloaden - Haufe.de
Als PDF downloaden - Haufe.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
titelthema<br />
R Rückgrat unserer Marktwirtschaft. Banker<br />
haben große Möglichkeiten, ihrem<br />
Tun Sinn und Be<strong>de</strong>utung zu geben. Wir<br />
brauchen authentische Banker.<br />
Statt um Sinn geht es <strong>de</strong>rzeit in <strong>de</strong>n<br />
Unternehmen vor allem ums Sparen.<br />
Kets <strong>de</strong> Vries: Die meisten Manager können<br />
nur Wachstum managen. Sie sind<br />
groß darin, neue Expansionspläne zu<br />
verkün<strong>de</strong>n. Aber wenn es ums Restrukturieren<br />
o<strong>de</strong>r um die Entlassung von<br />
Mitarbeitern geht, dann ziehen sie sich<br />
zurück und schweigen. Dabei müssten<br />
sie gera<strong>de</strong> jetzt beson<strong>de</strong>rs viel kommunizieren.<br />
Sonst wer<strong>de</strong>n die Mitarbeiter<br />
noch ängstlicher o<strong>de</strong>r sogar paranoid.<br />
Führungskräfte müssen erklären, was<br />
die Organisation in <strong>de</strong>r Krise tun kann<br />
und warum manche Mitarbeiter nicht<br />
mehr bleiben können. Und wenn sie<br />
schon Leute feuern müssen, sollten sie<br />
ihnen <strong>de</strong>n Abschied so angenehm wie<br />
möglich gestalten. Das ist auch für die<br />
„Überleben<strong>de</strong>n“ wichtig, und was viele<br />
Unternehmen nicht realisieren: Eigentlich<br />
ist jetzt sogar die beste Zeit, um gute<br />
Leute zu rekrutieren.<br />
Wer<strong>de</strong>n wir aus <strong>de</strong>r Krise lernen?<br />
Kets <strong>de</strong> Vries: Eines wer<strong>de</strong>n wir daraus<br />
auf je<strong>de</strong>n Fall lernen: Wir sollten unsere<br />
Probleme gemeinsam lösen. Noch<br />
vor einem Jahr erschien es vielen als<br />
un<strong>de</strong>nkbar, dass China, Russland o<strong>de</strong>r<br />
Indien von <strong>de</strong>r Immobilienkrise in <strong>de</strong>n<br />
USA betroffen sein wer<strong>de</strong>n. Und wir<br />
brauchen mehr Kontrolle. Wir brauchen<br />
Min<strong>de</strong>ststandards für Banken, mehr<br />
Aufsicht und transparente Gehaltsstrukturen.<br />
Aber wir müssen aufpassen, dass<br />
wir nicht ins Gegenteil verfallen und zu<br />
viel kontrollieren.<br />
Gab es nicht genügend Aufsichtsräte, die<br />
alles abgenickt haben, obwohl sie kontrollieren<br />
sollten?<br />
Kets <strong>de</strong> Vries: Ja, auch da muss etwas<br />
passieren. In <strong>de</strong>n Aufsichtsräten wird<br />
doch nichts mehr hinterfragt, son<strong>de</strong>rn<br />
alles nur noch abgenickt. Ein Kollege<br />
aus Harvard, <strong>de</strong>r in vielen Aufsichtsräten<br />
saß, erzählte mir mal: „Keiner will<br />
seinen Kopf rausstecken. Alle sagen nur<br />
ja.“ Gera<strong>de</strong> in kleineren Län<strong>de</strong>rn sitzen<br />
noch dazu immer dieselben Personen in<br />
20 wirtschaft + weiterbildung 04_2009<br />
Zur Person<br />
Manfred F. R. Kets <strong>de</strong> Vries<br />
ist Inhaber <strong>de</strong>s „Raoul <strong>de</strong> Vitry<br />
d‘Avaucourt Lehrstuhls” für Lea<strong>de</strong>rship<br />
Development und Director <strong>de</strong>s Insead<br />
Global Lea<strong>de</strong>rship Centre an <strong>de</strong>r weltweit<br />
renommierten Business School<br />
Insead in Fontainbleau bei Paris.<br />
Nach seinem Studium <strong>de</strong>r Ökonomie<br />
an <strong>de</strong>r Universität Amsterdam erwarb<br />
Kets <strong>de</strong> Vries 1968 einen Master of<br />
Business Administration (MBA) an <strong>de</strong>r<br />
Harvard Business School und danach<br />
einen Doktor in Business Administration<br />
(DBA). Von 1977 bis 1982 absolvierte er eine psychoanalytische<br />
Ausbildung am Canadian Psychoanalytic Institute und arbeitete vier<br />
Jahre im klinischen Bereich. Er lehrte an zahlreichen Universitäten<br />
und ist seit 1985 Vollzeitprofessor in Insead und Direktor <strong>de</strong>s dortigen<br />
„Global Lea<strong>de</strong>rship Centre”.<br />
Kets <strong>de</strong> Vries: Ein Fan von Barack Obama<br />
<strong>Als</strong> Mann, <strong>de</strong>r es beispielhaft versteht, Hoffung zu verbreiten, sieht<br />
Kets <strong>de</strong> Vries <strong>de</strong>n ersten schwarzen US-Präsi<strong>de</strong>nten Barack Obama.<br />
Wer diesen Mann verstehen wolle, solle sein Buch „Dreams from my<br />
father“ (2004) lesen. Obama gebe sich dort als <strong>de</strong>r erste „wirklich<br />
multikulturelle“ Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r USA zu erkennen. „Außer<strong>de</strong>m merkt<br />
man sehr schnell, dass Obama ein sehr reflektierter Denker sei, <strong>de</strong>r<br />
seine Herkunft und seine Be<strong>de</strong>utung für die USA sehr differenziert<br />
betrachten kann“, sagt Kets <strong>de</strong> Vries – nicht ohne eine gewisse Faszination<br />
verbergen zu können.<br />
<strong>de</strong>n Aufsichtsräten. Neue Köpfe wür<strong>de</strong>n<br />
daher helfen. Wir brauchen mehr Vielfalt<br />
in <strong>de</strong>n Wirtschaftsgremien, mehr Frauen,<br />
mehr jüngere Mitglie<strong>de</strong>r, und man muss<br />
die Leute trainieren, damit sie lernen,<br />
wie<strong>de</strong>r echte und offene Gespräche zu<br />
führen.<br />
Sie leiten das „Insead Global Lea<strong>de</strong>rship<br />
Centre“, eines von 18 Zentren an <strong>de</strong>r<br />
Insead Business School. Bekommen Sie<br />
durch die Krise jetzt mehr Arbeit?<br />
Kets <strong>de</strong> Vries: Das kann ich noch nicht<br />
sagen, <strong>de</strong>nn unsere Kurse wer<strong>de</strong>n ein<br />
Jahr im Voraus gebucht. Aber unser Zentrum<br />
steht gut da. Wir verdienen Geld<br />
und erwirtschaften bereits 15 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Einnahmen von Insead.<br />
Fühlen Sie sich als Psychologe eigentlich<br />
wohl an einer klassischen Business<br />
School?<br />
Kets <strong>de</strong> Vries: Ein solches Lea<strong>de</strong>rship-<br />
Zentrum an einer linkshirnigen Organisation<br />
wie einer Business School zu<br />
betreiben, ist schon recht verzwickt.<br />
Schließlich kommen die Leute hierher,<br />
um im Finanzbereich o<strong>de</strong>r Marketing<br />
besser zu wer<strong>de</strong>n. Wir müssen daher<br />
ständig darum kämpfen, dass unsere Ansätze<br />
in die Programme integriert wer<strong>de</strong>n.<br />
Wenn die Manager aber erst einmal<br />
zehn Jahre im Job sind, dann erkennen<br />
sie, wie wichtig die Softskills sind. Dann<br />
kommen sie wie<strong>de</strong>r und wollen wissen,<br />
wie sie Teams führen und das Beste aus<br />
ihren Mitarbeitern herausholen können.