2012-01 - lola - Das Magazin für Düsseldorf
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Glosse<br />
Hugo Berg<br />
hugo.berg@<strong>lola</strong>-magazin.de<br />
D.F. Karnath<br />
Fokussieren<br />
<strong>Das</strong> Fest der Liebe ist vorbei. Und die Liebe ist<br />
das Wichtigste im Leben. Nun hat der Januar nicht nur<br />
das neue Jahr sondern auch den Alltag mit seinen tausend<br />
Kleinigkeiten gebracht. Kleinigkeiten, die es immer<br />
wieder schaffen, diese wichtige Liebe zu überdecken. Ich<br />
meine nicht nur die Liebe zu einer Person, einem Tier oder<br />
der Familie. Ich meine die Liebe, mit der man Dinge tut.<br />
Die Liebe, von der man spricht, wenn man sagt, man habe<br />
etwas mit Liebe gemacht und da stecke viel Liebe drin.<br />
Ich fotografiere gerne. Auch wenn bei diesem Satz jede<br />
Überleitung fehlte, ist doch Folgendes gemeint: Wenn ich<br />
die Welt durch den Sucher einer Kamera sehe, dann fokussiere<br />
ich mich auf das mir in diesem Moment Wichtige.<br />
Alles andere wird weggeblendet und kommt nicht auf das<br />
Bild. Der Alltag mit seinen vielen Dingen, die es zu tun<br />
gilt, und die Welt mit ihren vielen Forderungen werden<br />
durch die Kamera überschaubarer und interessanter, weil<br />
ich mir die Dinge genauer ansehe, genauer ansehen kann.<br />
Nur wenn wir genau hinsehen, können wir etwas mit Liebe<br />
betrachten. Etwas oberflächlich zu betrachten, heißt<br />
etwas schnell anzuschauen – ohne Liebe zum Detail – eine<br />
Kamera gibt mir diese Detailverliebtheit wieder.<br />
Ich finde es heutzutage schwierig, sich die Zeit zu nehmen,<br />
die man braucht, um etwas mit Liebe zu machen oder auch<br />
nur liebevoll anzusehen. Es gibt einfach zu viele Dinge,<br />
zu viele Informationen, zu viel von allem. Und alles muss<br />
beachtet werden!<br />
Unser Gehirn hat unter anderem die Aufgabe, die Fülle<br />
der Informationen, die uns umgeben, nach Wichtigem<br />
und Unwichtigem zu filtern. Dies funktionierte früher<br />
auch sehr gut. Gingen wir zu Zeiten der Jäger und Sammler<br />
in den Wald, dann bemerkten wir nicht jeden einzelnen<br />
Baum und betrachteten schon gar nicht jedes einzelne<br />
Blatt, aber wir fanden die Beeren und bemerkten den Bären<br />
hinter einem Baum. So konnten wir Menschen unser<br />
Leben in Sicherheit bringen.<br />
Heute ist es fast genau so. Nur achten wir in der Stadt auf<br />
Autos, die den Verkehr unsicher machen und sich hinter<br />
Werbetafeln verstecken könnten. Wir achten aber auch<br />
auf die Autos auf den Werbetafeln. Und wir haben gelernt,<br />
fast jedes Blatt Papier zu beachten, damit wir die beste Versicherung<br />
finden, die unser Leben sicherer macht. Anstatt<br />
nach Beeren zu suchen und Bären zu meiden, lernten wir<br />
Autos im Blick zu haben und gute Angebote zu finden, damit<br />
wir uns die Versicherungen auch leisten können.<br />
Und manchmal, wenn der Alltag wieder voll von Dingen<br />
ist und ich keine Kamera dabei habe, dann schaue ich mir<br />
die Welt mit dem gleichen suchenden Blick an und frage<br />
mich, ob das, was ich gerade erlebe, ein Foto wert ist.<br />
Alles ist ein Foto wert, das macht die Welt so wertvoll.<br />
10<br />
<strong>lola</strong>