Leseprobe stahl und eisen 06/2018
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Studie des Instituts für Makroökonomie <strong>und</strong> Konjunkturforschung zu US-Einfuhrzöllen auf Stahl<br />
Im Handelsstreit mit den USA<br />
spielt die Zeit für die EU<br />
Im Handelsstreit mit den USA sind die EU-Staaten in einer relativ starken<br />
Verhandlungsposition. Denn nach den Erfahrungen mit vorausgegangenen ähnlichen<br />
Auseinandersetzungen spielt die Zeit für die Europäer. Erfolgreich kann eine Strategie<br />
sein, die – möglichst hohe – Exportquoten für Stahl <strong>und</strong> Aluminium auf den US-Markt<br />
aushandelt unter der Bedingung, dass europäische Exporteure dafür dauerhaft von den<br />
Zöllen auf diese Produkte ausgenommen werden.<br />
er Schaden durch solche mengenmäßigen<br />
Obergrenzen<br />
dürfte relativ gering sein. Zu<br />
diesem Schluss kommt eine neue Studie<br />
des Instituts für Makroökonomie<br />
<strong>und</strong> Konjunkturforschung (IMK) der<br />
Hans-Böckler-Stiftung. Es spreche<br />
zwar viel dafür, dass die US-Regierung<br />
mit ihren Abgaben auf Stahl<br />
<strong>und</strong> Aluminium vor allem Richtung<br />
Kanada, Mexiko, Südkorea <strong>und</strong> der<br />
EU-Länder ziele – <strong>und</strong> weniger auf<br />
China, schreibt IMK-Außenhandelsexpertin<br />
Dr. Sabine Stephan in ihrer<br />
Analyse. Schließlich seien mehr als<br />
90 % der US-Importe dieser Warenklassen<br />
aus dem Reich der Mitte<br />
schon seit Längerem mit Zöllen belegt<br />
gewesen.<br />
Die Europäer könnten aber trotzdem<br />
in Verhandlungen „ihre Interessen<br />
ebenso selbstbewusst vertreten,<br />
wie die amerikanische Seite“. Denn<br />
Washington baue zwar hohen Druck<br />
auf, bestehende Agreements in den<br />
Handelsbeziehungen zu revidieren.<br />
Es gehe dabei jedoch nicht um tiefgreifende<br />
Reformen, „sondern um<br />
punktuelle Verbesserungen zu ihren<br />
Gunsten, die US-Präsident Trump im<br />
Wahlkampf für die Midterm Elections<br />
im Herbst als handelspolitische<br />
Erfolge vermarkten kann“.<br />
In dieser Konstellation seien Zugeständnisse<br />
möglich, die europäischen<br />
Exporteuren weniger wehtun<br />
als es zunächst scheint, <strong>und</strong> die schon<br />
nach relativ kurzer Zeit wieder hinfällig<br />
werden könnten. Denn „es gibt<br />
gute Gründe anzunehmen, dass die<br />
gesamtwirtschaftliche Bilanz für die<br />
USA negativ sein wird“, so Stephan.<br />
Foto: worldsteel / Gregor Schläger<br />
Für die EU komme es nach der Studie des IMK darauf an,<br />
eine vorteilhafte Exportquote auszuhandeln, um von den<br />
Importzöllen in die USA befreit zu werden<br />
Ein Deal, bei dem sich die Europäer<br />
<br />
weniger Stahl <strong>und</strong> Aluminium in die<br />
USA zu exportieren als bisher, diese<br />
Exporte dann aber dauerhaft zollfrei<br />
bleiben, sei vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
besser als der Einstieg in einen „Handelskrieg“<br />
durch harsche europäische<br />
Gegenmaßnahmen. „Europa könnte<br />
den Handelskrieg gewinnen, indem<br />
es ihn nicht führt“, schreibt die<br />
IMK-Expertin.<br />
Die Ökonomin verweist auf Zölle<br />
<strong>und</strong> Importquoten, die US-Präsident<br />
George W. Bush 2002 eingeführt hatte.<br />
Knapp zwei Jahre später wurden<br />
die Beschränkungen schon wieder<br />
aufgehoben. Allerdings waren zu<br />
diesem Zeitpunkt bereits rd. 200 000<br />
Industriearbeitsplätze in den USA<br />
verloren gegangen. Gr<strong>und</strong> dafür:<br />
tierte,<br />
mussten Stahl verarbeitende<br />
Unternehmen <strong>und</strong> die Baubranche<br />
durch die Zölle höhere Preise für Vorprodukte<br />
zahlen – sei es, weil Preise<br />
heimischer Hersteller stiegen oder die<br />
Verarbeiter auf verteuerte Importe<br />
zurückgreifen mussten. Vor allem<br />
die Automobil- <strong>und</strong> die Bauindustrie<br />
machten schnell Druck auf die<br />
Regierung, das Zollexperiment abzubrechen.<br />
Unter dem Strich habe<br />
es der amerikanischen Volkswirtschaft<br />
deutlich geschadet, analysiert<br />
Stephan, die ähnliche Effekte bei den<br />
Trump-Zöllen erwartet. Schließlich<br />
wären heute Branchen mit 12,3 Mio.<br />
Beschäftigten inklusive der Bauwirtschaft<br />
von höheren Kosten für Vorprodukte<br />
betroffen, während in der<br />
amerikanischen Stahl- <strong>und</strong> Aluminiumherstellung<br />
lediglich 200 000<br />
Menschen arbeiten.<br />
Auch eine zweite Erfahrung<br />
tausendwende<br />
rechtfertigt nach<br />
der IMK-Analyse einen pragmatisch-selbstbewussten<br />
Verhandlungsansatz:<br />
Seinerzeit hatten die<br />
EU-Länder von den USA zollfreie Kontingente<br />
erhalten. Obwohl dadurch<br />
geringere Mengen exportiert werden<br />
ziellen<br />
Ausfälle deutlich geringer als<br />
die mengenmäßige Reduzierung –<br />
<strong>stahl</strong> <strong>und</strong> <strong>eisen</strong> 138 (<strong>2018</strong>) Nr. 6 7