Ausgabe 45 - Alsdorfer Stadtmagazin
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Wie kommt es zu einer Aphasie?<br />
Aphasie tritt nach verschiedenen<br />
Erkrankungen (z.B. Schlaganfall, Schädelhirntrauma,<br />
Gehirnblutung...) nach<br />
abgeschlossenem Spracherwerb auf.<br />
Wie erleben Patienten die<br />
Erkrankung?<br />
Patienten erleben diese Erkrankung<br />
oft als unerwartet und plötzlich. Sie<br />
fühlen sich nicht wohl können jedoch<br />
nicht genau sagen was es ist. Es können<br />
Kopfschmerzen auftreten, eine<br />
allgemeine Schwäche oder auch<br />
leichte bis schwerere Taubheitsgefühle<br />
im rechten Arm und rechten Bein<br />
können beschrieben werden. Sie können<br />
sich nicht mehr in vollständigen<br />
Sätzen oder Worten mitteilen. Viele<br />
betroffene Patienten können sich später<br />
im Krankenhaus auch erst einmal<br />
nicht erinnern.<br />
Andere Patienten schlafen und wirken<br />
auf ihren Lebenspartner sehr erschöpft<br />
und müde. Eine 70 jährige Ehefrau<br />
berichtet:<br />
„Mein Mann hat 19 Stunden geschlafen<br />
und das kam mir ganz komisch<br />
vor und als ich ihn geweckt habe, hat<br />
er ganz seltsame Dinge erzählt. Da<br />
hab ich nur noch den Krankenwagen<br />
gerufen und die meinten das war<br />
genau richtig.“<br />
Eine Patientin erzählt rückblickend,<br />
wie der Schlaganfall vor ca. 5 Monaten<br />
bei ihr begann und welche sprachlichen<br />
Schwierigkeiten entstanden<br />
sind:<br />
„Ganz plötzlich. Wir waren gerade<br />
von Urlaub zurück. Mein Mann ging<br />
ins Bett und ich in die Küche, mir war<br />
nicht wohl und ich wollte noch was<br />
trinken da ist mir das Glas aus der<br />
Aphasie –<br />
Was ist Aphasie?<br />
Aphasien sind durch Gehirnschädigung<br />
erworbene Sprachstörungen.<br />
Aufgrund einer Läsion<br />
(Schädigung) in der<br />
dominanten, meist<br />
linken Hirnhälfte.<br />
Simone Aretz,<br />
Iris Lützeler-Dreßen<br />
Hand weggerutscht und von da an<br />
weiß ich nix mehr. Mein Mann hat<br />
mich gehört, hat mir später erzählt<br />
wie das war mit Krankenwagen und<br />
so. An das Krankenhaus kann ich<br />
mich nur später erinnern. Ich konnte<br />
erst gar nichts mehr sprechen.“<br />
Bei dieser Patientin hat sich die Sprachstörung<br />
fast zurückgebildet. Es gibt<br />
die unterschiedlichsten Verläufe, die<br />
Sprachstörung kann monate- oder<br />
jahrelang bestehen.<br />
Der Aphasiker ist nicht geistig behindert,<br />
er ist „sprachkrank“.<br />
Es bestehen Beeinträchtigungen in<br />
den einzelnen sprachlichen Modalitäten<br />
(Sprechen,Verstehen, Schreiben<br />
und Lesen), aber auch in nichtsprachlichen<br />
Bereichen in unterschiedlichem<br />
Schweregrad.<br />
Wer behandelt die Aphasie?<br />
Der behandelnde Arzt verordnet<br />
Sprachtherapie, welche in der Regel<br />
in Praxen durch Logopäden, Sprachtherapeuten,<br />
klinische Sprechwissenschaftler<br />
u.a. stattfindet. Es gibt zum<br />
Teil auch die Möglichkeit, die Behandlung<br />
in einem ambulanten Therapiezentrum<br />
oder in einer Klinik mit<br />
ambulanter Rehabilitation durchzuführen.<br />
Es gibt Patienten die ihre frühere<br />
Sprachfähigkeit zurückerlangen.<br />
Bei vielen Aphasikern kann zwar eine<br />
wesentliche Besserung der Sprache<br />
erreicht werden, der ehemalige<br />
Sprachstatus aber nicht wieder hergestellt<br />
werden. Sehr schwer sprachbeeinträchtigte<br />
Patienten müssen<br />
lernen, Kommunikation durch andere<br />
Möglichkeiten (Gestik, Mimik) zu<br />
ersetzten. Es gibt keine Apparate, die<br />
die Leistungen der gesunden Sprache<br />
wieder herstellt.<br />
ALSDORFER STADTMAGAZIN 2/2011 54 April/Mai/Juni 2011<br />
Was beinhaltet eine logopädische Behandlung?<br />
Zu Beginn einer Behandlung wird eine umfangreichen Diagnostik mit standardisierten<br />
Testverfahren durchgeführt. Anhand dieser Ergebnisse und dem Austausch<br />
mit den behandelnden Ärzten wird ein individueller Therapieplan für den<br />
Patienten festgelegt. In diesem Behandlungsplan werden Therapieziele<br />
bestimmt.Das wichtigste und oberste Ziel für alle Aphasiker ist die Verbesserung<br />
der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit. Das heißt: Die Aphasiker sollen sich<br />
in Gesprächen und anderen Alltagssituationen mit den wiedererlangten und z.<br />
T. reduziert bleibenden Ausdrucksmöglichkeiten verständigen können.<br />
Es gibt verschiedene Formen/Typen der Aphasie!<br />
Globale Aphasie<br />
Ist die schwerste Form der aphasischen<br />
Störung. Alle sprachlichen Bereiche<br />
(Sprechen, Verstehen, Lesen, Schreiben)<br />
sind stark betroffen.<br />
Amnestische Aphasie<br />
Ist die leichteste Form der aphasischen<br />
Störung, Leitsymptome bestehen in<br />
inhaltsarmen Redefloskeln und Wortfindungsstörungen.<br />
Broca Aphasie<br />
Bei dieser Form der Aphasie sprechen<br />
die betroffenen Patienten meist stock -<br />
end, in unvollständigen Sätzen, mit<br />
vielen Lautverwechslungen bei langsamer<br />
und monotoner Artikulation.<br />
Beispiel:<br />
Untersucher: Wie hat das denn angefangen<br />
mit Ihrer Krankheit?<br />
Patient: ja,ja ... Hirnschlag ... eh ...<br />
und ohnmächtig ... Krankenhaus ... ja<br />
... Krankenhaus Andernach ... Rollstuhl<br />
Untersucher: Zuerst waren Sie im<br />
Rollstuhl?<br />
Patient: ja ... eh ... ja ...Arm ... Bein ...<br />
Gesicht ...schwer lähmen ...eh ... und<br />
denn ... üben üben üben<br />
Irrtümer und Vorurteile<br />
Aphasische Patienten drücken sich<br />
mit ihrer Sprache häufig falsch aus<br />
oder nur bruchstückhaft. Da Denken<br />
und Sprechen gleichgesetzt werden<br />
entsteht hier das Vorurteil dass diese<br />
Patienten verwirrt sind oder sie werden<br />
als geistig behindert angesehen.<br />
Tatsächlich ist es so, dass Aphasiker<br />
soziale Situationen richtig erkennen,<br />
dass sie wissen, wie man sich in einer<br />
Situation verhält, dass sie innerlich<br />
Wünsche formulieren können wie<br />
sprachgesunde Menschen und das<br />
sie folgerichtig denken.<br />
Ihre Problematik liegt im sprachlichen<br />
Formulieren. Mit sprachkranken Menschen<br />
muss man nicht besonders laut<br />
sprechen. Sie haben keine Hörstörung.<br />
Dadurch das die Patienten häufig starke<br />
sprachliche Schwankungen zeigen<br />
wird geäußert: „Wenn er nur will, dann<br />
geht das.“ Auch das ist ein Irrtum. Angehörige<br />
müssen davon ausgehen, dass<br />
er will, doch der Patient kann nicht<br />
immer die gleiche Leistung bringen.<br />
Wie können Angehörige helfen?<br />
Wichtig ist das Familienleben, soweit<br />
möglich wie bisher weiterzuführen.<br />
Ein geregelter Tagesablauf sollte eingehalten<br />
werden, es gibt dem Patienten<br />
Sicherheit und es hilft ihm sich im<br />
Wernicke Aphasie<br />
Patienten mit dieser Form der Aphasie<br />
sprechen flüssig und meist mit guter<br />
Sprechmelodie und einer klaren Artikulation.<br />
Ihre Rede ist inhaltsarm, es gelingt<br />
ihnen nicht, den jeweiligen Gedanken<br />
sprachlich eindeutig mitzuteilen.<br />
Diese Patienten verwenden oft Wörter,<br />
die den Sachverhalt nicht treffen. Sprachverständnisstörungen<br />
gehören neben<br />
Wort- und Lautverwechslungen und falschem<br />
Satzbau zu den Leitsymptomen.<br />
Es besteht ein erhöhter Rededrang.<br />
Beispiel:<br />
Untersucher: Wie hat Ihre Krankheit<br />
angefangen?<br />
Patient: Ja es ist auch vor allen Dingen<br />
bei mir kann ich nicht alles sagen ...<br />
dann kommt bei mir manches bei mir<br />
über hier rauber durch mir... und sagte<br />
dann auch jetzt müsste Du sch ... nachschauen<br />
... wie’s geht ... und nur ich<br />
bin leider im einzelnen nicht in der<br />
Lage, das im einzelnen zu sagen ... ich<br />
muss manches warten ... ich weiß,<br />
wenn ich Ihnen sage, hier ist oder hier<br />
ist das ... das kann ich aber ich kann es<br />
nicht eh anders eh in zeig weitergeben<br />
... da ist mir manches nicht in Ordnung<br />
Alltag wieder leichter zurechtzufinden.<br />
In Entscheidungen die die Familie trifft<br />
sollte auch der Aphasiker mit einbezogen<br />
werden - lassen sie ihn teilhaben.<br />
Wichtig ist auch zu beachten das sie<br />
ihn nicht mit banalen Problemen belasten.<br />
Sprechen sie ruhig und deutlich,<br />
in kurzen und einfachen Sätzen. Wiederholen<br />
sie das Gesagte und unterstützen<br />
sie es durch Mimik und Gestik.<br />
Vermeiden sie Unruhe im Raum.<br />
Ermutigen sie den Aphasiker durch<br />
Zuspruch und Zuwendung zu Sprechversuchen,<br />
auch wenn sie fehlerhaft<br />
sind. Lassen sie ihm beim Sprechen<br />
viel Zeit. Falls sich der Patient gar nicht<br />
äußern kann, versuchen sie durch<br />
Fragen herauszufinden, was er meint.<br />
Unterstützen sie Leseversuche.<br />
Für den betroffenen Patient ist es eine<br />
schwere und bedrückende Erfahrung,<br />
dass er nicht mehr alles sprechen und<br />
verstehen kann. Für ihn bedeutet es<br />
eine große Erleichterung, wenn er<br />
merkt, dass sie seinen Zustand zu verstehen<br />
versuchen und ihm bei sprachlichen<br />
Problemen helfen können.<br />
Angehörige von Aphasikern müssen<br />
wissen, dass Fortschritte nur langsam<br />
erreicht werden können und das die<br />
Behandlung der „Sprachkranken“<br />
langwierig ist.<br />
Quellennachweis: Sprachstörungen Ursachen und Behandlung von Sprachstörungen (Aphasien) durch<br />
Schädigung des zentralen Nervensystems von Prof. Dr. phil. Huber, Prof. Dr. med. Poeck, Luise Springer