Finanziell vorsorgen - BAGSO
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Senioren – kritische Kunden<br />
Ausstellung von Kreditkarten eine entscheidende,<br />
eine untergeordnete oder<br />
keine Rolle spielt. Leider hat keines der<br />
24 Kreditinstitute reagiert.<br />
Der Bundesverband Deutscher<br />
Banken, mit dem wir bereits im Vorfeld<br />
der Befragung Kontakt aufgenommen<br />
hatten(!), hat sich wie folgt eingelassen:<br />
„Bei der Kreditvergabe an Ältere<br />
spielt neben der Bonität des einzelnen<br />
Kunden die Wahrscheinlichkeit einer<br />
vollständigen Rückzahlung des Kredits<br />
eine entscheidende Rolle. Eine Ablehnung<br />
von Kreditanfragen anhand<br />
starrer Altersgrenzen ist in der Praxis<br />
nicht üblich und entspricht nicht dem<br />
eigenen wirtschaftlichen Interesse.“ Im<br />
Weiteren heißt es: „Die Prognose hinsichtlich<br />
der Rückführung eines Kredits<br />
erfolgt anhand vielfältiger Faktoren, bei<br />
denen auch das Alter des potentiellen<br />
Kreditnehmers eine Rolle spielt. Bei<br />
Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung<br />
ist das Ausfallrisiko bei<br />
einem älteren Menschen naturgemäß<br />
höher als zum Beispiel bei einem 40jährigen<br />
Kunden. Ein hohes Alter kann<br />
daher unter Berücksichtigung von Laufzeit<br />
und Kreditsumme […] die Kreditvergabe<br />
in Frage stellen.“ Schließlich:<br />
„Neben der Lebenserwartung können<br />
auch andere altersspezifische Risiken<br />
für die Kreditvergabeentscheidung<br />
maßgeblich sein. So besteht ab einem<br />
höheren Alter beispielsweise eine erhöhte<br />
Gefahr des Eintritts eines Pflegefalls<br />
[…]. Dies kann erhebliche Kosten<br />
verursachen und so die Rückzahlung<br />
des Kredits gefährden […]. Einen weiteren<br />
zu berücksichtigenden Umstand<br />
stellt die Verminderung der Rente im<br />
Verwitwungsfall dar.“<br />
2.2. Ältere Menschen<br />
In den vergangenen Jahren wurden<br />
immer wieder Fälle bekannt, in denen<br />
Kreditinstitute – mutmaßlich aufgrund<br />
des Lebensalters der Kunden – die<br />
Vergabe von Darlehen abgelehnt hatten.<br />
Auch wir erhielten entsprechende<br />
30<br />
Hinweise. Z. B. wollte eine Dame Ende<br />
60 von einem günstigen Angebot der<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)<br />
profitieren. Für den mit insgesamt<br />
45.000 € veranschlagten Dachausbau<br />
im vollständig abbezahlten Eigenheim<br />
beantragte sie ein Darlehen in Höhe<br />
von 12.000 €. Nachdem der Antrag<br />
abgelehnt worden war, wandte sie sich<br />
verblüfft an die Zentrale der KfW. „Die<br />
freundliche Dame durchforstete das Archiv<br />
nach dem Antrag … Dann meinte<br />
sie: Sie sind eben zu alt, da bekommen<br />
Sie kein Darlehen mehr.“<br />
Andere Fälle betreffen die Streichung<br />
des Überziehungskredits mit Erreichen<br />
eines bestimmten Lebensalters,<br />
selbst wenn dieser in der Vergangenheit<br />
nie in Anspruch genommen wurde.<br />
Teilweise teilten die Kreditinstitute mit,<br />
die Streichung erfolge „zum Schutz des<br />
Kunden“. Schließlich beschweren sich<br />
ältere Menschen darüber, dass sie – trotz<br />
guter Alterseinkünfte – von ihrer Bank<br />
keine Kreditkarte bekommen.<br />
Bewertung<br />
Vor allem im Versicherungsbereich<br />
zeigen sich beim Umgang mit älteren<br />
Kunden strukturelle Probleme. Speziell<br />
im Bereich privater Zusatz-Krankenversicherungen<br />
ist ein kategorischer<br />
Ausschluss von Angeboten aufgrund<br />
eines bestimmten Lebensalters nicht<br />
akzeptabel. Hier erscheint eine gesetzliche<br />
Vorgabe notwendig, die einen<br />
Ausschluss Älterer verhindert. Dabei<br />
ist darauf zu achten, dass die Versicherungsunternehmen<br />
das Verbot nicht<br />
durch die Festsetzung extrem hoher<br />
Beiträge umgehen können.<br />
Zu den Zusatz-Pflegeversicherungen<br />
liegen der <strong>BAGSO</strong> keine Beschwerden<br />
Älterer vor. Ob daraus gefolgert werden<br />
kann, dass starre Altersgrenzen in diesem<br />
Bereich „aus der Natur der Sache“<br />
akzeptiert werden, muss an dieser Stelle<br />
offen gelassen werden. Hier gibt es sicherlich<br />
noch Diskussionsbedarf.<br />
Aktuelles<br />
Der Bundesverband Deutscher<br />
Banken hat die maßgeblichen Kriterien<br />
für die Vergabe von Krediten aufgezeigt.<br />
Danach spielt das Alter insoweit<br />
mittelbar eine Rolle, als es zu einer<br />
ungünstigen Prognose für eine reguläre<br />
Rückführung des fraglichen Kredits<br />
führen kann. Das erscheint auf den<br />
ersten Blick einleuchtend. Die Fülle der<br />
vorgetragenen Aspekte, die gerade bei<br />
älteren Menschen zu berücksichtigen<br />
seien (Lebenserwartung, Pflegerisiko,<br />
Sterben des Partners), macht allerdings<br />
klar, dass das Alter eine ganz entscheidende<br />
Rolle spielt. Die Gefahr besteht<br />
darin, dass die auf dem Papier sehr<br />
einleuchtende, differenzierte Argumentation<br />
in der Praxis einer pauschalen<br />
Handhabung weicht.<br />
Es muss allerdings auch festgestellt<br />
werden, dass sich der Rücklauf auf<br />
unsere Anfrage nach möglichen Diskriminierungsfällen<br />
in Grenzen hielt. Dies<br />
scheint zumindest ein Indiz dafür zu<br />
sein, dass das Thema älteren Menschen<br />
zurzeit nicht unter den Nägeln brennt.<br />
Eine ganz andere Erfahrung haben wir<br />
2004 mit einer Befragung zum Abbau<br />
der Infrastruktur (Ärzte, Apotheken,<br />
Postfilialen, Sparkassen etc.) vor allem<br />
im ländlichen Raum gemacht. Hier haben<br />
wir eine Flut von Rückmeldungen<br />
bekommen.<br />
Klar ist aber: Wenn Finanzdienstunternehmen<br />
ältere Kunden langfristig<br />
gewinnen wollen, müssen sie ihre Unternehmenspolitik<br />
grundlegend überprüfen.<br />
Ältere wollen keine bevorzugte<br />
Behandlung. Sie wollen eine faire Behandlung.<br />
Und sie wollen wie andere<br />
Erwachsene behandelt werden; Bevormundung<br />
ist fehl am Platz. Wie so oft<br />
scheint auch hier das Altersbild eine<br />
zentrale Rolle zu spielen. Das Thema<br />
im Rahmen von Mitarbeiterschulungen<br />
aufzugreifen, wäre ein Schritt in die<br />
richtige Richtung.<br />
RA Dr. Guido Klumpp, <strong>BAGSO</strong> e.V.<br />
1) Für die fachliche Beratung danken wir Rudolf Bönsch,<br />
Herausgeber von „Fakten und Tipps 50+“<br />
<strong>BAGSO</strong> Nachrichten / 4-2005