10.07.2018 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 6 - Gratis ist nicht gratis

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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« Die Digitalisierung darf <strong>nicht</strong> als Ausbeutungsinstrument<br />

missbraucht werden » David Roth<br />

19<br />

SBB und PostAuto beim<br />

Fremdgehen erwischt<br />

Im letzten Jahr versuchten SBB und PostAuto, mit dem<br />

Fahrdienst Uber eine Zusammenarbeit aufzubauen.<br />

Die Gewerkschaften verhinderten das. Das <strong>ist</strong> gut.<br />

Vollkosten lassen Löhne schmelzen<br />

Die vollen Kosten für Angestellte sind<br />

in herkömmlichen Unternehmen bis<br />

doppelt so hoch wie der ausbe zahlte<br />

Lohn. Im uberisierten Modell müssen<br />

die Sozialversicherungsbeiträge, Admin<strong>ist</strong>ration<br />

und Arbeits räume, Fahrzeuge,<br />

Ferien und Spesen von Scheinselbstständigen<br />

alleine getragen<br />

werden. Entsprechend müssten die<br />

Löhne, also die Honorare, bei Selbstständigen<br />

auch fast doppelt so hoch<br />

sein. Die Unternehmen, die diese Aufträge<br />

vergeben, denken gar <strong>nicht</strong> daran,<br />

dies zu tun.<br />

Keine Zusammenarbeit mit Uber. (© Manu Friederich)<br />

In der Internetapplikation des öffentlichen<br />

Verkehrs (öV-App) wären<br />

Uber-Dienste vorgeschlagen worden,<br />

als Alternative oder ergänzende Verbindungsmöglichkeiten.<br />

Durch das<br />

energische Einschreiten der Gewerkschaften<br />

alarmiert, stellten die Betriebe<br />

die Zusammenarbeit wieder ein.<br />

Dieses Ende <strong>ist</strong> ein klares Zeichen,<br />

dass die Digitalisierung <strong>nicht</strong> als Ausbeutungsinstrument<br />

missbraucht<br />

werden darf. Denn in der digitalisierten<br />

Arbeitswelt <strong>ist</strong> das Zerstückeln<br />

grosser Aufträge in viele kleine Jobs<br />

leichter zu koordinieren. Und das nutzen<br />

gerade Plattformen dazu, um vertragliche<br />

Arbeitsverhältnisse aufzulösen<br />

und Arbeitende als selbstständige<br />

Unternehmer und Unternehmerinnen<br />

zu behandeln.<br />

Bezahlen fürs Toilettenpapier<br />

Das hat oft schlimme Konsequenzen,<br />

wie jüngst ein Beispiel aus den USA<br />

zeigte. Lastwagenchauffeure mussten<br />

für ihr Fahrzeug und dessen Unterhalt<br />

bezahlen, bis hin zum Toilettenpapier<br />

in den Pausenräumen. Ihre Entlohnung<br />

wird <strong>nicht</strong> auf Basis der gele<strong>ist</strong>eten<br />

Arbeitsstunden, sondern aufgrund<br />

der Frachtmenge berechnet.<br />

Dies führte so weit, das für manche<br />

Lkw-Fahrende selbst nach einer<br />

100-Stunden-Woche die Kosten immer<br />

noch höher waren als die Einnahmen<br />

…<br />

Erste kantonale Regelungen<br />

Die me<strong>ist</strong> multinationalen Firmen verstehen<br />

es zudem blendend, sich nationalen<br />

Gesetzen und Steuerabgaben zu<br />

entziehen. Gegensteuer gibt hier eine<br />

Regelung für Taxianbieter in Genf<br />

( siehe Link unten). Diese müssen einen<br />

Firmensitz in der Schweiz haben,<br />

damit sie eine Lizenz erhalten. Genau<br />

dies fordern jetzt auch die TaxifahrerInnen<br />

von Lausanne. Nur: Isolierte<br />

kantonale Gesetzesanstrengungen<br />

können griffige nationale Regelungen<br />

<strong>nicht</strong> ersetzen.<br />

Bundesrat feiert, statt zu arbeiten<br />

Letztes Jahr feierte der Bundesrat den<br />

Tag der Digitalisierung. Dabei sonnte<br />

er sich im Glanz der schönen, neuen<br />

digitalen Welt. Aber er hat vergessen,<br />

die Hausaufgaben zu machen. Wenn<br />

die Schweiz die Chancen der Digitalisierung<br />

nutzen will, dann muss sie<br />

auch über entsprechend moderne Gesetze<br />

verfügen. Ansonsten sind Lohndumping<br />

und die daraus folgenden<br />

Arbeitskämpfe vorprogrammiert.<br />

David Roth<br />

ge.ch/legislation/rsg/f/rsg_h1_31.html<br />

<strong>Gratis</strong> gibt es <strong>nicht</strong>s<br />

Das Geschäftsmodell der Printmedien<br />

läuft aus. Lange Zeit waren die Zeitungen<br />

Goldesel. Sie finanzierten Journalismus<br />

durch Anzeigen, und die Einnahmen<br />

sprudelten. Doch heute verdienen<br />

mit Werbung nur noch Tamedia<br />

und Ringier viel Geld, die<br />

globalen Techgiganten hingegen<br />

enorm viel Geld (Google, Facebook,<br />

Amazon & Co.). Wir alle tragen zu diesen<br />

tollen Gewinnen bei, wenn wir die<br />

<strong>Gratis</strong>zeitungen konsumieren und<br />

wenn wir den Suchmaschinen und<br />

den «sozialen» Medien fast alles über<br />

uns selber verraten. Wir verschenken<br />

ihnen wertvolles Wissen über alles,<br />

was uns interessiert, was wir bestellen,<br />

was wir lesen und konsumieren.<br />

Was bekommen wir im Gegenzug?<br />

Noch mehr Werbung. Dabei wissen<br />

wir: <strong>Gratis</strong> gibt es <strong>nicht</strong>s, denn Qualitätsarbeit<br />

kostet, überall. Es braucht<br />

Zeit, anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen,<br />

um sauber zu recherchieren,<br />

ansprechend zu gestalten,<br />

verlässlich zu drucken.<br />

Wir wollen genau, umfassend und<br />

ehrlich informiert werden, denn Wissen<br />

<strong>ist</strong> Macht, und die muss in der<br />

Demokratie geteilt und kontrolliert<br />

werden. Das geht nur, wenn uns die<br />

Medien auch etwas wert sind. Darum<br />

setzen wir uns als Gewerkschaft ein<br />

für neue Finanzierungsmodelle für<br />

unabhängige Qualitätsmedien.<br />

Stephanie Vonarburg leitet die Branche Presse<br />

und elektronische Medien und <strong>ist</strong> Mitglied der GL

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