Trinkschwäche beim Kalb - Dr. Vet Tierarzt
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Aber auch die Entzündung der Klauenlederhaut<br />
(Klauenrehe) wird immer wieder<br />
als Folge von Pansenübersäuerungen<br />
gesehen.<br />
Symptome von SARA<br />
Die Erkennung der Krankheit benötigt<br />
ein wenig detektivisches Fingerspitzengefühl,<br />
denn alle genannten Symptome<br />
(verminderte Futteraufnahme, Klauenrehe,<br />
geringer Milchfettgehalt) können<br />
auch andere Ursachen haben. Jedoch<br />
geben folgende Symptome einen starken<br />
Hinweis:<br />
• dünner Kot mit Futterresten<br />
• Verminderte Futteraufnahme<br />
• Niedriger Milchfettgehalt<br />
• Fett-Eiweiß-Quotient < 1,0<br />
• Verminderte Wiederkautätigkeit<br />
(weniger als 50 Kauschläge pro Bissen)<br />
• Rationen mit wenig Struktur<br />
(Rohfaser) und / oder viel Kraftfutter<br />
• V e r m e h r t K l a u e n r e h e<br />
(Sohlenblutungen, Wanddefekte,<br />
Doppelsohlen)<br />
Dabei ist jedoch zu beachten, dass insbesondere<br />
die Folgen einer Klauenrehe<br />
erst 6—8 Wochen später sichtbar werden.<br />
SARA ist nicht gleich SARA<br />
In der Praxis hat sich gezeigt, dass es<br />
verschiedene Ursachen und unterschiedliche<br />
Zeitpunkte der Entstehung<br />
von SARA gibt.<br />
Die klassische Form entsteht meist zu<br />
Beginn der Laktation, wenn Kühe sehr<br />
rasch angefüttert werden und somit die<br />
Gesamtfutteraufnahme für hohe Kraftfuttermengen<br />
noch zu gering ist.<br />
<strong>Dr</strong>. Andre Bannik (Wageningen, Holland)<br />
zeigte in seinem Vortrag, dass der<br />
Aufbau der Pansenzotten, bei rascher<br />
Anfütterung deutlich schneller vonstatten<br />
geht und somit große Mengen an<br />
Fettsäuren abtransportiert werden können.<br />
Dies gibt einen deutlichen Hinweis,<br />
dass die täglichen Steigerungsraten<br />
<strong>beim</strong> Kraftfutter höher sein können als<br />
bisher vermutet. Jedoch müssen die<br />
Säuren auch in der Milch verwertet wer-<br />
den und es dürfen keine anderen Krankheiten<br />
vorliegen, die die Futteraufnahme<br />
mindern (Nachgeburtsverhalten,<br />
Ketose, Fettleber).<br />
Neben dieser klassischen Form der absolut<br />
zu hohen Stärkefütterung finden<br />
wir die sogenannte Mittlaktationskrise,<br />
die bei Kühen meist im 2. oder 3.<br />
<strong>Dr</strong>ittel der Laktation (ab ca. 150. Laktationstag)<br />
auftritt und durch eine Milchfettdepression<br />
auffällt. Die Ursache liegt<br />
hier in einer für die bereits verringerte<br />
Milchmenge zu hohen Stärkeversorgung<br />
(Rückstau der Fettsäuren in den Pansen).<br />
Besonders in Mischwagenbetrieben<br />
lässt sich das deutlich am sinkenden<br />
Fett-Eiweiß-Quotienten im 2. und 3.<br />
Laktationsdrittel erkennen.<br />
Aber nicht nur der hohe Kraftfuttereinsatz,<br />
sondern auch eine geringe Strukturversorgung<br />
durch junges Gras kann<br />
zur Pansenazidose führen.<br />
<strong>Dr</strong>. Finbar Mulligan (Irland) zeigte an<br />
Hand von einigen Beispielen, dass die in<br />
Irland betriebene Form der Kurzrasenweide<br />
ein hohes Potential hat, SARA in<br />
Milchviehherden mit einer durchschnittlicher<br />
Milchleistung von 6000—7000 kg<br />
zu provozieren. Insbesondere die Kombination<br />
von strukturarmem und zuckerreichem<br />
Gras mit schnell verdaulichem<br />
Kraftfutter führt zu Problemen.<br />
Da es bei Ganztagesweide kaum möglich<br />
ist, das Kraftfutter auf mehr als 2<br />
Portionen aufzuteilen und die Zufütterung<br />
rohfaserreicher Silagen oder Heu<br />
nicht praktiziert werden kann, sollte<br />
darauf geachtet werden, dass das Kraftfutter<br />
langsam abgebaut wird. Dies<br />
kann durch Einsatz von Rübenschnitten<br />
(enthält zusätzliche Rohfaser) oder Körnermais<br />
(langsam abbaubare Stärke)<br />
erreicht werden, wobei auch ein gröberer<br />
Vermahlungsgrad die Abbaurate<br />
vermindert.<br />
Dass SARA nicht nur am pH-Wert (< 5,5)<br />
gemessen werden kann, zeigte Prof. J.C.<br />
Plaizier (Manitoba, Kanada). In seinen<br />
Versuchen provozierte er pH-Werte<br />
unter 5,5 indem er einmal mit strukturarmen<br />
Luzerneheupellets und ein anderes<br />
Mal mit Getreidepellets die Übersäuerung<br />
erzeugte. Obwohl in beiden<br />
Fällen niedrige pH-Werte im Pansen<br />
entstanden und Toxine aus Bakterienzellwänden<br />
(LPS...Lipopolysaccharide)<br />
nachgewiesen wurden, wurden nur bei<br />
Getreidepellets auch im Blut entsprechende<br />
Entzündungsmediatoren gefunden.<br />
Somit dürfte die Gefahr nachfolgender<br />
Erkrankungen und Entzündungen<br />
bei reinen „Strukturmangelazidosen“<br />
(bedingt durch junge Weide) relativ<br />
gering sein.<br />
Empfehlungen<br />
SARA ist in der modernen Milchviehhaltung<br />
wohl in vielen Betrieben ein bisher<br />
zu wenig beachtetes Problem.<br />
Die wesentlichsten Punkte in der Vermeidung<br />
dieser wirtschaftlich bedeutenden,<br />
jedoch schwer erkennbaren<br />
Erkrankung sind:<br />
• Fasergeh<br />
a l t e<br />
(NDF) und<br />
V e r d a u -<br />
l i c h k e i t<br />
der Futtermitt<br />
el<br />
beachten<br />
• Fütterung größerer Stärkemengen<br />
nur in kleinen Portionen<br />
• Stärkeeinsatz an Milchleistung anpassen<br />
(Mittlaktationskrise)<br />
• Einsatz von Puffersubstanzen<br />
(Natriumbicarbonat) in stärkereichen<br />
Rationen<br />
• Einsatz von faserreichen Beiprodukten<br />
(Biertreber, Rübenschnitte)<br />
• Kotkonsistenz und Wiederkauverhalten<br />
von Indikatortieren (=Tiere mit<br />
hoher Kraftfutteraufnahme) beachten<br />
• Milchleistungsprüfdaten auf Anzeichen<br />
von SARA überprüfen<br />
(Milchfettgehalt, Fett-Eiweiß-<br />
Quotient)<br />
Sobald erkrankte Tiere erkannt werden,<br />
muss die Kraftfuttermenge gesenkt und<br />
rohfaserreiches Grundfutter vorgelegt<br />
werden. Zusätzlich kann in Einzelfällen<br />
der Einsatz von Puffersubstanzen (Bykodigest<br />
antazid, Energan Azidose) oder<br />
Hausmitteln (z.B. Bäckerhefe) eine sinnvolle<br />
Ergänzung sein.<br />
Weiters sollte überprüft werden, ob es<br />
sich dabei um ein Einzeltierproblem<br />
(Folge einer anderen Grundkrankheit)<br />
oder ein Herdenproblem handelt und<br />
die Fütterung umgestellt werden muss.<br />
Besonders im Sommer nehmen Tiere<br />
wegen der Hitze oft zu wenig Futter am<br />
Futtertisch auf, wobei sie die Kraftfuttermengen<br />
am Transponder trotzdem abholen.<br />
Hier genügt es meist 0,5—1 kg<br />
Kraftfutter weniger zu verabreichen und<br />
für entsprechende Kühlung (Ventilation<br />
und Besprühung mit Wasser) zu sorgen.<br />
Seite 2 Vierteljährlich erscheinende Zeitschrift