16.12.2012 Aufrufe

Trinkschwäche beim Kalb - Dr. Vet Tierarzt

Trinkschwäche beim Kalb - Dr. Vet Tierarzt

Trinkschwäche beim Kalb - Dr. Vet Tierarzt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Aber auch die Entzündung der Klauenlederhaut<br />

(Klauenrehe) wird immer wieder<br />

als Folge von Pansenübersäuerungen<br />

gesehen.<br />

Symptome von SARA<br />

Die Erkennung der Krankheit benötigt<br />

ein wenig detektivisches Fingerspitzengefühl,<br />

denn alle genannten Symptome<br />

(verminderte Futteraufnahme, Klauenrehe,<br />

geringer Milchfettgehalt) können<br />

auch andere Ursachen haben. Jedoch<br />

geben folgende Symptome einen starken<br />

Hinweis:<br />

• dünner Kot mit Futterresten<br />

• Verminderte Futteraufnahme<br />

• Niedriger Milchfettgehalt<br />

• Fett-Eiweiß-Quotient < 1,0<br />

• Verminderte Wiederkautätigkeit<br />

(weniger als 50 Kauschläge pro Bissen)<br />

• Rationen mit wenig Struktur<br />

(Rohfaser) und / oder viel Kraftfutter<br />

• V e r m e h r t K l a u e n r e h e<br />

(Sohlenblutungen, Wanddefekte,<br />

Doppelsohlen)<br />

Dabei ist jedoch zu beachten, dass insbesondere<br />

die Folgen einer Klauenrehe<br />

erst 6—8 Wochen später sichtbar werden.<br />

SARA ist nicht gleich SARA<br />

In der Praxis hat sich gezeigt, dass es<br />

verschiedene Ursachen und unterschiedliche<br />

Zeitpunkte der Entstehung<br />

von SARA gibt.<br />

Die klassische Form entsteht meist zu<br />

Beginn der Laktation, wenn Kühe sehr<br />

rasch angefüttert werden und somit die<br />

Gesamtfutteraufnahme für hohe Kraftfuttermengen<br />

noch zu gering ist.<br />

<strong>Dr</strong>. Andre Bannik (Wageningen, Holland)<br />

zeigte in seinem Vortrag, dass der<br />

Aufbau der Pansenzotten, bei rascher<br />

Anfütterung deutlich schneller vonstatten<br />

geht und somit große Mengen an<br />

Fettsäuren abtransportiert werden können.<br />

Dies gibt einen deutlichen Hinweis,<br />

dass die täglichen Steigerungsraten<br />

<strong>beim</strong> Kraftfutter höher sein können als<br />

bisher vermutet. Jedoch müssen die<br />

Säuren auch in der Milch verwertet wer-<br />

den und es dürfen keine anderen Krankheiten<br />

vorliegen, die die Futteraufnahme<br />

mindern (Nachgeburtsverhalten,<br />

Ketose, Fettleber).<br />

Neben dieser klassischen Form der absolut<br />

zu hohen Stärkefütterung finden<br />

wir die sogenannte Mittlaktationskrise,<br />

die bei Kühen meist im 2. oder 3.<br />

<strong>Dr</strong>ittel der Laktation (ab ca. 150. Laktationstag)<br />

auftritt und durch eine Milchfettdepression<br />

auffällt. Die Ursache liegt<br />

hier in einer für die bereits verringerte<br />

Milchmenge zu hohen Stärkeversorgung<br />

(Rückstau der Fettsäuren in den Pansen).<br />

Besonders in Mischwagenbetrieben<br />

lässt sich das deutlich am sinkenden<br />

Fett-Eiweiß-Quotienten im 2. und 3.<br />

Laktationsdrittel erkennen.<br />

Aber nicht nur der hohe Kraftfuttereinsatz,<br />

sondern auch eine geringe Strukturversorgung<br />

durch junges Gras kann<br />

zur Pansenazidose führen.<br />

<strong>Dr</strong>. Finbar Mulligan (Irland) zeigte an<br />

Hand von einigen Beispielen, dass die in<br />

Irland betriebene Form der Kurzrasenweide<br />

ein hohes Potential hat, SARA in<br />

Milchviehherden mit einer durchschnittlicher<br />

Milchleistung von 6000—7000 kg<br />

zu provozieren. Insbesondere die Kombination<br />

von strukturarmem und zuckerreichem<br />

Gras mit schnell verdaulichem<br />

Kraftfutter führt zu Problemen.<br />

Da es bei Ganztagesweide kaum möglich<br />

ist, das Kraftfutter auf mehr als 2<br />

Portionen aufzuteilen und die Zufütterung<br />

rohfaserreicher Silagen oder Heu<br />

nicht praktiziert werden kann, sollte<br />

darauf geachtet werden, dass das Kraftfutter<br />

langsam abgebaut wird. Dies<br />

kann durch Einsatz von Rübenschnitten<br />

(enthält zusätzliche Rohfaser) oder Körnermais<br />

(langsam abbaubare Stärke)<br />

erreicht werden, wobei auch ein gröberer<br />

Vermahlungsgrad die Abbaurate<br />

vermindert.<br />

Dass SARA nicht nur am pH-Wert (< 5,5)<br />

gemessen werden kann, zeigte Prof. J.C.<br />

Plaizier (Manitoba, Kanada). In seinen<br />

Versuchen provozierte er pH-Werte<br />

unter 5,5 indem er einmal mit strukturarmen<br />

Luzerneheupellets und ein anderes<br />

Mal mit Getreidepellets die Übersäuerung<br />

erzeugte. Obwohl in beiden<br />

Fällen niedrige pH-Werte im Pansen<br />

entstanden und Toxine aus Bakterienzellwänden<br />

(LPS...Lipopolysaccharide)<br />

nachgewiesen wurden, wurden nur bei<br />

Getreidepellets auch im Blut entsprechende<br />

Entzündungsmediatoren gefunden.<br />

Somit dürfte die Gefahr nachfolgender<br />

Erkrankungen und Entzündungen<br />

bei reinen „Strukturmangelazidosen“<br />

(bedingt durch junge Weide) relativ<br />

gering sein.<br />

Empfehlungen<br />

SARA ist in der modernen Milchviehhaltung<br />

wohl in vielen Betrieben ein bisher<br />

zu wenig beachtetes Problem.<br />

Die wesentlichsten Punkte in der Vermeidung<br />

dieser wirtschaftlich bedeutenden,<br />

jedoch schwer erkennbaren<br />

Erkrankung sind:<br />

• Fasergeh<br />

a l t e<br />

(NDF) und<br />

V e r d a u -<br />

l i c h k e i t<br />

der Futtermitt<br />

el<br />

beachten<br />

• Fütterung größerer Stärkemengen<br />

nur in kleinen Portionen<br />

• Stärkeeinsatz an Milchleistung anpassen<br />

(Mittlaktationskrise)<br />

• Einsatz von Puffersubstanzen<br />

(Natriumbicarbonat) in stärkereichen<br />

Rationen<br />

• Einsatz von faserreichen Beiprodukten<br />

(Biertreber, Rübenschnitte)<br />

• Kotkonsistenz und Wiederkauverhalten<br />

von Indikatortieren (=Tiere mit<br />

hoher Kraftfutteraufnahme) beachten<br />

• Milchleistungsprüfdaten auf Anzeichen<br />

von SARA überprüfen<br />

(Milchfettgehalt, Fett-Eiweiß-<br />

Quotient)<br />

Sobald erkrankte Tiere erkannt werden,<br />

muss die Kraftfuttermenge gesenkt und<br />

rohfaserreiches Grundfutter vorgelegt<br />

werden. Zusätzlich kann in Einzelfällen<br />

der Einsatz von Puffersubstanzen (Bykodigest<br />

antazid, Energan Azidose) oder<br />

Hausmitteln (z.B. Bäckerhefe) eine sinnvolle<br />

Ergänzung sein.<br />

Weiters sollte überprüft werden, ob es<br />

sich dabei um ein Einzeltierproblem<br />

(Folge einer anderen Grundkrankheit)<br />

oder ein Herdenproblem handelt und<br />

die Fütterung umgestellt werden muss.<br />

Besonders im Sommer nehmen Tiere<br />

wegen der Hitze oft zu wenig Futter am<br />

Futtertisch auf, wobei sie die Kraftfuttermengen<br />

am Transponder trotzdem abholen.<br />

Hier genügt es meist 0,5—1 kg<br />

Kraftfutter weniger zu verabreichen und<br />

für entsprechende Kühlung (Ventilation<br />

und Besprühung mit Wasser) zu sorgen.<br />

Seite 2 Vierteljährlich erscheinende Zeitschrift

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!