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MEHR CO2 IM SCHWEIZER STROM<br />
CO 2-Belastung des Stroms wird<br />
noch mehr steigen – eine neue Studie<br />
mit Exportüberschuss fliessen<br />
nicht in BM4 ein. Die Analysen des<br />
Stromaustausches, die Informationen<br />
zur Stromherkunft, dem Anteil<br />
ausländischer Herkunft, sowie die<br />
Ergebnisse der drei BM erlauben<br />
es, die CO2-Intensität einzugrenzen.<br />
Dies mit Plausibilitätschecks<br />
und Quervergleich der Import- und<br />
Exportflüsse.<br />
BM2 und BM4 kommen demnach<br />
den tatsächlichen Stromflüssen<br />
(Exporte, Importe sowie deren<br />
Verwendung) am nächsten; scheint<br />
BM3 eher unplausibel. Mit einer<br />
Gewichtung von 50% für BM2, 40%<br />
für BM4 und 10% für BM3 ergeben<br />
sich die Strom- und damit verbundene<br />
CO2-Flüsse gemäss Figur 1<br />
und Figur 2. Knapp die Hälfte der<br />
Brutto-Importe in die Schweiz sind<br />
somit bilanzmässig Durchflüsse<br />
durch die Schweiz. Die Rest Importe<br />
decken zusammen mit «Schweizer<br />
Strom» den Verbrauch. Ein Teil<br />
der inländischen Stromerzeugung<br />
wird zuvor direkt exportiert.<br />
Die Tabelle zeigt die wichtigsten<br />
Ergebnisse der Studie. Zum Vergleich:<br />
die CO2-Intensität von Kohlekraftwerken<br />
liegt zwischen 850<br />
und 950 CO2 /kWhe (Steinkohle)<br />
und diejenige von Gaskraftwerken<br />
zwischen 500 und 600 CO2 /kWhe<br />
(heute) bzw. 350 bis 400 CO2 /kWhe<br />
(künftig).<br />
Tabelle 1 Wertebereich für CO2- Intensität des Stromabsatzes an<br />
Schweizer Endkunden (g CO2 /<br />
kWhe) gemäss verschiedener<br />
methodischer Ansätze für die verschiedenen<br />
Fragestellungen.<br />
Stromabsatz an CH-Endkunden g<br />
CO2 /kWhe<br />
Durchschnittliche Gegenwartsbetrachtung<br />
80-110.<br />
Mit Wärmepumpen-Profil gewichtete<br />
Gegenwartsbetrachtung 95-125<br />
Gegenwartsbezogene Grenzbetrachtung<br />
mit WP-Profil (2010-<br />
2020) 340-400<br />
Zukunftsgerichtete Grenzbetrachtung<br />
mit WP-Profil (2020-2040)<br />
200-350<br />
Zukunftsgerichtete Durchschnittsbetrachtung<br />
(2020-2040) 310-400<br />
Zum Vergleich: der CO2-Emissions faktor pro thermische kWh Nutzwärme<br />
liegt für Erdgasheizungen<br />
etwa bei 220 g CO2 /kWhth und für<br />
Ölheizungen bei etwa 290 g CO2 /<br />
kWhth.<br />
Schlussfolgerungen<br />
• Die Produktion des in der<br />
Schweiz verbrauchten Stroms<br />
verursacht 5.7 Mio. Tonnen CO2 ,<br />
was siebenmal mehr ist als die<br />
rein auf Strom-Produktion bezogene<br />
Menge. Bezogen auf die<br />
schweizerischen CO2-Gesamt- Emissionen 2008 bedeutet dies<br />
Mehremissionen von 12%.<br />
• Die Mär vom «CO2-freien Schweizer Strom» lässt sich<br />
nicht länger aufrecht erhalten.<br />
Für die Energiepolitik relevant<br />
ist nicht der Mix der inländischen<br />
Produktion, sondern der<br />
effektive Stromverbrauch.<br />
• Selbst Bezüger von zertifiziertem<br />
erneuerbarem Strom sind<br />
indirekt (Netzstabilisierung) auf<br />
Ausgleichsenergie aus anderen<br />
Quellen angewiesen.<br />
• Die Politik verschliesst bisher<br />
die Augen davor: Die effektive<br />
CO2-Belastung des Stromverbrauchs<br />
ist sieben Mal höher als<br />
offiziell ausgewiesen.<br />
• Diese Einäugigkeit hat überall<br />
in der Schweiz zu kantonalen<br />
Energiegesetzen geführt,<br />
welche die Elektrowärmepumpe<br />
gegenüber allen anderen fossilen<br />
und erneuerbaren Heizungssystemen<br />
unberechtigterweise<br />
privilegieren.<br />
• Der Strom, den auch Schweizer<br />
Unternehmen im Ausland mittels<br />
Kohlekraftwerken produzieren<br />
wollen, ist so stark mit CO2 belastet, dass jede zusätzlich in<br />
der Schweiz installierte Elektrowärmepumpe,<br />
die mit dem<br />
entsprechenden Importstrom<br />
betrieben wird, das Klima deutlich<br />
mehr belastet als eine ganz<br />
normale Erdgas-Heizung.<br />
• Die CO2-Intensität des in der<br />
Schweiz verbrauchten Stroms<br />
nimmt rasch zu. Von heute rund<br />
100 g CO2 /kWh kann sie sich in<br />
den kommenden Jahren auf 200<br />
- 400 g/kWh bis zu vervierfachen.<br />
Zusammenfassend lässt sich<br />
feststellen: Der Schweizer<br />
Durchschnitts-Verbrauchsstrom<br />
ist weit davon entfernt, CO2-frei zu sein. Und: Jeder zusätzliche<br />
Stromverbraucher mit ungünstigem<br />
Nachfrageprofil (z.B.<br />
Wärmepumpen) erhöht die CO2- Intensität des konsumierten<br />
Durchschnitts-Stroms gegenüber<br />
heute noch weiter.<br />
Studie von ETH-Wissenschaftlern<br />
Die Studie erarbeitet haben früher<br />
an der ETH Zürich tätige Wissenschaftler<br />
der TEP Energy (Technology<br />
Economics Policy – Research<br />
and Advice), einem Spin-off der<br />
Hochschule. Studienleiter war Dr.<br />
Martin Jakob. Das Zweitgutachten<br />
(peer review) erfolgte durch<br />
den Energieexperten Pierre Strub<br />
(Basel).<br />
Text: Martin Stadelmann<br />
Quelle und Grafiken: TEP Energy<br />
stromundklima.ch & VSG