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2018_36

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Kurier Nr. <strong>36</strong> 7.9.<strong>2018</strong> Dorfspiegel Dietlikon<br />

5<br />

Porträt über Jule von Borstel<br />

Gefangen von der völligen Freiheit<br />

Die Malerei war bei Jule von Borstel – so lautet das Pseudonym<br />

der Künstlerin – immer schon zu Hause. Nun stellt sie ihre Werke in<br />

Dietlikon aus.<br />

Yvonne Zwygart<br />

Die Inspiration<br />

für ihre Werke<br />

findet Jule von<br />

Borstel in verschiedenen<br />

Begebenheiten<br />

des Alltags.<br />

Auftragsmalereien<br />

fallen in<br />

ihren Bereich,<br />

Jule von Borstel. so zum Beispiel<br />

für das<br />

Porträt von einer Freundin. Collagen<br />

werden auch liebend gerne von<br />

ihr gefertigt. Seit letztem Sommer<br />

wohnt sie zusammen mit ihrem<br />

Mann in Dietlikon.<br />

Geboren wurde die Künstlerin<br />

1962 in einer kleinen industriellen<br />

Stadt namens Enneptal-Milspe im<br />

Norden Deutschlands. Dort wurde<br />

hart gearbeitet und die Malerei galt<br />

als sogenannte «Brotlose Kunst».<br />

Daher war ihr Schicksal, dermaleinst<br />

als Malerin zu reüssieren,<br />

schnell besiegelt. Sie liess es sich<br />

jedoch nicht nehmen, ihre Inspirationen<br />

auf Leinwand respektive damals<br />

noch auf Papier zu bringen.<br />

Verbotenes Malen im Unterricht<br />

Sie erzählt, in ihrer Schulzeit habe<br />

ihr einmal ihr Geschichtslehrer einen<br />

Schlüsselbund an den Kopf geworfen,<br />

weil sie während des Unterrichts<br />

gemalt hatte, statt dem<br />

langweiligen Geschichts-Unterricht<br />

zu folgen. Das damals entstandene<br />

Bild hat der Lehrer aber<br />

für eine Ausstellung gerne an sich<br />

genommen. Der Schlüsselbund<br />

war so schwer, so sagt sie, dass ihr<br />

noch heute der Kopf weh tue, wenn<br />

sie daran denke.<br />

Der Geschichtslehrer<br />

warf ihr einen Schlüsselbund<br />

an den Kopf, weil<br />

sie malte.<br />

Nachdem Jule von Borstel die<br />

Schule verlassen hatte, ging sie arbeiten,<br />

heiratete und bekam zwei<br />

Kinder. Somit hatte sie keine Zeit<br />

mehr, sich der Malerei zu widmen.<br />

Das änderte sich, als sie und ihr<br />

Mann in die Schweiz einwanderten<br />

und sie einen Ausgleich zu ihrem<br />

Beruf als Bus-Chauffeurin bei den<br />

VBZ suchte.<br />

Sie kam zum ersten Mal mit Acrylfarben<br />

in Berührung, als sie das<br />

Geschäft «Zumstein» in Zürich betrat.<br />

Dieses Farbenmaterial hatte es<br />

ihr fortan angetan. Die Künstlerin<br />

liebt das Verhalten von Acrylfarben<br />

beim Verarbeitetwerden und ihre<br />

Vielseitigkeit. Daher sind die meisten<br />

ihrer Werke mit Acrylfarben<br />

gefertigt. Auch mit den Farben des<br />

in Brüttisellen ansässigen Künstlerfarben-Herstellers<br />

«Lascaux»<br />

arbeitet sie gerne.<br />

«Wer Schmetterlinge lachen hört,<br />

der weiss, wie Wolken schmecken»<br />

Zu ihren Bildern sagt sie Folgendes:<br />

«Ich male, was ich fühle. Ich<br />

höre den Menschen im Alltag zu<br />

und beobachte sie bei ihrem Tun.<br />

Das nehme ich auf und setze es auf<br />

der Leinwand um. Es kommt auch<br />

vor, dass ich gar kein Bild im Kopf<br />

habe, sondern verschiedene Materialien<br />

ausprobiere und dabei entsteht<br />

ein wunderschönes Bild.» Der<br />

Pinsel verselbständige sich oftmals<br />

und sie lasse es zu. Erst wenn sie<br />

nicht mehr weiter wisse, betrachte<br />

sie ihr Werk und erkenne das eigentliche<br />

Bild. Dann fange sie an,<br />

das Bild auszuarbeiten, damit es zu<br />

dem wird, was sie sich vorstelle.<br />

Im Zeichen des Dadaismus<br />

Dass sie nie eine Kunstschule oder<br />

eine andere kunstbildende Institution<br />

besucht hat, hat vielleicht den<br />

Vorteil, dass Jule von Borstel mit<br />

einer gewissen Leichtigkeit zu<br />

Werke geht. Sie gestattet sich bezüglich<br />

der Ausgestaltung völlige<br />

Freiheit.<br />

Konkretes und Abstraktes gehört<br />

gleichermassen zu dem, was sie auf<br />

einem Bild darstellt. Mit bürgerlichem<br />

Namen hört sie auf Jutta Arp.<br />

In der Kunstszene ist gerade dieser<br />

Nachname kein unbekannter.<br />

Die Künstlerin Sophie Taeuber-<br />

Arp (1889 – 1943) war Malerin<br />

und zierte lange<br />

Jahre mit ihrem<br />

Konterfei den nun<br />

veralteten 50-Franken-Schein.<br />

Sie<br />

und ihr Mann Hans<br />

Arp (1886 – 1966)<br />

waren an der Entstehung<br />

der<br />

Schweizer Bewegung «Dadaismus»<br />

in den frühen zwanziger Jahren<br />

des letzten Jahrhunderts in Zürich<br />

massgeblich beteiligt. Eine<br />

Verwandtschaft besteht aber zwischen<br />

ihnen – wenn sie auch NamensvetterInnen<br />

sind – ganz klar<br />

nicht.<br />

Werke von Jule von Borstel:<br />

Bis Fr, 14. September,<br />

Schaufenster der Firma<br />

Albrecht Treuhand,<br />

Bahnhofstrasse 38, Dietlikon<br />

Jule von Borstel: (v.o.) «Gedanken», «Feeling», «Globetrotter» (Fotos yz)

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