DER BIEBRICHER, Nr. 322, September 2018
Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich
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WRFC-Ehrenpräsidentin Veronika Dyckerhoff<br />
ist im 102. Lebensjahr verstorben<br />
ARCHIV FRANK HENNIG<br />
Pferde waren ihre größte Leidenschaft<br />
– am 18. August<br />
ist sie im 102. Lebensjahr verstorben:<br />
die Grand Dame des<br />
Reitsports und Ehrenpräsidentin<br />
des Wiesbadener Reit- und<br />
Fahr-Clubs (WRFC) Veronika<br />
Dyckerhoff. Noch vor wenigen<br />
Wochen konnte man sie beim<br />
diesjährigen Turnier an jedem<br />
Turniertag am Springparcour<br />
sehen.<br />
Veronika Dyckerhoff hatte ihr<br />
ganzes Leben die Pferde im<br />
Herzen. Auf dem Gut ihrer<br />
Großeltern, Gut Truntlack in<br />
Ostpreußen, schnupperte sie<br />
ersten Pferdeduft, der sie nie<br />
Veronika Dyckerhoff vor sieben Jahren zusammen mit Reitsport-Legende<br />
Hans Günter Winkler, der einen Monat vor ihr im Alter von 92 Jahren<br />
verstarb.<br />
wieder losgelassen hat. Mit<br />
13 Jahren bekam sie von ihrer<br />
Oma ihr erstes eigenes Pferd,<br />
„Grauchen“. Bis zum Ende ihrer<br />
Tage war sie stolze Pferdebesitzerin<br />
und freute sich,<br />
dass ihre fünf Enkelkinder<br />
auch schon Interesse<br />
am Pferdesport<br />
zeigen. Den heute in<br />
Russland liegenden<br />
und längst verfallenen<br />
Ort ihre Kindheit besuchte<br />
sie 1992 zum letzten Mal. „Die<br />
Natur hat sich alles wieder zurückgeholt“,<br />
vermerkte sie in<br />
ihren Aufzeichnungen.<br />
Die gelernte Fotografin und<br />
Bildberichterstatterin heiratete<br />
1943 den Wiesbadener<br />
Zement-Fabrikanten<br />
Wilhelm Dyckerhoff, der<br />
später bis zu seinem Tode<br />
1987 langjähriger WRFC-<br />
Präsident war – die Reitleidenschaft<br />
verband beide<br />
Ehepartner. Seit 1992<br />
steht Tochter Kristina Dyckerhoff<br />
als Präsidentin<br />
an der Spitze des WRFC.<br />
1947 kam Veronika Dyckerhoff<br />
während eines<br />
Spaziergangs im Biebricher<br />
Schlosspark mit Ihrem<br />
Mann die Idee, den<br />
heutigen Turnierplatz am<br />
Schloss anzulegen. Eine<br />
Idee, für die man ihr nicht<br />
nur in Wiesbaden, sondern<br />
in der internationalen<br />
Reitsportszene alljährlich<br />
zu Pfingsten immer wieder<br />
dankbar ist – weltweit<br />
gilt das Turniergelände<br />
im Biebricher Schlosspark<br />
aufgrund seiner Naturnähe<br />
als einer der schönsten<br />
Plätze. Veronika Dyckerhoffs<br />
besonderes Interesse<br />
aber, ihre Leidenschaft,<br />
galt der Jagdreiterei – und<br />
somit auch der Vielseitigkeitsreiterei.<br />
Bis ins hohe<br />
Alter durchstreifte sie regelmäßig<br />
die Wälder rund<br />
um die Wiesbadener Fasanerie,<br />
was sie erst 94-jährig<br />
– auf nachdrückliches<br />
Trauerfeier<br />
in Schlossrotunde<br />
und besorgtes Drängen der<br />
Familie – aufgab. Ihre Vitalität<br />
und Lebensfreude beeindruckte<br />
jeden, der ihr begegnete. Bis<br />
zuletzt war ihr Lebensmotto:<br />
„Bewegung, Bewegung,<br />
Bewegung.“<br />
„Mit ihrer herausragenden<br />
Persönlichkeit,<br />
ihrer herzlichen<br />
Ausstrahlung und ihrem<br />
immer währenden<br />
Engagement hat Veronika<br />
Dyckerhoff über Jahrzehnte<br />
das Leben des Wiesbadener<br />
Reit- und Fahr-Clubs und insbesondere<br />
des Pfingstturniers<br />
intensiv geprägt“, betonte der<br />
Vizepräsident des WRFC, Dr.<br />
Hanns-Dietrich Rahn, bei der<br />
Trauerfeier. Wiesbadens Oberbürgermeister<br />
Sven Gerich<br />
erklärte: „Wer im Gedächtnis<br />
seiner Freunde lebt, der ist nicht<br />
tot.“ Und Birgit Weiß, die Vorsitzende<br />
des Reitstalls Fasanerie,<br />
dessen Mitgründerin Veronika<br />
Dyckerhoff war, betonte:<br />
„Bis zuletzt war sie Mittelpunkt<br />
des Reitstalllebens.“ Einfühlsam<br />
moderiert wurde die Trauerfeier<br />
von Veronika Dyckerhoffs<br />
Patensohn, Philologieprofessor<br />
Dr. Marc-Aeilko Aris, der<br />
zugleich römisch-katholischer<br />
Priester und Rektor des Freisinger<br />
Mariendoms ist. Besonders<br />
bewegend wurde es, als die vier<br />
Enkelkinder Gedanken und Erinnerungen<br />
an ihre Großmutter<br />
vortrugen – darunter Charlotte<br />
Dyckerhoff, die von ihrer Oma<br />
die Liebe zur Fotografie geerbt<br />
hat: „Sie hat uns zum Glück viele<br />
Fotoalben hinterlassen, die es<br />
uns auch künftig immer wieder<br />
ermöglichen werden, die Welt<br />
durch ihre Augen zu betrachten.“<br />
Unter den Klängen der Jagdhornbläser<br />
des Kreisjägervereins<br />
Groß-Gerau endete die<br />
Trauerfeier in der Rotunde des<br />
Biebricher Schlosses, die passender<br />
Weise mehr im Zeichen<br />
von Dankbarkeit, wie von Trauer<br />
stand.<br />
(fhg)<br />
12 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / SEPTEMBER <strong>2018</strong>