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DER BIEBRICHER, Nr. 322, September 2018

Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich

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Die Identität des Stadtteils als offen, vielfältig und lebendig stärken<br />

„Es ist ein Statement des Stadtteils“,<br />

sagt Mitorganisatorin Gabi<br />

Reiter über die „Abende der<br />

Vielfalt“, die Anfang <strong>September</strong><br />

zum vierten Mal in Biebrich stattfanden.<br />

„Wir wollen das gute<br />

Zusammenleben im Stadtteil verdeutlichen<br />

und zum Gespräch<br />

einladen. Hintergrund ist, dass<br />

wir mit „Demokratie leben<br />

in Wiesbaden“ und den<br />

Abenden der Vielfalt<br />

die Identität des Stadtteils<br />

als offen, vielfältig<br />

und lebendig stärken.<br />

Die Geschäftsleute, die<br />

Besucher, die Musiker, sie alle<br />

finden das Format gelungen und<br />

wollen Teil sein – das ist schön!<br />

Abende<br />

der Vielfalt<br />

Veranstaltungsreihe im Nachbarschaftshaus<br />

mit einer kleinen Talkrunde:<br />

Ur-Biebricher trifft Neu-<br />

Biebricher. Eingeladen hatte er zu<br />

dem „Heimatabend“ die Bewohnerin<br />

der Siedlung „Selbsthilfe“,<br />

Ursula Diedering, die ihre Familie<br />

in Biebrich 300 Jahre zurückverfolgen<br />

kann, dazu eine „Binnenmigrantin“,<br />

nämlich<br />

Kristine Tauch, eine Päd-<br />

ner vier Söhne, nahmen auf dem<br />

roten Sofa Platz und berichteten<br />

von ihrer Fluchterfahrung über<br />

Syrien, die Türkei und Griechenland.<br />

Die Kinder gehen hier zur<br />

Schule, der Vater, ein Medizintechniker,<br />

sucht noch Arbeit und<br />

besucht einen Deutschkurs, den<br />

Kuno Hahns Frau leitet. Dass<br />

„Nachkriegserfahrungen“ gar<br />

nicht so unähnlich sind, bewiesen<br />

die Erzählungen von Ursula Diedering<br />

aus den Jahren nach 1945<br />

und die Berichte von Abdullah Al<br />

Ramdo, der aus der umkämpften<br />

Stadt Mossul stammt. Und auch<br />

für die Westfälin Kristine Tauch,<br />

aus freien Stücken nach Biebrich<br />

gezogen, ist Biebrich zur Heimat<br />

geworden. „Hier sind alle herzlich<br />

willkommen“, unterstrich der<br />

Ortsvorsteher. Der Abend wurde<br />

musikalisch vom Duo „I Giocosi“,<br />

jüdischen Biebrich und nahm 19<br />

Teilnehmer mit in die Welt der<br />

jüdischen Kaufleute. Bereits seit<br />

dem 30-jährigen Krieg werden<br />

Juden in Biebrich und Mosbach<br />

erwähnt. Das Zusammenleben<br />

war friedlich bis zur Machtübernahme<br />

der Nazis. An der Ecke<br />

beim Restaurant „Mundfein“,<br />

so Naumann-Götting, stand der<br />

„Stürmer-Kasten“, in dem Namen<br />

von Menschen veröffentlicht<br />

wurden, die bei Juden einkauften.<br />

Aber auch einzelne Familien stellte<br />

die Referentin vor. Sie berichtet:<br />

„Ein besonderes Erlebnis war die<br />

Begegnung mit dem Inhaber der<br />

Pizzeria Gianluca in der Mainstraße<br />

13. Er hat zugehört und sich<br />

Ako Karim und sein Friedensensemble<br />

sind sicherlich ein kleines<br />

Highlight, die Führung zum jüdischen<br />

Leben von Inge Naumann-<br />

Götting vom Aktiven Museum<br />

Spiegelgasse kommt immer gut:<br />

„Wir sind stolz, dass das Format<br />

ankommt und jedes Jahr besser<br />

läuft. Unaufgeregt, im Alltag<br />

und Stadtteil verwurzelt und<br />

doch deutlich!“ Es macht auch<br />

tatsächlich großen Spaß, durch<br />

Biebrich zu schlendern und an<br />

verschiedenen Orten zu Musik<br />

und Informationen einzukehren.<br />

In diesem Jahr waren die „Weinstubb“<br />

und das „Yesterday“<br />

wieder mal dabei, erstmals auch<br />

der BauHof Biebrich mit einem<br />

Marokko-Abend und auch das<br />

„Bushaltestellenkonzert“ auf der<br />

Freifläche der Galatea-Anlage<br />

war ein Novum.<br />

Am ersten Abend eröffnete<br />

Ortsvorsteher Kuno Hahn die<br />

Bernhard-May-Str. 23<br />

(am Friedhofseingang)<br />

Wiesbaden-Biebrich · Tel. 0611/667 06<br />

Mo. u. Fr. 8 bis 18 Uhr<br />

Di. Mi. u. Do. 8 bis 13 Uhr · Sa. 8 bis 16 Uhr<br />

www.gaertnerei-hassenbach.de<br />

24 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / SEPTEMBER <strong>2018</strong><br />

agogin, die mit der Initiative<br />

„MasterPeace“<br />

mit kreativen Aktionen<br />

mit Wiesbadenern und<br />

Geflüchteten von sich reden<br />

macht, sowie die Familie<br />

Al-Ramdo aus dem Irak. Vater<br />

Abdullah und Mustafa, einer sei-<br />

seit 1901<br />

Grabpflege · Grabanlagen · Dauergrabpflege-Verträge<br />

Vorsorge-Beratung · Trauerfloristik<br />

Zeitgerechte Floristik für jeden Anlass<br />

Talkrunde zu den „Abenden der Vielfalt“ im Nachbarschaftshaus (v.l.): Ursula Diedering, Kristine<br />

Tauch, Mustafa und Abdullah Al Ramdo sowie Ortsvorsteher Kuno Hahn.<br />

Veronika Keber und Ako Karim,<br />

mit Weltmusik untermalt.<br />

Musik gab es auch am Weinstand,<br />

wo „Acoustic Road“ an<br />

die amerikanische Westküste<br />

entführte. Im „Etwas anderen<br />

Wohnzimmer“ war der jüdische<br />

Liedermacher und Geschichtenerzähler<br />

Dany Bober zu Gast und<br />

sang zwischen Gurkenglas und<br />

Zwiebelkiste melancholische und<br />

humorvolle jiddische Lieder. Im<br />

Kulturclub bei „Clemens“ rockte<br />

das „Billboard-Trio“ mit Klassikern<br />

zur Gitarre – alles in Laufweite,<br />

wer wollte, konnte alles mitnehmen,<br />

wenn auch angesichts der<br />

Vielfalt nur kurz.<br />

Am Freitag führte Inge Naumann-<br />

Götting durch die Geschichte des<br />

sehr für die Geschichte des Hauses<br />

interessiert, in dem ehemals<br />

das Textil- und Modegeschäft von<br />

Sali und Lilli Marx war, die in Sobibor<br />

und Ravensbrück ermordet<br />

wurden. Er möchte das Erinnerungsblatt<br />

haben, um es in seiner<br />

Pizzeria aufzuhängen. „Die haben<br />

doch alles vorbereitet, so dass wir<br />

heute hier arbeiten können“ sagte<br />

er“.<br />

Weitere Stationen – marokkanisch,<br />

griechisch,US-Südstaaten –<br />

waren unter anderem im Trimonzium,<br />

im Café Erste Sahne und an<br />

der Bushaltestelle der Galatea-Anlage,<br />

wo die Passanten interessiert<br />

den Bläsern des „Friedensensembles“<br />

von Ako Karim lauschten.<br />

(art)<br />

ANJA BAUMGART-PIETSCH

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