sPositive_1809_web
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So arg wurde diese Strasse in<br />
Wyssachen in Mitleidenschaft gezogen.<br />
Die Oele in Eriswil. Hier<br />
kam eine Frau ums Leben.<br />
Auch in Wyssachen liess das heftige Gewitter<br />
die Bäche über die Ufer treten. Am<br />
Rand betroffen war auch der Hornbachgraben<br />
jenseits der Fritzenfluh. In Wasen<br />
kamen etwa 7000 Hühner in einer Scheune<br />
ums Leben. Im oberen Gemeindegebiet<br />
von Wyssachen kam es zu grossflächigen<br />
Hangrutschen. Die hochgehenden<br />
Bäche schwemmten das Geschiebe durch<br />
das Dorf. Dort stand entlang der Wyssache<br />
jeder Keller unter Wasser. Das Gleiche<br />
besorgte Hangwasser im Sager. Weil die<br />
Telefonzentrale überschwemmt wurde,<br />
fiel auch das Telefonnetz praktisch in der<br />
ganzen Gemeinde aus; einzelne Haushalte<br />
bleiben während Tagen ohne Verbindung.<br />
Dabei hatten die Wyssacher Glück<br />
im Unglück: Nicht nur waren keine Menschenleben<br />
zu beklagen. Weil das Seitental<br />
mit Mannshus und Roggengratbad<br />
bereits in der Randzone des Gewitters<br />
lagen, kam aus rund zwei Dritteln des<br />
Einzugsgebietes der Wyssache nur vergleichsweise<br />
wenig Wasser.<br />
HOCHWASSERMAUER ÜBERFLUTET<br />
In Schwarzenbach bei Huttwil setzte der<br />
Bach trotzdem die Eishalle des Sportzentrums<br />
mit ihren Nebenräumen unter Wasser.<br />
Unterhalb von Schwarzenbach vereinigte<br />
sich die Wyssache mit dem Rotbach,<br />
der vom Gewitter praktisch nicht betroffen<br />
war. In der Lochmühle, wo der Rotbach in<br />
die Langeten mündet, nutzt ein Kleinkraftwerk<br />
die Wasserkraft des Rotbachs. Dort<br />
wohnte das Künstlerpaar Menel Rachdi<br />
und Regula Farner. Menel Rachdi war am<br />
7. Juni zu einem Malprojekt nach Pirna im<br />
deutschen Bundesland Sachsen aufgebrochen<br />
– einem Projekt, das ironischerweise<br />
im Jahr zuvor wegen des Hochwassers an<br />
der Elbe verschoben worden war. Seine<br />
Einwohner sahen, wie<br />
sich eine Schlamm- und<br />
Wasserlawine den Weg<br />
durch die Häuser, Gärten<br />
und Quartierstrassen<br />
bahnte.<br />
Familie musste das Haus fluchtartig verlassen,<br />
ohne noch etwas aus dem Atelier<br />
retten zu können. «Mit Schreck und Staunen<br />
stehen wir oben auf dem Strässchen<br />
und müssen zuschauen, wie der Baumgarten<br />
geflutet und unser Wohnhaus innert<br />
kurzer Zeit zu einer Insel in einem breiten,<br />
reissenden Fluss wird», schrieb Regula<br />
Farner später in ihrer «Flutpost». «Das Tosen<br />
war unheimlich», ergänzt Tochter Fiona:<br />
«Im Scheinwerferlicht sah ich einen<br />
breiten Strom von Stämmen, Brettern und<br />
Siloballen am Haus vorbeiziehen. Vom<br />
Holzlager schaute nur noch das Blechdach<br />
aus den Fluten.»<br />
Nach 22.30 Uhr begannen sich die<br />
Wassermassen wieder zurückzubilden:<br />
Anfänglich ebenso stark wie sie angeschwollen<br />
waren, dann immer verzögerter.<br />
Aber erst am 10. Juni um Mittag erreichten<br />
sie wieder Werte im oberen Bereich<br />
der Jahresmittel.<br />
Diese Flut vermochte das Bachbett der<br />
Langeten auch in den Dörfern Rohrbach<br />
und Kleindietwil nicht zu fassen. Im Sagiloch<br />
in Rohrbach liess das Wehr des Kleinkraftwerks<br />
zu wenig Wasser durch. Dieses<br />
staute sich, überschwemmte die Häuser<br />
und floss übers Feld ab. Die Mauer, welche<br />
die Gemeinde erst wenige Jahre zuvor<br />
errichtet hatte um das Bauernhaus in der<br />
Schwelle vor Hochwassern zu schützen,<br />
wurde um mindestens einen Meter überflutet.<br />
Das Wasser floss quer durchs Haus,<br />
vorne durch die Wohnung rein, hinten<br />
durch den Stall wieder raus. «Meine Kühe<br />
standen im Stall einen halben Meter tief<br />
im Wasser», berichtete Landwirt Fritz<br />
Müller am Morgen danach. Einige Meter<br />
weiter unten riss die Flut Teile der Käsereibrücke<br />
weg. Unterhalb des Dorfes<br />
Rohrbach staute sich die Langeten am<br />
Durchlass unter der Hauptstrasse. Ein<br />
Grossteil der Wassermassen verliess das<br />
Bachbett, überschwemmte die Bahngeleise<br />
und suchte sich via Felder und Hauptstrasse<br />
einen direkten Weg nach Kleindietwil.<br />
Dort bot sich einer Gruppe von<br />
Einwohnern, die auf der Terrasse des ehemaligen<br />
Restaurants Bären stand, ein beängstigendes<br />
Bild. Eine braune Schlammund<br />
Wasserlawine bahnte sich den Weg<br />
durch die Häuser, Gärten und Quartierstrassen.<br />
Auf dem Areal der Garage Käser<br />
stand die Werkstatt und der erst im Frühling<br />
eröffnete Ausstellungsraum ebenso<br />
unter Wasser wie Autos im Wert von rund<br />
400 000 Franken – darunter zehn Neuwagen,<br />
die am Samstag hätten ausgeliefert<br />
werden sollen. Käsers hatten zuvor in den<br />
25 Jahren, seit sie ihren Betrieb führen,<br />
noch nie Wasser in der Garage.<br />
STOLLEN SCHÜTZTE LANGENTHAL<br />
Unterhalb von Kleindietwil suchte sich<br />
ein Teil des Wassers vom Chäserhof einen<br />
direkten Weg über die Mülimatt nach Lindenholz.<br />
In Madiswil drohte das von der<br />
Flut mitgeführte Holz das Einlaufbauwerk<br />
des Stollens zu verstopfen, der<br />
Hochwasser direkt in die Aare bei Bannwil<br />
ableitet. Um zwei Uhr am Samstagmorgen<br />
war er randvoll. Deshalb wur<br />
s’Positive 9 / 2018 27