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So arg wurde diese Strasse in<br />

Wyssachen in Mitleidenschaft gezogen.<br />

Die Oele in Eriswil. Hier<br />

kam eine Frau ums Leben.<br />

Auch in Wyssachen liess das heftige Gewitter<br />

die Bäche über die Ufer treten. Am<br />

Rand betroffen war auch der Hornbachgraben<br />

jenseits der Fritzenfluh. In Wasen<br />

kamen etwa 7000 Hühner in einer Scheune<br />

ums Leben. Im oberen Gemeindegebiet<br />

von Wyssachen kam es zu grossflächigen<br />

Hangrutschen. Die hochgehenden<br />

Bäche schwemmten das Geschiebe durch<br />

das Dorf. Dort stand entlang der Wyssache<br />

jeder Keller unter Wasser. Das Gleiche<br />

besorgte Hangwasser im Sager. Weil die<br />

Telefonzentrale überschwemmt wurde,<br />

fiel auch das Telefonnetz praktisch in der<br />

ganzen Gemeinde aus; einzelne Haushalte<br />

bleiben während Tagen ohne Verbindung.<br />

Dabei hatten die Wyssacher Glück<br />

im Unglück: Nicht nur waren keine Menschenleben<br />

zu beklagen. Weil das Seitental<br />

mit Mannshus und Roggengratbad<br />

bereits in der Randzone des Gewitters<br />

lagen, kam aus rund zwei Dritteln des<br />

Einzugsgebietes der Wyssache nur vergleichsweise<br />

wenig Wasser.<br />

HOCHWASSERMAUER ÜBERFLUTET<br />

In Schwarzenbach bei Huttwil setzte der<br />

Bach trotzdem die Eishalle des Sportzentrums<br />

mit ihren Nebenräumen unter Wasser.<br />

Unterhalb von Schwarzenbach vereinigte<br />

sich die Wyssache mit dem Rotbach,<br />

der vom Gewitter praktisch nicht betroffen<br />

war. In der Lochmühle, wo der Rotbach in<br />

die Langeten mündet, nutzt ein Kleinkraftwerk<br />

die Wasserkraft des Rotbachs. Dort<br />

wohnte das Künstlerpaar Menel Rachdi<br />

und Regula Farner. Menel Rachdi war am<br />

7. Juni zu einem Malprojekt nach Pirna im<br />

deutschen Bundesland Sachsen aufgebrochen<br />

– einem Projekt, das ironischerweise<br />

im Jahr zuvor wegen des Hochwassers an<br />

der Elbe verschoben worden war. Seine<br />

Einwohner sahen, wie<br />

sich eine Schlamm- und<br />

Wasserlawine den Weg<br />

durch die Häuser, Gärten<br />

und Quartierstrassen<br />

bahnte.<br />

Familie musste das Haus fluchtartig verlassen,<br />

ohne noch etwas aus dem Atelier<br />

retten zu können. «Mit Schreck und Staunen<br />

stehen wir oben auf dem Strässchen<br />

und müssen zuschauen, wie der Baumgarten<br />

geflutet und unser Wohnhaus innert<br />

kurzer Zeit zu einer Insel in einem breiten,<br />

reissenden Fluss wird», schrieb Regula<br />

Farner später in ihrer «Flutpost». «Das Tosen<br />

war unheimlich», ergänzt Tochter Fiona:<br />

«Im Scheinwerferlicht sah ich einen<br />

breiten Strom von Stämmen, Brettern und<br />

Siloballen am Haus vorbeiziehen. Vom<br />

Holzlager schaute nur noch das Blechdach<br />

aus den Fluten.»<br />

Nach 22.30 Uhr begannen sich die<br />

Wassermassen wieder zurückzubilden:<br />

Anfänglich ebenso stark wie sie angeschwollen<br />

waren, dann immer verzögerter.<br />

Aber erst am 10. Juni um Mittag erreichten<br />

sie wieder Werte im oberen Bereich<br />

der Jahresmittel.<br />

Diese Flut vermochte das Bachbett der<br />

Langeten auch in den Dörfern Rohrbach<br />

und Kleindietwil nicht zu fassen. Im Sagiloch<br />

in Rohrbach liess das Wehr des Kleinkraftwerks<br />

zu wenig Wasser durch. Dieses<br />

staute sich, überschwemmte die Häuser<br />

und floss übers Feld ab. Die Mauer, welche<br />

die Gemeinde erst wenige Jahre zuvor<br />

errichtet hatte um das Bauernhaus in der<br />

Schwelle vor Hochwassern zu schützen,<br />

wurde um mindestens einen Meter überflutet.<br />

Das Wasser floss quer durchs Haus,<br />

vorne durch die Wohnung rein, hinten<br />

durch den Stall wieder raus. «Meine Kühe<br />

standen im Stall einen halben Meter tief<br />

im Wasser», berichtete Landwirt Fritz<br />

Müller am Morgen danach. Einige Meter<br />

weiter unten riss die Flut Teile der Käsereibrücke<br />

weg. Unterhalb des Dorfes<br />

Rohrbach staute sich die Langeten am<br />

Durchlass unter der Hauptstrasse. Ein<br />

Grossteil der Wassermassen verliess das<br />

Bachbett, überschwemmte die Bahngeleise<br />

und suchte sich via Felder und Hauptstrasse<br />

einen direkten Weg nach Kleindietwil.<br />

Dort bot sich einer Gruppe von<br />

Einwohnern, die auf der Terrasse des ehemaligen<br />

Restaurants Bären stand, ein beängstigendes<br />

Bild. Eine braune Schlammund<br />

Wasserlawine bahnte sich den Weg<br />

durch die Häuser, Gärten und Quartierstrassen.<br />

Auf dem Areal der Garage Käser<br />

stand die Werkstatt und der erst im Frühling<br />

eröffnete Ausstellungsraum ebenso<br />

unter Wasser wie Autos im Wert von rund<br />

400 000 Franken – darunter zehn Neuwagen,<br />

die am Samstag hätten ausgeliefert<br />

werden sollen. Käsers hatten zuvor in den<br />

25 Jahren, seit sie ihren Betrieb führen,<br />

noch nie Wasser in der Garage.<br />

STOLLEN SCHÜTZTE LANGENTHAL<br />

Unterhalb von Kleindietwil suchte sich<br />

ein Teil des Wassers vom Chäserhof einen<br />

direkten Weg über die Mülimatt nach Lindenholz.<br />

In Madiswil drohte das von der<br />

Flut mitgeführte Holz das Einlaufbauwerk<br />

des Stollens zu verstopfen, der<br />

Hochwasser direkt in die Aare bei Bannwil<br />

ableitet. Um zwei Uhr am Samstagmorgen<br />

war er randvoll. Deshalb wur­<br />

s’Positive 9 / 2018 27

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