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KULTUR<br />
Von Anja Witzke<br />
Ingolstadt (DK) Dieser Abend<br />
ist zum Brüllen komisch. Und<br />
das liegt nicht nur an David Spicers<br />
sehr britischer, sehr<br />
schwarzhumoriger Komödienvorlage,<br />
die zwischen explodierenden<br />
Fröschen, vegetarischen<br />
Extremisten und Grabräuberei<br />
auch noch eine so verwickelte<br />
wie mörderische Familiengeschichte<br />
packt, sondern vor allem<br />
an der Umsetzung durch<br />
Regisseur Sebastian Kreyer, der<br />
das Ganze mit so viel Lust am<br />
Aberwitz und einem Feuerwerk<br />
an Ideen auf die Bühne des<br />
Stadttheaters Ingolstadt zaubert,<br />
dass nach gut zwei Stunden<br />
der Beifall schier nicht enden<br />
will. Extra-Applaus gibt es am<br />
Freitagabend vom angereisten<br />
und passend zum Thema in<br />
froschgrünes T-Shirt gewandeten<br />
Autor David Spicer.<br />
Deutschsprachige Erstaufführung<br />
mehr als geglückt.<br />
Aber der Reihe nach: Ungewöhnlich<br />
ist schon, dass es zu<br />
Eintrittskarte und Programmheft<br />
eine 3D-Brille gibt. Das<br />
kennt man sonst nur aus dem<br />
Kino. Aber wie man großes Kino<br />
im Kleinen Haus machen kann,<br />
stellt RegisseurSebastian Kreyer<br />
mit dieser Produktion eindrucksvoll<br />
unter Beweis. Eine<br />
Friedhofsszene in Schwarz-<br />
Weiß wie aus einem Grusel-Shocker<br />
markiert den Beginn: Das<br />
schmiedeeiserne Tor öffnet sich<br />
quietschend, irgendwo ruft ein<br />
Käuzchen. Zwei Grabräuber bei<br />
der Arbeit: Marc und Jago stehlen<br />
die Gebeine der seligen Mrs.<br />
Duffy, um ihre Familie damit zu<br />
erpressen. Die besitzt eine<br />
Froschfarm. Ein einträgliches<br />
Geschäft, schließlich gilt das zarte<br />
Fleisch der Schenkel in vielen<br />
Ländern als Delikatesse. Was<br />
den Zorn militanter Tierschützer<br />
hervorruft. Erst, wenn Gerry<br />
die Farm aufgibt, wollen sie die<br />
Großes Kino im Kleinen Haus<br />
Umjubelte Premiere: Sebastian Kreyer landet mit „Gras drüber“ einen Komödien-Kracher am Stadttheater Ingolstadt<br />
Im Drogenrausch: Froschfarm-Besitzer Gerry (Olaf Danner) fühlt sich von riesigen Fröschen verfolgt.<br />
Knochen der Mutter zurückgeben.<br />
Gerry wird unruhig. Nicht<br />
so sehr wegen der Knochen, sondern<br />
eher wegen der Farm.<br />
Denn sie ist nur Fassade für seine<br />
Cannabisplantage. Seine Besonderheit:<br />
Er versetzt sein Gras<br />
mit dem Sekret der Aga-Kröte,<br />
was beim Genuss zu Halluzinationen<br />
führen kann. Zumindest<br />
bei Gerry wirkt es. Doch während<br />
Gerry im Wahn mit riesenhaften<br />
Froschmännern kämpft,<br />
ist Kommissar Clout auf der Suche<br />
nach den Erpressern –und<br />
fördert Erstaunliches zutage.<br />
Glaubt man dem Autor David<br />
Spicer, basiert die Grundidee<br />
mit den geklauten Knochen und<br />
Zwischen Macht und Begehren<br />
Enthusiastischer Beifall für NanineLinnings Tanzgastspiel „Bacon“<br />
den Tierschutzaktivisten auf einer<br />
<strong>Zeitung</strong>smeldung, die er<br />
dann in seiner Komödie weitergesponnen<br />
hat –mit Ping-Pong-<br />
Dialogen, Versprechern und<br />
Missverständnissen und im Vertrauen<br />
auf die gut geölte Theatermaschinerie,<br />
die solch eine<br />
Komödie aufs Herrlichste bedient.<br />
Regisseur Sebastian Kreyer<br />
legt da aber noch ein paar<br />
Schippen drauf. Zunächst mal<br />
hat er im Fundus der Filmhistorie<br />
gewühlt und ein paar kultige<br />
Zutaten für seine Inszenierung<br />
gefunden: die markante Edgar-<br />
Wallace-Film-Ästhetik der 60er-<br />
Jahre beispielsweise, hier mit<br />
reißerischer Blasmusik unterlegt,<br />
oder einen ebenso tragischen<br />
wie trotteligen Inspektor-<br />
Clouseau-Widergänger samt<br />
Trenchcoat und Trilby-Hütchen.<br />
Und: er verbindet auf gewitzte<br />
Weise Film- mit Theatersequenzen.<br />
Videoeinspieler gibt<br />
es aber nicht nur, um Außenspielstätten<br />
wie Clouts Büro<br />
oder die Friedhofszenen zu zeigen.<br />
Sie bringen auch Tapetenmuster<br />
zum Schmelzen, comichafte<br />
Monty-Python-Absurdität<br />
auf die Bühne, lassen psychedelische<br />
Flashbacks aufzucken<br />
und Alpträume wahr werden.<br />
Valerij Lisac setzt da in raffinierter<br />
3D-Technik multimediale<br />
Highlights.<br />
Foto: Baltzer<br />
Am besten aber ist, dass Regisseur<br />
Sebastian Kreyer das alles<br />
höchst erfinderisch mit großer<br />
Theatralik zu einer kompakten,<br />
Nr. 238 /Montag, 15. Oktober 2018 38<br />
Ausder Zeit gefallen<br />
durchgeknallten Inszenierung<br />
verwebt. Eine Komödie verlangt<br />
nach Tempo, Präzision, perfektem<br />
Timing, einem hohen Energielevel,<br />
exzellenten Schauspielern<br />
–und Wundertüten-Komik.<br />
Selbst beim Klipp und Klapp.<br />
Selbst, wenn ein Wassereimer<br />
immer auf einen Kopf fällt.<br />
Und über all das verfügt der<br />
Regisseur. Von Lena Thelen hat<br />
er sich eine Bühne mit zwei<br />
Spielräumen (links Gerrys abgehalfterte<br />
Froschfarm samt Gewächshaus,<br />
rechts die Terrorzelle<br />
der Tierschützer) einrichten<br />
lassen. Die Rückwand wird entsprechend<br />
angepasst –mal gediegen<br />
großgemustert, mal fototapetig<br />
mit Palmen, mal Projektionsfläche<br />
für das, was in Gerrys<br />
Kopf oder im Clouts Büro passiert.<br />
Und zwischen all dem<br />
knallbunten Komödientohuwabohu<br />
brillieren die sechs Schauspieler<br />
zwischen Slapstick, Tragik<br />
und Selbstironie („Du musst<br />
ein bisschen zur Seite gehen,<br />
sonst sehen mich die Zuschauer<br />
dort drüben nicht.“)<br />
Zwei Clownspaare lässt Kreyer<br />
gegeneinander antreten: Olaf<br />
Danner als Gerry –der letzte real<br />
existierende Hippie – und Sascha<br />
Römisch als dessen lebensverzagter<br />
Bruder Roger sowie<br />
Maik Rogge und Felix Steinhardt<br />
als geistesschlichtes, aber prinzipienfestes<br />
Tierschützer-Duo<br />
Marc und Jago. Dazwischen verfolgen<br />
Andrea Frohns crazy Caro<br />
und Ulrich Kielhorn als hinreißend<br />
zerstreuter Kommissar eigene<br />
undurchsichtige Ziele.<br />
Köstlich ist dieses Spiel mitund<br />
gegeneinander, die hübsch<br />
choreografierten verschränkten<br />
Dialoge, die offensive Theatralik,<br />
die Verwechslungsstrategien,<br />
der versponnene Reigen aus<br />
Zufällen, Eskalationen, Koinzidenzen,<br />
die Sprechblasen-Kommunikation,<br />
die Splatter-Comics,<br />
der Einsatz von Musik –<br />
mal atmosphärisch, mal alsAusrufezeichen.<br />
Vor allem –und das<br />
ist die große Kunst –wirkt es<br />
trotz seiner übermütigen Skurrilität<br />
leicht und unangestrengt.<br />
Dass unter all dem lauten Gelächter<br />
sich durchaus ernste<br />
Themen verbergen, schmälert<br />
nicht den puren Unterhaltungswert.<br />
„Gras drüber“ istein einziger<br />
rasender, rabenschwarzer<br />
Quatsch. Fabelhaft!<br />
Weitere Vorstellungen am 19., 21.,<br />
27.und 28. Oktober, am 2., 3., 9.November.<br />
Telefon (0841) 30547200.<br />
MusikalischeLesung mit Teresa und Franziska Trauth im Altstadttheater<br />
Von Andrea Hammerl<br />
Francis Bacon malte die Abgründe der menschlichen Seele: Nanine<br />
Linning spürt mit ihrer Company seinem Werk nach. Foto: Kuikkaniemi<br />
Ingolstadt (DK) Zwei Tänzerinnen<br />
hängen kopfüber auf der<br />
sonst nahezu leeren Bühne, bewegen<br />
sich nur in Zeitlupe, gequälte,<br />
geschundene Kreaturen,<br />
die auf Erlösung warten. Eigentlich<br />
kein schöner Anblick, und<br />
doch kann der Zuschauer seinen<br />
Blick nicht von den ästhetischen<br />
Körpern lösen.<br />
Die Tänzer der Dance Company<br />
Nanine Linning begeistern<br />
mit unglaublicher Körperbeherrschung,<br />
sie scheinen jede<br />
einzelne Muskelfaser zu steuern<br />
und gezielt einzusetzen. Heraus<br />
kommen teilweise bizarre bis<br />
groteske Körperhaltungen. Wie<br />
Spinnentiere bewegen sich vier<br />
Gestalten langsam auf die rechts<br />
hängende Tänzerin zu, animalisch,<br />
bedrohlich. Die Spannung<br />
steigt, im Hintergrund lassen lodernde<br />
Flammen der Videoinstallation<br />
ans Fegefeuer denken,<br />
doch dann erlöst ein Tänzer die<br />
Hängende aus ihrer misslichen<br />
Lage, während die Kollegin weiter<br />
ausharren muss, bis sie irgendwann<br />
von alleine herabfällt<br />
und reglos liegenbleibt.<br />
Das moderne Tanztheater<br />
„Bacon“ der niederländischen<br />
Choreografin Linning lebt von<br />
Schockästhetik, Vorbild sind die<br />
Bilder des britischen Malers<br />
Francis Bacon, Malerikone des<br />
20. Jahrhunderts. Seine existentialistischen<br />
Bilder zeigen verdrehte,<br />
deformierte Körper –<br />
Krieg, Verfall, Gewalt und Angst<br />
sind seine Themen, die er gleichwohl<br />
mit ungeheurer Ästhetik<br />
angeht. Genau das tut auch Linning,<br />
die seinen Stil in bewegte<br />
Bilder umsetzt. Wie Bacons Bilder<br />
erzählt auch sie keine zusammenhängende<br />
Geschichte,<br />
sondern reiht neun Szenen aneinander,<br />
in denen sich ihre<br />
Tänzer Pamela Campos, Boglarka<br />
Heim, Naomi Kamihigashi,<br />
Kyle Patrick, Stephen Quildan<br />
und Robert Robinson umkreisen,<br />
belauern, mal kämpfen, mal<br />
erotisch voneinander angezogen<br />
werden.<br />
Meist zu zweit, mal zu viert<br />
oder zu dritt –zwei Männer, eine<br />
Frau. Wobei sich meist nicht die<br />
Frau zwischen den Männern widerfindet,<br />
sondern ein Mann<br />
zwischen Frau und Mann. Eine<br />
Anspielung auf die Homosexualität<br />
Bacons? Ganz sicher an Bacons<br />
Vita angelehnt ist das Solo<br />
einer Tänzerin, die sich schließlich<br />
kopfüber in eine Toilettenschüssel<br />
stürzt. Hintergrund ist<br />
der mit Alkohol und Drogen herbeigeführte<br />
Freitod von Bacons<br />
Lebensgefährten George Dyer,<br />
der im Badezimmer gefunden<br />
wurde. Das Requisit steht hinter<br />
einer von mehreren Öffnungen<br />
in den Wänden, die den Bewegungsdrang<br />
der Tänzer begrenzen.<br />
Zwei Wände plus Lichtlinien<br />
bilden den ansonsten leeren<br />
Raum, in dem die Protagonisten<br />
aufeinander losgehen. Es geht<br />
um Macht, Hierarchie, Angst, Instinkte<br />
und Körperlichkeit. Das<br />
Animalische steht im Vordergrund,<br />
Fressen und Gefressenwerden,<br />
Anziehung und Abstoßung,<br />
wobei die Rollen zwischen<br />
Jäger und Beute verschwimmen<br />
beziehungsweise innerhalb von<br />
Sekunden wechseln. Atemlos<br />
folgt der Zuschauer den ästhetischen<br />
Bewegungen der durchtrainierten<br />
Körper, erschrickt<br />
vor den bernsteinfarbenen Augen<br />
der Eule, die ihn plötzlich<br />
von den als Leinwand dienenden<br />
Wänden anblicken, schaut<br />
in aufgerissene Raubtiermäuler<br />
und wird durchdrungen von der<br />
aus allerlei Geräuschen wie<br />
Quietschen, Kratzen, Herzklopfen,<br />
aus Schreien, Seufzern und<br />
Tierstimmen sowie aus Fernsehen<br />
oder auf der Straße aufgenommenen<br />
Sequenzen zusammengesetzten<br />
Sample-Musik<br />
des Komponisten Jacob Ter<br />
Veldhuis.<br />
Die letzte Szene fällt insgesamt<br />
friedlicher aus, versöhnt<br />
mit allzu bizarren Szenen zuvor.<br />
Als das Licht ausgeht, herrscht<br />
erst atemlose Stille, dann bricht<br />
nicht enden wollender Applaus<br />
samt Pfiffen und Bravorufen aus.<br />
Ein ums andere Mal müssen die<br />
Tänzer zurück auf die Bühne,<br />
kommen nach vorne an den<br />
Bühnenrand, und auch die Choreografin<br />
wird mitgefeiert.<br />
Weitere Vorstellungen am 27. Oktober,<br />
19.30 Uhr, und am 28. Oktober,<br />
19 Uhr. Telefon (0841) 30547200.<br />
Von Dagmar Kusche<br />
Ingolstadt (DK) Es war eine<br />
Premiere der besonderen Art:<br />
Zum ersten Mal standen Mutter<br />
und Tochter gemeinsam auf der<br />
Bühne und präsentierten im<br />
Rahmen der Künstlerinnentage<br />
einen Abend voller Lieder und<br />
Texte, die unter die Haut gingen.<br />
Die Schauspielerin, Musikerin<br />
und Illustratorin Teresa Trauth<br />
sang und spielte ihre selbst komponierten,<br />
melancholisch-tiefgründigen<br />
Lieder, während ihre<br />
Mutter Franziska, pensionierte<br />
Lehrerin, aus ihren Büchern las:<br />
von „Rucksackschwimmern<br />
und anderen seltsamen Vögeln“.<br />
Die beiden Frauen stammen aus<br />
Thüringen und ihre Texte und<br />
Lieder gingen dabei eine zauberhafte<br />
Symbiose ein, die dem begeisterten<br />
Publikum im vollbesetzten<br />
Altstadttheater immer<br />
wieder die Augen öffnete für<br />
jene flüchtigen Momente der<br />
Menschlichkeit, des Innehaltens<br />
und der zufälligen Begegnungen<br />
im unaufhaltsamen<br />
Strom der Geschehnisse.<br />
Dabei faszinierten besonders<br />
die herausragend präsentierten<br />
Lieder des Multitalents Teresa<br />
Trauth, die an diesem Abend<br />
nur vier der sieben von ihr virtuos<br />
beherrschten Instrumente<br />
dabei hatte. Was sie auf Flügel,<br />
Gitarre, Posaune und Akkordeon<br />
darbot, war vom Feinsten.<br />
Schon ihr erstes Lied fügte<br />
sich perfekt in den thematischen<br />
Rahmen ein, den die beiden<br />
Künstlerinnen gespannt hatten:<br />
„Meine Zeituhr fängt von vorne<br />
an“ bezieht sich auf die Umbrüche<br />
im eigenen Leben, aber auch<br />
auf das große Weltgeschehen<br />
wie die friedliche Wende 1989,<br />
die von den DDR-Bürgern herbeigeträumt<br />
wurde, dann aber<br />
doch für viele Ernüchterung und<br />
Resignation brachte.<br />
Die Texte von Franziska<br />
Trauth machen diese Enttäuschungen<br />
manchmal sichtbar –<br />
wie im Ausschnitt „Der fremde<br />
Bruder“ aus dem Buch „Der<br />
Rucksackschwimmer“, der die<br />
unterschiedlichen Lebenswege<br />
und absurde Entfremdung zweier<br />
Brüder in Ost und West schildert.<br />
Ihre Begegnung endet vor<br />
Gericht, bei einer Erbschaftsklage,<br />
in der westdeutsche List wieder<br />
einmal triumphiert.<br />
Und doch dominieren Optimismus<br />
und Lebensfreude in<br />
den literarischen und musikalischen<br />
Blöcken, die sich stets aufeinander<br />
beziehen. Franziska<br />
und Teresa Trauth behandeln<br />
denkwürdige Begegnungen unterschiedlicher<br />
Lebensreisen,<br />
die oft in Wortspielen und<br />
Mutter und Tochter: Franziska<br />
Trauth las aus ihren Büchern, Teresa<br />
Trauth spielte. Fotos: Kusche<br />
Scheinparadoxien auf den<br />
Punkt gebracht werden. „Ich<br />
halt dich fest, ich geb’ dich frei“,<br />
singt Teresa in einem Liebeslied<br />
und fügt später hinzu: „Alles,<br />
was ich geben kann, ist der Sternenlichter<br />
Glanz.“ Glück bedeutet<br />
für sie „die Neugier, die kitzelt,<br />
die Nacht unter Bäumen,<br />
das Leben genießen, das Leid zu<br />
vergessen“. Und manchmal<br />
möchte sie einfach aus der Zeit<br />
fallen und wieder Kind sein,<br />
denn „tief in der Seele brennt ein<br />
kleines Feuer. Rappelt’s in der<br />
Kiste, fackel’ ich nicht lange,<br />
geb’ ich mir die Kugel, bin ich<br />
wieder Kind“, singt sie voller Enthusiasmus.<br />
Ihre Mutter steuert auch Autobiografisches<br />
bei, wenn sie<br />
vom Zusammenbruch der 750-<br />
jährigen Goethe-Eiche liest oder<br />
die Frau mit dem blauen Schal<br />
beschreibt, die von oben in das<br />
Thüringer Tal blickt, das so viele<br />
Veränderungen gesehen hat,<br />
aber die Menschen beschützt.<br />
Und dann ist da noch dieser<br />
Rucksackschwimmer, der von<br />
einer zur anderen Insel<br />
schwimmt, weil er den Brücken<br />
nicht traut, die ihn tragen sollen.<br />
Irgendwie schwimmen wir doch<br />
alle mit unseren Päckchen auf<br />
dem Rücken durch das Leben,<br />
suchen Inseln, die uns aufnehmen.<br />
Franziska Trauth bezieht<br />
hier auch ihre beiden Kinder mit<br />
ein, die als Künstler lange heimatlos<br />
waren, sich freischwimmen<br />
mussten und irgendwann<br />
einmal Akzeptanz und den verdienten<br />
Erfolg fanden.<br />
Es sind mutige Texte und Lieder<br />
von zwei Frauen, die viel erlebt<br />
haben und viel zu sagen haben:<br />
Mit großer Authentizität<br />
zeigen sie dem Publikum immer<br />
wieder ein „neues Licht“ auf:<br />
„Hab’ ich mich verloren, fang ich<br />
an von vorn.“ Das Publikum ließ<br />
die beiden beeindruckenden<br />
Künstlerinnen nicht ohne tosenden<br />
Applaus und eine weitere<br />
Zugabe von der Bühne.