Dezember 2018 - coolibri Hamm, Unna, Hagen
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THEMA<br />
G E L S E N K I R C H E N<br />
Bewahrerabseitiger Filmkunst: Jörg Michael Jedner undIngoStrecker.<br />
Foto: Paffendorf<br />
Obskures auf Zelluloid<br />
FürFansvon cineastischem Trash oder Exploitation-Perlen ist dasKinoSchauburginGelsenkirchen-Buer an jedem drittenSamstag<br />
im Monatdas Dorado.Regelmäßigflimmerndortalte, obskureFilmeüber dieLeinwand, dieman so garantiertnirgendwo sonstzu<br />
sehen bekommt–analog, voneiner 35-Millimeter-Filmrolle, die durcheinen Kinoton-FP-30D-Projektorläuft.1999 kamen drei Filmliebhaber<br />
auf dieIdee, einen Club ausder Taufezuheben undinder Schauburgdas zu zeigen, wassie selbst gerne mal im Kino sehen<br />
wollten. Im Februar feiert dergeheimnisvolle FilmclubBuioOmegaschonseinen 20.Geburtstag.<br />
Früher war eben nichtalles besser.Allenfalls<br />
anders.Vor demInternet, vorNetflix undAmazon,<br />
mussten Filmfreunde,deren Geschmack<br />
abseitsdes Meanstreamsbeheimatet war, gute<br />
Kontakteins Auslandhaben oder weiteReisen<br />
aufsichnehmen. Denn denGroßteilanGodzillas<br />
Monster-Abenteuern,spanischen Werwolf-<br />
Horror undKannibalen-Schockern gab's nichtin<br />
derVideothek um dieEcke. Undwenndoch,<br />
dann nurinverstümmelten Fassungen. Oftmals<br />
wurdenVertreter deseuropäischen Bahnhofskinofilmsnochnicht<br />
einmal fürden Heimvideo-<br />
Markt ausgewertet.Allen Widerständenzum<br />
Trotzlebtendie Freunde Jörg MichaelJedner,<br />
Ingo undOlafStreckerihre Leidenschaft für den<br />
abseitigen undvom Gros derVHS-Konsumenten<br />
verschmähtenFilmstoff trotzdem aus.<br />
EinJungsabendinden späten 1990er-Jahren<br />
beidem derFilm „Zombies unterKannibalen“in<br />
denRekorderwanderte, brachtedie drei Endzwanzigerauf<br />
eine Idee:Warum nichteinfach<br />
malall jenes(wieder)auf diegroße Leinwand<br />
18<br />
bringen, wasdas europäischeSchmutz-und<br />
Schundkino vergangenerTagezubietenhatte?<br />
Ausder Idee wurdeder geheimnisvolleFilmclub<br />
Buio Omega(benanntnacheinem berüchtigten<br />
italienischen Horror-Reißerdes Regisseurs Joe<br />
d'Amato).<br />
Seherlebnissteht im Mittelpunkt<br />
DieJungs vondamals sind heutegestandene<br />
Männer um die50–und derFilmclub mittlerweileein<br />
gemeinnütziger Verein,der vonder<br />
StadtGelsenkirchenunterstütztwird. „Man<br />
nimmtuns alsBewahrervon Kulturgut wahr“,<br />
sagt Ingo Strecker.Und dasnicht ohne Grund,<br />
denn derlange Zeit fälschlichals derHorrorfilm-Club<br />
angesehene Filmclub bietet weitaus<br />
mehr,als mies inszeniertes Blutvergießenauf<br />
Zelluloid.„Anfangs warenwir thematisch streng<br />
demeurozentristischenExploitation-Film verpflichtet,<br />
aber wir haben unsimmer neuenPerlengeöffnet.Ein<br />
Buio-Film kann auch einSchlagerfilm<br />
mitRoy Blackseinoderein US-Streifen,<br />
derseinerzeitals Mainstream durchging“,so<br />
Jörg MichaelJedner. Im Laufeder Jahre haben<br />
sich auch andernorts thematisch verwandte<br />
Filmclubsetablierenkönnen, aber diesehen die<br />
Männer hinterBuioOmega als guteErweiterung<br />
ihresTunsan. Manko-existiertund harmoniert.<br />
BeiBuio-Omegasteht dasSeherlebnis ganz klar<br />
im Vordergrund, meintIngoStrecker undverweistauf<br />
dasAlleinstellungsmerkmal derVorführungen<br />
–alles kommt vonder analogen<br />
Filmrolle.Und bisdie eingelegtwerdenkann,<br />
müssendie Initiatoren desClubs viel Freizeit<br />
opfern.„Manchmal sind dieFilmeaufgrunddes<br />
Alters in einemschlechtenZustand,dann müssenaus<br />
zwei Rollen einkompletterFilm zusammengesetztwerden,<br />
oder es existieren weltweit<br />
verschiedene Fassungen, aus derwir eine eigene<br />
anfertigen“, erzählt Jörg MichaelJedner.<br />
Fabian Paffendorf<br />
Buio Omega:15.12., 19.1.und 16.2., Kino<br />
Schauburg, Gelsenkirchen-Buer;<br />
buio-omega.de