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rik Dezember 2018 / Januar 2019

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MAX<br />

GIESINGER<br />

MUSIK<br />

<strong>2018</strong> ist er eigentlich ein<br />

sehr glücklicher Mensch, aber<br />

das bedeutet nicht, dass ihm seit<br />

seinem Durchbruch nicht auch andere<br />

Gedanken gekommen sind.<br />

„Ich führe das geile Musiker-Leben und<br />

erlebe den krassesten Scheiß, aber stellte<br />

fest, dass ich mit all den Leuten, die nicht<br />

im Musiker-Umfeld sind, praktisch nichts<br />

mehr zu tun hatte. Ich stellte fest, dass<br />

ich Menschen seit drei Monaten nicht<br />

geschrieben hatte, weil ich schon auf einer<br />

neuen Achterbahnfahrt war. Mir wurde<br />

bewusst, wie wichtig die Balance ist.“ Mit<br />

dem Erfolg und den daraus resultierenden<br />

Veränderungen klarzukommen, daran sind<br />

schon einige Musiker gescheitert. „Zum<br />

ersten Mal hatte ich dann eine Phase, in der<br />

ich kein Privatleben mehr hatte.“ Ein guter<br />

Grund, sich am Anfang des Jahres eine<br />

kleine Auszeit zu gönnen: Er war mit guten<br />

Freunden für eine Woche in Thailand. „Das<br />

Meer hatte die perfekte Temperatur, das<br />

Essen war fantastisch und günstig.“ Doch<br />

noch mehr als das Land interessierte ihn,<br />

was sich in ihm geändert hat. „Dann bin ich<br />

fünf Wochen rumgetravelt, als Selbsttest,<br />

ob ich noch allein sein kann unterwegs.<br />

Vier, fünf Tage konnte ich ohne Probleme<br />

für mich sein, aber irgendwann haben mir<br />

meine Leute zu Hause gefehlt, weil wir uns<br />

schon seit Jahren kennen, lange vor dem<br />

Durchbruch. In Thailand lernst du natürlich<br />

auch Menschen kennen – wo es oft der Fall<br />

war, dass mich viele Deutsche angequatscht<br />

haben und mit mir Zeit verbringen wollten.<br />

Ich wusste manchmal nicht mehr, ob sie das<br />

einfach nur tun, weil sie dann ein Selfie mit<br />

dem Typen aus dem Radio nach Hause schicken<br />

konnten, oder weil sie mich wirklich<br />

mochten. Das war irgendwie komisch für<br />

mich.“ Es ist eine neue Realität.<br />

Rückblickend macht es ja den Eindruck, als<br />

wäre sein Erfolg von langer Hand vorbereitet<br />

gewesen, als wären „80 Millionen“ und die<br />

anderen Hits durchgeplant gewesen. Als<br />

hätte es nie anders kommen können. Aber<br />

man sollte nicht vergessen, dass das Album<br />

„Der Junge rennt“ und die Singles, die Max<br />

so selbstverständlich an die Spitze gebracht<br />

haben, aufgrund einer Crowdfunding-Kampagne<br />

zustande kamen. Allein geschafft, aus<br />

eigener Kraft – mit der Hilfe seiner Fans. „Es<br />

war der lang ersehnte Traum, der in Erfüllung<br />

gegangen ist. Seit ich 12 oder 13 war, habe<br />

ich von nichts anderem geträumt als davon,<br />

dass ich mit meiner Musik auf Tour gehen<br />

kann und Leute vorbeikommen. Ich hatte<br />

immer Lust auf das Musiker-Leben.“ Und,<br />

wie er es selbst so schön formuliert, „dann<br />

ging es plötzlich ab und ich war zweieinhalb<br />

Jahre auf einem Dauerritt. Und jetzt geht die<br />

Reise weiter.“<br />

Auch wenn sich der Charakter seiner Reise<br />

völlig verändert hat, nun, da ihn eben das<br />

halbe Land kennt und er die großen Hallen<br />

füllt. Früher ist zum Beispiel viel Inspiration<br />

für die Lieder durch den engen Kontakt<br />

mit den Fans entstanden – wie bei „Wenn<br />

sie tanzt“, das auf der Geschichte seiner<br />

Mutter basiert, aber auch von Fans ähnlich<br />

durchlebt wurde. Die Zeiten, wo er nach<br />

dem Konzert am Merch-Stand auftaucht,<br />

sind praktisch vorbei. „Ich habe das früher<br />

gerne gemacht, auch, um Feedback zu<br />

bekommen: ,Wie fandet ihr das Medley oder<br />

den neuesten Song …?‘ Das habe ich noch<br />

bis Ende 2016 durchgezogen. Aber wenn<br />

du den Tag über Promo hast, das Konzert<br />

und dann noch zwei Stunden mit den<br />

Fans quatscht, dann ist irgendwann deine<br />

Stimme weg. Und das war damals so bei mir<br />

– da musste ich zwei Wochen alles canceln,<br />

weil ich eine Stimmbandentzündung hatte.<br />

Seither bin ich etwas vorsichtiger geworden<br />

und achte darauf, dass meine Stimme<br />

durchhält.“ Ein kleines Paradox: Er erreicht<br />

jetzt ein so viel größeres Publikum, aber<br />

gleichzeitig wächst auch die Distanz zu<br />

ihnen. „Das stimmt – und ich vermisse die<br />

Nähe auch manchmal. Umso schöner, wenn<br />

man die Option hat, mal wieder vor kleinerem<br />

Publikum zu spielen. Wie ein Wohnzimmerkonzert,<br />

oder in einem ausgemisteten<br />

Pferdestall, wie im letzten Jahr – da waren<br />

so 200 Leute. Das ist dann wieder eine<br />

innige Erfahrung … Und ich komme ja aus so<br />

kleinen Räumchen. Ich freue mich, wenn es<br />

so schnucklig und klein ist.“ Was aber nicht<br />

sentimental klingen soll. „Ich mag auch die<br />

großen Locations. Es gibt nichts Geileres, als<br />

wenn du da rausgehst und dann singen da<br />

tausende von Leuten mit. Und nicht nur die<br />

Hits – sie kennen jeden Albumsong!“<br />

Da ist es auch kein Wunder, dass er weit<br />

über 200.000 Follower auf Instagram hat.<br />

„Du bist heute als Musiker einfach eine<br />

Person, die auf diesen Kanälen stattfindet.<br />

Dadurch beziehen die meisten auch ihre<br />

Informationen – kaum einer geht noch auf<br />

eine Homepage! Und da zeigt man dann<br />

auch eine private Seite, was mir manchmal<br />

richtig Spaß macht. Ich bin auch mal<br />

eine Woche nicht in Stimmung und dann<br />

passiert wenig. Doch gestern hatte ich zum<br />

Beispiel einen lustigen Tag und dann habe<br />

ich sieben, acht Storys gepostet. Man kann<br />

ja auch einfach viel Unsinn machen und ich<br />

hab da so einen kleinen Hang zum Trash.“<br />

Davon merkt man auf seinem neuen Album<br />

„Die Reise“ allerdings nicht viel, denn die<br />

Lieder sind wieder makellos ausgearbeitete<br />

Popsongs, die immer dann entstanden sind,<br />

wenn sich Fenster in seinem engen Zeitplan<br />

ergaben. „Man hat den Raum genutzt, die<br />

einem die einzigen freien Tage boten. Zwischen<br />

den ganzen Gigs bin ich ins Studio in<br />

Berlin und Mannheim. Nicht, weil ich schnell<br />

ein neues Album fertig haben wollte, damit<br />

man einen Hype mitnimmt oder bevor man<br />

in Vergessenheit gerät. Ich wollte neue Lieder<br />

schreiben. Man hat ja auch schon wieder<br />

sehr viel erlebt und das muss raus.“ Und<br />

diese neuen Lieder sind interessanterweise<br />

noch melancholischer und sehnsüchtiger<br />

geworden. In den Texten wirft er auch einen<br />

genauen Blick auf andere Leben, als ob er<br />

vergleichen würde. „Ich hatte immer Zeit,<br />

über andere Lebensentwürfe nachzudenken.<br />

Wenn man an Weihnachten alle Freunde<br />

wiedertrifft und die haben geheiratet, das<br />

erste Kind und ihr Häuschen – die machen<br />

ja auch einen ganz glücklichen Eindruck. Da<br />

frage ich mich, wie lange will ich eigentlich<br />

noch so weiterrennen? Müsste ich nicht<br />

auch mal runterkommen, ankommen?“<br />

*Interview: Christian K.L. Fischer

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