rik Dezember 2018 / Januar 2019
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MUSIK<br />
NACHGEFRAGT<br />
MARCO MENGONI<br />
„Die Deutschen sind sehr warm“<br />
Der aufstrebende Popsänger<br />
Italiens ist mit seinem neuen<br />
Album „Atlantico“ bereit für den<br />
großen internationalen Sprung.<br />
Die neu entdeckte Weltläufigkeit des Marco<br />
Mengoni, von der hier noch die Rede sein<br />
wird, lässt sich schon direkt zur Begrüßung<br />
feststellen: Der in Mailand lebende Italiener<br />
spricht mittlerweile ein solch formidables<br />
Englisch, dass er seine Interviews (im<br />
Gegensatz etwa zum 25 Jahre älteren<br />
Kollegen Eros Ramazzotti), nun ohne Übersetzung<br />
in englischer Sprache hinbekommt,<br />
nur ab und zu muss er seine Managerin<br />
nach einem Wort oder einer Formulierung<br />
fragen. „Es ist wirklich viel besser geworden<br />
als vor zwei Jahren“, sagt Mengoni, der am<br />
ersten Weihnachtstag dreißig Jahre alt wird.<br />
„Aber ich muss noch viel lernen.“<br />
Die Karriere des adretten Marco hat in der<br />
jüngsten Vergangenheit einen weiteren<br />
kräftigen Sprung nach vorne gemacht. Er<br />
ist sehr viel herumgekommen, hat seinen<br />
Horizont erweitert, seitdem er mit seinem<br />
vorherigen Album „Parole In Circolo“ zum<br />
ersten Mal nennenswert aus Italien rauskam.<br />
In der Heimat freilich ist Mengoni ein<br />
Topstar, seit er 2009 bei der Castingshow<br />
„X Factor“ gewann, 2013 beim Sanremo-<br />
Festival siegte und deshalb beim Eurovision<br />
Song Contest mitmachen durfte, wo er<br />
mit der Ballade „L’essenziale“ einen sehr<br />
achtbaren siebten Platz belegte. „Italien ist<br />
toll, aber ich möchte Konzerte in ganz Europa,<br />
auf der ganzen Welt spielen“, umreißt<br />
Marco Mengoni das Ziel. „Die Deutschen<br />
zum Beispiel sind ein echtes Weltklassepublikum.<br />
Ich erinnere mich an eine Show<br />
in Köln, bei der die Menschen so warm und<br />
leidenschaftlich waren, wie ich das sonst<br />
nur aus Neapel kenne.“<br />
Und Marco, schon jetzt der populärste<br />
junge Sänger aus Italien seit vielen Jahren,<br />
ackert für seinen Traum. „Das neue Album<br />
ist das Ergebnis einer langen Reise“, sagt<br />
er, und das ist wörtlich zu nehmen, der<br />
Titel „Atlantico“ kommt keineswegs von<br />
ungefähr. „Ich bin viele Male über den<br />
Atlantischen Ozean geflogen, habe in New<br />
York, der Karibik und in Florida geschrieben<br />
und produziert, ich wollte raus aus meinem<br />
normalen Alltag, damit ich besser nachdenken<br />
und mich auf die neue Musik konzentrieren<br />
konnte.“ In New York, wo er etwa die<br />
poppig-fetzige Nummer „Voglio“ schrieb, sei<br />
er total auf sich allein gestellt gewesen. „Ich<br />
wollte mitten in dieser krassen und schnellen<br />
Stadt einsam sein“, sagt er, „um dann<br />
über dieses Gefühl ein Lied zu machen. Ich<br />
habe extra meine New Yorker Freunde nicht<br />
angerufen, um alleine zurechtzukommen<br />
und auch ein bisschen für mich im Kopf<br />
aufzuarbeiten, was ich alles erlebt und<br />
erfahren habe.“<br />
Dass die neuen Songs ein ganzes Stück<br />
internationaler klingen, dürfte niemanden<br />
überraschen. „Hola (I Say)“ singt Marco im<br />
Duett mit dem englischen Kollegen Tom<br />
Walker, die Stimmen der beiden Jungs harmonieren<br />
ganz vorzüglich. „Amalia“ ist von<br />
der portugiesischen Fado-Legende Amalia<br />
Rodrigues inspiriert, das sehr lebenslustige<br />
„Buona Vita“ lässt an Strand und Kokosnüsse<br />
denken, die Abwechslung von ruhigen<br />
bis zu ausschweifenden Stücken ist enorm.<br />
„Ich wollte auf dem Album den Kontrast<br />
zwischen tiefgründigem oder traurigem<br />
Text und fröhlichem Arrangement stärker<br />
herausarbeiten.“<br />
Der Höhepunkt jedoch ist ein Duett mit<br />
Adriano Celentano, der Italo-Pop-Ikone<br />
schlechthin. Gemeinsam mit der mittlerweile<br />
80-jährigen Multibegabung („Er war<br />
absolut freundlich“) hat Marco Mengoni<br />
„La Caja Azul“ aufgenommen, ein Lied über<br />
seine Heldin, die mexikanische Malerin<br />
Frida Kahlo, „deren sehr dramatisches und<br />
heftiges und starkes Leben mich sehr, sehr<br />
bewegt hat. Frida Kahlo ist ein Symbol für<br />
Leidenschaft und Mut, sie steht für alles,<br />
was großartige Kunst so einzigartig macht.“<br />
*Interview: Steffen Rüth