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Holz der Natur- und Klimabaustoff 2018

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12 07/<strong>2018</strong><br />

aktuell<br />

2 St<strong>und</strong>en haben alles verän<strong>der</strong>t<br />

Was im Eggental <strong>und</strong> Karer-See-Gebiet Anfang November<br />

passiert ist, war bisher nicht einmal annähernd<br />

vorstellbar. In zwei St<strong>und</strong>en wurde vernichtet, wofür<br />

Aufräumarbeiten von mindestens drei bis vier Jahren<br />

notwendig sind. Ein Gespräch dazu mit Michael Gilli <strong>und</strong><br />

Hartmann Zelger von <strong>der</strong> <strong>Holz</strong> Pichler AG.<br />

> Radius: Was hat sich durch dieses Jahrhun<strong>der</strong>tereignis bei<br />

euch bzw. im Tal geän<strong>der</strong>t?<br />

Michael Gilli: Kurz gesagt: Alles! Was uns betrifft, so wurden<br />

bestehende Firmenstrategien <strong>und</strong> Konzepte für die nächsten<br />

drei bis fünf Jahre komplett über den Haufen geworfen. Unser<br />

Augenmerk gilt jetzt zu 100 Prozent <strong>der</strong> aktuellen Situation.<br />

Geplante Investitionen müssen erhöht bzw. umgeschichtet<br />

<strong>und</strong> neue Absatzmärkte gesucht werden.<br />

> Radius: Herr Hartmann, Sie sind seit 20 Jahren<br />

Einkaufsleiter bei <strong>Holz</strong> Pichler, als solcher im Tal <strong>und</strong><br />

darüber hinaus bekannt <strong>und</strong> geschätzt. Was war in den<br />

ersten Tagen los?<br />

Hartmann Zelger: Das ist kaum zu beschreiben, das Telefon<br />

läutete Tag <strong>und</strong> Nacht. Die ganze Hoffnung unserer<br />

bisherigen <strong>Holz</strong>lieferanten <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er, die es noch werden<br />

wollen, beruht darauf, dass wir so viel <strong>Holz</strong> wie möglich<br />

abnehmen, lagern, einschneiden <strong>und</strong> weiterverarbeiten …<br />

> Radius: Wenn es auch nicht um den Preis geht, alles<br />

zusammen ist doch ein riesiger Schaden bzw. ein großer<br />

finanzieller Aufwand.<br />

H. Zelger: Ja, das ist richtig. Aber es ist uns wichtig, dass die<br />

ohnehin schon geschädigten Waldbesitzer sich nun nicht auch<br />

noch Sorgen um die Bezahlung <strong>der</strong> Aufräumarbeiten machen<br />

müssen. Unseren bisherigen Lieferanten gegenüber werden<br />

wir in dieser Hinsicht unkompliziert weiterhelfen, sprich wir<br />

werden die Waldarbeiten vorfinanzieren. Allein für das Jahr<br />

2019 rechnen wir, r<strong>und</strong> acht Millionen Euro für Waldarbeiten<br />

vorfinanzieren zu müssen.<br />

> Radius: Wie kann man sich das jetzt vorstellen? Es kommt<br />

ein Heer von Waldarbeitern, um das Ganze erst einmal aufzuarbeiten,<br />

dann erfolgen <strong>der</strong> Abtransport <strong>und</strong> die Einlagerung?<br />

H. Zelger: So einfach ist das nicht. Erst mal muss die Istsituation<br />

festgestellt werden, das dauert sicher Wochen, wenn<br />

nicht Monate. Dann benötigt man natürlich auch Spezialisten,<br />

um Windwürfe in dieser Dimension aufzuarbeiten. Es<br />

braucht beson<strong>der</strong>e Maschinen <strong>und</strong> viel Erfahrung. Die Arbeit<br />

ist enorm gefährlich, denn in dem übereinan<strong>der</strong>liegenden<br />

<strong>Holz</strong> sind gewaltige Spannungen. Wenn da z.B. ein Baumstamm<br />

an <strong>der</strong> falschen Stelle angesägt wird, dann fliegt dir alles<br />

um die Ohren, da wirken Kräfte, das kann man sich nicht<br />

vorstellen. Zudem muss das so schnell wie möglich gehen.<br />

> Radius: ... <strong>und</strong> ums Geld ging es gar nicht?<br />

H. Zelger: In erster Linie ging es um die Abnahme, um die<br />

Zeitspanne <strong>und</strong> um die mögliche Lagerung. Der Preis ist<br />

zweitrangig. Von fairen Preisen kann in so einer Situation<br />

ohnehin nicht gesprochen werden, da auch in den umliegenden<br />

Regionen wie etwa im Trentino, im Veneto, in Osttirol<br />

o<strong>der</strong> Kärnten viele Millionen von Kubikmetern<br />

am Boden liegen.<br />

> Radius: Abgesehen davon, dass <strong>Holz</strong> Pichler<br />

auch nicht Wun<strong>der</strong> wirken kann, was konkret<br />

sind die kurzfristigen Möglichkeiten?<br />

M. Gilli: Wir versuchen, unsere<br />

Einschnittmenge im Sägewerk auf<br />

über 100.000 Kubikmeter zu erhöhen,<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig werden wir<br />

unsere Nasslagerkapazität auf etwa<br />

120.000 Festmeter aufstocken,<br />

also verzehnfachen. Dadurch<br />

können wir unseren Stammlieferanten<br />

eine schnelle Abwicklung<br />

<strong>und</strong> professionelle Unterstützung<br />

bei den Aufräumarbeiten garantieren.<br />

Unsere langjährige Erfahrung, gute<br />

Partnerschaften mit Waldarbeitern <strong>und</strong><br />

ein großes Netzwerk an Transporteuren<br />

helfen uns dabei.<br />

> Radius: Wie geht man dann konkret an<br />

die Aufgaben heran?<br />

M. Gilli: In Zusammenarbeit mit den Forstbehörden <strong>und</strong> den<br />

Waldbesitzern werden schnellstmöglich die Gesamtsituation<br />

bewertet <strong>und</strong> ein gr<strong>und</strong>sätzliches Konzept erstellt. Dann<br />

braucht es eine professionelle Logistik für den Ablauf <strong>und</strong><br />

eine entsprechende Gesamtkoordination. Was uns betrifft,<br />

so sind wir bereit, für unsere Stammlieferanten<br />

im Tal dies alles zu übernehmen. Aber auch<br />

unsere Kapazitäten sind nicht unbegrenzt.<br />

> Radius: Wenn man den ersten<br />

Schätzungen glauben darf, dann<br />

sind es gut 1.000.000 Kubikmeter,<br />

knapp zwei Drittel davon<br />

kommen als Nutzholz infrage.<br />

Eine Menge <strong>Holz</strong>, die auf euch<br />

zukommt.<br />

H. Zelger: Ja, wir müssen in<br />

den nächsten zwei Jahren wohl<br />

an die 500.000 Kubikmeter<br />

<strong>Holz</strong> kaufen. Ich betone ausdrücklich<br />

„müssen“, denn die<br />

gesamte Situation, unabhängig<br />

vom <strong>Holz</strong>preis, ist für uns äußerst<br />

unangenehm. Wertvollster<br />

v.l.: Einkaufsleiter Hartmann Zelger<br />

<strong>und</strong> Firmenchef Michael Gilli

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