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Gästemagazin Grenzenlos Sommer 2018

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54 / STAMMGAST<br />

55<br />

English Summary<br />

Lockruf des Apfelkuchens<br />

„Stammgäste“ in Bichlbach: So ganz trifft es diese Bezeichnung für Familie Bog<br />

nicht. Denn sie sind mittlerweile seit so vielen Jahren und Generationen hier,<br />

dass es sich für sie mehr wie eine zweite Heimat anfühlt.<br />

Da sitzen sie gemütlich in der<br />

guten Stube ihrer Pension,<br />

zwischen sich den jüngsten<br />

Sohn der Gastfamilie, und<br />

sind ganz ins Spielen vertieft: Gerhild<br />

Bog, die dem kleinen Baumeister<br />

Halt gibt beim Rangieren seiner Fahrzeuge,<br />

und ihr Sohn Matthias, der mit<br />

dem gelben Helm auf dem Kopf für den<br />

stilechten Rahmen sorgt. Vater Uwe beobachtet<br />

in Ruhe vom Lehnsessel aus die<br />

Szenerie. Draußen lecken die voröster lichen<br />

Sonnenstrahlen mit aller Kraft am noch<br />

reichlich verbliebenen Schnee und wecken<br />

die Vorfreude auf entspannte Urlaubsstunden<br />

im Freien, die jetzt nicht mehr lange auf<br />

sich warten lassen.<br />

Heimatgefühl pur<br />

„Wir sind eigentlich keine Stammgäste<br />

mehr, sondern eher schon Einheimische, die<br />

die meiste Zeit des Jahres anderswo leben“,<br />

kommentiert Gerhild Bog den Moment des<br />

familiären Miteinanders, in dem zwischen<br />

Urlaubern und Gastgebern kaum mehr zu<br />

unterscheiden ist. Palmsonntag 1960 sei sie<br />

zum ersten Mal mit ihren Eltern in Bichlbach<br />

gewesen, erzählt die Pfälzerin. Der Vater<br />

hatte in der Jugend die Gegend mit dem<br />

Fahrrad erkundet und lieben gelernt. Später<br />

wollte er sie mit seiner Familie wiedersehen.<br />

Aus einem spontanen Halt wurde<br />

ein einwöchiger Aufenthalt und daraus …<br />

Familie Bog verbringt<br />

in Bichlbach Urlaube,<br />

die sich mehr nach<br />

Heimat als nach<br />

Fremde anfühlen.<br />

„Meine Eltern haben sich infiziert“, scherzt<br />

Bog. „Wir sind immer und immer wieder<br />

gekommen.“<br />

„Ostern zu Hause gibt es bei uns eigentlich<br />

gar nicht mehr“, berichten die Bogs. Der<br />

Funke vom ersten Aufenthalt habe stets<br />

weitergeglommen. Wobei die Familie nicht<br />

nur zur Winterszeit nach Bichlbach gereist<br />

ist. „Wir haben alle Jahreszeiten hier verbracht“,<br />

sagen sie und berichten von anderen<br />

Urlaubern, die sie dabei immer wieder<br />

getroffen haben: „Die kamen aus Flensburg<br />

oder aus Stuttgart – es war jedes Mal wie<br />

eine Art Klassentreffen.“ Einschließlich<br />

der Gegenbesuche jenseits der<br />

Urlaube ist so eine Bichlbacher-<br />

Gemeinde aus Gästen entstanden.<br />

Welche gewaltigen Veränderungen<br />

die nunmehr 58 Jahre<br />

mit sich brachten, macht eine<br />

lakonische Bemerkung des Ehemanns<br />

deutlich, der sich an winterliche<br />

Liftfahrten erinnert: „Am<br />

Anfang fuhren wir mit dem Zweier-<br />

Sessel und haben uns 20 Minuten lang<br />

den A* abgefroren. Jetzt brausen wir<br />

im gemütlichen Sechser in ein paar Minuten<br />

hinauf.“ Auch die einstigen Zimmer mit<br />

Waschbecken und Toilette für alle „übern<br />

Gang“ sucht man heute vergebens. Mag der<br />

Komfort auch bescheiden gewesen sein,<br />

langweilig ist es der Familie nie geworden,<br />

„die Natur war für uns Kinder ein großartiger<br />

Spielplatz“, sagt Matthias Bog.<br />

Für uns Kinder war<br />

die Natur immer ein<br />

großartiger Spielplatz.<br />

Matthias Bog, Stammgast in Bichlbach<br />

Auch an die gemeinsamen bunten Abende<br />

in der Pension erinnern sich alle gern. „Hier<br />

habe ich Skat und Canasta gelernt“, erzählt<br />

der Sohn. „Das spielen wir heute noch mit<br />

Ostern zu Hause verbringen?<br />

Für die Bogs fast undenkbar.<br />

Leidenschaft. Einen Fernseher gab es nur in<br />

der Stube für alle zusammen, da hat man<br />

dann mal ein Länderspiel miteinander angeschaut.<br />

Aber sonst? Wer braucht denn<br />

so was?“ Mutter Gerhild bringt es auf den<br />

Punkt: „Es waren und sind die Menschen,<br />

deretwegen wir immer wieder<br />

hier sind.“<br />

Früher und heute<br />

Die Menschen sind auch<br />

geblieben, während manches<br />

verschwunden ist, was einst<br />

als unverzichtbar galt. „Früher<br />

gab es hier sieben Wirtschaften<br />

am Ort, jetzt sind es nur noch<br />

zwei.“ Und auch die klassische<br />

Unterkunft mit Vollpension gebe es<br />

in dieser Form nicht mehr: „Frühstück,<br />

drei Gänge zu Mittag, drei Gänge zu Abend<br />

– und das reichlich“, erzählen sie, übervolle<br />

Schüsseln und Teller vor dem inneren Auge.<br />

Da hieß es ordentlich wandern zwischendurch,<br />

um die gute Urlaubskost zu verdauen.<br />

Zumal die Backkünste der früheren Wirtin<br />

noch heute ein genussvolles Lächeln auf<br />

“Regular guests” in Bichlbach: this<br />

isn’t quite true of the Bog family,<br />

which has been coming here for so<br />

many years that it feels more like<br />

a second home. Gerhild Bog visited<br />

Bichlbach for the first time with<br />

her parents in 1960. Her father had<br />

explored the area on bike in his youth<br />

and come to love it. “We don’t really<br />

ever celebrate Easter at home anymore,”<br />

say the Bogs, revealing their<br />

favourite time to visit. The excitement<br />

of their first stay hasn’t dimmed over<br />

the years, and the family has enjoyed<br />

returning to Bichlbach in all seasons,<br />

when they’re always delighted to see<br />

other regular holidaymakers, many of<br />

whom are now good friends. While<br />

the older generation enjoys every<br />

day as it comes, the young ones have<br />

grown up on activity holidays. Gerhild<br />

sums it up: “it is and always was the<br />

people that bring us back here.”<br />

die Gesichter zaubern: „Der Apfelkuchen von<br />

Hanni Bertold war einzigartig.“<br />

Immer wieder Neues zu entdecken<br />

Während die ältere Generation jeden Tag<br />

genießt, wie er sich bietet, ist der Nachwuchs<br />

auf Aktivurlaub gepolt. Matthias, im<br />

zarten Alter von einem halben Jahr erstmals<br />

auf <strong>Sommer</strong>frische in der Gegend, besucht<br />

die Zugspitz Arena inzwischen auf eigene<br />

Faust. Für Mitglieder seines Sportvereins<br />

organisiert er Ski- und <strong>Sommer</strong>freizeiten,<br />

„der halbe Ort war schon auf Besuch“. Ihm<br />

ist es auch zu verdanken, dass die Eltern<br />

einen neuen Gastgeber gefunden haben.<br />

Entdeckt hat ihn der Junior in der Fernseh-<br />

Show „Das perfekte Dinner“: „Da war einer<br />

aus Bichlbach dabei, den ich nach fast<br />

30 Jahren dort noch nicht kannte. Da musste<br />

ich gleich Kontakt aufnehmen.“ Neben vielen<br />

gemeinsamen Erinnerungen erwies sich vor<br />

allem die Kochkunst als anziehungskräftig:<br />

„Ich mag im Urlaub nicht kochen müssen“,<br />

räumt Gerhild Bog ein, „da verlasse ich mich<br />

jetzt ganz auf den Florian Fasser.“<br />

<br />

Ulrich Pfaffenberger

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