Stadtmagazin CLP Ausgabe 28
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eportage<br />
Das fasziniert, denn dass man die traditionellen Methoden<br />
der Polsterei, das Verlegen von hochwertigen Böden, das<br />
Nähen riesiger Bahnen und winzigster Falten oder das Anbringen<br />
von Plissees und die Aufarbeitung alter Möbel oder<br />
Autos nicht mithilfe eines youtube-Videos erlernen kann –<br />
das muss jedem klar sein, der ästhetisches Empfinden mit<br />
echtem Lebensstil gleichsetzt.<br />
Wie Klaus Janssen. Er ist Garreler. Enkel von Elisabeth<br />
Janssen, die man eigentlich als „Oma Elli“ kannte und die ihr<br />
Faible für Antiquitäten, alte Möbel und Fachwerkhäuser offenbar<br />
an Klaus Janssen vererbt hat. Denn diese Geschichte<br />
wiederholte sich 35 Jahre später, was mit jener Leidenschaft<br />
zu tun hat, die sich auf Althergebrachtes bezieht. Auf dessen<br />
Wertigkeit und Schönheit. Auch, wenn diese sich in Gerümpel<br />
oder unter kompletter Abnutzung versteckt und nur von<br />
wahren Liebhabern gesehen wird.<br />
Wie diese Lebensqualität nach individuellen Vorgaben<br />
entsteht, wie aus Möbeln, die „eigentlich weg konnten“ oder<br />
ererbten, leider kaputt geliebten und abgenutzten, einstigen<br />
Prachtstücken wahre Eyecatcher entstehen – das kann<br />
man in Janssens Werkstatt gerne beobachten. Geheimnisse<br />
gibt es hier nicht, dafür aber die Umsetzung dieses anspruchsvollen<br />
Handwerks.<br />
Ausbildung<br />
Klaus Janssen bildet regelmäßig aus. So haben bereits<br />
fünfzehn Auszubildende hier ihre Lehre zum Raumausstatter/zur<br />
Raumausstatterin* absolviert. Von der Pike<br />
auf, mit dem Erfolg, dass über die Hälfte ihre Abschlüsse<br />
mit Kammer- und Landessieg-Diplomen bestanden<br />
haben – und Agnes Riesner sogar als 3. Bundessiegerin.<br />
„Hier findet alles unter einem Dach statt, in einer Werkstatt“,<br />
sagt Janssen und fügt hinzu, dass so auch die<br />
Ausbildung von allen mitgetragen wird. „Du musst dich<br />
einbringen, musst einen Blick für die Schönheiten unseres<br />
Berufs haben und musst 100-prozentiges Qualitätsbewusstsein<br />
haben. Wir vertrauen einander, geben<br />
einander viele Freiheiten und sind sehr stolz auf das,<br />
was wir schaffen!“<br />
*Definition Raumausstatter laut Handwerksordnung: Gestaltung<br />
von Innenräumen = das Polstern und Bespannen<br />
von Möbeln, das Verlegen von textilen und elastischen<br />
Bödenbelägen, den Entwurf und/oder die Verwirklichung<br />
von Fensterdekorationen, das Bekleiden von Wänden mit<br />
textilen Wandbespannungen oder Tapeten sowie die Herstellung<br />
und/oder Montage von Sicht-, Licht- oder Sonnenschutzvorrichtungen.<br />
Wie von Klaus Janssen und seiner Lebensgefährtin Marion<br />
Imbusch. Jahrelang waren sie Wochenende um Wochenende<br />
unterwegs. Die Artland-Route rauf und runter, an der<br />
Küste, in Cloppenburg und umzu, im Münster- und im Oldenburgerland.<br />
Auf Höfen, in alten Häusern und auf fast vergessenen,<br />
vor ewigen Zeiten gepflasterten Sträßchen und<br />
Wegen. Immer auf der Suche nach dem „One & Only“, dem<br />
einem Grundstück, der einen Scheune, dem einen Haus.<br />
„Liebe auf den<br />
ersten Blick.“<br />
„Da war es wie ein Traum, der wahr wurde, als uns 2013<br />
die Immobilie Tweeler Straße 5 zum Kauf angeboten wurde“,<br />
erinnern Klaus Janssen und Marion Imbusch sich. „Das war<br />
Liebe auf den ersten Blick!“<br />
Nun, das wäre uns, die wir regelmäßig über „den Tweel“<br />
fahren, nicht so ergangen. Bot sich für unsere Wahrnehmungen<br />
lediglich die Aussicht auf ein winziges, abgerocktes Haus<br />
und eine ebensolche Scheune. Gnädig beschattet von den<br />
mächtigen Kronen alter Eichen und umgeben von einem<br />
Grundstück, das restlos überwuchert und zudem jahrzehntelang<br />
als Ablage für so manches genutzt worden war. So<br />
weit unser Eindruck. Marion Imbusch und Klaus Janssen hingegen<br />
sahen in dem Ganzen genau das, was sie gesucht hatten.<br />
Das dem Handwerk erstklassiger Raumausstattung und<br />
Restaurierung entsprechende, ideale Umfeld.<br />
Zwei Jahre dauerte es, bis die Anlage so weit „sortiert“ war,<br />
dass die Bauphase beginnen konnte. Das Entkernen und der<br />
erneute Aufbau der Scheune zunächst. Nach traditionellen<br />
Methoden, umgesetzt von Handwerkern, die sich damit<br />
auskennen; mit zusätzlichen, alten Fachwerken, Balken, Steinen<br />
und Pflastersteinen, die aus aufgegebenen Höfen und<br />
Wohnhäusern stammen. Jeweils vor Ort abgebaut, an die<br />
Tweeler Straße in Garrel transportiert und dort gelagert. Bis<br />
sie genutzt wurden, zuvor jedoch einzeln gesäubert.<br />
Das <strong>Stadtmagazin</strong> für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
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