Stadtmagazin CLP Ausgabe 28
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
eportage<br />
100 Jahre Frauenwahlrecht<br />
Die MeToo-Bewegung, die mittlerweile weit über die sozialen<br />
Medien hinaus Wirkung zeigt und wichtige Diskussionen<br />
über Grenzverletzungen und Machtmissbrauch in Gang<br />
gesetzt hat, zeigt auf, wie wichtig es auch heute noch ist, sich<br />
für die Rechte der Frauen einzusetzen.<br />
Im Rahmen dieser Debatten und Diskussionen ist auch ein<br />
Datum mit Diskussionsrunden, Ausstellungen und Schlagzeilen<br />
in den Fokus gerückt, das ansonsten vielleicht weniger<br />
Aufmerksamkeit erfahren hätte: Der 100. Jahrestag zur<br />
Einführung des Frauenwahlrechts. Ein wahrhaft historischer<br />
Meilenstein für die gesellschaftliche und politische Gleichberechtigung<br />
der Frau.<br />
Wählen gehen, für Ämter kandidieren und offen über Politik,<br />
Gesellschaft und andere Themen zu diskutieren, ist für<br />
Frauen heute eine Selbstverständlichkeit. Dabei ist es noch<br />
gar nicht so lange her, dass Frauen für ihre Forderungen nach<br />
einem aktiven und passiven Wahlrecht nur Unverständnis<br />
ernteten und für ihre Rechte kämpfen mussten.<br />
Die SPD war die erste Partei die 1891 das allgemeine Frauenwahlrecht<br />
in ihr Programm aufnahm. Eine Forderung, die<br />
bei den übrigen Parteien nur auf Kopfschütteln stieß. Es<br />
folgte eine Zeit des politischen und sozialen Umbruchs: die<br />
Industrialisierung, der erste Weltkrieg und die politischen<br />
Kämpfe zwischen konservativen und revolutionären Gruppierungen.<br />
Am 9. November 1918 übergab der letzte kaiserliche<br />
Reichskanzler, Prinz Max von Baden, die Regierungsgeschäfte<br />
an den SPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert. Dadurch wurde<br />
der Rat der Volksbeauftragten, die erste provisorische Regierung<br />
der jungen Weimarer Republik, gebildet. In ihrem Aufruf<br />
"An das deutsche Volk" vom 12. November 1918 wurde<br />
das neue Wahlrecht verkündet: "Alle Wahlen zu öffentlichen<br />
Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen,<br />
direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen<br />
Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen<br />
und weiblichen Personen zu vollziehen."<br />
Damit war erstmals das aktive und passive Wahlrecht für<br />
Männer und Frauen ab dem 20. Lebensjahr gesetzlich verankert<br />
und am 19. Januar 1919 fand mit einer Wahlbeteiligung<br />
von 83 Prozent die Wahl zur Deutschen Nationalversammlung<br />
statt. Von den insgesamt 423 Abgeordneten hielten 37<br />
Frauen aus fünf Parteien Einzug in die Versammlung.<br />
Doch damit aber war die Gleichberechtigung noch nicht<br />
selbstverständlich. Als erste Frau sprach Marie Juchacz von<br />
der SPD in der Weimarer Nationalversammlung und erntete<br />
mit ihrer Anrede „Meine Herren und Damen!“ Gelächter. Sie<br />
machte aber deutlich: „Was die Regierung getan hat, das war<br />
eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was<br />
ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“<br />
Aber nicht nur im fernen Berlin waren Frauen politisch aktiv.<br />
Ebenfalls im Jahr 1919 wurde Maria Brand aus dem südoldenburgischen<br />
Essen die erste Abgeordnete des Oldenburgischen<br />
Landtages.<br />
Maria Brand führte gemeinsam mit ihrem Mann Josef<br />
Brand ein Geschäftshaus. Die Mutter von acht Kindern rückte<br />
als Nachfolgerin für den ausscheidenden Landtagsabgeordneten<br />
Wilhelm Griep aus Ramsloh in den oldenburgischen<br />
62<br />
Das <strong>Stadtmagazin</strong> für Cloppenburg & umzu | Reportage