Mitteilungen Nr. 86 Sommer/Johanni 2009 - Stiftung Rüttihubelbad

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10 Im Heim zuhause? Das Erste, was der Mensch vorfindet im Leben, das Letzte, wonach er die Hand ausstreckt, und das Kostbarste, was er besitzt, ist das Familienleben. (Adolph Kolping) Irène Schrepfer In der Sozialtherapeutischen Gemeinschaft begleiten wir Erwachsene, die zwischen 20 und 65 Jahre alt sind. Es sind Menschen in besonderen Lebenssituationen, mit besonderen Bedürfnissen, bedingt durch eine angeborene Behinderung oder durch eine schwere psychische Erkrankung. Wir hoffen, dass das Heim im Laufe der Jahre zu ihrem Zuhause wird, die Gruppe zur Ersatzfamilie. Sie verbinden sich mit dem Heimalltag und den MitbewohnerInnen der Gruppe. Geschwisterliche Beziehungen entstehen, die von Streit, Neid und Konkurrenz – aber auch von tiefer Verbundenheit, Achtsamkeit und Fürsorge für einander leben. Schicksalsgemeinschaft Unausweichlich sind die andern da, jeden Abend und Morgen. Man hört, riecht, sieht einander, ist sich nahe. Die BetreuerInnen haben ihre festen Dienstzeiten. Je nachdem, wer da ist, gestaltet sich der Abend anders. Strenger oder nachsichtiger wird das Ämtli machen eingefordert oder das Zimmer aufräumen lässt sich umgehen. Ganz normale Familienthemen und -situationen. Wünsche und Träume Auch die Wünsche, Sehnsüchte und Träume unserer BewohnerInnen sind ganz normal. Sie träumen von einer eigenen Wohnung, vom Reisen, von einer eigenen Familie, einer Liebesbeziehung, von Kindern ... Vor allem die Bedürfnisse nach Nähe in einer Partneroder Liebesbeziehung fordern uns in der Betreuung und Begleitung heraus. Können wir den Bewohner, die Bewohnerin achtsam und transparent begleiten, damit einerseits Erfahrungen gemacht werden können, worauf jeder das Recht hat, andrerseits der nötige Schutz gewährleistet ist und das sorgfältige Heranführen an Realitäten statt finden kann? Das Erlernen und Gestalten von Nähe und Distanz auf der Gruppe wird zur Gratwanderung oder zur hohen Kunst der Beziehungsgestaltung. Es braucht viel Fingerspitzengefühl und ein Ausloten nach allen Seiten, wenn in diesen höchst persönlichen Bereich eingegriffen werden muss, wenn unerfüllbare Sehnsüchte oder Enttäuschungen drängend werden und ein Weg im Umgang mit normalen Triebbedürfnissen gefunden werden muss. Wohl und Würde Wir versuchen dabei das Wohl und die Würde des uns anvertrauten Menschen ins Zentrum zu stellen. Dazu gehört auch die Schweigepflicht gegenüber den Eltern, allenfalls dem Vormund. Idealerweise ist aber eine Vertrauensbasis zu den Eltern vorhanden und wir haben die Einwilligung der betroffenen Person, um uns über sensible, persönliche Anliegen des Sohnes oder der Tochter austauschen zu können, ohne ihren Schutz zu verletzen. Gerade in diesen sehr persönlichen Themen wird die Kultur der Herkunftsfamilie unserer BewohnerInnen und die aktuelle Nähe oder Distanz zu ihr spürbar. Eltern realisieren dann ihrerseits, wie intensiv sie nach wie vor als Unterstützende und Begleitende gefragt sind oder ob ihr Sohn oder ihre Tochter nicht mehr über Beziehungen, Freundschaften mit ihnen reden will, es gar ablehnt, sie bei anstehenden Fragen mit einzubeziehen. Kontakt zu Angehörigen Von unserer Seite gestalten wir den Kontakt zu den Angehörigen aktiv, indem sie mindestens zu einem Standortgespräch pro Jahr und dem Angehörigentag eingeladen werden, ausser der Bewohner oder die Bewohnerin lehne dies ausdrücklich ab.
Dabei können wir erleben, mit welch grossem Engagement und Feingefühl Angehörige den Weg unserer BewohnerInnen, mit ihren besonderen Bedürfnissen, begleiten und sie einbeziehen in ihr eigenes Familienleben. Jahr für Jahr lassen sie sich in konstruktiv-suchende Gespräche mit uns ein, zum Wohl ihrer Verwandten. Damit helfen sie mit, dass Menschen, die zu uns kommen (müssen), sich bei uns auch zuhause fühlen können, da zwischen der Herkunfts- und der Ersatzfamilie eine tragende Brücke für sie da ist. Ich möchte den Angehörigen dafür und für das uns entgegen gebrachte Vertrauen und die jahrelange Zusammenarbeit herzlich danken. „Traumfrau“, gezeichnet von Luis Erlacher 11
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