Mitteilungen Nr. 86 Sommer/Johanni 2009 - Stiftung Rüttihubelbad
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Durch das Anstreichen wird die Scheibe zwar auch in<br />
Schwingung versetzt, aber der Sand rinnt nur auf den<br />
Boden. Jetzt gibt es zwei Reaktionen: Entweder hat man<br />
den Eindruck, das sei ja nicht spannend und geht weiter,<br />
oder man bleibt dran und probiert weiter. In der Hoffnung,<br />
der Sache, dem richtigen Gebrauch, auf die Spur<br />
zu kommen.<br />
Da kann es beispielsweise sein, dass man die Übermenge<br />
Sand peu à peu abträgt und sieht, wie der stark<br />
verminderte Restsand nun plötzlich, beim Anstreichen<br />
auf der Platte, herumhüpft, sich wieder „beruhigt“ und<br />
beim nächsten Anstreichen wieder in Aufregung gerät.<br />
Und dann streicht man nochmal an – und die Klangfigur<br />
entsteht ...<br />
Whooow! sagen dann alle, die das beobachtet haben;<br />
ein relativ neues Wort, das aber lautmalerisch das<br />
Erstaunen, die Überraschung, widerspiegelt.<br />
Hingabe statt Ungeduld<br />
Und wie wäre das sinnlose Vorgehen? Man schüttet ein<br />
Kilo Sand auf die Platte und schlägt dann mit dem<br />
Bogen drauf, bis dieser heruntergefallen ist, dann wiederholt<br />
man die Prozedur mehrmals, bis aller Sand –<br />
immerhin ein paar Kilo, die zur Verfügung stehen und<br />
den wir regelmässig waschen und trocknen! – am<br />
Boden liegt. Dann schmeisst man auch noch den Bogen<br />
hinterher und geht weiter. Sie denken jetzt: Warum<br />
übertreibt der so? Einen solchen Blödsinn macht doch<br />
niemand!<br />
Leider doch. Aber es geht hier nicht um Anklage, vielmehr<br />
muss man sich fragen: Warum gibt es Kinder und<br />
Jugendliche, die so unsinnig (!) mit einer Station umgehen?<br />
Haben sie nicht bemerkt, dass jede Station<br />
Sinn (!) macht, dass es bei jeder Station etwas zu erle-<br />
ben, zu staunen gibt?<br />
Die Antwort hat vielleicht direkt mit den von Hugo<br />
Kükelhaus aufgezeigten Gefahren unserer übertechnisierten,<br />
denaturierten und teils auch schon virtualisierten<br />
Welt zu tun: Wir sind es gewohnt, dass alles immer und<br />
sofort und mühelos zu haben ist: Der Lichtschalter wird<br />
gedreht und damit ist’s hell. Es braucht keinen vorsichtigen<br />
und sorgfältigen Umgang mit der Petrollampe und<br />
ein bisschen Geschick, um den Docht in Brand zu setzen<br />
(aber nicht zu verbrennen). Und was man sonst noch<br />
alles auf Knopfdruck haben kann, ohne sich im Geringsten<br />
auf „die Sache“ einlassen zu müssen, muss hier<br />
nicht aufgezählt werden. Der bekannte Satz von Hugo<br />
Nebenbei notiert:<br />
Mit „Kind und Kegel“ ist eine bekannte Redewendung,<br />
die so viel bedeutet wie „mit der gesamten<br />
Verwandtschaft“ oder „mit Kindern, Haustieren und<br />
Gepäck“ unterwegs sein. Eine synonyme Redewendung<br />
ist „mit Sack und Pack“.<br />
Die genaue Bedeutung dieses häufig gebrauchten<br />
Ausdrucks ist seit dem Mittelalter in Vergessenheit<br />
geraten, denn sie lautet wörtlich „mit ehelichem<br />
und unehelichem Kind“ (vom althochdeutschen<br />
kegil).<br />
Die Unterscheidung in „ehelich „ und „unehelich“<br />
ist im Zeitalter der Patchwork-Familien aber längst<br />
bedeutungslos geworden.<br />
In Deutschland hört man gelegentlich den Ausdruck<br />
„Beutekind“, nämlich dann, wenn ein Mann<br />
nicht nur eine neue Partnerin „erobert“ hat, sondern<br />
dazu auch noch ein Kind derselben aus einer<br />
früheren Beziehung.<br />
Der Ausdruck „mit Kind und Kegel“ könnte also,<br />
nach Jahrhunderten, plötzlich wieder mit einer<br />
unerwartet neuen Bedeutung aufgeladen werden,<br />
nämlich: mit Kindern der verschiedenen „Lebensabschnittspartner“<br />
unterwegs sein.<br />
Ein Besuch im Sensorium hat natürlich nichts mit<br />
der familiären Situation der Besucher zu tun und ist<br />
sicher ein Genuss für „Kinder“ und „Kegel“, ganz<br />
egal in welcher Bedeutung – und für die Eltern<br />
obendrein!<br />
Kükelhaus bekommt hier Bedeutung: „Die Zeit, die wir<br />
auf eine Sache verwenden, ist der Maßstab unserer<br />
Liebe zu ihr“.<br />
Mittelstarke Reize kräftigen<br />
Ein anderes häufiges Phänomen hat mit den Grenzen,<br />
bzw. deren Überschreitung zu tun. Obwohl Sport sicher<br />
eine unabdingbare Notwendigkeit geworden ist, in<br />
einer Zeit, in der der natürliche Tageslauf nicht mehr<br />
die nötige Bewegung bringt, steht halt doch immer der<br />
Gedanke des Wettstreits, des Kampfes dahinter.<br />
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