Mitteilungen Nr. 86 Sommer/Johanni 2009 - Stiftung Rüttihubelbad
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Mit Kind und Kegel ins Sensorium<br />
Reto Störi<br />
Kinder und Jugendliche reisen nicht alleine im Rütti-<br />
hubelbad an, sondern mit ihren Eltern. Für „Kinder und<br />
Kegel“ ist sicher das Sensorium das Spannendste hier<br />
auf dem Hubel. Deshalb soll es im Folgenden um die<br />
Frage gehen, wie Eltern sich und ihre Jungmannschaft<br />
auf den Sensoriumsbesuch vorbereiten und welche<br />
Rolle sie während des Besuchs spielen können.<br />
Steht man im Sensorium vor einer Gruppe Kinder und<br />
fragt sie, ob sie denn wüssten, was das Sensorium sei<br />
und was man hier machen könne, tönt es einem vielstimmig<br />
entgegen: „Hier kann man alles anfassen und<br />
ausprobieren!“<br />
Eine schöne Aussage, denn implizit ist damit gesagt:<br />
In Museen heisst es immer „Nichts anfassen!“, nur<br />
mit den Augen und nicht „mit den Fingern“ schauen.<br />
„Alles ausprobieren“ bedeutet, etwas tun, aktiv sein,<br />
gestalten und erleben. Und dass die Jungen das wollen<br />
und als einmalig und positiv im Sensorium empfinden,<br />
ist wunderbar.<br />
Die Kehrseite davon ist, dass der Akzent mitunter auf<br />
„alles“ gelegt wird und damit nichts mehr vor quirligen<br />
Kinderhänden sicher ist; z.B. das Räderwerk der<br />
schönen mechanischen Uhr, Bilder, Tischvitrinen oder<br />
die Steinmannli in ihrer Nische. Aber so wie jedes Recht<br />
seine Grenzen hat, genauso unterliegt auch diese generelle<br />
Erlaubnis „alles auszuprobieren“, Einschränkungen,<br />
die sich aus der Natur der Sachen ergeben.<br />
Auch im Sensorium gelten Regeln<br />
Eltern, aber auch Lehrkräfte, möchten wir deshalb bitten,<br />
von einem gezielten und bewussten Ausprobieren<br />
an den über vierzig Erfahrungsstationen zu reden und<br />
eine Spielregel mitteilen:<br />
Wenn du vor einer Station stehst, versuche dir vorzustellen,<br />
was zu tun sein könnte und probiere es dann.<br />
Es gibt im Sensorium auch Bereiche und Objekte, die<br />
man respektieren muss und die wirklich nur zum<br />
Schauen sind. Das Sensorium ist kein Museum und<br />
auch kein Science Center, sondern eine Ausstellung sui<br />
generis, d.h. ganz eigener Art, und hat deshalb auch<br />
seine eigenen Regeln.<br />
Freiraum lassen!<br />
Eltern sollten den Kindern die Freiheit lassen, den richtigen<br />
Dreh zu finden. Viel zu oft und energisch hören<br />
wir da Anweisungen, die übrigens längst nicht immer<br />
richtig sind: „Du musst es so und so machen...“,<br />
„Nein, das ist falsch, so geht das nicht...“.<br />
Im Sensorium gibt es eigentlich kein „richtig“ und<br />
kein „falsch“, aber schon ein „sinnvoll“,“möglich“<br />
oder„wahrscheinlich“, im Gegensatz zu einem „sinnlos“<br />
oder „willkürlich“.<br />
Am Beispiel der Chladni-Scheiben sei dies kurz erläutert:<br />
„Richtig“ müsste man eine feine Schicht, einen<br />
Hauch Sand, auf eine kupferne Scheibe streuen und<br />
anschliessend mit einem Bogen die Scheibe seitlich fein<br />
anstreichen. Erzeugt man einen reinen Ton, ordnet sich<br />
der Sand, wie von Geisterhand, zu einer wunderbaren<br />
geometrischen Figur. Doch wer dies nicht weiss, schüttet<br />
meist viel zu viel Sand auf die Scheiben.<br />
Die Chladni-Scheiben gehören zum Faszinierendsten, was das<br />
Sensorium zu bieten hat.