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GRILLZEIT 2013 3 - Grillen, BBQ & Outdoor-Lifestyle

Das große Foodmagazin zum Thema Grillen, BBQ und Outdoorküche mit vielen Rezepten, Tipps und Ideen.

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serie<br />

und sogar die Franzosen (tatsächlich haben<br />

diese mit den Rilletts ein Gericht, bei dem<br />

das Schweinefl eisch ebenfalls stundenlang<br />

bei niedriger Temperatur gegart wird, bis<br />

es in Fasern zerfällt) meinen, das Ihrige<br />

zum Pulled Pork beigetragen zu haben.<br />

Und dann gibt es noch die Fraktion der<br />

Opportunisten, die einfach behaupten, das<br />

Pulled Pork sei kein echtes Regionalrezept,<br />

sondern überhaupt nur dadurch entstanden,<br />

dass einfach irgendwann irgendwer<br />

nur ein Stück Fleisch auf oder neben dem<br />

Feuer vergessen hat – und das war dann<br />

trotzdem so zart und saftig und hat so gut<br />

geschmeckt, dass man die Garmethode als<br />

„beabsichtigt“ ins <strong>BBQ</strong>-Programm aufgenommen<br />

hat.<br />

Dementsprechend gibt es auch keine einheitlichen<br />

Richtlinien, wie man ein Pulled<br />

Pork zubereiten solle. Einig ist man sich<br />

nur bei der Wahl des Fleisches, es sollte<br />

fettreich und gut durchzogen sein und<br />

vorzugsweise von Schulter und Nacken<br />

stammen – manch einer schwört auch<br />

auf den Schweinebauch. Weiter sollte<br />

das Fleisch entschwartet sein (denn die<br />

Schwarte würde bei dieser Garmethode nur<br />

zäh werden), vor dem Smoken bei niedriger<br />

Temperatur mariniert worden sein und nach<br />

dem Zerzupfen mit einer <strong>BBQ</strong>-Sauce gewürzt<br />

genossen werden – das wären dann<br />

auch schon alle Gemeinsamkeiten.<br />

Die unterschiedlichen Philosophien beginnen<br />

beim Fleischgewicht: die Fraktion der<br />

Traditionalisten beharrt auf Stücke von ca.<br />

3 kg während die „Schnellos“ meinen, dass<br />

man mit 1 kg schweren Fleischbrocken ein<br />

genauso gutes Ergebnis erzielt. Weiter gibt<br />

es Unterschiede beim Rub, weil einige Grillmeister<br />

einen Öl-Rub bevorzugen (weil sie<br />

der Ansicht sind, dass das Öl die Aromen<br />

der Gewürze besser freisetzt und die Gewürze<br />

durch das Öl besser haften bleiben),<br />

andere aber nur einen Dry-Rub nehmen<br />

(weil das Aroma der Gewürze ohnedies 24<br />

Stunden Zeit hat, ins Fleisch einzudringen)<br />

und in Texas nimmt man für PP überhaupt<br />

keinen Rub, stattdessen wird das Fleisch<br />

vor dem Smoken in <strong>BBQ</strong>-Sauce eingelegt<br />

und dann nur mehr im Smoker gegart, bis<br />

es rußschwarz ist.<br />

So gibt es Pitmaster, die – wie in Texas –<br />

extrem viel Rauch ans Fleisch geben oder<br />

das Fleisch überhaupt nur Räuchern, dem<br />

gegenüber stehen jene Grillmeister, die sich<br />

mit 1–3 Stunden Rauchzugabe begnügen.<br />

Schließlich existieren hunderte unterschiedliche<br />

Rezepte für die <strong>BBQ</strong>-Sauce, welche<br />

zu Pulled Pork gereicht wird und dann wird<br />

auch noch darüber diskutiert, ob man das<br />

Fleisch nun mit Krautsalat in einem Burger-<br />

Bun genießen solle oder doch auf Reis angerichtet<br />

oder gar in einem Tortilla-Fladen<br />

eingewickelt (ähnlich einem Gyros oder<br />

Döner-Wrap) usw. und so fort.<br />

Wenn man in den USA mit Profi s spricht,<br />

so sind die meisten Protagonisten der Ansicht,<br />

dass das „Memphis-Style PP“ als das<br />

universellste – für manche sogar als das<br />

„originalste“ – gilt, weil es aufgrund seiner<br />

Zubereitung viele unterschiedliche Zugänge<br />

und Philosophien so vereint, dass<br />

es den meisten Amerikanern<br />

besonders gut mundet und<br />

vielen Ansichten gerecht wird:<br />

es ist sehr weich (weil extrem<br />

lang gegart), es ist rauchig (weil<br />

fast ununterbrochen Rauch<br />

zugegeben wird), es wird nur<br />

wenig (manchmal auch gar nicht)<br />

gemoppt (was die Zubereitung<br />

vereinfacht) und es schmeckt<br />

zugleich süß und scharf – und<br />

es wird, was den meisten Amis<br />

gefällt, zusammen mit einer <strong>BBQ</strong>-<br />

Sauce und Krautsalat in einem<br />

Burger-Bun serviert.<br />

Weitere berühmte PP-Rezepte sind das<br />

„Mr. Brown“ aus den Südstaaten, weil es<br />

mit einem köstlichen Southern-Mopp von<br />

(tatsächlich) unglaublich ausgewogener<br />

Würze gründlich und mehrfach behandelt<br />

wird. Dieser Mopp bezieht seinen Geschmack<br />

aus Apfelessig, braunem Zucker,<br />

Worcester-Sauce, Cayennepfeffer und<br />

einer speziellen Gewürzmischung – dem<br />

sogenannten Southern-Succor. Nach dem<br />

Zerzupfen wird das PP mit einer leichten<br />

<strong>BBQ</strong>-Sauce aufgetischt, die gänzlich unamerikanisch<br />

kein Ketchup enthält (das<br />

Rezept für „The Hot & Spicy PP Vinegar-<br />

Sauce“ ist angegeben).<br />

Als drittes sei hier noch das mittlerweile<br />

weltberühmte PP aus Seattle erwähnt,<br />

denn der hier herumfahrende Imbisswagen<br />

(der übrigens aussieht wie ein Schwein)<br />

namens Maximus/Minimus hat sich<br />

ebenfalls auf Pulled Pork spezialisiert und<br />

reicht zwei Varianten: eine süß-saure mit<br />

Tamarinde und eine sehr pikant-scharfe<br />

auf Tomatenbasis. Das Besondere hier<br />

ist weiter, dass das gezupfte Schwein<br />

nach dem Zerpfl ücken kurz im Ofen<br />

gratiniert wird, damit es mehr Kruste und<br />

somit mehr Röstaromen, die wiederum für<br />

mehr Geschmack sorgen sollen, erhält.<br />

Danach wird es portionsweise mit Sauce<br />

vermischt und klassisch mit Koriandergrün<br />

(bei süß-sauer) oder geriebenem Käse (bei<br />

der scharfen Variante) in einem Burger<br />

genossen.<br />

Nicht vergessen sollte man an dieser Stelle<br />

auch die Erwähnung des Jamaikanischen<br />

Jerk, denn auch dieser schmeckt – trotz<br />

seiner für Mitteleuropäer fast unerträglichen<br />

Schärfe – unglaublich gut. Jerk<br />

ist aber im Original nur schwer zuzubereiten,<br />

denn hierfür wird das mit<br />

Chili und Ingwer marinierte Fleisch<br />

stundenlang auf und über Baumstämmen<br />

hängend in zart aufsteigendem Rauch<br />

gegart und dabei ständig mit scharfwürzig-salzigem<br />

Chili-Essig gemoppt.<br />

Wege zum Schweine-Glück gibt es also<br />

viele. Vor dem Rezept, das wir mit drei<br />

unterschiedlichen Saucen, dem obligaten<br />

Coleslaw sowie frittierten Süßkartoffel-<br />

Spalten reichen, ein paar Tipps zum guten<br />

Gelingen:<br />

– Das Fleisch sollte entschwartet, fettreich<br />

und gut durchzogen sein: Schulter,<br />

Nacken und Bauch sind die besten Teile<br />

(Profi s mischen übrigens gerne Schulter<br />

und Bauch – das lohnt aber nur für große<br />

Gesellschaften).<br />

– Der Rub ist das Wichtigste – der sorgt<br />

für Kruste und Aroma (das Fleisch selbst<br />

wird beim Zerzupfen und Vermischen ausschließlich<br />

durch die aromatische Kruste<br />

gewürzt – zugegeben werden dann nur<br />

mehr etwas Salz und <strong>BBQ</strong>-Sauce – manch<br />

einer gibt auch eine Prise Rub dazu).<br />

– Auch wenn einige Pitmaster mit höheren<br />

Temperaturen arbeiten, so sollte man<br />

mit maximal 110 Grad fahren, damit das<br />

Fleisch schön saftig bleibt (optimal sind<br />

95–100 Grad).<br />

– Zuwenig Rauch macht das PP fad, zu<br />

viel Rauch ist auch nicht gut – daher mit<br />

der Rauchzugabe sensibel umgehen (vielleicht<br />

zwischendurch die Rauchzugabe<br />

sogar ganz einstellen).<br />

– Kalkulieren Sie ausreichend Zeit ein –<br />

so eine Schulter von 3 kg braucht gerne<br />

16–20 Stunden – je länger, desto höher die<br />

Kerntemperatur, desto weicher das Fleisch.<br />

– Das Fleisch vor dem Pullen 30 Minuten in<br />

Alufolie eingewickelt rasten lassen.<br />

– Den Smoker nur öffnen, um das Fleisch<br />

zu „moppen“ oder um die Kerntemperatur<br />

zu überprüfen – je seltener, desto<br />

besser.<br />

GrillZeit 3/13<br />

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