essen & trinken Vom Rauch geküsst War das Räuchern von Lebensmitteln einst eine zuverlässige Konservierungsmethode, so geht es uns heute schlicht und einfach um dessen herzhaften Geschmack. Fleisch, Fisch, Speck, Geflügel und selbst Käse steht das Aroma aus dem Rauch kontrolliert verbrannter Hölzer nämlich ganz ausgezeichnet. Text: Michael Schubert 8
essen & trinken Das <strong>BBQ</strong> in den USA lebt sogar von diesen Raucharomen, aber die Amis übertreiben es diesbezüglich ganz gerne. Unsereiner mag es zwar würzig, will aber immer noch das Lebensmittel selbst als Hauptdarsteller wahrnehmen. Und dafür reichen weitaus kleinere Rauchdosierungen, als das in den Staaten Usus ist, wo auch noch in die Saucen löffelweise „Liquid Smoke“ gerührt wird. Für unsere Zwecke reicht es daher oft vollkommen, den Rauch beim <strong>Grillen</strong> oder <strong>BBQ</strong> (der Unterschied liegt primär im Temperaturbereich) gezielt zusätzlich zum eigentlichen Garvorgang einzusetzen. Der feine Unterschied. Auch sonst unterscheidet sich das Räuchern mit Temperatur gründlich vom klassischen Räuchern (alias Selchen) in relativ kaltem Rauch. Dort wird nämlich immer erst gepökelt, anschließend getrocknet und dann tage-, manchmal sogar wochenlang bei maximal 15 Grad Celsius abwechselnd mit Frischluftphasen geräuchert. Dazu braucht man neben ausreichend tiefen Umgebungstemperaturen zudem auch das geeignete Gerät – sowie viel, viel Geduld. Wir hingegen setzen Rauch wie ein Gewürz ein und müssen daher nicht unbedingt einen Smoker oder Räucherofen besitzen, um in den Genuss feiner Rauchnoten zu kommen. Denn mit handelsüblichem Räuchermehl, besser aber noch mit „Chips“ bzw. „Chunks“ sind auch in jedem guten Grillgerät mit Deckel ausgezeichnete Geschmacksergebnisse zu erzielen. Chips – also grobe Späne – werden dafür meist gründlich eingeweicht oder auch trocken in einer Räucherbox auf die Glut oder den heißen Brenner gestellt. Zur Not reicht auch ein Stück gelochter Alufolie, in die man die Späne wickelt. Die kinderfaustgroßen Chunks hingegen kommen sowieso ohne Bad direkt in die Glut. Denn aufgrund ihrer Größe und Beschaffenheit geben sie den Rauch ohnehin nur allmählich ab. Liegt die Temperatur beim Räuchern zwischen 50 und 85 Grad, ist vom „Heißräuchern“ die Rede. Liegt sie darüber, ist es einfach <strong>Grillen</strong> bzw. <strong>BBQ</strong> mit Rauch. Marke Eigenbau. Unterschiedliche Räucherhölzer bekommt man praktischerweise heute schon in jedem Fachgeschäft oder Baumarkt. Aber natürlich kann man sich Holzscheite, Späne oder Chunks auch selbst erzeugen, sofern man das passende Gehölz sein eigen nennt. Dabei gilt es jedoch, einige Dinge zu beachten. So ist es besser, Holz ohne Rinde zu verwenden. Diese kann Pfl anzenschutzmittel enthalten und gibt auch eher scharfe, unangenehme Raucharomen ab. Gar nicht in Frage kommen selbstverständlich behandelte Oberfl ächen wie Lack, Lasur, aber auch Wachs und Öl. RIB-EYE-STEAK AUF DEM TANNENZWEIG GERÄUCHERT Dieses kanadische Gericht ist so einfach wie spektakulär. Es passt wunderbar in den Advent und es räumt mit dem Vorurteil auf, dass Nadelholz nicht zum Räuchern geeignet ist. Ganz im Gegenteil sind die minzigen ätherischen Öle, die in den weichen Nadeln des Tannenzweiges stecken, wie geschaffen, um einem schönen Stück Rindfl eisch den besonderen Kick zu geben. Davor, dass hier Harze zu gesundheitsschädlichen Schwaden verbrennen, muss hier niemand Angst haben. Denn der Zweig verbrennt nicht, wenn man es richtig macht, lediglich die Nadeln sollten leicht glosen, damit die Aromen freigesetzt werden. Aber schön der Reihe nach – denn zuerst wird unser gut drei Zentimeter dickes Steak ganz normal gesalzen und auf dem heißen Rost auf beiden Seiten gegrillt. Erst knapp bevor es fertig ist, kommen die Tannenzweige für etwa eine halbe Minute zwischen den möglichst heißen Rost und das Fleisch. Die Nadeln sollten sofort einen intensiven Rauch entwickeln, mit dem das Steak auf beiden Seiten kurz aromatisiert wird. Fertig! DIE 6 GEBOTE DES RÄUCHERNS 1. Der häufi gste Anfängerfehler ist ein Zuviel. Denn eine kleine Handvoll an Spänen genügt vollkommen, um ein schönes Raucharoma zu erzeugen. Sind diese verbrannt, muss auch nicht mehr nachgelegt werden. Als Faustregel gilt: Geräuchert wird maximal während der Hälfte der Garzeit. 2. Räucheraromen werden am besten von rohem Fleisch aufgenommen. Setzen Sie den Rauch daher immer am Anfang und nicht erst gegen Ende der Garzeit ein. 3. Rauch braucht Wasser. Stellen Sie eine Alutasse mit Wasser auf den Grill, wenn Sie räuchern. Das gleicht Temperaturschwankungen aus und verhindert, dass das Fleisch zu sehr austrocknet. 4. Guter Rauch ist klar und weiß. Ist er hingegen eher schwarz, bekommt der Grill vielleicht nicht genug Sauerstoff (Lüftungsklappe öffnen) oder das Holz ist zu feucht. Im schlimmsten Fall ist harziges Weichholz dafür verantwortlich, was sogar gesundheitsschädlich sein kann, in jedem Fall aber miserabel schmeckt. 5. Auch wenn die Neugier Sie plagt – lassen Sie den Deckel möglichst zu. Denn nach jedem Öffnen muss die ideale Garraumtemperatur wieder mühsam aufgebaut werden. 6. Verwenden Sie nicht zu viele Gewürze, Marinaden und Saucen. Das beeinträchtigt nur das wunderbare Aroma der Kruste, die sich beim Räuchern bildet. Lediglich beim Salz sollten Sie auf keinen Fall sparen. Außerdem muss das Holz gut abgetrocknet sein – das gilt sogar für Späne, die ja ohnehin wieder eingeweicht werden. Und getrocknet werden Holzscheite – geschützt vor Niederschlagswasser – mindestens vier Monate lang, im Idealfall ein, zwei Jahre. Dann ist der Feuchtegehalt von „waldfrischem Holz“ mit 40% auf die Verwendungsfeuchte von 10 bis 15% gesunken, der Heizwert ist nun fast doppelt so hoch. Erst jetzt werden die Scheite weiter zu Chunks, groben Spänen oder Räuchermehl verarbeitet. GrillZeit 3/13 9