Recht im Alltag
Recht im Alltag
Recht im Alltag
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2006 /2007<br />
FGQ<br />
FÖRDERGEMEINSCHAFT DER QUERSCHNITTGELÄHMTEN IN DEUTSCHLAND e.V.<br />
<strong>Recht</strong> <strong>im</strong> <strong>Alltag</strong><br />
25 Jahre Fördergemeinschaft<br />
der Querschnittgelähmten
Wohnen zu Hause.<br />
Wir stehen Ihnen zur Seite, wenn Sie Ihren Wohnraum<br />
barrierefrei gestalten möchten oder einen Neubau<br />
planen. Ob es sich um schwellenlose Bäder, rollstuhlgerechte<br />
Eingänge oder behindertengerechte<br />
Aufzüge handelt, wir erarbeiten speziell für Ihr Handicap<br />
die richtigen Lösungen.<br />
Wir stehen an Ihrer Seite!<br />
Wir begutachten Ihre Wohnung und entwickeln in<br />
Abst<strong>im</strong>mung mit den Betroffenen individuelle Wohnkonzepte,<br />
die ein möglichst eigenständiges Leben in<br />
den eigenen vier Wänden ermöglichen.<br />
Wir planen Ihren barrierefreien Lebensraum und begleiten<br />
Sie von der ersten Idee bis zum Einzug in Ihr<br />
neues He<strong>im</strong>.<br />
Dabei werden wir von unserem Partner, der<br />
Gen Re Rehabilitations-Dienst GmbH, unterstützt.<br />
Vertrauen Sie unserer langjährigen Erfahrung. Mit<br />
unserer Kompetenz werden wir Ihre Lebensqualität<br />
in den eigenen vier Wänden deutlich steigern.<br />
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Seit 1996 beraten und unterstützen wir Unfallopfer.<br />
Mehr als 6.000 Menschen haben bereits unsere<br />
Hilfe in Anspruch genommen. In den meisten<br />
Fällen konnten wir für die Betroffenen und den<br />
zuständigen Versicherern bessere Lösungen<br />
finden.<br />
Wir werden von Ihrem Unfallversicherer eingeschaltet.<br />
Zusammen mit Ihnen und Ihren Angehörigen<br />
besprechen wir dann die Situation, entwickeln<br />
einen maßgeschneiderten Plan und setzen diesen<br />
mit Ihnen um. Kreativität und Flexibilität sind unsere<br />
Markenzeichen.<br />
Vertrauen Sie der langjährigen Rehabilitations-<br />
Erfahrung unserer Spezialisten. Sie erhalten einen<br />
persönlichen Betreuer, der in Ihrer Nähe wohnt.<br />
Gemeinsam mit Ihrem Berater wird es Ihnen gelingen,<br />
Ihre Lebenssituation zu verbessern.<br />
Wir helfen Ihnen dabei!<br />
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Der Rehabilitations-Dienst<br />
Der Gen Re Rehabilitations-Dienst GmbH<br />
Theodor-Heuss-Ring 11 - 50668 Köln<br />
Tel 0221 9738 638 - Fax 0221 9738 906<br />
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Gemeinsame<br />
Ziele.<br />
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18. - 21. Okt. 2006 Halle: 03 Stand-Nr.: E54
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
früher war alles viel einfacher. Hatte man ein<br />
Problem, ging man zum zuständigen Sachbearbeiter<br />
bei der Krankenkasse, dem Sozialamt,<br />
der Berufsgenossenschaft oder man rief einfach<br />
dort an. Im persönlichen Gespräch konnten<br />
so die meisten Probleme gelöst werden, man<br />
kannte sich und wusste um die Probleme und<br />
Möglichkeiten. Das ist leider schon lange her.<br />
Durch Zentralisierungen, Zusammenschlüsse,<br />
neue Gesetze und Verordnungen und vor allem<br />
auch, weil alle weniger Geld in der Kasse haben,<br />
wird es <strong>im</strong>mer schwieriger, einen eigentlich vorhandenen<br />
Anspruch durchzusetzen.<br />
In vielen Fällen wird zuerst einmal abgelehnt,<br />
ohne überhaupt zu prüfen, ob es einen Ablehnungsgrund<br />
gibt – in der leider oft berechtigten<br />
Erwartung, dass der Patient resigniert<br />
und die Kosten selbst übern<strong>im</strong>mt oder auf die<br />
Anschaffung eines eigentlich benötigten Hilfsmittels<br />
verzichtet. Aus den Kostenzusagen z.B.<br />
der Krankenkassen, die eigentlich für ihre Mitglieder<br />
da sein sollten und nicht umgekehrt,<br />
sind fast behördliche Hoheitsakte geworden.<br />
Die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der<br />
Krankenkassen, die laut Gesetz nur dem eigenen<br />
Gewissen verpflichtet sein sollten, erstellen<br />
überwiegend kassenfreundliche Gutachten, die<br />
der gerichtlichen Überprüfung fast ausnahmslos<br />
nicht standhalten. Aus Angst vor Regressansprüchen<br />
weigern sich Ärzte, Verordnungen für<br />
dringend benötigte Arzne<strong>im</strong>ittel oder Heilmittel<br />
wie Krankengymnastik auszustellen. Selbst<br />
offensichtliche Gesetzesverstöße, Zitate von<br />
nicht existierenden Aktenzeichen oder nicht<br />
vorhandene Gutachten werden bei Auseinandersetzungen<br />
so lange verteidigt, bis man das<br />
Gegenteil bewiesen bekommt.<br />
Der 25. Geburtstag der Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten in Deutschland e.V. war<br />
uns ein willkommener Anlass diese Broschüre<br />
zu erstellen, überwiegend unter dem Gesichtspunkt<br />
der FGQ als Selbsthilfeorganisation querschnittgelähmter<br />
Menschen. Aber auch andere<br />
behinderte Menschen werden nützliche Informationen<br />
darin finden. Natürlich kann diese<br />
Sammlung keine <strong>Recht</strong>sbibliothek ersetzen. Sie<br />
Bitte besuchen Sie uns auf der<br />
REHACARE am Stand 4 B 17<br />
Editorial<br />
soll auch kein Allzwecknachschlagewerk<br />
sein.<br />
Sie soll diejenigen unterstützen,<br />
die sich<br />
nicht unterkriegen lassen<br />
und ihre <strong>Recht</strong>sansprüche<br />
weiter durchsetzen<br />
werden. Sie soll<br />
auch zeigen, dass es keinen Grund gibt, zu resignieren<br />
und auf gesundheitlich und oft auch<br />
finanziell wichtige Ansprüche zu verzichten.<br />
Dabei haben wir versucht, die für viele schweroder<br />
unverständliche Sprache der Juristen und<br />
Gesetze in „Deutsch für Jedermann“ zu übersetzen<br />
und vor allem Klartext zu reden. Denn<br />
von unverbindlichen Auskünften mit „Wenn“,<br />
„Möglicherweise“ oder „Unter Umständen“ hat<br />
keiner etwas.<br />
Eine große und wichtige Aufgabe, die laut Satzung<br />
auch zu den Aufgaben der FGQ gehört.<br />
Sie kann und darf Betroffene in <strong>Recht</strong>sfragen<br />
beraten und auch vor den Gerichten vertreten<br />
wie nur wenige andere Behindertenorganisationen<br />
in Deutschland. Das hat auch das LSG Hessen<br />
in seinem Beschluss vom 22. 2. 2006 (AZ L 8<br />
B 225/05 KR) bestätigt.<br />
Für Fragen des Zivilrechts (z.B. Schadensersatz,<br />
Schmerzensgeld usw.) gibt es die Arge <strong>Recht</strong>,<br />
die bei Bedarf auch Kontakte zu qualifizierten<br />
Anwälten vermittelt. Für Sozialrechtsfragen hat<br />
der Vorstand der FGQ mich als <strong>Recht</strong>sbeistand<br />
<strong>im</strong> Sozialrecht bevollmächtigt. Denn nicht das<br />
examinierte juristische Studium ist dafür wichtig,<br />
sondern das Wissen und die Erfahrung in<br />
diesem vielfältigen Bereich. Beides ist (nicht<br />
nur) für die Menschen wichtig, als deren Selbsthilfeorganisation<br />
und kompetente Vertretung<br />
die FGQ sich versteht.<br />
Herzlichst<br />
Ihr<br />
Herbert Müller, FGQ-<strong>Recht</strong>sbeistand<br />
<strong>im</strong> Sozialrecht<br />
3
4<br />
6<br />
8<br />
10<br />
12<br />
15<br />
20<br />
Inhalt<br />
Altersvorsorge für Pflegepersonen:<br />
Krankenkasse will sparen<br />
Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderung:<br />
Die Crux mit dem Gesetzesdeutsch<br />
FGQ-<strong>Recht</strong>sbeistand für Sozialrecht:<br />
Die richtigen Argumente finden<br />
Untersuchungen <strong>im</strong> Querschnittzentrum:<br />
Krankenkassen dürfen nicht ablehnen!<br />
Wohnen in Deutschland:<br />
Gesetze, Vorschriften, Formulare<br />
Behinderte Mieter:<br />
Gute Chancen<br />
24<br />
28<br />
30<br />
Editorial<br />
3 Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Zugewinn, Versorgung, Gütertrennung:<br />
Ehe als Risiko?<br />
Befreiung von den<br />
Rundfunkgebühren<br />
Zum Verbrauch best<strong>im</strong>mte Pflegehilfsmittel:<br />
Kostenerstattung bis 31 €/Monat
32<br />
36<br />
41<br />
46<br />
57<br />
62<br />
68<br />
23<br />
60<br />
60<br />
61<br />
61<br />
Bundessozialgericht:<br />
Medikamentengabe gehört zur Pflege<br />
25 Jahre FGQ:<br />
Eine Erfolgsgeschichte<br />
ARGE <strong>Recht</strong>:<br />
Hilfe für Unfallopfer<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel-Richtlinien<br />
Krankentransport-Richtlinien<br />
Inhalt<br />
Vom Antrag bis zum Ende:<br />
Verfahren zur Beantragung eines Hilfsmittels<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel-Zuzahlungen:<br />
Allgemeine Verunsicherung<br />
Markt:<br />
Cayman mit Handgas<br />
More Mobility Center Neu-Ulm<br />
Barrierefrei mit Hilfe von Liften<br />
Neue Kathetersysteme<br />
Wilhelm Meyer gestorben<br />
74 FGQ / Impressum<br />
Titelfoto: www.handicapbildagentur.de<br />
5
6<br />
Aktuell<br />
Altersvorsorge für Pflegepersonen:<br />
Krankenkasse will sparen<br />
Mit der Einführung der Pflegeversicherung wurde 1995 erstmals auch etwas zur Altersvor-<br />
sorge derjenigen geschaffen, die nur in Teilzeit arbeiten oder ganz zu Hause bleiben, um<br />
verwandte (oder befreundete) Personen zu pflegen und zu versorgen. Nur auf Antrag der<br />
Pflegeperson zahlt die Pflegekasse für sie Beiträge an die Rentenversicherung.<br />
Diese Rentenversicherungsbeiträge sind nach<br />
Zeitaufwand gestaffelt und entsprechen zur<br />
Zeit zum Besipiel bei Pflegestufe II (mehr als 14<br />
Stunden pro Woche) einem Jahreseinkommen<br />
von rund 15 000 €. Weitere Voraussetzungen<br />
sind a) die Pflegeperson darf nicht in einem ab-<br />
hängigen Beschäftigungsverhältnis mehr als 30<br />
Wochenstunden arbeiten und b) sie darf das<br />
65. Lebensjahr noch nicht überschritten haben,<br />
weil dann keine Rentenansprüche mehr erwor-<br />
ben werden können.<br />
Die Ansprüche sind in § 44 SGB XI (Pflegever-<br />
sicherung) genau geregelt. Wenn der MDK in<br />
seinem Pflegegutachten den Pflegebedarf be-<br />
stätigt hat, gab es bisher auch keine Probleme.<br />
Alljährlich erhielt die Pflegeperson eine Beschei-<br />
nigung, dass die Pflegekasse entsprechende Bei-<br />
träge an die Rentenversicherung geleistet hatte<br />
und welches Jahreseinkommen den Beiträgen<br />
zu Grunde gelegt worden ist.<br />
Jetzt hat die Kaufmännische Krankenkasse<br />
(KKH) einen neuen Weg entdeckt, wie sie Ko-<br />
sten einsparen will. Dass sie dabei gegen das<br />
Gesetz verstößt, scheint ihr unwichtig. Sie<br />
verschickt rückwirkend ab 1995 „Stornie-<br />
rungen einer Jahresmeldung“ und gleich-<br />
zeitig Jahresmeldungen mit niedrigeren<br />
Beträgen, wenn der Pflegegeldempfänger<br />
<strong>im</strong> Laufe eines Jahres einen Klinik- oder Sana-<br />
toriumsaufenthalt gehabt hatte. Ähnlich waren<br />
die Krankenkassen bei der Einführung der Pfle-<br />
geversicherung ja auch bei den Zahlungen von<br />
Pflegegeld vorgegangen, ehe das Gesetz umge-<br />
hend klarstellend ergänzt wurde. Damals wur-<br />
de festgelegt, dass für die ersten vier Wochen<br />
des Aufenthalts in einem Krankenhaus oder in<br />
einer Rehaeinrichtung weder bei Pflegegeld<br />
noch bei Leistungen an die Pflegeperson nach §<br />
44 Leistungen gekürzt werden dürfen. Das Glei-<br />
che gilt übrigens auch für Auslandsaufenthalte<br />
bis zu sechs Wochen. Dabei zählt jeder Kran-<br />
kenhausaufenthalt einzeln. Es darf also nicht<br />
addiert werden.
8<br />
Aktuell<br />
Schon ein einziger Tag zu Hause lässt die Frist<br />
wieder neu laufen. Weil per Computer heute<br />
alles einfach zu erfassen ist („der gläserne Pati-<br />
ent“) wurden dann z. B. auch für einen einwö-<br />
chigen Klinikaufenthalt <strong>im</strong> Jahre 1999 rund 250<br />
Euro bei der Bemessungsgrundlage gekürzt.<br />
Nicht viel, wenn man ausrechnet, um wieviel<br />
die spätere Rente dadurch geringer ausfällt,<br />
aber für die Krankenkasse rund 50 € weniger<br />
Beiträge an die Rentenversicherung.<br />
Deshalb der dringende Rat an alle, denen von<br />
ihrer Krankenkasse/Pflegekasse solche falschen<br />
„berichtigten“ Meldungen zugeschickt werden:<br />
Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderung:<br />
Die Crux mit dem Gesetzesdeutsch<br />
Zwar werden normalerweise in jedem Rentenbescheid die individuellen Werte für den<br />
möglichen Hinzuverdienst bei voller oder teilweiser Zahlung einer Erwerbsminderungsren-<br />
te mit aufgeführt, aber die dabei gebrauchten Formulierungen sind nicht unbedingt auf<br />
Anhieb verständlich. Deshalb – und weil mancher überlegt, einen Rentenantrag zu stellen<br />
und nebenher noch etwas Geld zu verdienen – wollen wir hier Übersetzungshilfe leisten<br />
für Begriffe wie Bezugsgröße, Rentenwert, Entgeltpunkte, Durchschnittsverdienst usw.<br />
Es geht hierbei nicht um „Altrentner“, die schon<br />
vor dem 1. 1. 2001 einen Rentenanspruch hat-<br />
ten, sondern um das jetzt geltende neue Renten-<br />
recht. Das unterscheidet zwischen einer Rente<br />
wegen voller Erwerbsminderung (VE = max. drei<br />
Stunden Arbeitsbelastung pro Tag) und Rente<br />
wegen teilweiser Erwerbsminderung (TE = max.<br />
sechs Stunden pro Tag). Diese TE-Rente beträgt<br />
50 % der vollen Erwerbsminderungsrente.<br />
Eine volle Erwerbsminderungsrente kann ganz,<br />
zu drei Vierteln, zur Hälfte oder zu einem Vier-<br />
Unbedingt Widerspruch einlegen und darauf<br />
hinweisen, dass die Krankenkasse damit gegen<br />
§ 34 Abs. 3 SGB XI verstößt. Wichtig: Der Wider-<br />
spruch muss nicht von der pflegebedürftigen<br />
Person eingelegt werden, sondern von der Pfle-<br />
geperson, für die diese Leistungen gezahlt wer-<br />
den. Wenn kein Widerspruch eingelegt wird,<br />
erlangen die neuen, aber falschen Bescheide Be-<br />
standskraft – und weil das nicht jeder weiß, hätte<br />
dann die KKH (oder eine andere Krankenkasse)<br />
das gewünschte Ziel erreicht, nämlich durch eine<br />
rechtswidrige Maßnahme Kosten einzusparen.<br />
Herbert Müller<br />
tel gezahlt werden, je nach Hinzuverdienst. Ein<br />
entscheidender Unterschied zwischen beiden<br />
Rentenarten ist, dass bei einem Hinzuverdienst<br />
bei voller Erwerbsminderung keine Beiträge zur<br />
Arbeitslosenversicherung gezahlt werden (aber<br />
Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversi-<br />
cherung), während Bezieher von Rente wegen<br />
teilweiser Erwerbsminderung auch Arbeitslo-<br />
senversicherungsbeiträge zahlen müssen, weil<br />
sie ja dem Arbeitsmarkt noch zur Verfügung<br />
stehen. Dafür bekommen sie auch für den Fall<br />
der Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld.
Die nachstehenden Richtwerte sind unverbind-<br />
liche Durchschnittswerte für einen „Durch-<br />
schnittsverdiener“. Sie können Anhaltspunkte<br />
geben, so dass sich jeder seine individuelle Hin-<br />
zuverdienstgrenze (mindestens die Hälfte die-<br />
ser Werte) in etwa ausrechnen kann. Die Voll-<br />
rente wird ohne Abzüge ausgezahlt, wenn der<br />
Hinzuverdienst den Betrag von 350 € / Monat<br />
(Rentengebiet Ost: 295 €) nicht überschreitet<br />
(Das Gesetz sagt „Ein Siebtel der monatlichen<br />
Bezugsgröße 2006“).<br />
¾ VE; Hinzuverdienst bis ca. 1 225 € (max. 15<br />
Std. / Woche)<br />
½ VE = volle TE; Hinzuverdienst bis ca. 1 630 €<br />
(max. 30 Std. / Woche)<br />
¼ VE = ½ TE; Hinzuverdienst bis ca. 2 040 €<br />
(max. 30 Std. / Woche)<br />
Diese Werte dürfen zwe<strong>im</strong>al pro Jahr bis zum<br />
Doppelten dieser Beträge überschritten wer-<br />
den, ohne dass es weitere Kürzungen gibt.<br />
Werden diese Werte mit dem persönlichen Pro-<br />
zentsatz des „allgemeinen Durchschnittsver-<br />
dienstes“ der letzten drei Jahre vor Rentenbeginn<br />
multipliziert, ergibt sich daraus der (ungefähre)<br />
mögliche individuelle Hinzuverdienst. Die Durch-<br />
schnittsverdienste der letzten drei Jahre:<br />
2003 – 29 230 €<br />
2004 – 29 428 €<br />
2005 – 29 569 €<br />
Beispiel für die Ermittlung der individu-<br />
ellen Hinzuverdienstgrenze:<br />
Das eigene Einkommen in den letzten drei Jah-<br />
ren lag bei 160 % vom Durchschnittsverdienst.<br />
Danach ergeben sich für ¾-Vollrente ca. 1 940 €,<br />
für die halbe Rente ca. 2 600 € und für die Ren-<br />
te in Höhe von ¼ ca. 3 260 €. Die vorstehen-<br />
den Werte gelten für den Rentenbereich West-<br />
deutschland, in Ostdeutschland sind sie ca. 12 %<br />
niedriger (Rentenwert West 2006: 26,13 € bzw.<br />
Ost: 22,97 €).<br />
Wichtiger Hinweis: Die von der Deutschen Ren-<br />
tenversicherung (früher BfA bzw. LVA) mitge-<br />
teilten Hinzuverdienstgrenzen sind wirklich<br />
solche. Wird der genannte Betrag auch nur um<br />
einen einzigen € überschritten, wird die Aus-<br />
zahlung auf die nächst niedrigere Stufe gekürzt<br />
oder möglicherweise sogar ganz eingestellt.<br />
Der Rentenanspruch ruht jedoch nur. Es muss<br />
also kein neuer Antrag gestellt werden, wenn<br />
der Grenzwert für die Auszahlung der Rente<br />
wieder unterschritten wird.<br />
-Anzeige-<br />
Aktuell<br />
Text: Herbert Müller
10<br />
FGQ-<strong>Recht</strong>sbeistand für Sozialrecht:<br />
Die richtigen Argumente finden<br />
Ämter, Behörden, Krankenkassen haben leider oft eine andere Auffassung als diejenigen,<br />
die sich dorthin wenden, wenn es z. B. um die Kostenübernahme für ein Hilfsmittel, für<br />
Rehasport, Krankengymnastik, einen Zweitst<strong>im</strong>ulator nach einer Brindley-OP, einen Trep-<br />
penlift o. ä. geht, Pflegegeld gestrichen oder gekürzt, Zuschüsse für Umbauten abgelehnt<br />
werden oder es Auseinandersetzungen über den Hinzuverdienst zu Renten gibt. Die Liste<br />
lässt sich beliebig fortsetzen.<br />
Grund für Ablehnungen und/oder schleppende<br />
Bearbeitung sind nicht nur die <strong>im</strong>mer leerer wer-<br />
denden öffentlichen Kassen, sondern oft auch<br />
Unkenntnis der besonderen Situation, Unwis-<br />
senheit oder Überlastung der Sachbearbeiter,<br />
neue Gesetze wie z.B. das 2001 in Kraft getre-<br />
tene SGB IX, mit dem Ziel, die <strong>Recht</strong>e behinder-<br />
ter Menschen besser durchzusetzen, aber auch<br />
mit dem Problem, dass „Leistungsträger“ und<br />
„Anspruchsteller“ dieses unterschiedlich inter-<br />
pretieren und es wohl viele Jahre dauern wird,<br />
bis die Gerichte diesen Rahmen mit<br />
wegweisenden Entscheidungen aus-<br />
gefüllt haben.<br />
Betroffene, die nicht regelmäßig<br />
damit zu tun haben, machen dann<br />
gelegentlich den Fehler, nicht so zu<br />
argumentieren, wie es gerade für<br />
diese Behörde und dieses Gesetz er-<br />
forderlich wäre, denn die jeweiligen<br />
rechtlichen Grundlagen sind völlig<br />
unterschiedlich, je nach dem ob es<br />
sich um eine Krankenkasse handelt,<br />
ein Sozialamt oder z. B. die Pflege-<br />
versicherung. Die Folge: Ein berech-<br />
tigter Anspruch wird aufgegeben,<br />
weil man vor dem Papierkrieg resi-<br />
gniert, Frust baut sich auf und „de-<br />
nen da oben“ wird die Schuld zuge-<br />
wiesen.<br />
Andere haben gar Angst, sich gegen falsche<br />
Bescheide zu wehren, weil sie glauben, damit<br />
ihren persönlichen Sachbearbeiter zu verärgern<br />
und sich damit bei ihrem nächsten Bedarf noch<br />
mehr Schwierigkeiten einzuhandeln. Dabei wer-<br />
den Entscheidungen heute meist nicht mehr vor<br />
Ort gefällt, sondern in “Kompetenz-Zentren”,<br />
“Fachbereichs-Kommissionen” usw., die bun-<br />
desweit einheitliche Entscheidungskriterien ver-<br />
wirklichen sollen.
Erfahrung und Wissen<br />
Auch hier kann die FGQ als Selbsthilfeorgani-<br />
sation weiterhelfen: Herbert Müller, Jahrgang<br />
1946, selbst durch einen Unfall 1988 quer-<br />
schnittgelähmt und seit 1990 Ansprechpartner<br />
der FGQ für den Stützpunkt Koblenz, wollte sei-<br />
ne eigenen Erfahrungen <strong>im</strong> Umgang mit Behör-<br />
den, Krankenkassen usw. nicht so ohne weiteres<br />
hinnehmen, sondern diese nutzen, um andere<br />
Menschen in vergleichbaren Situationen fach-<br />
gerecht zu beraten und zu unterstützen. Einige<br />
Semester Jura, die er seinerzeit bei seinem Stu-<br />
dium als Betriebswirt belegt hatte, kamen ihm<br />
dabei zugute. Viel entscheidender ist jedoch<br />
die Erfahrung und das Wissen um die aktuelle<br />
gesetzliche Situation, neue Gesetze, wichtige<br />
Urteile <strong>im</strong> Sozialrecht und auch Informationen<br />
darüber, welche Themenkreise z. Zt. aktuell<br />
sind und wie in anderen Fällen etwas erreicht<br />
werden konnte. Denn oft ist es nur eine Frage<br />
des richtigen Wegs, der zum Erfolg führt.<br />
Als Beispiel sei nur die Versorgung von „Brind-<br />
ley-Patienten“ mit einem Zweitst<strong>im</strong>ulator ge-<br />
nannt: Acht Mal wurde Herbert Müller nach<br />
einer Ablehnung durch die Krankenkasse ein-<br />
geschaltet, in sechs Fällen wurde anschließend<br />
die Kostenübernahme doch genehmigt, Zwei<br />
Mal mussten die Gerichte bemüht werden, ehe<br />
die Krankenkasse – noch vor einem Urteil – ihre<br />
Auffassung änderte.<br />
Offiziell bevollmächtigt<br />
Das neue SGB IX und die Änderungen <strong>im</strong> Sozi-<br />
algerichtsgesetz zum 1. 1. 2002 erleichtern auch<br />
ihm die Arbeit, (und führen zu größerer Effek-<br />
tivität) weil er jetzt nicht mehr nur beraten und<br />
Briefe formulieren darf, die dann unterzeichnet<br />
und weitergeschickt werden müssen. jetzt darf<br />
er auch als bevollmächtigter <strong>Recht</strong>sbeistand<br />
auftreten. Weil auch das zur satzungsgemäßen<br />
„Förderung der Interessen der Querschnittge-<br />
lähmten“ gehört, nämlich die „Informations-<br />
und Beratungstätigkeit Betroffener“ hat ihn der<br />
Vorstand der FGQ offiziell dazu bevollmächtigt,<br />
in Fragen des Sozialrechts als <strong>Recht</strong>sbeistand für<br />
betroffene Menschen tätig zu werden.<br />
So ist es jetzt Herbert Müller auch möglich, als<br />
Vertreter vor Gerichten usw. aufzutreten, nicht<br />
nur zu zeigen, dass die Menschen in ihren Aus-<br />
einandersetzungen mit „der Obrigkeit“ nicht al-<br />
leine da stehen, sondern auch mit seinem Fach-<br />
wissen <strong>im</strong> Sozialrecht Erfolge für die Menschen<br />
zu erzielen, die aufgrund ihrer Behinderung oh-<br />
nehin genug Probleme haben.<br />
Wichtig: die Tätigkeit übt der FGQ-<strong>Recht</strong>sbei-<br />
stand für Sozialrecht ehrenamtlich für jeden aus,<br />
der sich an ihn wendet (soweit es sich um einen<br />
Fachbereich handelt, in dem er sich auskennt<br />
- und das sind <strong>im</strong> Sozialrecht viele). Weder die<br />
Mitgliedschaft in der FGQ noch die Zahlung von<br />
Honorar sind Bedingung für sein Engagement.<br />
Allerdings findet jeder seiner Klienten schon<br />
<strong>im</strong> ersten Schreiben den Hinweis, dass sich der<br />
Schatzmeister der FGQ in Mölshe<strong>im</strong> bei einem<br />
positiven Ergebnis der Bemühungen über eine<br />
Spende zur Unterstützung der Arbeit zugun-<br />
sten Querschnittgelähmter freuen würde und<br />
dass die Mitgliedschaft in der FGQ für Quer-<br />
schnittgelähmte nur 15 € jährlich kostet.<br />
Kontakt:<br />
Herbert Müller<br />
Postfach 210 102<br />
56538 Neuwied-Engers<br />
Tel.: (tags): 0 26 22-88 96 32<br />
Fax: 0 26 22-38 73<br />
E-Mail: help@fgqkoblenz.de<br />
11
-Anzeige-<br />
Untersuchungen <strong>im</strong> Querschnittzentrum:<br />
Krankenkassen dürfen<br />
nicht ablehnen!<br />
Immer häufiger kommt es vor, dass Krankenkassen bei querschnittgelähmten Patienten die<br />
Übernahme von Fahrkosten für eine regelmäßige Nachsorge in einem Querschnittzentrum<br />
mit der Begründung ablehnen, eine solche Untersuchung sei auch in einer näher gelegenen<br />
Klinik möglich. Dort gibt es zwar dann Abteilungen, die isoliert urologische oder orthopä-<br />
dische Untersuchungen usw. vornehmen können, sie sind aber nicht in der Lage, eine Quer-<br />
schnittlähmung in der Gesamtheit zu beurteilen. Eine solche Ablehnung ist rechtswidrig.<br />
So hat auch das Sozialgericht Freiburg (Akten-<br />
zeichen S 11 KR 3430/04) in einem Fall ent-<br />
schieden, bei dem ein querschnittgelähmter<br />
Mann aus Freiburg nicht damit einverstanden<br />
war, dass seine Krankenkassen ihm statt rund<br />
300 € nur 14,40 € für die Fahrt bis zur Universi-<br />
tätsklinik Freiburg vor Ort ersetzen wollte. Mit<br />
Unterstützung des <strong>Recht</strong>sbeistands der För-<br />
dergemeinschaft der Querschnittgelähmten in<br />
Deutschland e.V. klagte er dagegen und hatte<br />
Erfolg.<br />
Auszug aus der Urteilsbegründung: Die Be-<br />
klagte hat die Kosten der Fahrt zum Klinikum<br />
Karlsbad-Langensteinbach zu erstatten, weil<br />
die Behandlung <strong>im</strong> Klinikum Karlsbad-Langen-<br />
steinbach medizinisch erforderlich war. Wie<br />
der sachverständige Zeuge für die Kammer<br />
überzeugend darlegte, leidet der Kläger unter<br />
einer Querschnittlähmung mit Funktionsausfäl-<br />
len verschiedener Organe, die sich nur in ihrer<br />
Gesamtheit beurteilen lässt. Die Behandlung<br />
von Querschnittlähmungen hat sich zu einer<br />
eigenständigen Berufsdisziplin mit detaillierten<br />
Zusammenhangskenntnissen entwickelt, die für<br />
andere Bereiche weniger oder überhaupt nicht<br />
vorhanden sind. Die für querschnittgelähmte<br />
Patienten erforderliche und lebenslang notwen-<br />
dige Nachsorge muss deshalb in Zentren für<br />
Querschnittgelähmte erfolgen, die über die hier-
für notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen<br />
verfügen. Im Universitätsklinikum (Freiburg)<br />
könnte lediglich eine auf die verschiedenen<br />
Fachgebiete Neurologie, Orthopädie und Urolo-<br />
gie isolierte Untersuchung und Beurteilung er-<br />
folgen. Eine umfassende Bewertung der Folgen<br />
der Querschnittlähmung wäre nicht möglich.<br />
Damit ist wieder einmal klargestellt, dass münd-<br />
liche oder allgemein formulierte (Pauschal-)Ab-<br />
sagen nicht rechtens sein müssen. Jeder quer-<br />
schnittgelähmte Mensch hat das <strong>Recht</strong>, die<br />
notwendigen Nachsorgeuntersuchungen dort<br />
durchführen zu lassen, wo qualifizierte Fachärzte<br />
interdisziplinär ihr Wissen und ihre Erfahrungen<br />
mit dem Krankheitsbild einer Querschnittläh-<br />
mung einbringen. Das sind die 25 bundesdeut-<br />
schen Querschnittzentren, für die neben der<br />
Erstversorgung von Frischunfallverletzten die<br />
lebenslange Nachsorge von querschnittgelähm-<br />
ten Menschen eine zentrale Aufgabe ist.<br />
Fazit: Manchmal muss man die Krankenkassen<br />
eben zu ihrem Glück zwingen. Denn bei regel-<br />
mäßigen Nachsorgeuntersuchungen in quali-<br />
fizierten Querschnittzentren werden gesund-<br />
heitliche Veränderungen normalerweise eher<br />
erkannt, so dass eine Behandlung wesentlich<br />
schneller in die Wege geleitet werden kann und<br />
deshalb (fast) <strong>im</strong>mer kürzer und weniger kosten-<br />
aufwändig ist. Damit wird dem Wirtschaftlich-<br />
keitsgebot, das das Gesetz den Krankenkassen<br />
auferlegt hat und von ihnen gerne zitiert wird,<br />
wenn sie eine Leistung ablehnen, mehr Genüge<br />
getan als mit Pauschalablehnungen nur um vor-<br />
dergründig ein paar (hundert) EURO zu sparen.<br />
Inzwischen (2006) hat das Sozialgericht Freiburg<br />
in einem anderen Verfahren diesen Grundsatz<br />
auch bei Versorgung von Patienten der Berufs-<br />
genossenschaften als richtig erachtet.<br />
Text: Herbert Müller<br />
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Wohnen in Deutschland:<br />
Gesetze, Vorschriften, Formulare<br />
Ob man ein Haus/eine Wohnung baut, kauft oder mietet, <strong>im</strong>mer ist eine Vielzahl von<br />
Vorschriften zu beachten, sind Anträge zu stellen und Unterschriften zu leisten. Dazu gibt<br />
es eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die für alle gelten. Deshalb geht es hier nur um<br />
Besonderheiten, die behinderte Menschen dabei beachten sollen oder müssen.<br />
So wäre z. B. für Eheleute zu klären, ob sie aus<br />
romantischen Gründen gemeinsam Hausbe-<br />
sitzer sein wollen oder ob sie der praktischen<br />
Vernunft den Vorrang lassen. Ein behinderten-<br />
gerecht gebautes oder umgebautes Haus sollte<br />
grundsätzlich nicht auf die Eheleute eingetragen<br />
werden, sondern auf den behinderten Partner.<br />
Dann hat der andere bei einer Trennung nur ei-<br />
nen Anspruch auf eine Geldleistung (die Hälfte<br />
des Wertes der Immobilie minus Darlehen), je-<br />
doch nicht auf die Hälfte des Hauses, und ein<br />
Streit darüber, wer in dem Haus wohnen bleibt,<br />
wird ausgeschlossen. Besonders wichtig ist das,<br />
wenn eine Berufsgenossenschaft oder ein an-<br />
derer Leistungsträger einen Zuschuss für die be-<br />
hindertengerechte Ausstattung gezahlt hat, die<br />
eigentlich nicht werterhöhend ist, aber den Un-<br />
terschied zwischen einem für Rollstuhlfahrer be-<br />
wohnbaren Haus und einem unüberwindlichen<br />
Hindernis darstellt.<br />
Den einen oder anderen Stolperstein gilt es in<br />
einem solchen Fall auch zu vermeiden. Auch<br />
wenn in einem Haus ein Aufzug nur deshalb ein-<br />
gebaut wurde, damit der Rollstuhlfahrer auch<br />
das Obergeschoss erreichen kann, während<br />
andere problemlos über die Treppe nach oben<br />
kommen, gilt ein Aufzug als werterhöhend,<br />
ebenso wie eine größere Heizungsanlage (weil<br />
Querschnittgelähmte oft frieren), elektrische<br />
Rolladenbedienungen oder Garagentoröffner.<br />
Zuschüsse zum Einbau eines Aufzuges oder eines<br />
Treppenlifts gibt es – wenn überhaupt – norma-<br />
lerweise nur bei einem Umbau oder weil die Situ-<br />
ation so besonders ist, dass sich bei der Planung<br />
eines Neubaus eine ebenerdige Bauweise zumin-<br />
dest des größten Teils der Wohnung nicht ver-<br />
wirklichen lässt. (Zusätzliche Räume <strong>im</strong> OG z. B.<br />
bei einer kinderreichen Familie, die nicht erreich-<br />
bar sind, sind zumutbar.) Baut man trotzdem ei-<br />
nen Lift kann man auf das preissteigernde Siegel<br />
„Behindertenaufzug“ gut verzichten. Auch „nor-<br />
male“ Aufzüge erfüllen diesen Zweck. Seit 2004<br />
muss der Aufzug in einem Ein- bis Zweifamilien-<br />
haus nicht mehr in regelmäßigen Abständen vom<br />
TÜV überprüft werden. Aus Sicherheitsgründen<br />
sollte man aber mit einem Fachunternehmen ei-<br />
nen Wartungsvertrag abschließen.<br />
15
16<br />
Wohngeld<br />
Ein wichtiges Thema ist die Finanzierung der<br />
Wohnkosten. Wohngeld kann als Mietzuschuss<br />
oder als Lastenzuschuss für ein Eigenhe<strong>im</strong> ge-<br />
zahlt werden. Für behinderte Menschen sind<br />
dabei zwei verschiedene Aspekte zu berück-<br />
sichtigen: Be<strong>im</strong> Einkommen werden 1 500 €<br />
pro Jahr als Freibetrag abgesetzt, wenn ein<br />
Grad der Behinderung von 100 % vorliegt, 1<br />
200 € bei einem GdB von 80 % und gleichzei-<br />
tiger häuslicher Pflegebedürftigkeit. Das Wohn-<br />
geldgesetz geht von einem „angemessenen“<br />
Wohnflächenbedarf aus. Daraus ergibt sich die<br />
zu berücksichtigende Miete. Für Menschen, die<br />
auf den Rollstuhl angewiesen sind, kann ein zu-<br />
sätzlicher Flächenbedarf von 10 m² angesetzt<br />
werden. Seit dem 1. Januar 2005 erhalten aller-<br />
dings Empfänger von Arbeitslosengeld II und<br />
Sozialgeld nach SGB II, Grundsicherung gemäß<br />
SGB XII, Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB<br />
XII oder Ergänzender Hilfe zum Lebensunter-<br />
halt nach dem Bundesversorgungsgesetz kein<br />
Wohngeld mehr, weil die Kosten der Unterkunft<br />
jetzt zu den Leistungen gehören, die nach die-<br />
sen Gesetzen gezahlt werden. Leistungen der<br />
Pflegeversicherung (Pflegestufen I, II oder III)<br />
gehören nicht dazu und werden auch nicht bei<br />
der Berechnung des Wohngelds berücksichtigt.<br />
Die erhöhten Werte nach dem Wohngeldgesetz<br />
gelten auch für die Erteilung eines Wohnberech-<br />
tigungsscheins (WBS), der benötigt wird, wenn<br />
man eine Wohnung beziehen möchte, die mit<br />
öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Den WBS<br />
gibt es bei den zuständigen Stellen der Städte<br />
und Gemeinden (meist Wohnungsamt, Amt<br />
für Soziales und Senioren etc.) Damit hat man<br />
zwar noch keine Wohnung, aber man kommt<br />
auf eine Warteliste für eine geeignete Woh-<br />
nung. Früher lag die Schwierigkeit darin, dass es<br />
zu wenige rollstuhlgeeignete Wohnungen gab.<br />
Heute sind die Fälle gar nicht so selten, dass ei-<br />
gentlich geeignete Räumlichkeiten von anderen<br />
Mietern belegt sind, weil sich kein behinderter<br />
Interessent gemeldet hat. Diese kann man jetzt<br />
ja nicht so ohne weiteres vor die Tür setzen.<br />
Also ist unter Umständen Warten angesagt.<br />
Wenn Mieter einer Sozialwohnung <strong>im</strong> Laufe der<br />
Zeit die dafür vorgesehenen Einkommensgren-<br />
zen (je nach Bundesland um 5 bis 20 %) über-<br />
schreiten, müssen sie eventuell eine „Fehlbele-<br />
gungsabgabe“ bezahlen. Auch dabei gelten die<br />
oben aufgeführten erhöhten Freigrenzen.<br />
Zuschüsse fürs Eigenhe<strong>im</strong><br />
Plant man einen Umzug in die eigenen vier<br />
Wände, ist die wichtigste Frage meist die nach<br />
dem Geld. „Wieviel kann ich selbst aufbringen,<br />
wer zahlt Zuschüsse, wo bekomme ich beson-<br />
ders günstige Darlehn? Kann ich mir/können<br />
wir uns das auf Dauer leisten?“<br />
Das Eigenkapital besteht nicht nur aus dem<br />
hoffentlich gut gefüllten Bankkonto, sondern<br />
auch aus Eigenleistungen, die man nicht un-<br />
bedingt selbst aufbringen muss. Da ist auch<br />
Familien- und Nachbarschaftshilfe möglich. Fi-<br />
nanzierungen und Zuschüsse gibt es auch nur<br />
dann, wenn das Eigenkapital mindestens 20 %<br />
ausmacht, besser mehr. So will man vermeiden,<br />
dass sich jemand total verschuldet und später<br />
sein Haus doch veräußern muss.<br />
Zuschüsse können berufstätige Behinderte<br />
über das Integrationsamt, das in diesem Zu-<br />
sammenhang seit dem 1. Januar 2005 auch die<br />
Leistungen übernommen hat, die vorher vom<br />
Arbeitsamt erfolgten (§§ 33 und 55 SGB IX),<br />
bei der Rentenversicherung (§ 16 SGB VI) und<br />
- nach einem Arbeitsunfall oder bei einer Be-<br />
rufskrankheit - bei den Berufsgenossenschaften
eantragen(§ 41 SGB VII). Die Höhe ist je nach<br />
Behinderung, Wohnsituation, Familienverhält-<br />
nis usw. unterschiedlich, richtet sich nach den<br />
Wohnungshilferichtlinien und in der Höhe bis<br />
zu einem gewissen Grad Ermessens- (= Verhand-<br />
lungs-) sache. Deshalb sollte man möglichst um-<br />
fangreich die behinderungsbedingten Mehrauf-<br />
wendungen erläutern: größerer Flächenbedarf,<br />
größere Heizung, Rollstuhlabstellplatz, breitere<br />
Türen, besondere Türzargen, mehr Bewegungs-<br />
flächen <strong>im</strong> Bad, höhenverstellbare Spiegel und<br />
Waschbecken, elektrische Rollladenbedie-<br />
nungen, eine größere Garage (mit Heizung),<br />
Gymnastikraum, besondere Bodenversiegelung<br />
bei befahrbarer Dusche, stufenlose Terrassen-<br />
türen usw.<br />
Wer nicht berufstätig ist, kann Zuschüsse be<strong>im</strong><br />
Sozialamt(einkommens-bzw.vermögensabhän-<br />
gig – § 54 SGB XII) und – sofern eine Pflegestufe<br />
festgestellt wurde – bei der Pflegeversicherung<br />
stellen (§ 40 SGB XI). Die Pflegeversicherung<br />
zahlt je Maßnahme einen Betrag von bis zu<br />
2 557 €, wobei bis auf Ausnahmen 10 % Eigenlei-<br />
stung zu erbringen sind. Als „eine Maßnahme“<br />
-Anzeige-<br />
zählt das, was gleichzeitig beantragt/durchge-<br />
führt wird z.B. Badumbau und eine größere Ga-<br />
ragentür. Später – z. B. nach einem Jahr – kann<br />
soweit erforderlich ein erweiterter Umbau <strong>im</strong><br />
Bad wiederum teilfinanziert werden.<br />
Zur Frage, ob ein fest eingebauter Treppenlift<br />
oder ein fest installierter Hebelifter mit Schie-<br />
nen an der Decke eine Leistung der Krankenkas-<br />
se oder der Pflegeversicherung ist, gibt es von<br />
Kasse zu Kasse unterschiedliche Meinungen,<br />
über die verhandelt werden kann. Sicher sind<br />
Handgriffe usw. <strong>im</strong> Bad, verstellbare Spiegel<br />
usw. Hilfsmittel, die die Krankenkasse überneh-<br />
men muss.<br />
Darlehn vom Land<br />
Wenn dann Eigenkapital und Zuschüsse <strong>im</strong>mer<br />
noch nicht ausreichen – was meist der Fall ist<br />
– geht es darum, ob neben den üblichen Dar-<br />
lehn bei der Bank und besonders zinsgünstigen<br />
Darlehen nach dem 1. und 2. Wohnraumförde-<br />
rungsgesetz, die jeder bekommt, der die allge-<br />
meinen Bedingungen erfüllt, für
18<br />
behinderte Menschen zusätzliche Finanzie-<br />
rungsmöglichkeiten zu finden sind. Je nach Bun-<br />
desland können Anträge nach den o. a. Geset-<br />
zen entweder nur über die Banken oder auch<br />
direkt bei den zuständigen Behörden gestellt<br />
werden (Wohnungsämter).<br />
Die Höhe der zusätzlichen Darlehensmöglich-<br />
keiten ist je nach Bundesland unterschiedlich,<br />
manchmal haben auch Gemeinden zusätzliche<br />
Fördermittel zu vergeben. Deshalb können die<br />
nachstehenden Werte nur Beispiele sein, zumal<br />
sich die schwache Finanzlage der Länder auch<br />
auf solche „freiwilligen“ Leistungen negativ<br />
auswirkt. Generell ist Anfang eines Jahres die<br />
Chance auf eine Genehmigung <strong>im</strong>mer höher als<br />
gegen Jahresende, wenn die Töpfe meist schon<br />
ziemlich leer sind. Vor einem Antrag ist eine<br />
Nachfrage <strong>im</strong>mer sinnvoll, ob die unten aufge-<br />
zählten Programme bzw. die kommunalen Son-<br />
derförderungen noch existieren oder verändert<br />
wurden.<br />
Nordrhein-Westfalen:<br />
Nachträgliche zusätzliche Maßnahmen bei<br />
vorhandenem Wohnraum werden gefördert.<br />
Voraussetzungen für Mittel aus der Wohnungs-<br />
bauförderung sind ein Grad der Behinderung<br />
des Bewohners von mindestens 80 %. Je nach<br />
Kostenaufwand und Haushaltseinkommen be-<br />
trägt die Höhe der Förderung bis zu 15 500 €.<br />
Rheinland-Pfalz:<br />
Behindertenbedingte Mehraufwendungen be<strong>im</strong><br />
Neu- oder Umbau werden mit Zusatzdarlehen<br />
bis zu 13 000 € gefördert.<br />
Brandenburg:<br />
Gewährung von Zusatzdarlehen <strong>im</strong> Rahmen der<br />
Wohnungsbauförderung zur Deckung nach-<br />
gewiesener Mehrkosten be<strong>im</strong> Neubau oder<br />
Ersterwerb eines Gebäudes oder zur nachträg-<br />
lichen Anpassung von Wohneigentum an die<br />
Anforderung der DIN 18025. Zusatzdarlehen in<br />
Höhe von 7 669 € (Ersterwerb) bzw. 17 895 €<br />
(Anpassung).<br />
Hamburg:<br />
Darlehen für Schwerbehinderte, sofern beson-<br />
dere bauliche Maßnahmen nach DIN 18025<br />
erforderlich sind. Das Darlehen entspricht der<br />
Höhe der anerkannten (nachgewiesenen)<br />
Mehrkosten, es beträgt höchstens 7 669 €.<br />
Sachsen:<br />
Neubau / Um- und Ausbau bzw. Erwerb von<br />
Wohneigentum. Berücksichtigt werden Per-<br />
sonen, deren Grad der Behinderung mindestens<br />
80 % beträgt. Schwerbehinderte als Einzelper-<br />
sonen, deren Einkommen die Einkommensgren-<br />
ze nicht überschreitet, erhalten bei Neubau ein<br />
Baudarlehen bis zu 51 129 € bei Erwerb einer<br />
Bestands<strong>im</strong>mobilie bis zu 25 565 €. Bei einem<br />
nachgewiesenen (anerkannten) Mehraufwand<br />
Erhöhung um bis zu 20 452 € möglich. Die Ein-<br />
kommensgrenze darf bis 30 677 € überschrit-<br />
ten werden.<br />
Thüringen:<br />
Förderung des Erwerbs vorhandenen Wohn-<br />
raums durch kinderreiche Familien und Familien<br />
mit schwerbehinderten Angehörigen durch zins-<br />
verbilligte Kapitalmarktdarlehen. Einhaltung<br />
der Einkommensgrenzen erforderlich – aus den<br />
förderfähigen Gesamtkosten muss sich minde-<br />
stens ein Darlehensbetrag von 10 226 € errech-<br />
nen, Gesamtdarlehenshöhe (nicht nur wegen<br />
Behinderung) zwischen 30 677 € und 79 761€.<br />
Baden – Württemberg:<br />
Anpassung/Neuerrichtungvonselbstgenutztem<br />
Wohneigentum an die tatsächlich notwendigen<br />
individuellen Bedürfnisse (zur Deckung nachge-<br />
wiesener Mehrkosten). Finanzhilfen (Darlehen)
zur Schaffung von selbstgenutzten Eigenhe<strong>im</strong>en und Eigen-<br />
tumswohnungen. Die einzelnen Fördersätze sind in den Ver-<br />
waltungsvorschriften zu den jährlichen Wohnraumförderpro-<br />
grammen festgelegt.<br />
<strong>Recht</strong>e und Pflichten<br />
Lediglich bei den Berufsgenossenschaften als Leistungsträger<br />
können (nach einem entsprechenden Urteil des BSG) Förde-<br />
rungen auch mehrfach beantragt werden, wenn ein Umzug<br />
nicht beruflich, sondern privat bedingt ist. Wenn aus beruf-<br />
licher Veranlassung ein erneuter Umbau erforderlich wird,<br />
entscheiden Integrationsamt und Rentenversicherung von Fall<br />
zu Fall. Sonderdarlehen werden als Maßnahme zur Förderung<br />
von Wohneigentum nur einmalig gewährt.<br />
Wohnt man dann <strong>im</strong> eigenen Haus, hat auch der behinder-<br />
te Mensch die gleichen Pflichten wie seine nicht behinder-<br />
ten Nachbarn. Er muss sich um die ordnungsmäßige Müllab-<br />
fuhr kümmern und auch - was gerne vergessen wird - <strong>im</strong> Win-<br />
ter Schneeschippen. Eine Behinderung ist kein Grund, diese<br />
öffentliche Pflicht zu versäumen. Ob er damit jemanden<br />
beauftragt, liegt bei ihm, aber in diesem Fall muss er es<br />
nachweisen können. (Auch so ein Urteil, das man so oder so<br />
sehen kann)<br />
Und weil jeder älter wird und vielleicht lieber in eine Senio-<br />
renresidenz oder ein Altenhe<strong>im</strong> umziehen möchte, das auf<br />
Dauer seine finanziellen Möglichkeiten überschreiten könnte,<br />
an dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis: Wer sich selbst<br />
arm macht, indem er sein Vermögen verschenkt oder vor-<br />
zeitig vererbt, der muss das zehn Jahre vor dem Termin tun,<br />
zu dem er voraussichtlich die Allgemeinheit zur Finanzierung<br />
seines Lebensunterhalts in Anspruch nehmen muss. Denn die<br />
Sozialämter können solche Maßnahmen zehn Jahre rückwir-<br />
kend für nichtig erklären und vom neuen Hauseigentümer die<br />
Zahlungen rückfordern. Auch aus dem Erbe können die Sozi-<br />
alämter die Erstattung ihrer Zahlungen fordern. „Aber das ist<br />
wieder eine andere Geschichte (Zitat: ‚Irma la douce’)“.<br />
Text: Herbert Müller<br />
Foto: P. Mand<br />
-Anzeige
20<br />
Behinderte Mieter:<br />
Gute Chancen<br />
Die <strong>Recht</strong>e behinderter Mieter sind inzwischen gesetzlich ganz gut verankert. Das Miet-<br />
recht ist <strong>im</strong> Wesentlichen <strong>im</strong> BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Dort finden sich Re-<br />
gelungen zum Kündigungsschutz und zur Frage, ob Ansprüche auf Umbauten bestehen.<br />
Zum Umbau einer Mietwohnung entsprechend<br />
des Bedürfnisses der Barrierefreiheit heißt es in<br />
der Vorschrift des § 554a BGB:<br />
„ 1 Der Mieter kann vom Vermieter die Zu-<br />
2<br />
3<br />
st<strong>im</strong>mung zu baulichen Veränderungen<br />
oder sonstigen Einrichtungen verlangen,<br />
die für eine behindertengerechte Nutzung<br />
der Mietsache oder den Zugang zu ihr er-<br />
forderlich sind, wenn er ein berechtigtes<br />
Interesse daran hat. Der Vermieter kann<br />
seine Zust<strong>im</strong>mung verweigern, wenn sein<br />
Interesse an der unveränderten Erhaltung<br />
der Mietsache oder des Gebäudes das In-<br />
teresse des Mieters an einer behinderten-<br />
gerechten Nutzung der Mietsache über-<br />
wiegt. Dabei sind auch die berechtigten<br />
Interessen anderer Mieter in dem Gebäu-<br />
de zu berücksichtigen.<br />
Der Vermieter kann seine Zust<strong>im</strong>mung<br />
von der Leistung einer angemessenen<br />
zusätzlichen Sicherheit für die Wieder-<br />
herstellung des ursprünglichen Zustandes<br />
abhängig machen. § 551 Abs. 3 und 4 gilt<br />
entsprechend.<br />
Eine zum Nachteil des Mieters von<br />
Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist<br />
unwirksam.“<br />
Der behinderte Mieter hat damit einen gesetz-<br />
lich festgelegten Anspruch darauf, dass ihm der<br />
Vermieter die Zust<strong>im</strong>mung für einen behinder-
tengerechten Umbau der Wohnung erteilt. Dies<br />
gilt nicht nur, wenn der Mieter selbst die behin-<br />
derte Person ist, sondern auch für einen behin-<br />
derten Haushaltsangehörigen.<br />
Gute Chancen<br />
für behinderte Mieter<br />
Wenn der Mieter die Zust<strong>im</strong>mung verlangt, ist<br />
eine Abwägung zwischen den Interessen des<br />
Mieters und des Vermieters vorzunehmen. Als<br />
zu berücksichtigende Aspekte kommen z.B. Art,<br />
Dauer und Schwere der Behinderung, Umfang<br />
und Erforderlichkeit der Maßnahme, Auswir-<br />
kungen auf andere Mieter, Rückbaumöglichkeit<br />
und weiteres in Betracht. Der Vermieter kann<br />
-Anzeige-<br />
die Zust<strong>im</strong>mung nur verweigern, wenn sein In-<br />
teresse überwiegt. Schon bei gleichgewichtigen<br />
Interessen muss er die Zust<strong>im</strong>mung erteilen.<br />
Der Vermieter muss darlegen und ggf. bewei-<br />
sen können, dass seine Interessen überwiegen.<br />
Verweigert der Vermieter die Zust<strong>im</strong>mung, hat<br />
der Mieter die Möglichkeit die Zust<strong>im</strong>mung<br />
be<strong>im</strong> zuständigen Amtsgericht einzuklagen. Da<br />
der Vermieter die Beweislast trägt, hat er ge-<br />
genüber dem Mieter in der Regel die schlech-<br />
tere Ausgangsposition.<br />
Der Vermieter darf die Zust<strong>im</strong>mung aber davon<br />
abhängig machen, dass der Mieter eine ange-<br />
messene Kaution für die Umbauten leistet.
22<br />
Dies wird damit begründet, dass der Mieter bei<br />
seinem Auszug verpflichtet ist, seine Umbauten<br />
zurück zu bauen. Die Kaution soll sich in ange-<br />
messener Höhe an diesen Kosten orientieren.<br />
Räumlich ist der Anspruch nicht nur auf die<br />
Wohnung beschränkt. Vielmehr umfasst der<br />
Anspruch auch den Zugang zur Wohnung, da<br />
ansonsten der behindertengerechte Umbau<br />
ins Leere laufen würde, wenn nicht auch der<br />
Zugang entsprechend umgebaut wird. Hier ist<br />
an verbreiterte Eingänge, Rampe oder Treppen-<br />
lifte zu denken.<br />
Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 28.<br />
März 2000 Az. 1 BvR 1460/99) hat in einem<br />
Verfahren eines Mieters bestätigt, dass ein An-<br />
spruch auf Einbau eines elektrischen Treppen-<br />
liftes bereits aus verfassungsrechtlichen Grün-<br />
den bestehen kann. Der Mieter begehrte vom<br />
Vermieter die Zust<strong>im</strong>mung zum Einbau des<br />
Treppenliftes, da er seine querschnittgelähmte<br />
Lebensgefährtin <strong>im</strong>mer die Treppe hoch in das<br />
zweite Obergeschoss tragen musste. Der Mieter<br />
wollte die Kosten für den Einbau selbst tragen<br />
und verpflichtete sich, den Treppenlift <strong>im</strong> Falle<br />
eines Auszugs wieder auszubauen. Trotzdem<br />
verweigerte der Vermieter die Zust<strong>im</strong>mung.<br />
Nachdem die unteren Gerichte dem Vermieter<br />
noch <strong>Recht</strong> gaben, hat das Bundsverfassungsge-<br />
richt die <strong>Recht</strong>e behinderte Mieter in seinem Ur-<br />
teil deutlich gestärkt, in dem es die Grundrechte<br />
des Mieters betonte und ihm daher <strong>Recht</strong> gab.<br />
Bei der Abwägung der oft gegensätzlichen In-<br />
teressen von Mieter und Vermieter gelten die-<br />
se Grundsätze auch für die Zukunft. Letztlich<br />
ist noch zu beachten, dass der Vermieter nicht<br />
zum Nachteil des Mieters abweichende Verein-<br />
barungen in den Mietvertrag aufnehmen darf,<br />
die seinen Anspruch auf Umbau beeinträchti-<br />
gen könnten.<br />
Kündigungsschutz<br />
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis nur kün-<br />
digen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der<br />
Kündigung hat. Voraussetzung für die Wirksam-<br />
keit der Kündigung ist, dass sie schriftlich erklärt<br />
wird. Sie soll den Mieter auf die Möglichkeit des<br />
Widerspruchs hinweisen.<br />
Das <strong>Recht</strong> des Widerspruchs gibt dem Mie-<br />
ter die Möglichkeit auch bei zulässiger Kündi-<br />
gung das Mietverhältnis fortzusetzen. Dies ist<br />
in den Fällen möglich, wenn die Beendigung<br />
des Mietverhältnisses für den Mieter und/oder<br />
seine Familie eine Härte bedeuten würde, die<br />
auch unter Berücksichtigung der berechtigten<br />
Interessen nicht zu rechtfertigen ist. Der Wi-<br />
derspruch muss wie die Kündigung schriftlich<br />
erfolgen und dem Vermieter zwei Monate vor<br />
Ablauf der Kündigungsfrist zugehen. Da es auf<br />
den Zugang ankommt, sollte man entweder das<br />
Einschreiben/Rückschein oder die persönliche<br />
Zustellung mittels Bote (z.B. ein Freund oder<br />
Bekannter) wählen.<br />
Eine Härte haben die Gerichte bisher z.B. aner-<br />
kannt, wenn psychisch Kranke nicht in der Lage<br />
sind, eine Kündigung zu verarbeiten, die Kündi-<br />
gung nachteilige Auswirkungen auf den Krank-<br />
heitsverlauf hat, der Mieter ein erhebliches Al-<br />
ter hat oder erheblich gesundheitsgefährdet<br />
ist. Eine Härte kann aber auch vorliegen, wenn<br />
aufgrund einer Behinderung keine neue ange-<br />
messene Wohnung gefunden werden kann.<br />
Soweit eine solche Härte besteht und der Mie-<br />
ter den Widerspruch schriftlich erklärt, hat der<br />
Mieter Anspruch auf Fortsetzung des Mietver-<br />
hältnisses, auch wenn die Kündigung zu <strong>Recht</strong><br />
erfolgte.<br />
Text: Jörg Hackstein, <strong>Recht</strong>sanwalt<br />
Foto: P. Mand
Cayman mit Handgas<br />
Dieser Cayman ist zusätzlich für einen gehandi-<br />
kapten Autofahrer umgerüstet vom Spezialisten<br />
Paravan, womit sich zwei Welten begegnen, die<br />
Motoren- und Fahrwerkstechnik von Porsche<br />
und die handwerklich perfekte Umrüstung von<br />
Paravan.<br />
Unterwegs mit dem Cayman zwischen Niedern-<br />
hausen und L<strong>im</strong>burg. Notorische Linksfahrer, die<br />
das Licht von hinten kommen sehen, weichen<br />
schnell nach rechts aus. Der Boxer heult auf, die<br />
Gänge flutschen schnell in die Kulisse, während<br />
der Sound Gefühle weckt und die sichere Stra-<br />
ßenlage bei hoher Geschwindigkeit den Piloten<br />
daran erinnern, dass er ein deutsches Sportwa-<br />
- Anzeige -<br />
Markt<br />
Der Cayman ist ein echter Porsche mit Mittelmotor, sicherer Straßenlage, dem typischen<br />
Sound und echtem Stuttgarter Sportlerherzen. Je nach Ausführung ist er bis 260 km/h<br />
schnell.<br />
gen-Spitzenprodukt bewegt. Frank H. aus Lud-<br />
wigsburg ist halbseitig gelähmt. Ihm wurde sein<br />
Porsche von der Firma Paravan so umgerüstet,<br />
dass er zu seiner Behinderung passt. Für Frank<br />
H. wurde ein Handbediengerät für Bremse und<br />
Gas in den Cayman <strong>im</strong>plantiert. Mit einer spe-<br />
ziellen Fußvorrichtung werden alle so genann-<br />
ten Sekundärfunktionen ausgeübt, wobei noch<br />
eine besondere Sitzanpassung und eine Blink-<br />
hebelverlegung notwendig waren.<br />
„Super Auto, super die Anpassung, jetzt kann<br />
ich meinen Porsche leicht und zuverlässig bewe-<br />
gen – und genießen“, sagt der frischgebackene<br />
Porsche-Pilot.
24<br />
Zugewinn, Versorgung, Gütertrennung:<br />
Ehe als Risiko?<br />
Es ist heute völlig normal, dass auch behinderte Menschen mit Partner oder Partnerin zu-<br />
sammen leben. Genauso normal ist es aber auch, dass solche Beziehungen wieder ausein-<br />
ander gehen, leider sogar überdurchschnittlich häufig.<br />
Mann oder Frau <strong>im</strong> Rollstuhl sollten sich grundsätzlich Gedanken machen.<br />
1988, in dem Jahr, als meine Füße Räder beka-<br />
men, hieß es „Nur jede zehnte Ehe, die schon<br />
vorher bestand, übersteht auf Dauer diesen<br />
Schicksalsschlag, aber nur 10 % aller Ehen, die<br />
danach – in Kenntnis der Behinderung – ge-<br />
schlossen wurden, werden wieder getrennt“.<br />
Das ist sicher etwas überzeichnet, aber tenden-<br />
ziell ist es noch heute so. Doch leider sind Mann<br />
und Frau <strong>im</strong> Rollstuhl eben nicht ganz so „nor-<br />
mal“. Es gilt einiges zusätzlich zu überlegen, um<br />
zusätzlichen Problemen in der Zukunft aus dem<br />
Weg zu gehen. Gedanken an eine Zeit, in der<br />
nicht mehr alles so reibungslos läuft, werden<br />
in rosaroten Zeiten gerne verdrängt, aber was<br />
man dann trotzdem vereinbart, macht schlech-<br />
te Zeiten weniger schwierig.<br />
Wollen wirklich beide Partner heiraten? Heu-<br />
te wird oft erst geheiratet, wenn ein Kind da<br />
oder unterwegs ist. Gleichgeschlechtliche Part-<br />
ner können heute zwar (fast) heiraten, aber sie<br />
müssen nicht, und das Kinderproblem entfällt<br />
bei ihnen schon aus biologischen Gründen. Ha-<br />
ben sich beide entschieden, diesen Weg einzu-<br />
schlagen, sollte man sachlich und nüchtern ei-<br />
nige Punkte vorher klären. Eine Partnerschaft,<br />
die das nicht aushält, steht von vorne herein auf<br />
tönernen Füßen.
Zugewinn oder<br />
Gütergemeinschaft?<br />
So wäre vor allem zu klären, ob der gesetzliche<br />
Güterstand der „Zugewinngemeinschaft“ oder<br />
eine „Gütertrennung“ gewählt wird oder ob<br />
sogar in einem Ehevertrag best<strong>im</strong>mte Punkte<br />
detailliert festgelegt werden. Wenn es nicht<br />
ausdrücklich anders vereinbart wurde, gilt die<br />
Zugewinngemeinschaft: Beide Partner bringen<br />
ihre „Vermögen“ ein, die sie, falls noch vorhan-<br />
den, bei einer Scheidung auch wieder mitneh-<br />
men. Das, was während der Ehe hinzugekom-<br />
men ist („der Zugewinn“) wird bei der Trennung<br />
fifty-fifty geteilt. Das gilt für alle Vermögens-<br />
werte, die während der Ehe hinzu kommen, also<br />
auch für einen Lottogewinn oder für die Leistung<br />
einer Versicherung, wenn ein Partner während<br />
der Ehe verunglückt, auch wenn dadurch der<br />
finanzielle Mehraufwand für ein Leben mit Be-<br />
hinderung nach dem Unfall erleichtert werden<br />
soll. Im Scheidungsrecht gibt es kein „Behinder-<br />
tenprivileg“. Da viele Partnerschaften die Bela-<br />
stung nicht verkraften (siehe oben), kann es bei<br />
einer Trennung also ein großer finanzieller Un-<br />
terschied sein, ob mit der Versicherung regelmä-<br />
ßige Zahlungen auf Dauer vereinbart wurden<br />
oder ob eine einmalige Abfindung erfolgte.<br />
Bei der Gütertrennung hat jeder Partner eige-<br />
ne Einnahmen/Vermögenssteigerungen (oder<br />
auch nicht) und auch die in die Ehe einge-<br />
brachten Vermögenswerte bleiben persönliches<br />
Eigentum usw. Dabei gibt es einiges zu berück-<br />
sichtigen, was den Rahmen dieses Artikel spren-<br />
gen würde. Am Besten läßt man sich von einem<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt oder Notar beraten. In einem Ehe-<br />
vertrag können einzelne Punkte exakt festgelegt<br />
werden, z. B., dass bei einer Trennung die einem<br />
Partner persönlich zustehenden Ansprüche auf<br />
Pflegegeld nicht in den Vermögensausgleich<br />
und eventuelle Versorgungsansprüche einflie-<br />
ßen, dass beispielsweise (Erwerbsminderungs-)<br />
Renten dabei nicht berücksichtigt werden, wer<br />
<strong>im</strong> Falle einer Trennung in der gemeinsamen<br />
Wohnung bleibt (z. B. weil diese behindertenge-<br />
recht ist) usw. Manches klingt zwar ungerecht,<br />
aber leider Gottes gibt es <strong>im</strong>mer wieder den Fall,<br />
dass insbesondere durch eine BG oder durch<br />
eine Versicherung gut versorgte Personen nicht<br />
der Liebe wegen geheiratet werden, sondern als<br />
sichere Versorgungsquelle. Das ist zwar legit<strong>im</strong>,<br />
aber wenn das dann auf Dauer nicht klappt,<br />
sollte vorher geklärt sein, ob der/die „Versorger“<br />
auch noch nachträglich dafür bezahlen muss.<br />
Mein Haus, mein Auto<br />
Egal welche <strong>Recht</strong>sstellung man wählt, ein be-<br />
hindertengerecht gebautes oder umgebautes<br />
Haus sollte grundsätzlich nicht auf die Eheleute<br />
eingetragen werden, sondern auf den behin-<br />
derten Partner. Das gilt auch, wenn die Inve-<br />
stition während der Ehe vorgenommen oder<br />
abgezahlt wird. Dann hat der andere bei einer<br />
Trennung nur einen Anspruch auf eine Geldlei-<br />
stung in Höhe des Zugewinns, jedoch nicht auf<br />
die Hälfte des Hauses und ein Streit darüber, wer<br />
in dem Haus wohnen bleibt und ob das Haus<br />
verkauft wird oder nicht, wird ausgeschlossen.<br />
Besonders wichtig ist das, wenn eine Berufsge-<br />
nossenschaft oder ein anderer Leistungsträger<br />
einen Zuschuss für die behindertengerechte<br />
Ausstattung gezahlt hat, die eigentlich nicht<br />
werterhöhend ist, aber den Unterschied zwi-<br />
schen einem für Rollstuhlfahrer bewohnbaren<br />
Haus und einem unüberwindlichen Hindernis<br />
darstellt. Außerdem: Auch wenn die Raten für<br />
das Haus oder die Eigentumswohnung nach<br />
einer Trennung nicht mehr zu finanzieren sind<br />
und ein Verkauf erforderlich wird, hat der be-<br />
hinderte Partner in diesem Fall eine Wohnung,<br />
in der er leben kann, bis er eine geeignete Alter-<br />
native gefunden hat.<br />
25
26<br />
Das Gleiche gilt auch für einen PKW, der behin-<br />
dertengerecht umgebaut wurde. Und weil es<br />
<strong>im</strong>mer wieder Richter gibt, die von der Materie<br />
sehr wenig Ahnung haben, empfiehlt es sich, in<br />
einen Ehevertrag auch das Auto mit einzubezie-<br />
hen und insbesondere die persönlichen Zuschüs-<br />
se von Integrationsamt, Rentenversicherung,<br />
Arbeitsamt oder Sozialamt auszuschließen., da-<br />
mit von einem solchen Zuschuss, der nicht mehr<br />
bringt als die Möglichkeit sich <strong>im</strong> Auto fortzube-<br />
wegen, <strong>im</strong> Trennungsfalle nicht die Hälfte aus<br />
eigener Tasche ausgezahlt werden muss. Fahren<br />
darf das Auto ja ohnedies nur die/der Behinder-<br />
te oder derjenige, der extra für den Behinderten<br />
unterwegs ist. Übrigens: Wenn das Fahrzeug<br />
von einem anderen benutzt wird, ohne dass es<br />
für die Erledigung von Dingen eingesetzt wird,<br />
die (<strong>im</strong> weitesten Sinne) der Versorgung der be-<br />
hinderten Person dienen, entfallen nicht nur die<br />
Steuerbefreiung und der Behindertenrabatt bei<br />
der Versicherung (falls diese noch einen solchen<br />
einräumt). Es können auch Zuschüsse zurückge-<br />
fordert werden und außerdem handelt es sich<br />
dabei sogar um den Strafbestand der Steuerver-<br />
kürzung.<br />
„Eheliche Pflichten?“<br />
Aber es geht ja nicht nur um das liebe Geld.<br />
Auch andere Aspekte sind zu berücksichtigen:<br />
Bei wem sollen die Kinder nach einer Trennung<br />
leben? Meist ist das bei uns in Deutschland<br />
die Frau, es sei denn, sie ist behindert… Das ist<br />
zwar unsinnig, aber so normal sind behinderte<br />
Menschen auch heute noch nicht, dass ihnen<br />
generell zugestanden wird, ihre Kinder ebenso<br />
erziehen zu können wie Nichtbehinderte. Eine<br />
Regelung <strong>im</strong> Ehevertrag ist zwar nicht bindend,<br />
erhöht aber <strong>im</strong> Fall der Trennung die Chance,<br />
dass es auch so kommen wird. Manche Paare<br />
wollen keine eigenen Kinder, sondern ein Kind<br />
adoptieren. Vorsicht, Adoptionen sind so schon<br />
nicht einfach zu realisieren. Weicht aber ein<br />
Partner von der Norm ab, wird es umso schwie-<br />
riger. Auch hier gilt es, ein extra dickes Fell zu<br />
haben und nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Wunsch einfach erfüllen lässt.<br />
Auch das gehört zum <strong>Recht</strong> in der Partner-<br />
schaft: Es gibt keine „Pflicht“ dem Partner die<br />
Ausübung „ehelicher <strong>Recht</strong>e“ zu gestatten.<br />
(Nicht nur) die behinderte Frau hat das <strong>Recht</strong>,<br />
sich zu verweigern. Das heißt natürlich nicht,<br />
dass man nicht miteinander schlafen soll oder<br />
will. Hier geht es um die Entscheidung, die die<br />
Frau selbst treffen muss, wenn sie es nicht selbst<br />
will. Wieviel ist es mir wert, nicht alleine zu sein,<br />
lasse ich mich be- und ausnutzen, nur weil ich<br />
mit diesem (oder überhaupt einem) Partner<br />
zusammen sein will? Habe ich dann die Stärke<br />
„Nein“ zu sagen?<br />
Und dann war da noch die „Ehefrau aus dem<br />
Katalog“ nicht nur für behinderte Männer, bei<br />
der es wohl weniger um die Liebe geht, son-<br />
dern um die Versorgung usw. All die aufgezähl-<br />
ten Punkte gelten auch für diese Frauen. Hinzu<br />
kommt, dass ausländische Frauen, die nicht aus<br />
der EU kommen, in den ersten Jahren kein ei-<br />
genständiges Aufenthaltsrecht haben, also bei<br />
einer Trennung innerhalb der ersten drei Jah-<br />
re wieder abgeschoben werden könnten. Das<br />
heißt aber nicht (Warnung an Voreilige), dass<br />
ihnen nicht trotzdem in Anspruch auf Zuge-<br />
winn, Versorgungsausgleich usw. zusteht. Nach<br />
Ablauf der Frist kann die Ehefrau dann ein ei-<br />
genständiges Aufenthaltsrecht beantragen,<br />
das auch nach einer Trennung weiter gilt. Im<br />
Einzelnen gibt es gerade hier eine Vielzahl un-<br />
terschiedlicher Regelungen, und in Berlin sind<br />
neue Gesetze in Arbeit.<br />
Beispielsweise gibt es ungewöhnliche Unter-<br />
scheidungen der Herkunftsländer nach einzel-
nen Ländergruppen. Alle Menschen sind noch<br />
lange nicht gleich. Ein Beispiel von vielen: Füh-<br />
rerscheine aus den Industrieländern gelten hier<br />
weiter und müssen nur umgeschrieben werden.<br />
Kommt man aus einem weniger „zivilisierten“<br />
Land, muss eine zusätzliche theoretische Prü-<br />
fung abgelegt werden. Und dann gibt es noch<br />
die Länder, deren Führerschein überhaupt nicht<br />
anerkannt wird, so dass man eine theoretische<br />
und eine praktische Prüfung abzulegen hat.<br />
Vorsicht Panne!<br />
Sind diese Dinge alle geklärt, kann man endlich<br />
daran gehen, die Hochzeit zu planen. Prompt<br />
stehen die nächsten Probleme vor der Tür: Wo<br />
wollen wir heiraten? Ist das Standesamt über-<br />
haupt mit dem Rollstuhl zugänglich? Welche<br />
Kirche hat eine Rampe? Wo soll gefeiert wer-<br />
den, gibt es dort auch Behindertentoiletten<br />
in ausreichender Anzahl (wichtig, wenn man<br />
Freunde/Freundinnen <strong>im</strong> Rollstuhl mit einladen<br />
will) und natürlich alle übrigen Hochzeitsvor-<br />
bereitungen, das Lampenfiber und noch alles<br />
mögliche, bis es so weit ist, dass eine Verbin-<br />
dung durch die offizielle Eheschließung auch<br />
nach außen dokumentiert ist.<br />
Meist soll auch noch vorher vom Junggesellen-<br />
leben Abschied feierlich Abschied genommen<br />
werden - und schon tauchen die nächsten Fra-<br />
gen auf: Soll es nur ein Umtrunk sein oder ein<br />
richtiger Polterabend? Der ist ein nicht zu unter-<br />
schätzendes Risiko. Nicht alle Rollstühle sind mit<br />
einer pannensicheren Bereifung ausgerüstet,<br />
und es wäre sicher ein schlechtes Omen für die<br />
gemeinsame Zukunft, wenn die Zeit davor sich<br />
mit dem lauten Knall eines geplatzten Reifens<br />
verabschiedet.<br />
Text & Foto:<br />
Herbert Müller
28<br />
Befreiung von den Rundfunkgebühren<br />
Für den einen oder anderen, dem die Befreiung<br />
bisher abgelehnt wurde, gibt es seit dem letzten<br />
Jahr eine Alternative: Mit Wirkung vom 1. 4. 2005<br />
wurde der Rundfunkgebührenstaatsvertrag ge-<br />
ändert. Seitdem sind nicht mehr die Länder und<br />
Kommunen für die Befreiung von den Gebühren<br />
zuständig. Anträge sind jetzt generell bei der<br />
GEZ (Postfach 11 03 63, 50403 Köln) zu stellen.<br />
Befreit werden können:<br />
der Haushaltsvorstand, dessen Ehegatte und an-<br />
dere Haushaltsangehörige für von ihnen selbst<br />
zum Empfang bereit gehaltene Geräte.<br />
Die Voraussetzungen für eine Befreiung sind bun-<br />
deseinheitlich in zehn Punkten neu geregelt:<br />
1.) Empfänger von Sozialhilfe (Hilfe zum Le-<br />
bensunterhalt nach SGB XII) oder von<br />
Leistungen nach § 27a oder 27 d des Bun-<br />
desversorgungsgesetzes.<br />
2.) Empfänger von Grundsicherung <strong>im</strong> Alter<br />
oder bei Erwerbsminderung (Grundsiche-<br />
rungsgesetz).<br />
3.) Empfänger von ALG II und Sozialgeld ein-<br />
schließlich Leistungen nach § 22, aber nur<br />
dann, wenn keine Zuschläge nach § 24 SGB<br />
II gezahlt werden.<br />
4.) Empfänger von Leistungen nach dem Asyl-<br />
bewerberleistungsgesetz.<br />
5.) BAFÖG-Empfänger, die nicht bei den Eltern<br />
leben.<br />
Früher wurde meist in den Schwerbehindertenausweis zu den Stempeln aG, H,<br />
B auch noch RF für die Rundfunkgebührenbefreiung gestempelt. Das hat sich<br />
schon seit einiger Zeit geändert und die ausstellenden Behörden streiten vor den<br />
Gerichten um die Vergabe dieses Merkzeichens so vehement, dass man glauben<br />
möchte, der einzelne Sachbearbeiter würde für den Ausfall der Rundfunkgebüh-<br />
ren persönlich haftbar gemacht. Manchmal wird so intensiv nachgeforscht, dass<br />
die Privatsphäre verletzt und das Datenschutzgesetz zumindest angekratzt wird.<br />
6.) Sonderfürsorgeberechtigte nach § 27e des<br />
Bundesversorgungsgesetzes.<br />
7. a)Blinde oder nicht nur vorübergehend we-<br />
sentlich sehbehinderte Menschen mit<br />
einem GdB von mindestens 60 % alleine<br />
wegen der Sehbehinderung<br />
b)Hörgeschädigte Menschen, die gehörlos<br />
sind oder denen eine ausreichende Verstän-<br />
digung über das Gehör auch mit Hörhilfen<br />
nicht möglich ist.<br />
8.) Behinderte Menschen mit einem GdB von<br />
wenigstens 80 %, die deshalb an öffent-<br />
lichen Veranstaltungen ständig nicht teil-<br />
nehmen können. Wann das der Fall ist,<br />
bleibt nach wie vor umstritten und gehört<br />
zu den Fragen, die in der Vergangenheit<br />
oft von den Gerichten zu entscheiden wa-<br />
ren – und daran wird sich voraussichtlich in<br />
der Zukunft auch nichts ändern.<br />
9.) Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem<br />
Siebten Kapitel SGB XII oder von Hilfe zur<br />
Pflege als Leistung der Kriegsopferfürsorge<br />
oder von Pflegegeld nach den landesge-<br />
setzlichen Vorschriften.<br />
10.) Empfänger von Pflegezulagen nach § 267<br />
Absatz 1 des Lastenausgleichsgesetzes<br />
oder Personen, denen wegen Pflegebe-<br />
dürftigkeit nach § 267 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2<br />
Buchstabe c dieses Gesetzes ein Freibetrag<br />
zuerkannt wird.
Daneben gibt es noch besondere Härtefälle we-<br />
gen persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit, auf<br />
die hier aber nicht eingegangen wird, weil die<br />
Bedingungen nur für sehr spezielle Sonderfälle<br />
gelten. (Geringes Einkommen ist z. B. kein Befrei-<br />
ungsgrund.)<br />
Gepflegt Radiohören<br />
Neben der Information für Leistungsempfänger<br />
nach Hartz IV und dem Grundsicherungsgesetz,<br />
für die das jetzt eindeutig geregelt wurde, ist<br />
Punkt 9 der Auflistung besonders interessant,<br />
weil hier dem Gesetzgeber ein kleiner Lapsus<br />
unterlaufen ist, der dem einen oder anderen die<br />
Chance eröffnet, die unsozialen Zuzahlungen in<br />
der Krankenversicherung seit dem 1. 1. 2004 an<br />
anderer Stelle wieder auszugleichen:<br />
a) Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem<br />
BSHG können jetzt erfolgreich die Befreiung<br />
beantragen, auch wenn für sie Punkt 8 nicht<br />
zutrifft. Das gilt auch für diejenigen, die diese<br />
Leistung wegen der Besitzstandswahrung be<strong>im</strong><br />
Inkrafttreten der Pflegeversicherung zum 1. 1.<br />
1995 neben Leistungen der Pflegeversicherung<br />
weiterhin bekommen.<br />
b) Mancher erhält weiterhin als Besitzstands-<br />
leistung Pflegegeld nach den Vorschriften des<br />
jeweiligen Bundeslandes, entweder weil keine<br />
Pflegestufe festgestellt wurde oder weil das<br />
Landespflegegeld den Betrag der Pflegestufe<br />
I in Höhe von 205 Euro überstiegen hat/über-<br />
steigt. Auch er/sie kann die Befreiung von den<br />
Rundfunkgebühren beantragen. Da es keine<br />
Ausschlusstatbestände gibt, gilt das auch in den<br />
Bundesländern wie Rheinland-Pfalz oder Thürin-<br />
gen, in denen Landespflegegeld nicht vom Ein-<br />
kommen abhängig ist.<br />
Der Antrag muss grundsätzlich schriftlich gestellt<br />
werden. Formulare kann man bei der GEZ anfor-<br />
dern. Das ist auch <strong>im</strong> Internet unter www.GEZ.de<br />
möglich. Dort kann man sogar ein PDF-Formular<br />
online ausfüllen und ausdrucken – und auch die<br />
Hilfe zum Ausfüllen ist sehr übersichtlich.<br />
Stempel kostet nichts<br />
Allerdings sollte man dem Antrag dann eine be-<br />
glaubigte Kopie des Bewilligungsbescheides für<br />
die Hilfe zur Pflege nach dem BHSG oder für Lan-<br />
despflegegeld beifügen und nicht dem anderen<br />
Vorschlag der GEZ folgen. Man kann nämlich<br />
auch unbeglaubigte Kopien beifügen und sich<br />
auf dem Formular von einer Behörde bestäti-<br />
gen lassen, dass das Original vorgelegen hat.<br />
Warum man diesen bürokratischen Unsinn vor-<br />
gesehen hat, weiß man wohl bei der GEZ selbst<br />
nicht. Sinnvoll wäre das ja nur, wenn dann keine<br />
Kopien beigefügt werden müssten. Es ist schon<br />
mehrfach geschehen, dass ein Antrag abgelehnt<br />
wurde, „weil die Kopien nicht beglaubigt waren“<br />
(aber der Stempel einer Behörde an der vorge-<br />
sehenen Stelle <strong>im</strong> Formular fehlte nicht...). Man<br />
spart sich also Zeit, Porto und Ärger, wenn dem<br />
Antrag direkt beglaubigte Kopien beigefügt<br />
sind.<br />
Was viele nicht wissen: eine Kopie kann von je-<br />
der „Siegel führenden“ Stelle beglaubigt wer-<br />
den, also auch vom Ortsbürgermeister, vom<br />
Ortsbeirat, von der Polizei, der Schule oder auch<br />
von den Krankenkassen. Und dieser Stempel ko-<br />
stet nichts. Diese Stellen sind sogar verpflichtet,<br />
eine Beglaubigung vorzunehmen, können das<br />
also nicht ablehnen. Meistens ist dort auch ein<br />
Kopiergerät vorhanden. Notfalls macht man die<br />
Kopien selbst <strong>im</strong> Copy-Shop oder mit dem Scan-<br />
ner über den PC. Nur mit einfachen Faxgeräten,<br />
die mit hitzeempfindlichem Papier arbeiten, geht<br />
das nicht. Solche Kopien verblassen zu schnell<br />
und sind nicht „registraturfähig“.<br />
Text: Herbert Müller<br />
29
Zum Verbrauch best<strong>im</strong>mte Pflegehilfsmittel:<br />
Kostenerstattung bis 31 €/Monat<br />
Seit Anfang 2004 tun sich die Krankenkassen noch schwerer damit, die Kosten für solche<br />
Hilfsmittel zu übernehmen, die gerade bei Inkontinenz regelmäßig anfallen wie Einmal-<br />
handschuhe, Bettschutzeinlagen usw. Dabei gibt es eine Alternative, diese Kosten trotz-<br />
dem nicht selbst tragen zu müssen – die Pflegeversicherung.<br />
Gemäß § 40 SGB XI stellen die Pflegekassen zur<br />
Erleichterung der Pflege und zur Linderung der<br />
Beschwerden der Pflegebedürftigen oder zur Er-<br />
möglichung einer selbständigen Lebensführung<br />
den Pflegebedürftigen Pflegehilfsmittel zur Ver-<br />
fügung, wenn für den Versicherten eine Pfle-<br />
gestufe anerkannt wurde. Die „zum Verbrauch<br />
best<strong>im</strong>mten Pflegehilfsmittel“ sind <strong>im</strong> Hilfsmittel-<br />
katalog unter Position 54 aufgeführt:<br />
– Saugende Bettschutzeinlagen zum Einmalge-<br />
brauch (also keine Einlagen, die am Körper<br />
getragen werden)<br />
– Fingerlinge<br />
– Einmalhandschuhe - auch sterilisiert, sofern<br />
diese nicht von der KV zu übernehmen sind<br />
– Mundschutz<br />
– Schutzschürzen (auch Overalls)<br />
– Hände- und Flächendesinfektionsmittel (ein-<br />
-Anzeige-<br />
schließlich Desinfektionswaschmitteln)<br />
Eigentlich ist diese Aufstellung erschöpfend.<br />
Aber nach einem Urteil am SG München (Az. S<br />
3 P 5060/01) dürfen Pflegehilfsmittel auch dann<br />
von der Pflegekasse gezahlt werden, wenn sie<br />
nicht <strong>im</strong> Hilfsmittelverzeichnis der Pflegeversiche-<br />
rung enthalten sind. Dazu müssten dann Ärzte<br />
und MDK eine positive Stellungnahme abgeben<br />
usw. Ob das aber bei den relativ geringen Kosten<br />
z. B. für Glyzerin als Gleitmittel bei der digitalen<br />
Darmentleerung sinnvoll und angemessen ist,<br />
bleibt dahingestellt. (Gilt nicht für andere Pfle-<br />
gehilfsmittel und technische Hilfen. Darum geht<br />
es hier aber nicht.)<br />
Keine Zuzahlung<br />
Die Kosten für die Pflegehilfsmittel werden nur<br />
<strong>im</strong> Rahmen der häuslichen Pflege von der Pflege-<br />
kasse übernommen. Bei der stationären Versor-
gung z.B. in einem Pflegehe<strong>im</strong> muss das He<strong>im</strong> di-<br />
ese vorhalten. Voraussetzung ist außerdem, dass<br />
die Hilfsmittel überwiegend die Pflege erleich-<br />
tern und nicht für die Behandlung einer Erkran-<br />
kung oder zum Ausgleich für eine Behinderung<br />
eingesetzt werden. (Dann wäre wieder die Kran-<br />
kenkasse zur Zahlung verpflichtet.) Eine ärztliche<br />
Bescheinigung (Rezept) ist nicht notwendig.<br />
Für Pflegehilfsmittel ist keine Zuzahlung zu lei-<br />
sten. Sie können – mit Beleg – auch dort ein-<br />
gekauft werden, wo sie am günstigsten zu er-<br />
werben sind. Weil auch für Pflegehilfsmittel ein<br />
Sachleistungsanspruch gegenüber der Kranken-<br />
kasse besteht, haben manche Kassen Vereinba-<br />
rungen mit regionalen Sanitätshäusern getrof-<br />
fen, bei denen die Pflegehilfsmittel bezogen<br />
werden sollen. Das kann aber nur verlangt wer-<br />
den, wenn diese wirklich in der Nähe sind oder<br />
wenn die Lieferung frei Haus erfolgt. Ist das<br />
nicht der Fall, muss die Pflegekasse auch andere<br />
Einkaufsbelege akzeptieren.<br />
Nicht abw<strong>im</strong>meln lassen<br />
Erfahrungsgemäß ist der eigene Antrag ohne Re-<br />
zept mit der Bitte um Überweisung unproblema-<br />
tischer als die Abrechnung über Apotheke oder<br />
Sanitätshaus. Es genügt ein kurzer formloser<br />
Antrag. Erwähnt werden müssen: der Name des<br />
Patienten, Geburtsdatum und Art des beantrag-<br />
ten Pflegehilfsmittels - mehr ist nicht notwendig.<br />
Wer will, kann zusätzlich den § 40 SGB XI zitieren<br />
z. B.: „Das Hilfsmittel „dient zur Erleichterung der<br />
Pflege“ oder „zur Linderung der Beschwerden“<br />
oder „soll eine selbständigere Lebensführung er-<br />
möglichen“.<br />
Da Verpackungsgrößen z. B. bei Bettschutzeinla-<br />
gen meist nicht mit dem Monatsbedarf überein-<br />
st<strong>im</strong>men, empfiehlt es sich, bei der Abrechnung<br />
aufzuführen, für wie viele Monate der Einkauf<br />
ausreichend ist, um nicht Probleme mit der Ab-<br />
rechnung zu bekommen oder eventuell selbst<br />
etwas zuzahlen zu müssen, weil der Rechnungs-<br />
betrag größer als 31 € war. Pauschalzahlungen<br />
in Höhe von 31 €/Monat wie sie früher von man-<br />
chen Kassen aus Vereinfachungsgründen gelei-<br />
stet wurden, sind nach einem BSG-Urteil nicht<br />
mehr möglich.<br />
Neuerdings verlangen zwar manche Pflege-<br />
kassen auch für Pflegehilfsmittel eine ärztliche<br />
Bescheinigung (kein Rezept). Aber da genügt<br />
normalerweise ein Hinweis auf die dort vorlie-<br />
genden Patientenunterlagen, den internen Ver-<br />
waltungsaufwand oder die Frage (notfalls an hö-<br />
herer Stelle), ob damit ein gesetzlich geregelter<br />
Anspruch „abgew<strong>im</strong>melt“ werden soll.<br />
-Anzeige-<br />
Text: Herbert Müller
32<br />
Bundessozialgericht:<br />
Medikamentengabe gehört<br />
zur Pflege<br />
Mit Urteil vom 17. 3. 2005 (B 3 KR 8/04 R) hat das BSG entschieden, dass die Medikamen-<br />
tengabe als Bestandteil der häuslichen Krankenpflege auch weiterhin eine Leistung der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) darstellt.<br />
Klägerin war<br />
eine 86 jährige<br />
Versicherte, die<br />
Leistungen der<br />
sozialen Pfle-<br />
geversicherung<br />
nach der Pflege-<br />
stufe 1 erhält.<br />
Der behandeln-<br />
de Arzt verord-<br />
nete ihr zwe<strong>im</strong>al<br />
täglich Medika-<br />
mentengabe in<br />
Form von häus-<br />
licherKran- kenpflege. Die<br />
beklagte Kran-<br />
kenkasse lehnte<br />
den Antrag je-<br />
doch ab, mit der<br />
Begründung,<br />
dass sie nicht zuständig sei, da die Medikamen-<br />
tengabe in einem unmittelbaren zeitlichen Zu-<br />
sammenhang mit der Nahrungsaufnahme stehe<br />
und deshalb <strong>im</strong> Rahmen der Pflegeversicherung<br />
als Grundpflege zu berücksichtigen sei.<br />
Der Klage wurde in erster und zweiter Instanz<br />
stattgegeben und die Krankenkasse zur Zah-<br />
lung der Medikamentengabe verurteilt. Der 3.<br />
Senat hat jetzt auch die Revision der beklagten<br />
Krankenkasse zurückgewiesen und klargestellt,<br />
dass es sich bei der Medikamentengabe um eine<br />
Form der Behandlungspflege handelt, die vom<br />
Verrichtungskatalog des § 14 Abs. 4 SGB XI (So-<br />
zialgesetzbuch) nicht erfasst wird. Insbesondere<br />
handelt es sich nicht um eine Pflegemaßnahme<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Verrichtung der „Nahrungsauf-<br />
nahme“ <strong>im</strong> Sinne des (Leistungs-)Katalogs. Es<br />
verbleibt daher für die Medikamentengabe bei<br />
der Leistungspflicht der gesetzlichen Kranken-<br />
kassen nach § 37 SGB V.<br />
Medikamente sind nach den Feststellungen des<br />
Gerichts keine „Nahrung“ <strong>im</strong> Sinne des § 14 Abs.<br />
4 SGB XI. Dazu zählen nur die festen und flüs-<br />
sigen Nahrungsmittel, die der Mensch zu seiner<br />
Ernährung, das heißt zur Aufrechterhaltung<br />
der Stoffwechselfunktionen zu sich n<strong>im</strong>mt. Die<br />
Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI spricht<br />
ausdrücklich nur von der „Aufnahme der Nah-<br />
rung“, nicht aber z. B. von der Aufnahme von<br />
verdaulichen Stoffen jeder Art. Deshalb stellt<br />
die Medikamentengabe grundsätzlich keine<br />
Verrichtung der Grundpflege i. S. d. § 14 Abs.<br />
4 SGB XI dar und kann ihr auch nicht gleichge-<br />
stellt werden.<br />
Für den Bereich der Medikamentengabe ist<br />
somit endgültig geklärt, dass die gesetzlichen<br />
Krankenkassen nach wie vor leistungspflichtig<br />
sind. Den Krankenkassen ist damit einmal mehr<br />
untersagt worden, eigene Zuständigkeiten auf<br />
die Pflegekassen abzuwälzen.
- Anzeige -<br />
Wahlrecht für<br />
Pflegebedürftige<br />
Darüber hinaus hat der 3. Senat mit seinem Ur-<br />
teil klargestellt, dass sich die Regelung des § 37<br />
SGB V nicht nur auf die seit dem 1. 1. 2004 <strong>im</strong><br />
Gesetzestext geregelten Kompressionsstrümpfe<br />
bezieht, sondern auf sämtliche krankheitsspezi-<br />
fischen Pflegemaßnahmen. Gleichzeitig hat der<br />
Senat mit seiner Entscheidung den Pflegebe-<br />
dürftigen ein Wahlrecht eingeräumt.<br />
Hintergrund für die Entscheidung des BSG sind<br />
verfassungsrechtliche Bedenken zu der Neure-<br />
gelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Zum einen<br />
könnte sich eine dem Wesen der Sozialversiche-<br />
rung fremde gleichzeitige Zuständigkeit von<br />
sozialer Pflegeversicherung und GKV ergeben,<br />
wenn der Pflegebedürftige einen Anspruch auf<br />
häusliche Krankenpflege in Form der Hilfe be<strong>im</strong><br />
An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen<br />
ab Kompressionsklasse 2 hätte und der Hilfebe-<br />
darf bei der Feststellung der Pflegebedürftig-<br />
keit ebenfalls berücksichtigt würde.<br />
Zum anderen erschien dem 3. Senat<br />
die Vorschrift des neuen § 37 Abs. 2<br />
Satz 1 SGB V unter dem Aspekt des<br />
allgemeinenGleichheitsgrundsatzesbedenklich:<br />
Für den vergleichsweise weniger gravierenden<br />
Fall des Tragens von Kompressionsstrümpfen<br />
hatte man eine Ausnahmeregelung geschaffen,<br />
während wesentlich schwerwiegendere Fälle<br />
der Behandlungspflege (z. B. Beatmung oder<br />
Stoffwechsel) ungeregelt geblieben waren.<br />
Behandlungs- und<br />
Grundpflege<br />
Demzufolge hat der 3. Senat mit seiner Ent-<br />
scheidung die Neuregelung des § 37 Abs. 2 Satz<br />
1 SGB V über seinen Wortlaut hinaus erweitert<br />
und hat die bisherige <strong>Recht</strong>sprechung des BSG<br />
in diesem Bereich mit Wirkung ab Januar 2004<br />
wie folgt verändert:<br />
1. Maßnahmen der Behandlungspflege kön-<br />
nen weiterhin nur dann der Grundpflege zu-<br />
geordnet werden, wenn sie entweder
34<br />
untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung<br />
der Grundpflege sind oder sie mit einer<br />
solchen Maßnahme objektiv notwendig in<br />
einem unmittelbaren zeitlichen und recht-<br />
lichen Zusammenhang stehen.<br />
2. Dem Pflegebedürftigen wird ein Wahlrecht<br />
zugestanden, ob er eine Zuordnung der Be-<br />
handlungspflege zur Grundpflege wünscht<br />
oder nicht. Dadurch soll verhindert wer-<br />
den, dass die Zuordnung ggf. <strong>im</strong> Falle der<br />
Inanspruchnahme von Sachleistungen zu<br />
Nachteilen für den Versicherten führt. Das<br />
Wahlrecht soll der Pflegebedürftige bei der<br />
erstmaligen Antragstellung bzw. vor Ab-<br />
schluss des Verwaltungsverfahrens gegen-<br />
über der Pflegekasse ausüben, indem er<br />
Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder Kom-<br />
binationsleistungen beantragt. Er kann es<br />
aber auch bei einem späteren Wechsel vom<br />
Pflegegeld zur Sachleistung oder umgekehrt<br />
geltend machen.<br />
3. Der MDK (Medizinische Dienst der Kranken-<br />
kassen) hat in dem zu erstellenden Gutachten<br />
die notwendigen Behandlungsmaßnahmen,<br />
die der Grundpflege zugeordnet werden<br />
können, gesondert aufzuführen und den ent-<br />
sprechenden Pflegeumfang auszuweisen. Bei<br />
einem Antrag auf Pflegegeld erfolgt in der<br />
Gesamtbetrachtung des Pflegebedarfs eine<br />
Addition des Pflegeumfangs für die verrich-<br />
tungsbezogenenBehandlungspflegemaß- nahmen; bei Beantragung von Pflegesachlei-<br />
stungen unterbleibt die Addition: Wird die<br />
Kombinationsleistung gewählt, hängt die<br />
Berücksichtigung des Pflegeumfangs für die<br />
verrichtungsbezogene Behandlungspflege<br />
davon ab, ob der Antragsteller diese Pflege-<br />
maßnahmen ehrenamtlich (dann Addition)<br />
oder durch einen Pflegedienst (dann keine<br />
Addition) durchführen lassen möchte.<br />
An seine Entscheidung, in welchem Verhältnis er<br />
Geld- und Sachleistungen in Anspruch nehmen<br />
will, ist der Pflegebedürftige für sechs Monate<br />
gebunden. Umgekehrt hat das BSG aber auch<br />
klargestellt, dass die Krankenkasse ihre Lei-<br />
stungspflicht für häusliche Krankenpflege nach<br />
§ 37 SGB V nicht mit dem Argument bestreiten<br />
kann, dass an sich eine Zurechnung des Pflege-<br />
aufwands zur Grundpflege hätte erfolgen müs-<br />
sen, wenn bei einem Pflegebedürftigen eine an<br />
sich berücksichtigungsfähige Hilfe bei einer ver-<br />
richtungsbezogenenBehandlungspflegemaß- nahme be<strong>im</strong> Grundpflegebedarf außer Ansatz<br />
geblieben ist und sich der Pflegebedürftige der<br />
Hilfe durch einen Pflegedienst bedient hat.<br />
Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob sich die ver-<br />
änderte <strong>Recht</strong>sprechung des BSG zu § 37 SGB<br />
V auch in der Praxis ohne weiteres umsetzen<br />
lässt. Fest steht jedenfalls, dass sich der Pflege-<br />
bedürftige schon früh gut überlegen muss, auf<br />
welche Weise er sein neues Wahlrecht ausüben<br />
will. Den MDK trifft bei seiner Begutachtung si-<br />
cherlich eine höhere Sorgfaltspflicht, und nicht<br />
zuletzt auch die Pflegekasse, die den Versicher-<br />
ten <strong>im</strong> Antragsverfahren viel umfangreicher<br />
aufklären muss als bisher.<br />
Text: Dr. Heike Bennemann,<br />
<strong>Recht</strong>sanwältin<br />
Foto: Schütze & Hartmann<br />
<strong>Recht</strong>sanwälte AG, Lünen
36<br />
25 Jahre FGQ<br />
Wirklich bescheiden waren die Anfänge. Ein<br />
Treppenwitz, dass ein frühes Treffen der Ver-<br />
einsaktivisten in einem Ort namens „machtlos“<br />
stattfand. Gründungsmitglieder, von denen ei-<br />
nige noch dabei sind, erinnern sich, dass auch<br />
damals schon Themen diskutiert wurden, die<br />
heute oft noch erschreckend aktuell sind. Hel-<br />
mut Weiß, Ideengeber der ersten Stunde und<br />
erster Chefredakteur der ersten Publikation<br />
(paraplegiker) des neuen Vereins ging bereits in<br />
der Ausgabe engagiert an die Themenbereiche<br />
Arbeit, Freizeit, Sport, Urlaub und Sozialpolitik.<br />
Gründungsvorsitzender (und bis heute <strong>im</strong> Amt)<br />
Prof. (damals noch Dr.) Hans Jürgen Gerner um-<br />
riss klar und eindeutig das Ziel der FGQ (damals<br />
noch Fördergemeinschaft der Paraplegiker) „<strong>im</strong><br />
Einzelfall da Starthilfe (zu) geben, wo das Netz<br />
der sozialen Sicherheit zu grobmaschig ist.“ Von<br />
Anfang an war auch allen Beteiligten klar, dass<br />
die Probleme und Interessen der Querschnittge-<br />
lähmten an die Öffentlichkeit gehören.<br />
Die so genannte Einzelfallhilfe war von Gründung<br />
an ein Schwerpunkt der Arbeit der mittlerweile<br />
vom Finanzamt als „mildtätig“ anerkannten För-<br />
dergemeinschaft. Zwei Beispiele: Einem quer-<br />
schnittgelähmten Autofahrer wurde von der<br />
Fördergemeinschaft ein elektrischer Garagentü-<br />
25 Jahre FGQ:<br />
Eine Erfolgsgeschichte<br />
Am Anfang war eine gute Idee. So gut, dass sie wie eine Illusion<br />
wirkte, ein Traumbild, das niemals zu verwirklichen sein würde.<br />
Es brauchte eine gute Zeit, ein paar Spinner (<strong>im</strong> guten Sinne),<br />
einige engagierte Geburtshelfer, viele Mitstreiter und mehrere<br />
Leistungsträger mit langem Atem, um der Idee zum Leben zu verhelfen und sie lebendig<br />
zu erhalten: Ein deutschlandweiter Selbsthilfeverein für querschnittgelähmte Menschen.<br />
In diesem Jahr feiert die Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland<br />
e.V. (FGQ) ihr 25 jähriges Bestehen, still und bescheiden, wie es ihre Art ist…<br />
rantrieb finanziert um ihm eine direkte Einfahrt<br />
in die Garage und über diese einen Zugang ins<br />
Haus zu ermöglichen. 2002, <strong>im</strong> Jahr der Oderflut<br />
wurde einem dringend auf einen PKW angewie-<br />
senen Querschnittgelähmten in den neuen Bun-<br />
desländern vorübergehend ein PKW zur Verfü-<br />
gung gestellt – sein bisheriges Fahrzeug war vom<br />
Hochwasser zerstört worden, sein Arbeitsplatz<br />
dadurch akut in Gefahr. Die Fördergemeinschaft<br />
hält einen Fahrzeugpool bereit um denjenigen,<br />
die keine Möglichkeiten auf finanzielle Unter-<br />
stützung zur Fahrzeuganschaffung haben, die<br />
dringend benötigte Mobilität zu ermöglichen.<br />
Die Fahrzeughilfe ist aber nur ein Beispiel für die<br />
Hilfeleistungen der FGQ. Häufig geraten Fami-<br />
lien in wirtschaftliche Not, weil ihnen nicht oder<br />
nicht schnell genug geholfen wird, wenn z.B. der<br />
Haupternährer durch eine erlittene Querschnitt-<br />
lähmung plötzlich ausfällt. Die FGQ kann nicht<br />
die Existenz der Betroffenen sichern, aber sie<br />
kann überbrücken helfen und doch <strong>im</strong>mer wie-<br />
der Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.<br />
Starthilfe und<br />
Forschungsförderung<br />
Seit Jahren betreibt die Fördergemeinschaft in<br />
mehreren Städten so genannte „Startpunkt-
Wohnungen“. Nach der Entlassung aus der Er-<br />
streha finden Betroffene dort für bis zu sechs<br />
Monate eine Übergangswohnung bis sie auf<br />
dem freien Wohnungsmarkt fündig geworden<br />
sind oder ihre eigene Wohnung umgebaut<br />
haben. Die erste Startpunktwohnung wurde<br />
schon 1992 auf Initiative des Chefarztes an der<br />
Bayreuther Klinik für Querschnittgelähmte, Prof.<br />
Dr. Werner Grüninger, in Kliniknähe eingerich-<br />
tet. Allerdings stößt dieses Konzept inzwischen<br />
an seine Grenzen. Geänderter Wohnungsmarkt<br />
und andererseits rigide Sparpolitik der Rehabili-<br />
tationsträger sorgen dafür, dass Querschnittge-<br />
lähmte nach der <strong>im</strong>mer hastiger verlaufenden<br />
Erstreha schnell in der eigenen Wohnung oder<br />
schl<strong>im</strong>mstenfalls gegen ihren Willen <strong>im</strong> Pflege-<br />
he<strong>im</strong> landen…<br />
Gegen gesellschaftliche Tendenzen kann auch<br />
das Engagement der FGQ nur <strong>im</strong> Einzelfall et-<br />
was ausrichten. Die Einzelfallhilfe ist die wich-<br />
tigste, wenn auch oft unspektakulärste Aufga-<br />
be geblieben. Glücklicherweise haben sich die<br />
finanziellen Möglichkeiten des Vereins durch<br />
seriöse und hartnäckige Arbeit wesentlich ver-<br />
bessert. Eisern gespart werden muss trotzdem,<br />
dafür sorgte und sorgt Schatzmeister Franz<br />
Kniel. Er weiß, dass die Zeiten für Gemeinnüt-<br />
zigkeit nicht besser werden, es gibt <strong>im</strong>mer mehr<br />
Konkurrenten um den Spendenkuchen. Und<br />
auf der anderen Seite hat die Politik in den letz-<br />
ten Jahrzehnten flächendeckend ihre absolute<br />
Hilflosigkeit bewiesen das Problem Arbeitslo-<br />
sigkeit in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig<br />
hat sich nichts daran verändert, dass behinder-<br />
te Arbeitnehmer von dieser negativen Tendenz<br />
besonders hart getroffen werden. Auch jede<br />
von wem auch <strong>im</strong>mer angeleierte „Reform“ in<br />
Gesundheits- oder Sozialwesen (<strong>im</strong> Grunde alles<br />
Versuche auf Kosten Schwacher Geld zu sparen)<br />
ging tendenziell zu Lasten von Menschen mit<br />
eingeschränkter Gesundheit.<br />
25 Jahre FGQ<br />
Eine Ausnahme muss allerdings gemacht wer-<br />
den. Dass es jetzt eine wahrnehmbare For-<br />
schung zum Thema Querschnittlähmung in<br />
unserem Land gibt, hat auch mit der FGQ zu<br />
tun. Die Tatsache, dass ein bekannter Spitzen-<br />
politiker (Dr. Wolfgang Schäuble) seit einem<br />
Attentat zur betroffenen Bevölkerungsgruppe<br />
gehört, hat den Weg dazu bereiten helfen. Ein<br />
wichtiger Ansatz war sicherlich auch die von der<br />
FGQ initiierte Gründung der Deutschen Stiftung<br />
Querschnittlähmung, die sich vor allem für die<br />
Grundlagenforschung einsetzt. Unübersehbar<br />
ist es der Verdienst des kürzlich verstorbenen<br />
Hans Werner Kämpgen, das Thema „Schmerz<br />
bei Querschnittlähmung“ öffentlich bekannt<br />
gemacht zu haben. Noch vor wenigen<br />
-Anzeige-
38<br />
25 Jahre FGQ<br />
Jahren wurden die teilweise unerträglichen<br />
Missempfindungen Betroffener nicht ernst ge-<br />
nommen, sogar psychiatrisiert.<br />
Aktivität der Mitglieder<br />
Die Unterstützung und Beratung Betroffener lief<br />
zunächst nur zentral oder über Einzelpersonen.<br />
Auf FGQ-Gründungsmitglied Christian Joach<strong>im</strong>i,<br />
damals Geschäftsführer, geht das „Stützpunkt“-<br />
Netzzurück.DieIdeewaranallenmitQuerschnitt-<br />
Rehabilitation befassten Kliniken Deutschlands<br />
Ansprechpartner zu haben, auf medizinischer,<br />
sozialer und Betroffenenseite. Das ist in der Re-<br />
gel erreicht worden, mit einigen Schwankungen<br />
über die Jahre. Die einzelnen Stützpunkte haben<br />
sich dabei zum Teil spezialisiert und bieten neben<br />
ihrer Zusammenarbeit mit den Kliniken zu wich-<br />
tigen Themen wie Mobilität, <strong>Recht</strong>sberatung,<br />
Rollstuhlsport etc. Informationen und Unterstüt-<br />
zung. Einige Ansprechpartner arbeiten eng mit<br />
anderen Ämtern, Organisationen und Instituti-<br />
onen zusammen, wirken an der Gestaltung von<br />
Stadtführern mit oder betreuen Betroffene in<br />
örtlichen Wohnhe<strong>im</strong>en. Inzwischen gibt es auch<br />
ein stärker werdendes Netzt von selbstbetrof-<br />
fenen Beratern. Die Zukunft wird zeigen, welche<br />
vielleicht auch neuen Wege die FGQ einschlagen<br />
muss, um ihren Beratungsaufgaben gerecht wer-<br />
den zu können. Eins wird jedoch <strong>im</strong>mer gelten:<br />
Der Verein kann nur so gut sein wie die Aktivität<br />
seiner Mitglieder.<br />
Eine Hierarchie <strong>im</strong> herkömmlichen Sinn gibt es in<br />
der FGQ nicht. Man hat sich früh dazu entschlos-<br />
sen, bei der Organisationsform „bundeswei-<br />
ter Verein“ zu bleiben. Das hält die Bürokratie<br />
winzig. Es gibt einen gewählten Vorstand, der<br />
sich mehrmals jährlich trifft, sich ansonsten per<br />
E-Mail abst<strong>im</strong>mt. Es gibt die Zentrale in Möls-<br />
he<strong>im</strong>, wo alle Fäden zusammenlaufen. Und es<br />
gibt die Arbeitsgemeinschaften (ARGE), die sich<br />
schwerpunktmäßig mit Themen wie Schmerz,<br />
Ambulante Dienste, Bauen & Umwelt, Urlaub,<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Schule, Studium &<br />
Beruf beschäftigen. In den letzten Jahren neu<br />
hinzugekommen sind die ARGE <strong>Recht</strong> sowie ein<br />
<strong>Recht</strong>sbeistand <strong>im</strong> Sozialrecht.<br />
Zu den über die Jahre wichtigen Themen, die<br />
auch heute noch <strong>im</strong> Mittelpunkt stehen, gehö-<br />
ren Fragen der Mobilität und Integration in den<br />
<strong>Alltag</strong>. Es waren Veröffentlichungen der FGQ, die<br />
entscheidend mithalfen, dass die Verkehrsmittel<br />
in Deutschland die Weichen in Richtung Barrie-<br />
refreiheit stellten – auch wenn dieser Weg noch<br />
nicht zu Ende ist. Die ARGE Urlaub organisierte<br />
Anfang der 80er Jahre, als es zum Beispiel kaum<br />
auf Rollstuhlfahrer zugeschnittene Reiseange-<br />
bote gab, eine Gesprächsrunde mit den großen<br />
deutschen Reiseveranstaltern. Es waren nicht zu-<br />
letzt die Anregungen aus diesem Gespräch und<br />
die Kontakte der Folgezeit, die zu einer Verbes-<br />
serung der Situation geführt haben. Mehrere<br />
Reiseveranstalter geben heute Zusatzkataloge<br />
heraus, bieten speziell zugeschnittene Reisen an<br />
und auch be<strong>im</strong> Umgang mit Behinderungen ist<br />
man fachkundiger geworden. Es hat sich sogar<br />
ein eigener Markt für „Handikap-Reisen“ gebil-<br />
det, der von der Fördergemeinschaft sorgsam<br />
beobachtet wird.<br />
Die ARGE Ambulante Dienste hat unzählige Hil-<br />
fesuchende beraten und sich auch kritisch in den<br />
politischen Prozess eingeschaltet. Oft fand sie<br />
Gehör, allerdings wurden viele Ansätze wie die<br />
Ausgestaltung der Pflegeversicherung besonders<br />
für Härtefälle wie Beatmungspflichtige zuneh-<br />
mend ohne die Anhörung Betroffener politisch<br />
entschieden und durchgesetzt. Verstärkt hat sich<br />
in den letzten Jahren allgemein die Tendenz, Ge-<br />
setze mit unabsehbaren sozialen Folgen schnell<br />
und diskussionslos durchzupeitschen, wobei sich<br />
viele Schnellschüsse <strong>im</strong>mer wieder als
i<br />
-Anzeige-<br />
Herausgeber:<br />
Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten e.V.<br />
Hardcover, 115 Seiten, 70 Abbildungen<br />
ISBN 3-00-015874-X<br />
Humanis-Verlag<br />
Rasso Bruckert; QA-Einblicke<br />
QUERSCHNITTGELÄHMTEN<br />
FÖRDERGEMEINSCHAFTDER<br />
IN DEUTSCHLAND e.V.<br />
Der querschnittgelähmte Fotograf ist bekannt<br />
geworden durch seine Akt- und Portraitaufnah-<br />
men behinderter Menschen. Als einer der ersten<br />
hat er damit Sehgewohnheiten in Frage gestellt,<br />
die nur unversehrte genormte Attraktivität gel-<br />
ten lassen.<br />
19,90 € plus Versand bei<br />
Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten<br />
Silcherstraße 15, 67591 Mölshe<strong>im</strong><br />
Tel.: 0 62 43-52 55<br />
E-Mail: fgq-moelshe<strong>im</strong>@t-online.de<br />
Internet: www.fgq.de<br />
Bruckert n<strong>im</strong>mt uns in diesem Buch mit auf eine<br />
direkte und emotionale Reise in eine ernste Wirk-<br />
lichkeit. Der Untertitel des aufwändig ausgestat-<br />
teten Schwarz-Weiß-Fotobandes verrät, wohin<br />
die „Einblicke“ gehen – „in eine Station für Quer-<br />
schnittgelähmte der Orthopädischen Univer-<br />
sitätsklinik in Heidelberg/Schlierbach“, dessen<br />
Chef übrigens der langjährige erste Vorsitzen-<br />
de der Fördergemeinschaft der Querschnittge-<br />
lähmten (FGQ) ist, Prof. Dr. Hans Jürgen Gerner.<br />
Folgerichtig ist das Buch auch von der FGQ unter-<br />
stützt worden und über ihre Zentrale erhältlich.
40<br />
25 Jahre FGQ<br />
Rohrkrepierer herausstellten… Themen wie be-<br />
hindertengerechtes Bauen und Wohnen, selbst-<br />
best<strong>im</strong>mtes Leben und Hilfsmittelversorgung<br />
wurden schon in den ersten Jahren des Beste-<br />
hens der FGQ thematisiert. Bei der Rollstuhlent-<br />
wicklung schaltete sich die Fördergemeinschaft<br />
mit Verbesserungsvorschlägen und Anregungen<br />
aktiv ein. Neben den Arbeitsgemeinschaften<br />
und dem Sekretariat (Kontaktadressen finden<br />
Sie auf der letzten Seite dieser Broschüre) prä-<br />
sentiert sich die Fördergemeinschaft traditionell<br />
auf den wichtigen themenbezogenen Messen<br />
um die überregionalen Kontakte zu verbessern<br />
und persönliche Gespräche zu ermöglichen.<br />
Weg in die Zukunft<br />
Seit Anfang August 2006 ist die FGQ Eigentüme-<br />
rin des HUMANIS-Verlages, der vor allem Zeit-<br />
schriften und Bücher aus dem Behinderten- und<br />
Selbsthilfebereich herausgibt. Damit setzt sich<br />
eine erfreuliche Tendenz konsequent fort: Die<br />
Fördergemeinschaft bietet <strong>im</strong>mer mehr Infor-<br />
mationsmaterialen für Betroffene an. In einer<br />
eigenen sehr erfolgreichen Reihe von Broschü-<br />
ren gibt es inzwischen Ausgaben mit den The-<br />
men Gesundheit, Familie & Partnerschaft, Woh-<br />
nen, hier vorliegend <strong>Recht</strong> und zur allgemeinen<br />
Orientierung: „Info“. Weitere werden folgen.<br />
Neben dem o.e. offiziellen Organ der FGQ rich-<br />
tet sich „B - Journal für behinderte Menschen“<br />
dagegen an alle Körperbehinderten, ihre Ange-<br />
hörigen und alle am Thema Interessierten. Für<br />
querschnittgelähmte Leser gibt es darin den<br />
Durchhefter „Q – die Seiten für Querschnitt-<br />
gelähmte“ jeweils in der Heftmitte. FGQ und<br />
HUMANIS-Verlag glauben, dass es wichtig ist in<br />
diesen materialistischen Zeiten die eigenen Ziele<br />
nicht aus den Augen zu verlieren. Einen Verein<br />
zu führen ist kein Geschäft. Zwar ist gerade<br />
hier der besonders sensible Umgang mit den<br />
Finanzen gefragt, auf die satzungsgemäße Ver-<br />
wendung der Gelder schaut nicht zuletzt das Fi-<br />
nanzamt. Aber Geld ersetzt keine Inhalte. Wer<br />
in einem solchen Verein mitarbeiten will, sollte<br />
wissen, dass es vorrangig eben nicht um sein<br />
eigenes Fortkommen gehen kann, sondern um<br />
die Interessen der Bevölkerungsgruppe und der<br />
ihr angehörenden bedürftigen Einzelpersonen,<br />
die von dem jeweiligen Zusammenschluss ver-<br />
treten werden.<br />
Ähnliches gilt für Selbsthilfe-Zeitschriften. Das<br />
darf kein Geschäftsfeld werden, in dem die<br />
Überzeugungen der Eigentümer keine Rolle<br />
mehr spielen und nur die reine Geldvermehrung<br />
von Bedeutung ist. Allerdings kann niemand in<br />
diesem Land daran gehindert werden, sich an-<br />
gebliche Botschaften unter den Nagel zu reißen<br />
um eine Grundlage für ein vermeintlich sicheres<br />
Geschäft zu haben. Es mag nicht zeitgemäß wir-<br />
ken, aber Verein und Verlag vertrauen darauf,<br />
dass die Mehrheit der Leser auf Dauer erkennt,<br />
was eine echte Selbsthilfezeitschrift ist. Die<br />
braucht Macher und Autoren, die ein Konzept<br />
haben und mit Herzblut dabei sind. Die darum<br />
kämpfen, sich auch gegen eine wirtschaftlich<br />
stärkere Konkurrenz zu behaupten. Die einen<br />
langen Atem haben und nicht vergessen wes-<br />
sen Interessen sie vertreten. Und die nicht gleich<br />
jedem modischen Schnickschnack auf den Le<strong>im</strong><br />
zu gehen, den gerade irgendwelche selbster-<br />
nannten Marketingexperten propagieren.<br />
In Deutschland wird oft kleinkarierte Vereins-<br />
meierei beklagt, gerade auch <strong>im</strong> Bereich der Be-<br />
hindertenselbsthilfe. Das mag gelegentlich zu-<br />
treffen. Wer sich aber als Bevölkerungsgruppe<br />
<strong>im</strong> brutaler und kälter werdenden Verteilungs-<br />
kampf behaupten will, muss zusammenhalten.<br />
Die FGQ hat das gelernt. Sie wird ihren Weg in<br />
die Zukunft finden.<br />
Peter Mand, FGQ Schriftführer
ARGE <strong>Recht</strong>:<br />
Hilfe für Unfallopfer<br />
Die jüngste Arbeitsgemeinschaft der FGQ ist jetzt auch schon drei Jahre alt. Wie groß<br />
der Bedarf tatsächlich war, hat die Initiatoren selbst überrascht. Mittlerweile gehen bei<br />
Koordinator Gottfried Weller jede Woche mehrere Anfragen ein. Die Bandbreite reicht<br />
von Fragen zur Pflegeeinstufung über Probleme mit eigenen Versicherungen (Berufsge-<br />
nossenschaft und auch Unfallversicherung) bis hin zum klassischen Verkehrsunfall inklusive<br />
Einschätzung der Schadensquote.<br />
Auffällig ist die Tendenz der Leistungs-<br />
träger (pr<strong>im</strong>är Sozialkassen und Be-<br />
rufsgenossenschaften) von Jahr zu<br />
Jahr weniger Mittel für behinderten-<br />
gerechtes Leben zur Verfügung zu stel-<br />
len. Dies geht stellenweise so weit, dass<br />
die Berufsgenossenschaften den Ge-<br />
schädigten vorschreiben wollen, wo sie<br />
ihre Bedarfsartikel (Katheter etc.) zu<br />
kaufen haben. Gibt es dort nur Artikel<br />
minderer Qualität, hat der Betroffene<br />
eben Pech gehabt.<br />
Hauptthema ist aber nach wie vor das<br />
zögerliche Regulierungsverhalten der<br />
Schadensversicherer. Sowohl die eigene<br />
Unfallversicherung als auch die gegne-<br />
rische Haftpflichtversicherung ziehen<br />
die Regulierung oft über Jahre hinaus, obwohl<br />
die Eintrittspflicht und auch das Vorliegen eines<br />
Dauerschadens unstreitig sind. Hier konnte die<br />
ARGE oft aus Erfahrung heraus Hilfe betreffend<br />
der Höhe des zu fordernden Schadensersatzes<br />
anbieten und Anrufer vor zu kleinen Abfin-<br />
dungsangeboten warnen. In vielen Fällen ist<br />
es darüber hinaus gelungen, den Betroffenen<br />
durch Rat bei der Entscheidungsfindung zu hel-<br />
fen und neuen Mut zu geben. In Einzelfällen<br />
wurden auch mit guten Ergebnissen die jewei-<br />
ligen Verantwortlichen angeschrieben und da-<br />
durch Druck ausgeübt.<br />
ARGE <strong>Recht</strong> Mitinitiator RA Oliver Negele.<br />
Konkret plant die ARGE derzeit sich mit dem<br />
Bundestag in Verbindung zu setzen, da sie die<br />
Mindestversicherungssummen von 2,5 Millio-<br />
nen € pro Person für nicht mehr zeitgemäß er-<br />
achtet. Es liegen Fälle von Betroffenen vor, bei<br />
denen allein die monatliche Pflege ca. 25 000.-€<br />
beträgt. Nach etwa acht Jahren wären bei einer<br />
Mindestversicherungssumme von 2,5 Mio. € die<br />
Leistungen der Versicherer verbraucht, danach<br />
muss der Sozialstaat einspringen, was dieser<br />
– zum Nachteil der Geschädigten – in der Regel<br />
nicht in dem Umfang wie eine Versicherung tun<br />
kann. Ziel der ARGE <strong>Recht</strong> ist<br />
41
42<br />
eine unbegrenzte Deckung, wie es manche Ver-<br />
sicherer bereits anbieten, mindestens aber eine<br />
Deckung von 10 Mio. €.<br />
Bei einer Querschnittlähmung als Unfallfolge ist<br />
es besonders wichtig, dass ein <strong>im</strong> Schadensrecht<br />
versierter Anwalt eingeschaltet wird. Die ARGE<br />
<strong>Recht</strong> arbeitet mit <strong>Recht</strong>sanwälten zusammen,<br />
die sich auf das Verkehrs- und Schadensersatz-<br />
recht spezialisiert haben, unter anderem mit der<br />
Kanzlei Fleischmann, einer der bekanntesten<br />
<strong>Recht</strong>sanwälte für Verkehrsrecht in Deutsch-<br />
land. <strong>Recht</strong>sanwalt Thomas Reiche aus Köln ist<br />
selbst Betroffener, er arbeitet ebenfalls mit der<br />
ARGE zusammen. <strong>Recht</strong>sanwalt Oliver Negele<br />
aus Augsburg, Mitgründer der Arbeitsgemein-<br />
schaft <strong>Recht</strong>, ist ebenfalls schwerpunktmäßig in<br />
der Großschadensregulierung (besonders Quer-<br />
schnittlähmung) tätig. Die ARGE hat sich zum<br />
Ziel gesetzt, über die rechtlichen Problematiken<br />
nach einer Querschnittlähmung aufzuklären<br />
und eine erste Hilfestellung für den schwierigen<br />
Kampf mit den Versicherern und den Sozialkas-<br />
sen zu geben. Die folgende Liste zusammenge-<br />
stellt ist als erster Denkansatz gedacht, erhebt<br />
keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit und<br />
kann auch nicht die anwaltliche Beratung <strong>im</strong><br />
Einzelfall ersetzen.<br />
1. Die Haftungsquote<br />
Die Höhe der einzelnen Ansprüche wird bei<br />
Verkehrsunfällen maßgeblich von der Haftungs-<br />
quote best<strong>im</strong>mt. Nur wenn das Unfallopfer<br />
kein Mitverschulden trifft, liegt die Haftungs-<br />
quote bei 100 %. Wurden die Unfallfolgen je-<br />
doch durch das Unfallopfer mit verursacht, da<br />
beispielsweise gegen die Anschnallpflicht ver-<br />
stoßen wurde, kann u. U. eine Mithaftung be-<br />
rücksichtigt werden, wodurch sich die Höhe der<br />
Ansprüche – und zwar sämtlicher Ansprüche<br />
– um die Quote der Mithaftung reduziert.<br />
2. Materieller Schaden bei<br />
Körperverletzungen<br />
Neben dem Sachschaden ist oft die weitaus<br />
größte Schadensposition der materielle Scha-<br />
den bei Körperverletzungen. Dieser kann grob<br />
in die Bereiche Gesundheitsschaden, Mehrbe-<br />
darfsschaden, Erwerbsschaden und Haushalts-<br />
führungsschaden untergliedert werden.<br />
Der Gesundheitsschaden umfasst natürlich die<br />
Heilbehandlungskosten. Diese werden zwar<br />
größtenteils von der Krankenversicherung ge-<br />
tragen, in Einzelfällen muss jedoch die gegne-<br />
rische Versicherung über das Maß des Leistungs-<br />
kataloges der gesetzlichen Krankenkassen<br />
hinaus Ersatz leisten. Auch Gesundheitsschaden<br />
sind Begleitkosten wie z.B. Attestgebühren<br />
und Fahrkosten zum Arzt. Ebenso werden die<br />
Besuchskosten naher Angehöriger in der Regel<br />
ersetzt.<br />
Der Mehrbedarfsschaden umfasst „große“ Po-<br />
sitionen wie den behindertengerechten Umbau<br />
eines Hauses als auch kleinere Positionen wie<br />
erhöhte Nebenkosten für Heizung, Strom und<br />
Wasser, sofern diese auf die Behinderung zu-<br />
rückzuführen sind. Weiterhin können unter den<br />
Mehrbedarfsschaden auch Pflegekosten und<br />
die Kosten für ein behindertengerechtes Kraft-<br />
fahrzeug gefasst werden. Insbesondere ist es<br />
bei einer Querschnittlähmung auch üblich, dass<br />
der höhere Kleiderverschleiß durch das stän-<br />
dige Sitzen <strong>im</strong> Rollstuhl durch eine monatliche<br />
Geldzahlung abgegolten wird.<br />
Grundsätzlich tritt der Erwerbsschadensersatz<br />
an die Stelle des nunmehr nicht oder nur in Ren-<br />
tenform gezahlten Arbeitsentgeltes. Jedoch<br />
können auch Schüler und Studenten in den Ge-<br />
nuss dieses Schadenersatzes kommen. Mithin<br />
wird auch für die Zukunft geschätzt, welcher
Beruf ergriffen worden wäre und was in einem<br />
solchen Beruf verdient worden wäre.<br />
Letztlich kümmert sich jeder Mensch in gewis-<br />
sen Sinne selbst um seinen Haushalt, manchmal<br />
werden auch Familienangehörige mit versorgt.<br />
All dies kann nach einer Querschnittlähmung<br />
nicht mehr in dem Maße erfolgen wie bisher.<br />
Diesen Schaden nennt man Haushaltsführungs-<br />
schaden. Auch dieser ist einsatzfähig, und zwar<br />
dergestalt, dass eine Haushaltshilfe von der<br />
gegnerischen Versicherung oder den Sozialver-<br />
sicherungsträger bezahlt wird, bzw. die hierfür<br />
nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.<br />
Immaterieller Schaden<br />
Eine weitere, <strong>im</strong>mer mehr an Bedeutung erlan-<br />
gende Schadensposition ist der <strong>im</strong>materielle<br />
Schaden, bzw. das Schmerzensgeld. Dieses wird<br />
als Ausgleich für Schmerzen und Unzulänglich-<br />
keiten bezahlt. Be<strong>im</strong> Schmerzensgeld handelt es<br />
-Anzeige-<br />
sich um sog. Schonvermögen, das nicht zur Be-<br />
streitung der Lebenshaltungskosten herangezo-<br />
gen werden muss, sondern allein dem Geschä-<br />
digten zugute kommen soll. Zwischenzeitlich<br />
werden für Querschnittlähmungen <strong>im</strong> Bereich<br />
der Tetraplegie Summen bis zu 500 000 € be-<br />
zahlt.<br />
Bei schwersten Verletzungen wie Querschnitt-<br />
lähmungen wird oft auch eine Schmerzensgeld-<br />
rente bezahlt. Hierbei handelt es sich regelmä-<br />
ßig um einen kleineren Fixbetrag um 250 €.<br />
Sonstiges<br />
DieMindestdeckungssummeistderjenigeBetrag,<br />
den eine gegnerische Haftpflichtversicherung <strong>im</strong><br />
ungünstigsten Fall bezahlen muss. Seit Anfang<br />
des Jahres 2002 gelten für die Mindestdeckungs-<br />
summen diese gesetzlichen Vorschriften:<br />
• Die Mindestdeckungssumme pro geschä-<br />
digter Person muss 2,5 Mio. € betragen.
44<br />
• Bei Tötung oder Verletzung von drei und<br />
mehr Personen muss die Mindestdeckungs-<br />
summe insgesamt 7,5 Mio. € betragen.<br />
• Bei Sachschäden beläuft sich die Mindestde-<br />
ckungssumme auf 500 000 €.<br />
• Bei reinen Vermögensschäden (keine Per-<br />
sonen- oder Sachschäden) beläuft sich die<br />
Mindestdeckungssumme auf 50 000 €.<br />
• In der Praxis beträgt die Haftpflichtdeckung<br />
heutzutage jedoch in der Regel zwischen<br />
8 und 10 Mio. € pro geschädigter Person.<br />
Verjährung / Obliegenheiten (Pflichten):<br />
Bei einem Schadensfall treffen den Geschä-<br />
digten eine Vielzahl von Obliegenheiten, deren<br />
Nichterfüllung finanzielle Einbußen zur Folge<br />
haben kann. Auch droht bei zögerlicher Regu-<br />
lierung durch die Versicherer die Verjährung.<br />
Die Beratung durch einen Anwalt ist hier zwin-<br />
gend erforderlich.<br />
Die <strong>Recht</strong>sanwaltskosten werden bei Verkehrs-<br />
unfällen in der Regel auch ohne vorherige Inver-<br />
zugsetzung (schriftlich geforderter Termin) von<br />
der gegnerischen Haftpflichtversicherung über-<br />
nommen. Die gegnerische Versicherung bezahlt<br />
jedoch die Anwaltskosten nur aus dem Betrag,<br />
den sie letztendlich reguliert (d.h. bezahlt), so<br />
dass insoweit bei einem Mitverschulden oder<br />
bei einer zu hohen Forderung hier nicht alle An-<br />
waltskosten übernommen werden. Hier springt<br />
jedoch oft eine <strong>Recht</strong>sschutzversicherung ein<br />
(soweit vorhanden).<br />
Nach § 116 Sozialgesetzbuch X (SGB X) gehen<br />
bei gesetzlich Versicherten <strong>im</strong> Unfallzeitpunkt<br />
alle Schadenersatzansprüche, die <strong>im</strong> Leistungs-<br />
katalog der Krankenkassen enthalten sind, auf<br />
die Sozialversicherungsträger über. Mit anderen<br />
Worten: Diejenigen Kosten, für die die Kranken-<br />
kasse leistungspflichtig ist, können nicht be<strong>im</strong><br />
Schädiger geltend gemacht werden.<br />
Vorsorgevollmacht !<br />
Sehr wichtig ist, dass noch während der Zeit nach<br />
einem schweren Unfall mit Querschnittlähmung<br />
in Akutklinik und Reha bereits die Weichen für<br />
das spätere Leben mit der Behinderung gestellt<br />
werden. Hier empfiehlt es sich dringend, eine<br />
Vertrauensperson zur Erledigung dieser Aufga-<br />
ben einzuschalten, da der Betroffene selbst in<br />
der Zeit unmittelbar nach dem Unfall zu sehr<br />
mit sich selbst beschäftigt ist und wie die Erfah-<br />
rung zeigt regelmäßig keine Energie auf den<br />
„Papierkram“ verwenden kann.<br />
Bereits vorher, in jedem Fall aber nach dem Un-<br />
fall, empfiehlt es sich eine so genannte „Vorsor-<br />
gevollmacht“ für den Fall der Fälle auszustellen.<br />
Entsprechende Formulare finden sich auf der Ho-<br />
mepage des Bundesjustizministeriums (http://<br />
www.bmj.bund.de/media/archive/533.pdf).<br />
Wer will kann sich als Betroffener oder Ange-<br />
höriger jederzeit an die Arbeitsgemeinschaft<br />
wenden.<br />
Zum Thema Entschädigung bei Querschnittläh-<br />
mung nach Verkehrsunfall gibt es bei der ARGE<br />
einen Leitfaden, der als E-Mail verschickt wird.<br />
Kontakt:<br />
ARGE <strong>Recht</strong> der FGQ<br />
Gottfried Weller<br />
Dr. Loeffelladstraße 127<br />
86609 Donauwörth<br />
Tel.: 09 06-83 34; Fax: 9 99 97 16<br />
E-Mail: gottfriedweller@t-online.de
Ein aufschlussreicher Briefwechsel:<br />
An das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen<br />
Sehr geehrte Damen und Herren<br />
Frau Sabine U. hatte am 2002 als Beifahrerin<br />
einen Autounfall mit folgenden<br />
Verletzungen: komplette Querschnittlähmung<br />
unterhalb Halswirbelsegment vier/<br />
fünf. Komplette Lähmung beider Beine<br />
sowie der Bauch- und Rückenmuskulatur<br />
und teilweise der Handmuskulatur sowie<br />
fast vollständig der Fingermuskulatur. Es<br />
besteht eine komplette Blasen- und Mastdarmlähmung.<br />
Im Rahmen des Unfalles<br />
kam es noch zu weiteren schweren Verletzungen.<br />
Die Versicherung beruft sich auf eine Mindestdeckungssumme<br />
von 2,5 Mio. Euro,<br />
da der Vorbesitzer des Unfall-Pkw seinen<br />
Vertrag gekündigt hatte. Die Gesellschaft<br />
ist der Meinung, dass sie aufgrund der Beendigung<br />
des Vertragsverhältnisses lediglich<br />
mit der Mindestdeckungssumme von<br />
2,5 € gegenüber der Verletzten hafte.<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt Lachner aus der Kanzlei<br />
Fleischmann vertritt die Meinung, dass<br />
die Argumentation der Versicherung<br />
nicht stichhaltig ist.<br />
Sehr geehrte Damen und Herrn, die Versicherung<br />
hat bis heute, also vier Jahre<br />
nach dem Ereignis den Nachweis noch<br />
nicht erbracht, warum sie nur mit der gesetzlichen<br />
Mindestdeckungssumme von<br />
2,5 Millionen haftet. Wir haben daher die<br />
Bitte, dass von ihrer Institution geprüft<br />
wird, ob der Versicherer gegen das Gesetz<br />
verstoßen hat. Für ihre Bemühungen<br />
<strong>im</strong> voraus herzlichen Dank.<br />
Fazit aus der Antwort des<br />
Bundesaufsichtsamtes<br />
„Im vorliegenden Sachverhalt komme ich zu<br />
dem Ergebnis, dass die Nachhaftung ab den<br />
Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungs-<br />
verhältnis begann und das der Versicherer für<br />
die Folgen des Verkehrsunfalles mit den gesetz-<br />
lichen Mindestversicherungssummen (2.5 Milli-<br />
onen €) haftet.“<br />
Der <strong>Recht</strong>sanwalt der Betroffenen hat ca. vier<br />
Jahre mit der Versicherung über die Haftungs-<br />
quote (Sabine war nicht angegurtet) verhan-<br />
delt. Man einigt sich auf 80 %. Bei einer Min-<br />
destversicherungssummen von 2,5 Millionen €<br />
ist es egal, ob die Haftungsquote 80 oder 100<br />
% beträgt. Daher hat der <strong>Recht</strong>sanwalt von Sa-<br />
bine vor, eine Einmalzahlung der 2,5 Millionen<br />
anzustreben. Die Krankenkasse (AOK Bayern)<br />
hat bis jetzt ca. 200 000 € von der Versiche-<br />
rung für ihre Leistungen bekommen. Es gibt ein<br />
Grundsatzurteil, dass die Leistungen der Versi-<br />
cherer (Kfz) ausschließlich den Betroffenen zur<br />
Verfügung gestellt werden muss.<br />
Fazit ARGE <strong>Recht</strong><br />
Die ARGE wird an das zustän-<br />
dige Ministerium schreiben<br />
mit der Bitte zu überprüfen<br />
ob die Mindestversicherungs-<br />
summen von 2,5 Millionen €<br />
noch zeitgemäß ist. Es liegen<br />
Fälle von Betroffenen vor, bei<br />
denen die monatliche Pflege<br />
ca. 25 000 € beträgt. Nach<br />
ca. acht Jahren wären bei<br />
einer Mindestversicherungs-<br />
summen von 2,5 Millionen €<br />
die Leistungen der Versiche-<br />
rer verbraucht.<br />
ARGE <strong>Recht</strong> Koordinator<br />
Gottfried Weller.<br />
45
46<br />
Vom Antrag bis zum Ende:<br />
Verfahren zur Beantragung<br />
eines Hilfsmittels<br />
Bei der Versorgung mit einem Hilfsmittel durch eine gesetzliche Krankenkasse, aber auch<br />
bei Leistungen anderer Sozialleistungsträger stellt sich regelmäßig die Frage, welche Rech-<br />
te die Betroffenen in diesem Verfahren haben. Es kann für den Antragsteller nur von Vor-<br />
teil sein, wenn er den Ablauf kennt.<br />
Gesetzliche Kran-<br />
kenkassen sind<br />
öffentlich-recht-<br />
licheKörper- schaft und damit<br />
auch Behörden,<br />
die ihre Entschei-<br />
dungen in einem<br />
Verwaltungsver-<br />
fahren treffen.<br />
Sie sind Soziallei-<br />
stungsträger, für<br />
die die Verfah-<br />
rensvorschriften<br />
<strong>im</strong> 10. Buch So-<br />
zialgesetzbuch<br />
(SGB X) gelten.<br />
Der Verfahrens-<br />
beginn: In der Regel beginnt es mit einem An-<br />
trag des Betroffenen auf Versorgung mit einem<br />
best<strong>im</strong>mten Hilfsmittel. Hierbei handelt es sich<br />
nicht um ein formelles Antragsformular, son-<br />
dern der Antrag wird z.B. gestellt durch den Ko-<br />
stenvoranschlag eines Sanitätshaus oder eines<br />
anderen Leistungserbringers, der zur Hilfsmit-<br />
telversorgung berechtigt ist.<br />
Da es <strong>im</strong>mer um Ansprüche des einzelnen Ver-<br />
sicherten auf ein konkretes Hilfsmittel geht, ist<br />
der Versicherte <strong>im</strong>mer Beteiligter des mit dem<br />
Kostenvoranschlag eingeleiteten Verfahren und<br />
ihm stehen alle gesetzlichen <strong>Recht</strong>e in dem Ver-<br />
fahren zu.<br />
Die Entscheidung der<br />
Krankenkasse<br />
Über Anträge der Versicherten muss die Kran-<br />
kenkasse durch einen Verwaltungsakt (auch<br />
Bescheid genannt) entscheiden. Hierbei han-<br />
delt es sich um die abschließende Entscheidung<br />
über einen Anspruch des Einzelnen mit recht-<br />
licher Wirkung. Solche Verwaltungsakte können<br />
mündlich, schriftlich oder in elektronischer Form<br />
getroffenen werden. Also auch die mündliche<br />
Ablehnung einer beantragten Rollstuhlversor-<br />
gung stellt einen ablehnenden Verwaltungsakt<br />
dar. Da mündliche Entscheidungen in der Regel<br />
nicht in ausreichender Form dokumentiert sind,<br />
hat der Versicherte einen Anspruch auf schrift-<br />
liche oder elektronische Bestätigung, wenn hie-<br />
ran ein berechtigtes Interesse besteht und der<br />
Betroffene dies unverzüglich verlangt, wie sich<br />
aus der Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB X<br />
ergibt. Ein berechtigtes Interesse liegt auf jeden<br />
Fall dann vor, wenn es sich um eine belastende<br />
Entscheidung handelt, gegen die <strong>Recht</strong>smittel<br />
eingelegt werden sollen.<br />
Für die schriftliche Entscheidung reicht es nicht<br />
aus, wenn lediglich mit einem Satz ohne weitere
Ausführungen ein Anspruch abgelehnt wird.<br />
Vielmehr hat die Krankenkasse ihre Entschei-<br />
dung zu begründen, wie es § 35 SGB X vorgibt.<br />
Aus der Begründung müssen sich alle wesent-<br />
lichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe er-<br />
geben, die zu der Entscheidung geführt haben.<br />
Das Begründungserfordernis spielt natürlich vor<br />
allem bei belastenden Entscheidungen eine Rol-<br />
le. Bei einer bewilligenden Entscheidung kann<br />
hierauf sicherlich verzichtet werden, da dem<br />
Anspruch entsprochen wurde.<br />
Der Verfahrensablauf bis zur<br />
Entscheidung<br />
Um ihre Entscheidung zu treffen, hat die Kran-<br />
kenkasse zu prüfen, ob ein Anspruch auf die<br />
begehrte Leistung besteht. Bei der Versorgung<br />
mit einem Hilfsmittel, wie z.B. einem Rollstuhl<br />
hat die Krankenkasse zu prüfen, ob die Voraus-<br />
setzungen gemäß § 33 Abs. 1 Satz SGB V (Das<br />
<strong>Recht</strong> der gesetzlichen Krankenversicherung)<br />
vorliegen. Sie muss also prüfen, ob das bean-<br />
tragte Hilfsmittel das <strong>im</strong> Einzelfall für den Be-<br />
hinderungsausgleich oder die Krankenbehand-<br />
lung erforderliche Hilfsmittel ist.<br />
In der Regel liegen hierfür der Krankenkasse<br />
die ärztliche Verordnung und der Kostenvor-<br />
anschlag vor. Soweit der entscheidende Mit-<br />
arbeiter aufgrund dieser Unterlagen eine Ent-<br />
scheidung treffen kann, muss er keine weiteren<br />
Ermittlungen treffen. Ansonsten hat er nicht nur<br />
die Möglichkeit, sondern auch die Verpflichtung<br />
ggf. weitere Ermittlungen anzustellen und auch<br />
den Versicherten entsprechend zu beraten, wie<br />
sich aus der Vorschrift des § 14 SGB I ergibt, in<br />
der es heißt, dass jeder Anspruch
48<br />
auf Beratung über seine <strong>Recht</strong>e und Pflichten<br />
nach diesem Gesetzbuch hat, wobei zustän-<br />
dig für die sich aus dem SGB V ergebenden<br />
Leistungsansprüche die Krankenkasse ist.<br />
Der Beratungsanspruch<br />
Beratungsanspruch bedeutet, dass dem einzel-<br />
nen alle erforderlichen Kenntnisse vermittelt<br />
werden, die er benötigt, um seine <strong>Recht</strong>e und<br />
Pflichten nach dem SGB wahrnehmen zu kön-<br />
nen; es handelt sich um eine individuelle, auf<br />
die Umstände des Einzelfalls zugeschnittene<br />
Vermittlung der rechtlichen und tatsächlichen<br />
Grundlagen für vom einzelnen zu treffende Ent-<br />
scheidungen. Da der einzelne Versicherte einen<br />
individuellen Anspruch auf Beratung hat, muss<br />
diese nach Inhalt und Form dem besonderen<br />
Bedarf angepasst sein, der die Beratungspflicht<br />
ausgelöst hat.<br />
Die Krankenkassen haben also nicht nur über<br />
den Antrag zu entscheiden, indem sie einen<br />
Anspruch bewilligen oder ablehnen, sondern<br />
individuell beraten. Z.B stellt ein Versicherter<br />
einen Antrag auf einen E-Rollstuhl, der mit der<br />
Begründung abgelehnt wird, dass er nicht fahr-<br />
tauglich sei. Es erfolgt nur die Ablehnung, aber<br />
keine weitere Tätigkeit. Hier stellt sich die Frage,<br />
ob nicht die Krankenkasse auch darauf hinge-<br />
wiesen hat, dass nicht nur ein Anspruch auf das<br />
Hilfsmittel besteht, sondern auch ein Anspruch<br />
auf die Ausbildung <strong>im</strong> Gebrauch des Hilfsmit-<br />
tels, wodurch das Problem der fehlenden Fahr-<br />
tauglichkeit gelöst sein könnte. Damit würde<br />
der Beratungsanspruch seinem Ziel gerecht<br />
werden, die sozialen Ansprüche des Einzelnen<br />
zu verwirklichen. Wird die Beratungspflicht ver-<br />
letzt – gänzlich unterbliebene Beratung, unrich-<br />
tige oder unvollständige Beratung – kann ein<br />
Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichts-<br />
punkt der Amtshaftung bestehen oder ein so-<br />
zialrechtlicher Herstellungsanspruch entstehen,<br />
durch den der Einzelnen so zu stellen ist als wäre<br />
er richtig beraten worden. Die Voraussetzungen<br />
für solche Ansprüche unterliegen strengen Kri-<br />
terien, so dass nicht jede fehlerhafte Beratung<br />
diese Ansprüche hervorruft.<br />
Einholung eines Gutachtens<br />
– Der Medizinischen Dienst<br />
Vor Bewilligung eines Hilfsmittels können die<br />
Krankenkassen in geeigneten Fällen durch<br />
den Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob<br />
das Hilfsmittel erforderlich ist. Auch der Medi-<br />
zinische Dienst hat nach dem Wortlaut des §<br />
275 SGB V den Versicherten zu beraten. Da er<br />
häufig nur nach Aktenlage entscheidet und die<br />
Verwaltungsakte meistens nur aus ärztlicher<br />
Verordnung, Kostenvoranschlag und vielleicht<br />
noch einem früheren Gutachten der Pflegever-<br />
sicherung besteht, konnte eine echte Beratung<br />
durch den Medizinische Dienst vom Autor bis-<br />
her nicht festgestellt werden.<br />
Der Medizinische Dienst prüft also, ob ein be-<br />
st<strong>im</strong>mtes Hilfsmittel <strong>im</strong> Einzelfall zur Kranken-<br />
behandlung oder zum Behinderungsausgleich<br />
erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um<br />
tatsächliche Fragen, nämlich ob die ärztliche<br />
Verordnung wirklich ein erforderliches Hilfs-<br />
mittel beinhaltet. Aufgabe des Medizinischen<br />
Dienstes ist es jedoch nicht, rechtliche Aussagen<br />
zu treffen, wie sie sich <strong>im</strong>mer wieder in Stellung-<br />
nahmen des Medizinischen Dienstes finden. Ob<br />
ein Anspruch aus <strong>Recht</strong>sgründen besteht oder<br />
nicht, hat die Krankenkasse zu entscheiden.<br />
Erst die Krankenkasse trifft die Entscheidung<br />
gegenüber dem Versicherten. Der Medizinische<br />
Dienst n<strong>im</strong>mt lediglich eine Überprüfung intern<br />
vor, so dass nur die Entscheidung der Kranken-<br />
kasse und nicht die des Medizinischen Dienstes<br />
mit <strong>Recht</strong>smittel angefochten werden kann.
Externe<br />
Hilfsmittelberater<br />
Einige Krankenkassen<br />
sind dazu übergegan-<br />
gen, dass sie zur Über-<br />
prüfung eines Hilfsmit-<br />
telanspruchs externe<br />
Hilfsmittelberater ein-<br />
setzen. Hierbei handelt<br />
es sich um selbständige<br />
private Unternehmen,<br />
die <strong>im</strong> Auftrag der Kran-<br />
kenkasse prüfen, ob ein<br />
beantragtes Hilfsmittel<br />
erforderlich ist. Diese<br />
sind also nicht bei den Krankenkassen angestellt<br />
oder in anderer Form zur Krankenkasse gehö-<br />
rend. Über welche Ausbildung oder Qualifikati-<br />
onen diese verfügen, ist in der Regel zumindest<br />
Außenstehenden nicht bekannt.<br />
Die Einschaltung solcher externen Hilfsmittelbe-<br />
rater ist nach Auffassung des Autors rechtswid-<br />
rig! Entscheidungen der Sozialgerichte zu dieser<br />
Frage sind bisher nicht bekannt geworden.<br />
Die Krankenversicherung und Gesundheitsfür-<br />
sorge ist eine hoheitliche Aufgabe, die durch die<br />
gesetzlichen Krankenkassen durchzuführen ist.<br />
Nur der Medizinische Dienst ist in § 275 SGB V<br />
genannt, der die Erforderlichkeit eines Hilfsmit-<br />
tels zu überprüfen hat. Für die Einschaltung pri-<br />
vater Unternehmen fehlt jede <strong>Recht</strong>sgrundlage.<br />
Da es sich bei den externen Hilfsmittelberatern<br />
um private Unternehmen handelt, ist davon<br />
auszugehen, dass sie eine entsprechende Ver-<br />
gütung von der Krankenkasse erhalten. Nach<br />
welchen Maßstäben eine solche Vergütung<br />
gezahlt wird, könnte nur vermutet werden,<br />
ist bisher jedoch nicht bekannt. Aber es muss<br />
zumindest gefragt werden, warum die Kran-<br />
kenkassen einerseits den Medizinischen Dienst<br />
finanzieren, anderseits zusätzlich externe Hilfs-<br />
mittelberater, die die Erforderlichkeit des Hilfs-<br />
mittels feststellen sollen. Dem Autor sind Fälle<br />
bekannt, in denen sogar beide tätig geworden<br />
sind. Mit dem von den Krankenkassen <strong>im</strong>mer<br />
wieder gerne zitierten Wirtschaftlichkeitsgebot<br />
hat dies sicherlich nichts mehr zu tun. Das zwei-<br />
te Problem ist der Sozialdatenschutz, der häufig<br />
missachtet wird, indem an private Unternehmen<br />
geschützte und sensible persönliche Daten der<br />
Versicherten weitergegeben werden.<br />
Was ist also zu tun, wenn die Krankenkasse<br />
externe Berater einschaltet und Sie wollen<br />
dies ablehnen?<br />
Sie müssen damit rechnen, dass die Krankenkas-<br />
se auf Ihre Mitwirkungspflichten hinweist und<br />
dass ansonsten keine Entscheidung getroffen<br />
werden könnte. Sie sollten die Krankenkasse<br />
dann auf § 14 SGB IX hinweisen, der für Begut-<br />
achtungen vorsieht, dass die Krankenkasse drei<br />
wohnortnahe Gutachter vorschlägt, unter de-<br />
nen Sie ein Auswahlrecht haben.<br />
49
50<br />
Sollte die Krankenkasse hierauf nicht eingehen,<br />
stellt sich die Frage, ob man das Risiko einge-<br />
hen will, dass alleine wegen der Ablehnung des<br />
externen Hilfsmittelberaters eine Ablehnung<br />
des Antrags erfolgt. Die Alternative hierzu ist<br />
die Zust<strong>im</strong>mung unter dem Vorbehalt, dass<br />
man die Vorgehensweise der Krankenkasse aus<br />
den oben genannten Gründen für rechtswidrig<br />
erklärt und hierauf schriftlich hinweist. Sollte<br />
dann eine ablehnende Entscheidung kommen,<br />
besteht die Möglichkeit die weiter unten ge-<br />
nannten <strong>Recht</strong>smittel einzulegen. Vorteil die-<br />
ser Vorgehensweise ist, dass man nicht nur<br />
aus formellen Gründen eine Ablehnung erhält,<br />
sondern auch eine inhaltliche Ablehnung be-<br />
kommt, die <strong>im</strong> Widerspruchs- oder gerichtlichen<br />
Verfahren überprüft werden kann. Soweit der<br />
Datenschutz verletzt wird, besteht die Möglich-<br />
keit, sich an den zuständigen Datenschutzbe-<br />
auftragten zu wenden.<br />
Was tun bei<br />
ablehnenden Entscheidungen?<br />
– Die <strong>Recht</strong>smittel<br />
Welche <strong>Recht</strong>e bestehen, wenn die Krankenkas-<br />
se z.B. die Versorgung mit einem neuen Rollstuhl<br />
ablehnt oder die Pflegekasse die Pflegestufe II<br />
auf die Pflegestufe I kürzt? Vergleichbares gilt<br />
aber auch wenn das Versorgungsamt den GdB<br />
(Grad der Behinderung) kürzt oder einen Nach-<br />
teilsausgleich wie das „aG“ (außergewöhnlich<br />
gehbehindert) auf „G“ beschränkt oder gänz-<br />
lich wegn<strong>im</strong>mt. In allen diesen Fällen handelt es<br />
sich um belastende Entscheidungen eines Sozi-<br />
alleistungsträgers, gegen die das <strong>Recht</strong>smittel<br />
des Widerspruchs möglich ist.<br />
Eine belastende Entscheidung liegt aber auch<br />
vor, wenn z. B. der Rollstuhl, aber erforderliches<br />
Zubehör nicht bewilligt wird. Dazu gehören<br />
auch die Fälle, in denen von der Krankenkas-<br />
se das <strong>Recht</strong> des Patienten zur Auswahl seines<br />
Leistungserbringers (z.B. eines best<strong>im</strong>mten Sa-<br />
nitätshaus) missachtet und ein anderes Unter-<br />
nehmen von der Krankenkasse beauftragt wird<br />
oder der Patient einen Eigenanteil leisten soll.<br />
Auch hier ist gegen den belastenden Teil der<br />
Entscheidung der Widerspruch möglich.<br />
<strong>Recht</strong>smittelbelehrung<br />
Grundsätzlich sind alle Sozialleistungsträger und<br />
damit auch die Krankenkassen gesetzlich ver-<br />
pflichtet, eine ablehnende Entscheidung mit ei-<br />
ner <strong>Recht</strong>smittel- oder <strong>Recht</strong>sbehelfsbelehrung<br />
zu versehen. In dieser muss sinngemäß enthal-<br />
ten sein, dass der Versicherte innerhalb einer<br />
Frist von einem Monat (nicht nur vier Wochen)<br />
das <strong>Recht</strong> hat, gegen die ablehnende Entschei-<br />
dung schriftlich Widerspruch einzulegen. Des<br />
Weiteren muss die Stelle genau benannt sein, bei<br />
der der Widerspruch eingelegt werden kann.<br />
Aus der korrekten und vollständigen Belehrung<br />
ergibt sich, dass der Widerspruch innerhalb<br />
eines Monats nach Zugang be<strong>im</strong> Versicherten<br />
schriftlich bei der erlassenden Stelle eingegan-<br />
gen sein muss. Es reicht nicht aus, dass der Wi-<br />
derspruch innerhalb von einem Monat abge-<br />
schickt wird, sondern er muss innerhalb der Frist<br />
von einem Monat auch bei der Krankenkasse<br />
eingehen. Dies geht per Post, Fax oder per-<br />
sönliche Abgabe bei der Behörde, jedoch nicht<br />
mündlich, telefonisch oder per Mail. Bei der per-<br />
sönlichen Abgabe sollten man sich <strong>im</strong>mer eine<br />
Empfangsbestätigung geben lassen, die z. B.<br />
auf der Kopie vermerkt werden kann. Eine Ko-<br />
pie sollte man übrigens <strong>im</strong>mer machen. Bei der<br />
Versendung durch die Post sollte Einschreiben/<br />
Rückschein oder Einwurf-Einschreiben gewählt<br />
werden, da ein einfaches Einschreiben nur die<br />
Bestätigung der Absendung, aber nicht des<br />
maßgeblichen Eingangs gibt.
Wenn die Frist versäumt wird, wird die ablehnen-<br />
de Entscheidung bestandskräftig und gilt damit<br />
als richtig, unabhängig vom Inhalt. Sie haben<br />
aber die Möglichkeit einen Überprüfungsantrag<br />
gemäß § 44 SGB X zu stellen, mit dem Sie die<br />
Behörde zur nochmaligen Entscheidung bringen<br />
können. Sie verlieren aber auf jeden Fall Zeit,<br />
was bei der erheblichen Bearbeitungsdauer der<br />
Krankenkassen sicherlich von Bedeutung ist.<br />
Sie müssen den Widerspruch auch nicht begrün-<br />
den, sondern können diesen zur Fristwahrung<br />
erst einmal vorsorglich einlegen, um ihn dann<br />
später zu begründen oder zurückzunehmen.<br />
Eine Begründung empfiehlt sich auf jeden Fall,<br />
da ansonsten es der Behörde einfach fällt, bei<br />
ihrer ablehnenden Haltung zu bleiben.<br />
Im Gegensatz zu den meisten anderen Soziallei-<br />
stungsträgern kommen viele gesetzlichen Kran-<br />
kenkassen der gesetzlichen Verpflichtung zur<br />
<strong>Recht</strong>smittelbelehrung nicht nach. Offensichtlich<br />
besteht dort die Annahme, dass man die Bürger<br />
lieber nicht über ihre <strong>Recht</strong>e aufklären sollte, da<br />
ansonsten noch davon Gebrauch gemacht wird.<br />
Um einen Widerspruch einzulegen, braucht es<br />
nicht einer <strong>Recht</strong>smittelbelehrung. Da es aber<br />
an der gesetzlichen Aufklärung über zustehen-<br />
de <strong>Recht</strong>e fehlt, verlängert sich in diesen Fällen<br />
die Frist für den Widerspruch auf ein Jahr.<br />
Widerspruchsverfahren<br />
Durch den Widerspruch wird das Widerspruchs-<br />
verfahren eingeleitet, in welchem die Behörde<br />
ihre Entscheidung noch mal überprüfen muss.<br />
Zum Teil wird hierzu auch der medizinische<br />
Dienst der Krankenkassen eingeschaltet, um die<br />
Argumente des Widerspruchs zu überprüfen.<br />
Über den Widerspruch muss innerhalb von drei<br />
Monaten entschieden werden, da ansonsten<br />
eine Untätigkeitsklage be<strong>im</strong> zuständigen
52<br />
Sozialgericht erhoben werden kann, mit der die<br />
untätige Behörde zur Entscheidung gezwungen<br />
werden kann.<br />
Spätestens <strong>im</strong> Widerspruchsverfahren haben Sie<br />
auch das <strong>Recht</strong> auf Akteneinsicht gemäß § 25<br />
SGB X. Sie haben hierdurch die Möglichkeit, in<br />
den Räumen der Krankenkassen in die Akte Ein-<br />
sicht zu nehmen. Alternativ kommt in Betracht,<br />
dass Sie die Krankenkasse bitten Ihnen eine<br />
Kopie der Stellungnahme des Medizinischen<br />
Dienstes zur Verfügung zu stellen. In der Regel<br />
reicht dies aus, da dies in streitigen Fällen mei-<br />
stens die Entscheidungsgrundlage der Kranken-<br />
kasse ist. Die Akteneinsicht hat den Vorteil, dass<br />
Sie sich in ihrer Begründung des Widerspruchs<br />
besser mit den ablehnenden Gründen auseinan-<br />
dersetzen können.<br />
Endet das Widerspruchsverfahren mit einem<br />
Abhilfebescheid, ist alles gut, da Sie <strong>Recht</strong> be-<br />
kommen haben. Sollten Sie jedoch einen Wi-<br />
derspruchsbescheid bekommen, wurde Ihr<br />
Widerspruch abgewiesen. Auch der Wider-<br />
spruchsbescheid muss wieder mit einer <strong>Recht</strong>s-<br />
mittelbelehrung versehen sein, die sinngemäß<br />
lauten muss, dass man gegen den Wider-<br />
spruchsbescheid innerhalb eines Monats schrift-<br />
lich Klage be<strong>im</strong> zuständigen Sozialgericht erhe-<br />
ben kann. Im Gegensatz zu der ablehnenden<br />
Entscheidung ist bei Widerspruchsbescheiden<br />
<strong>im</strong>mer eine richtige und vollständige <strong>Recht</strong>smit-<br />
telbelehrung zu finden.<br />
Klage<br />
Für die Erhebung der Klage gelten die Ausfüh-<br />
rungen zum Widerspruch entsprechend. Die<br />
Klagefrist von einem Monat und die Schriftlich-<br />
keit sind zu beachten und ebenso kann eine Kla-<br />
ge erst einmal fristwahrend ohne Begründung<br />
eingereicht werden.<br />
Die Vertretung durch einen Anwalt ist nicht<br />
zwingend. Wenn er einen Anwalt einschalten<br />
will, sollte darauf achten, dass er auf dem Ge-<br />
biet des Sozialrechtes und des Krankenversiche-<br />
rungsrechts seinen Schwerpunkt hat, da viele<br />
Grundsätze und Regeln von den üblichen Ver-<br />
fahren abweichen.<br />
Das Sozialgericht überprüft die Entscheidung<br />
der Behörde auf ihre Richtigkeit. Soweit er-<br />
forderlich werden hierzu auch medizinische<br />
Gutachten eingeholt. Es werden unabhängige<br />
Gutachter beauftragt, aber nicht der medizi-<br />
nische Dienst der Krankenkassen. In der Regel<br />
entscheidet das Gericht durch Urteil nach einer<br />
mündlichen Verhandlung, in der alle Beteiligten<br />
noch mal Gelegenheit haben, ihren Standpunkt<br />
darzulegen. Hier legt das Gericht meistens sei-<br />
ne rechtliche Überzeugung deutlich dar und<br />
versucht eine der beiden Beteiligten davon zu<br />
überzeugen, dass entweder der Kläger die Kla-<br />
ge zurück n<strong>im</strong>mt oder dass die Krankenkasse<br />
anerkennt. In den Fällen, in denen das Gericht<br />
den Beteiligten z. B. nur zum Teil <strong>Recht</strong> gibt,<br />
wird häufig ein Vergleich vorgeschlagen. Ein<br />
Vergleich ist nicht grundsätzlich schlechter als<br />
ein Urteil, da man auf diesem Weg auch sei-<br />
ne Leistung bekommt und zum Teil ein länger<br />
dauerndes Verfahren bis zum Urteil vermeiden<br />
kann. Ob ein Vergleich sinnvoll ist, muss man<br />
<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> konkreten Einzelfall entscheiden.
Kosten<br />
Von Bedeutung sind <strong>im</strong>mer die Kosten für das<br />
Widerspruchs- und Klageverfahren. Grundsätz-<br />
lich sind beide Verfahren für Versicherte ko-<br />
stenfrei, dass heißt es müssen unabhängig vom<br />
Ausgang des Verfahrens keine Gebühren an die<br />
Behörde für das Widerspruchsverfahren oder<br />
das Sozialgericht für das Klageverfahren gezahlt<br />
werden. Hierzu gehören auch die Kosten eines<br />
vom Gericht bestellten Gutachters. Der Gesetz-<br />
geber plant aber diese Regelung zu ändern und<br />
zumindest eine gewisse Kostenbeteiligung ein-<br />
zuführen, da angeblich zu viele unnötige oder<br />
unsinnige Klagen geführt werden.<br />
Kosten können also nur entstehen, wenn Sie<br />
einen <strong>Recht</strong>sanwalt beauftragen. Im Falle des<br />
Obsiegens hat die unterlegene Behörde die Ko-<br />
sten zu tragen. Dies gilt für das Widerspruchs-<br />
und das Klageverfahren. Wenn Sie verlieren<br />
sollten, müssen Sie aber nicht die Kosten der<br />
Behördenvertreter übernehmen, da von diesen<br />
in der Regel keine Anwälte beauftragt werden<br />
und selbst wenn, wären diese Kosten nicht er-<br />
stattungsfähig.<br />
Eine Absicherung des Kostenrisikos kann <strong>im</strong> ge-<br />
richtlichen Verfahren über die Prozesskosten-<br />
hilfe oder eine <strong>Recht</strong>sschutzversicherung erfol-<br />
gen. Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass man<br />
über Einkünfte verfügt, die vereinfacht gesagt,<br />
nur unwesentlich höher als die Sozialhilfesätze<br />
sind und die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Au-<br />
ßergerichtlich, also <strong>im</strong> Widerspruchsverfahren<br />
geht dies über die so genannte Beratungshilfe.<br />
<strong>Recht</strong>schutzversicherungen gelten aufgrund<br />
der Allgemeinen Versicherungsbedingungen<br />
<strong>im</strong>mer erst für das Klageverfahren, nicht für<br />
das Widerspruchsverfahren. Sollten Sie einen<br />
Anwalt beauftragen wollen, sprechen Sie die<br />
Frage der Kosten <strong>im</strong>mer vorab an.<br />
Was tun bei Untätigkeit der<br />
Krankenkasse?<br />
Bekanntermaßen lassen sich Krankenkassen bei<br />
der Bearbeitung von Anträgen und Kostenvor-<br />
anschlägen zur Bewilligung von Hilfsmitteln oft<br />
monatelang Zeit, obwohl der Bedarf sofort be-<br />
steht. Beliebt ist es, den Medizinischen Dienst<br />
der Krankenkassen (MDK) einzuschalten, der<br />
die zeitnahe und sachgerechte Bearbeitung<br />
nochmals verzögert. Eine einstweilige Anord-<br />
nung be<strong>im</strong> zuständigen Sozialgericht kommt<br />
nur ausnahmsweise in Betracht. Eine Untätig-<br />
keitsklage ist auch erst sechs Monate nach An-<br />
tragstellung bzw. drei Monate nach Einlegung<br />
des Widerspruchs zulässig.<br />
Eine Hilfe zur zeitnahen Bearbeitung kann das<br />
seit Mitte 2001 bestehende SGB IX, das Gesetz<br />
zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter<br />
Menschen, geben. Das SGB IX hat sich leider in<br />
der täglichen Praxis gerade <strong>im</strong> Hinblick auf die<br />
gesetzliche Krankenversicherung bisher nicht<br />
durchgesetzt, obwohl es für alle Rehabilitati-<br />
onsträger und damit auch für die gesetzliche<br />
Krankenversicherung gilt. Es schafft gleichartige<br />
Ansprüche und sorgt für übereinst<strong>im</strong>mende<br />
Qualitätsstandards.<br />
Das SGB IX gilt für alle behinderten oder von<br />
Behinderung bedrohten Menschen. Dies setzt<br />
voraus, dass die gesundheitliche Beeinträchti-<br />
gung länger als sechs Monate andauert oder zu<br />
erwarten ist.<br />
Das SGB IX sieht in den §§ 14; 15 Regelungen<br />
vor, um eine schnelle Sachentscheidung der Re-<br />
habilitationsträger herbei zu führen.<br />
Die nachfolgende Grafik stellt den besonderen<br />
Verfahrensweg des SGB IX mit seinen kurzen<br />
Bearbeitungsfristen dar. Werden Leistungen<br />
53
54<br />
zur Rehabilitation beantragt, dazu gehören un-<br />
ter anderem auch die Versorgung mit Hilfsmit-<br />
teln, sind diese Fristen auch von den Kranken-<br />
kassen zu beachten.<br />
1. Stufe<br />
Falls die Zuständigkeit des Rehabilitationsträ-<br />
gers unklar ist, hat der angerufenen Träger in-<br />
nerhalb einer Frist von zwei Wochen die Zustän-<br />
digkeit zu klären. Unterbleibt eine Klärung, gilt<br />
der angerufene Träger als zuständig.<br />
2. Stufe<br />
Ist die Zuständigkeit geklärt oder von Anfang<br />
an klar gewesen, stellt sich die Frage nach der<br />
Einholung eines Gutachtens.<br />
Wenn kein Gutachten erforderlich ist, hat die<br />
Krankenkasse als Rehabilitationsträger den Be-<br />
darf binnen drei Wochen ab Antragseingang<br />
unverzüglich festzustellen. Wird ein Gutachten<br />
benötigt, ist unverzüglich ein Sachverständiger<br />
zu benennen, der sein Gutachten innerhalb von<br />
zwei Wochen ab dem Folgetag der Untersu-<br />
chung zu erstellen hat. Bei der Gutachterbenen-<br />
nung steht dem Versicherten ein Auswahlrecht<br />
zur Seite. Nicht der MDK wird eingeschaltet,<br />
sondern die Krankenkasse schlägt mindestens<br />
drei wohnortnahe Gutachter vor, aus denen<br />
ausgewählt werden kann. Daneben kann vom<br />
Versicherten auch ein anderer Gutachter be-<br />
nannt werden. Der Wunsch ist in der Regel von<br />
der Krankenkasse zu akzeptieren.<br />
Weitere zwei Wochen nach Gutachteneingang<br />
bleiben der Krankenkasse, um eine Entschei-<br />
dung über den Antrag zu treffen. Die Kranken-<br />
kasse hat unter Angabe von Gründen mitzutei-<br />
len, wenn sie diese Fristen nicht einhält. Teilt sie<br />
dies mit oder hat keinen ausreichenden Grund
für ihre Nichtentscheidung, kann der Versicher-<br />
te der Krankenkasse eine angemessene Frist zur<br />
Entscheidung setzen und nach Fristablauf die<br />
Leistung selbst beschaffen. Ihm steht dann ein<br />
Kostenerstattungsanspruch zur Seite.<br />
In der Praxis reicht jedoch oft der Hinweis<br />
auf die speziellen Fristenregelungen des SGB IX,<br />
um eine beschleunigte Entscheidung zu erhal-<br />
ten.<br />
Die Frage der Fahrtauglichkeit<br />
bei Elektrorollstühlen<br />
Bei der Genehmigung von Elektrorollstühlen<br />
durch die gesetzlichen Krankenkassen stellt sich<br />
zum Teil die Frage, ob von den Betroffenen eine<br />
Fahrtauglichkeitsprüfung durchgeführt werden<br />
muss. Dies kann weder mit einem pauschalen Ja<br />
noch mit einem pauschalen Nein beantwortet<br />
werden. Bei der Beantwortung dieser Frage ist<br />
erst einmal § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V heranzuzie-<br />
hen, der den Anspruch des einzelnen Versicher-<br />
ten auf eine Hilfsmittelversorgung regelt. Neben<br />
anderen Voraussetzungen muss die Versorgung<br />
mit dem E-Rollstuhl <strong>im</strong> Einzelfall erforderlich<br />
sein. Die Erforderlichkeit einer E-Rollstuhlversor-<br />
gung setzt auch voraus, dass der Betroffene in<br />
der Lage ist, mit dem E-Rollstuhl umzugehen,<br />
da ansonsten der Behinderungsausgleich nicht<br />
gewährleistet wäre. Grundsätzlich ist also fest-<br />
zustellen, dass eine Fahrtauglichkeitsprüfung<br />
verlangt werden kann.<br />
Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass in<br />
jedem Einzelfall nunmehr die Fahrtauglichkeit<br />
geprüft werden muss. Ob der Betroffene in<br />
eine Fahrtauglichkeitsprüfung einwilligen muss,<br />
ergibt sich aus den so genannten Mitwirkungs-<br />
pflichten gemäß der Vorschriften der §§ 60<br />
ff. SGB I. In diesen Vorschriften heißt es unter<br />
anderem, dass derjenige, der Sozialleistungen<br />
wie eine E-Rollstuhlversorgung beantragt, ggf.<br />
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen<br />
des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkun-<br />
den vorzulegen hat. Soweit eine Fahrtauglich-<br />
keitsuntersuchung somit erforderlich wäre, um<br />
die Erforderlichkeit der E-Rollstuhlversorgung<br />
festzustellen, wären entsprechende Beweismit-<br />
tel, wie z. B. die Absolvierung einer Fahrtaug-<br />
lichkeitsprüfung <strong>im</strong> Rahmen der Mitwirkungs-<br />
pflichten vom Betroffenen zu erbringen. Die<br />
Mitwirkungspflichten finden jedoch ihre Gren-<br />
ze, sowohl in der Zumutbarkeit als auch in der<br />
Angemessenheit zur beantragten Leistung. Auf<br />
dieFahrtauglichkeitsprüfungfüreineE-Rollstuhl-<br />
versorgung übertragen bedeutet dieses, dass<br />
konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, auf-<br />
grund derer sich Zweifel an der Fahrtauglichkeit<br />
ergeben. Die pauschale Anforderung von Fahr-<br />
tauglichkeitsüberprüfungen in jedem Einzelfall<br />
ist somit durch die gesetzlichen Vorschriften<br />
zur Mitwirkungspflicht nicht gedeckt. Wenn<br />
beispielsweise ein E-Rollstuhlfahrer seit Jahren<br />
ohne Probleme seinen E-Rollstuhl nutzt und kei-<br />
ne Veränderung in seiner Situation eingetreten<br />
ist, besteht kein Anlass eine Fahrtauglichkeits-<br />
untersuchung zu fordern. Wenn der betroffene<br />
E-Rollstuhlfahrer in diesem Falle eine Fahrtaug-<br />
lichkeitsuntersuchung ablehnen würde, würde<br />
er nicht seine Mitwirkungspflichten verletzen.<br />
Soweit aber in diesem Beispiel eine erhebliche<br />
Änderung in der gesundheitlichen Verfassung<br />
eingetreten wäre, wäre die Situation unter Um-<br />
ständen anders zu bewerten. Wichtig ist hier,<br />
wie <strong>im</strong>mer den Einzelfall zu beachten.<br />
Ferner ist <strong>im</strong> Rahmen einer Fahrtauglichkeitsü-<br />
berprüfung zu beachten, dass dem Betroffenen<br />
hierdurch keine Kosten entstehen dürfen. Ge-<br />
mäß § 64 SGB X besteht Kostenfreiheit für das<br />
Verfahren bei Sozialleistungsträger, wozu auch<br />
die Krankenkassen gehören. Dies bedeutet<br />
nicht nur, dass die gesetzlichen<br />
55
56<br />
Krankenkassen keine Gebühren für ihre Tätig-<br />
keit erheben dürfen, sondern gilt nach dem<br />
Willen des Gesetzgebers für alle Geschäfte und<br />
Verhandlungen, die <strong>im</strong> Rahmen der Leistungser-<br />
bringung nach dem Sozialgesetzbuch notwen-<br />
dig werden. Dies ist bei Anforderungen durch<br />
den Sozialleistungsträger <strong>im</strong>mer zu bejahen<br />
(Hauffe SGB Office, Elektronischer Kommentar<br />
zu § 64 SGB X). Da die Fahrtauglichkeitsprü-<br />
fungen seitens der Krankenkassen angefordert<br />
werden, besteht demgemäß auch Kostenfrei-<br />
heit. Die Kostenfreiheit gilt unabhängig davon,<br />
ob eine solche Fahrtauglichkeitsprüfung erfolg-<br />
reich oder erfolglos abgeschlossen wurde.<br />
Anspruch auf Selbständigkeit<br />
Krankenkasse verweisen in ablehnenden Ent-<br />
scheidungen gerne darauf, dass der Anspruch-<br />
steller das beantragte Hilfsmittel nicht benötige,<br />
dass ihm ein naher Angehörige ohne weiteres<br />
helfen könne oder doch eine Pflegeperson vor-<br />
handen wäre, da Leistungen aus der Pflegever-<br />
sicherung bezogen werden.<br />
Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil<br />
vom 24.05.2006 (Az. B 3 KR 00/05) betont, dass<br />
Hilfsmittel auch der selbständigen Lebensweise<br />
dienen. Wörtlich hat es hierzu geurteilt: „Es ist<br />
ein wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung,<br />
dass behinderte Menschen nach Möglichkeit<br />
von der Hilfe anderer Menschen unabhängig,<br />
zumindest aber deutlich weniger abhängig<br />
werden.“<br />
Also der Rückgriff auf die Hilfe anderer, insbe-<br />
sondere fremder Personen ist damit nicht zuläs-<br />
sig. Ziel der Hilfsmittelversorgung ist also nach<br />
den Maßstäben des BSG die selbstständige Le-<br />
bensführung und die zeitliche Dispositionsfrei-<br />
heit sicher zustellen und nicht auf die Angebote<br />
anderer Personen angewiesen zu sein.<br />
Man sollte sich auch nicht durch den Hinweis<br />
der Krankenkasse abschrecken lassen, dass dies<br />
Auswirkung auf die Pflegestufe habe. Es han-<br />
delt sich um unterschiedliche Verfahren, bei de-<br />
nen unterschiedliche Voraussetzungen zu prü-<br />
fen sind.<br />
Autoreninfo<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt Jörg Hackstein ist Vorstand<br />
der Schütze & Hartmann <strong>Recht</strong>sanwälte<br />
AG. Die auf Unternehmen des Gesund-<br />
heitsmarktes spezialisierte Kanzlei ver-<br />
tritt u.a. namhafte Leistungserbringer,<br />
Hersteller, Verbände und Versicherte <strong>im</strong><br />
Hilfsmittelsektor. Die mittlerweile sieben<br />
<strong>Recht</strong>sanwälte/innen bieten qualifizierte<br />
<strong>Recht</strong>sberatung in allen, den Gesund-<br />
heitsmarkt tangierenden Fragen. Hierzu<br />
gehören neben den typischen sozialrecht-<br />
lichen Fragestellungen aus dem <strong>Recht</strong> der<br />
Krankenversicherung u.a. solche aus den<br />
Bereichen Arbeitsrecht, Vertragsrecht,<br />
Wettbewerbsrecht,<br />
Marken- und Wa-<br />
renzeichenrecht,<br />
sowie Regress und<br />
Haftung, aber <strong>im</strong>-<br />
mer mit Bezug<br />
zum Thema Ge-<br />
sundheit.<br />
Weitere Infos unter :<br />
www.schuetze-hartmann.de<br />
Text: Jörg Hackstein, <strong>Recht</strong>sanwalt
Arzne<strong>im</strong>ittel-Zuzahlungen:<br />
Allgemeine Verunsicherung<br />
Oft wissen weder Krankenkassen noch Ärzte oder Betroffene genau, was der Stand bzgl.<br />
Zuzahlung bei Arzne<strong>im</strong>itteln ist. Die Presse war voll mit Beispielen, je nach politischer Hal-<br />
tung mal mehr, mal weniger kritisch, aber <strong>im</strong>mer mit dem Hinweis, dass individuelle Fragen<br />
mit der Krankenkasse zu klären sind. Darum hier einiges <strong>im</strong> Klartext, speziell für Menschen<br />
mit Querschnittlähmung.<br />
Was heißt „chronisch kranke Menschen“?<br />
Voraussetzungen:<br />
– Arztbesuch mindestens 1 × pro Quartal und<br />
– Grad der Behinderung (GdB) mindestens 60 %<br />
und/oder Pflegestufe II/III (Pflegeversiche-<br />
rung).EntsprechendeBescheinigungenstellen<br />
die Hausärzte aus, Formulare liegen dort vor.<br />
Die Gesamtsumme aller Zuzahlungen wird auf<br />
1 % des Familieneinkommens begrenzt. Dazu<br />
zählen alle Einnahmen, also auch Renten, Miet-<br />
erträge und Zinserträge. Nicht dazu zählen<br />
Renten nach dem BVG und Pflegegeld (Pflege-<br />
versicherung, Landespflegegeld, Hilfe zur Pflege<br />
nach BSHG). Vom Einkommen werden Freibeträ-<br />
ge von 4 347 € (Partner) bzw. 3 648 € (je Kind)<br />
abgesetzt.<br />
Für Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
(nicht Hilfe zur Pflege!) nach dem BSHG oder<br />
Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz<br />
erhalten, wird nur der Regelsatz (des Haushalts-<br />
vorstandes) zugrunde gelegt d.h. 345 € (West)<br />
bzw. 331 € (Ost). Davon 2 % sind 82,80 bzw.<br />
66,10 €/Jahr.<br />
Für Verheiratete gilt: Nach § 62 SGB V Abs. 2<br />
werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnah-<br />
men gemeinsam ermittelt, d. h. sobald die Zu-<br />
zahlungen aller Familienangehörigen insgesamt<br />
1 % erreichen, kann die Person mit der schweren<br />
chronischen Erkrankung einen Befreiungsnach-<br />
weis von der Krankenkasse anfordern. Mit dem<br />
Befreiungsausweis, den die Krankenkasse dann<br />
zuschickt, sind dann keine Zuzahlungen mehr zu<br />
leisten. Das gilt auch für Ehepartner und fami-<br />
lienversicherte Kinder. Selbst versicherte Kinder<br />
gehören nicht dazu. Umgekehrt ist ihr Einkom-<br />
men auch nicht zu berücksichtigen.<br />
Die meisten Krankenkassen bieten ab dem zwei-<br />
ten Jahr zum Jahresanfang ihren Mitgliedern<br />
die Möglichkeit, durch Zahlung eines Betrages,<br />
der auf dem Familieneinkommen des Vorjahrs<br />
basiert, direkt den Nachweis zur Befreiung für<br />
das laufende Jahr zu bekommen, so dass keine<br />
Belege mehr gesammelt und möglicherweise<br />
überzahlte Beträge zurück überwiesen werden<br />
müssen.<br />
Zuzahlungen, wo gelten sie?<br />
Verschreibungspflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel: Bis zur<br />
Belastungsgrenze keine Sonderregelungen.<br />
Nicht verschreibungspflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel<br />
müssen voll bezahlt werden. Ausnahme: Nicht<br />
verschreibungsfähige Arzne<strong>im</strong>ittel, die bei be-<br />
st<strong>im</strong>mten Krankheiten als „anerkannter Thera-<br />
piestandard“ gelten, können wie bisher auch<br />
mit Angabe der Diagnose auf der Verordnung<br />
weiter zu Lasten der Kassen verordnet werden.<br />
Dazu gehören z. B. auch Abführmittel bei Quer-<br />
schnittlähmung, Desinfektionsmittel bei ISK (Ka-<br />
theterisieren) oder methioninhaltige Medika-<br />
mente zur Vorbeugung von<br />
57
58<br />
Nierensteinen. (Siehe „Ausnahmeliste“ <strong>im</strong> An-<br />
hang dieser Broschüre). Tipp/Beispiel: Desinfek-<br />
tionsmittel bei Selbstkatheterisierung sind zwar<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel, aber weder verschreibungspflich-<br />
tig noch unbedingt apothekenpflichtig. Deshalb<br />
ist es eine Überlegung wert, ob man diese z.<br />
B. <strong>im</strong> Sanitätshaus bezieht, das einen auch mit<br />
Kathetern versorgt (siehe unter „Was gilt für<br />
Hilfsmittel?“). Dort wird es wahrscheinlich preis-<br />
werter sein. Denn der Grundbetrag von 8,20 €,<br />
den Apotheken jetzt pro Arzne<strong>im</strong>ittel erhalten<br />
ist es ja, der dort die preiswerten Arzne<strong>im</strong>ittel<br />
erheblich teurer macht - und eine Preisbindung<br />
wie bisher gibt es nicht mehr.<br />
Ob das nach den positiven Gerichtsurteilen in<br />
der Vergangenheit auch für Potenzmittel wie z.<br />
B. Viagra zutrifft, ist noch unklar. Zur Zeit wer-<br />
den die Kosten nicht übernommen, aber es lau-<br />
fen derzeit einige Gerichtsverfahren be<strong>im</strong> BSG<br />
zu dieser Frage. Es lohnt sich also, die Presse zu<br />
verfolgen.<br />
Was gilt für Hilfsmittel?<br />
Bei Hilfsmitteln aller Art müssen 10 % Zuzah-<br />
lungen geleistet werden; mindestens 5 €, maxi-<br />
mal 10, jedoch nie mehr, als das Hilfsmittel selbst<br />
kostet. Auch hier sind einige Besonderheiten zu<br />
berücksichtigen:<br />
– Bei Hilfsmitteln, die zum Verbrauch best<strong>im</strong>mt<br />
sind (z.B. Inkontinenzversorgung) beträgt die<br />
max<strong>im</strong>ale Zuzahlung je Indikation (nicht je<br />
Artikel oder Packung!) 10 €/Monat<br />
– Reparaturen von Hilfsmitteln/Ersatzteile sind<br />
keine eigenständigen Hilfsmittel. Es ist des-<br />
halb keine Zuzahlung zu leisten (z.B. Roll-<br />
stuhlbereifung).<br />
– Auch Pflegehilfsmittel nach SGB XI (Pflege-<br />
versicherung) wie Einmalhandschuhe, Unter-<br />
lagen etc. zählen nicht unter dieses Gesetz. Es<br />
ist keine Zuzahlung zu leisten (siehe dazu den<br />
entspr. Beitrag in dieser Broschüre).<br />
Die Belastung für Heilmittel ist u.U. sogar nied-<br />
riger als früher. Da waren 15 % zu zahlen, jetzt<br />
10 €/Verordnung und 10 %/Leistung Das heißt,<br />
bei Verordnungen für 3 oder 6 mal Krankengym-<br />
nastik ist es teurer als vor 2004, bei der Verord-<br />
nung von 20, 30 oder 50 Behandlungen - außer-<br />
halb des „Regelfalls“ – ist die Zuzahlung jetzt<br />
niedriger. (Anmerkung: Bei Diagnosen wie Quer-<br />
schnittlähmung, Spina bifida, Multiple Sklerose<br />
etc. ist die heiß diskutierte „Unterbrechung“ von<br />
6 oder 12 Wochen nicht vorgesehen. Das sollte<br />
jeder Arzt wissen!)<br />
Regelung der Fahrtkosten<br />
Nach den rückwirkend ab Anfang 2004 gel-<br />
tenden „Krankentransport-Richtlinien“ über-<br />
nehmen die Kassen die Kosten für Personen, die<br />
einen Schwerbehindertenausweis mit den Merk-<br />
zeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ haben oder in der<br />
Pflegeversicherung in die Pflegestufe II oder III<br />
eingestuft sind.<br />
Damit haben Querschnittgelähmte bis auf ganz<br />
seltene Ausnahmen einen Anspruch auf Kosten-<br />
übernahme. Eine Verordnung auf einem spezi-<br />
ellen Formular ist nicht erforderlich, wenn ein<br />
privates Kraftfahrzeug benutzt wird oder es sich<br />
um Fahrten zu ambulanten oder stationären<br />
Rehabilitationsmaßnahmen handelt. In solchen<br />
Fällen kann die Abrechnung ohne Verordnung<br />
<strong>im</strong> Nachhinein erfolgen. Auch wenn einige Kran-<br />
kenkassen das nicht akzeptieren wollen, haben<br />
die Gerichte entsprechend auch für Rehabilitati-<br />
onssport entschieden z.B. Sozialgericht Koblenz<br />
AZ S 11 KR 766/03 v. 23.09.2004, Sozialgericht<br />
Trier AZS 4 KR 163/04 v. 13.12.2005, Sozialge-<br />
richt Chemnitz AZ S 11 KR 642/05 v. 18.08.2006.<br />
Erstattet werden bei der Fahrt mit dem privaten<br />
PKW die gefahrenen Kilometer nach dem Bun-<br />
desreisekostengesetz (z. Zt. 0,40 Euro/Entfer-<br />
nungskilometer nach dem Bundesreisekostenge-<br />
setz, also 0,20 Euro je gefahrenem Kilometer). Fr
Fahrten mit dem Taxi oder einem Krankentransportwagen empfiehlt sich<br />
zur Vermeidung von Auseinandersetzungen mit der Krankenkasse die Vor-<br />
lage eines (Dauer-) Beförderungsverordnung durch einen Arzt.<br />
In allen anderen Fällen ist zu unterscheiden, ob es sich um eine „ambu-<br />
lante Behandlung“ oder um eine „Rehabilitationsmaßnahme“ handelt. Bei<br />
ambulanten Behandlungen wie Arztbesuch, Krankengymnastik etc. oder<br />
Fahrten mit dem Taxi oder Fahrdienst wegen eines stationären Kranken-<br />
hausaufenthalt (nicht mit dem eigenen PKW) muss die Übernahme der<br />
Kosten vorher verordnet und genehmigt werden. Bei einer ambulanten<br />
oder stationären Rehabilitationsmaßnahme (z.B. Kur) nicht.<br />
Außerdem übernehmen die Kassen nach vorheriger Genehmigung alle<br />
Fahrten zur Dialysebehandlung, zur onkologischen Strahlentherapie und<br />
zur onkologischen Chemotherapie - auch wenn die genannten Voraus-<br />
setzungen für eine Kostenübernahme nicht erfüllt sind. Dabei handelt es<br />
sich - <strong>im</strong> Gegensatz zu der Auffassung mancher Kassen nur um Beispiele.<br />
Es könnten aber auch andere Krankheiten sein, die die regelmäßige Be-<br />
handlung erforderlich machen. Grundsätzlich gilt für alle vorgenannten<br />
Fahrtkosten (mit Ausnahme von Fahrten zum Rehasport, dafür gilt nicht<br />
§ 60 SGB V, sondern § 53 SGB IX), dass je Fahrt 10 %, mindestens 5 €,<br />
max<strong>im</strong>al 10 € selbst zu tragen sind, so lange man nicht von Zuzahlungen<br />
befreit ist.<br />
Ein Fehler <strong>im</strong> Gesetz?<br />
Im Gegensatz zu anderen Leistungen gilt diese Fahrtkostenregelung auch<br />
bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre - jedenfalls bis zum Erreichen<br />
der Familienbelastungsgrenze von 1 % bzw. 2 %. Da Kinder jedoch weder<br />
bei Arzne<strong>im</strong>itteln noch bei Krankenhausaufenthalten etc. Zuzahlungen<br />
leisten müssen, handelt es sich wohl um einen redaktionellen Fehler <strong>im</strong> Ge-<br />
setz, der bei den angekündigten Korrekturen hoffentlich beseitigt wird.<br />
Einen „Musterpatienten“ gibt es nicht. Ein Gesetz ohne Auslegungspro-<br />
bleme noch viel weniger. Deshalb kann dieser Artikel nur wichtige Punkte<br />
(nach dem Stand vom 31. 8. 2006) erläutern und klarstellen. Er soll zur<br />
Information unserer selbst betroffenen Leser dienen, um ihnen in Ge-<br />
sprächen mit ihren Krankenkassen mehr Sicherheit zu geben, wenn diese,<br />
aus welchem Grund auch <strong>im</strong>mer, einen Anspruch „anders beurteilen“. Und<br />
das wird sicher geschehen. Denn Krankenkassen sind genauso parteiisch<br />
wie der Autor dieses Artikels.<br />
Text: Herbert Müller<br />
-Anzeige-
Beispiel: „Liftboy“<br />
MHP 100<br />
60<br />
Markt<br />
More Mobility Center Neu-Ulm<br />
Als bundesweit erster Standort eröffnete das<br />
More Mobility Center (MMC) Neu-Ulm 2004<br />
dieses Kompetenzzentrum für Menschen mit<br />
eingeschränkter Mobilität. Speziell geschulte<br />
Verkäufer, von denen einer selbst <strong>im</strong> Rollstuhl<br />
sitzt, bieten seither interessierten Kunden eine<br />
professionelle Beratung sowohl für serienpro-<br />
duzierte Behindertenfahrzeuge, als auch für in-<br />
dividuelle Sonderanfertigungen quer durch alle<br />
Marken von Da<strong>im</strong>lerChrysler an. Erklärtes Ziel<br />
des MMC ist es, behinderten Menschen durch<br />
eine auf ihre persönliche Einschränkung zuge-<br />
schnittene Fahrzeuglösung ein Mehr an Bewe-<br />
gungsfreiheit zu ermöglichen.<br />
Treppen-Hängelift mit<br />
Rollstuhladaption<br />
Im Mittelpunkt der neuen Ausstellung in der<br />
Von-Liebig-Straße 10 stehen Fahrzeuge und Aus-<br />
bauten für Selbst- und Passivfahrer. Diese wer-<br />
den sowohl in Form von Lösungen renommierter<br />
Aufbauhersteller als auch in Gestalt erster werk-<br />
seitiger Umbauten aus dem Hause Da<strong>im</strong>ler-<br />
Chrysler angeboten. Der Standort Ulm/Neu-Ulm<br />
hat sich mittlerweile als fester Anlaufpunkt in<br />
Süddeutschland einen Namen gemacht.<br />
Barrierefrei mit Hilfe von Liften<br />
Wird ein Treppenlift zur Aufrechterhaltung der<br />
Mobilität benötigt, gibt es von der Pflegever-<br />
sicherung Zuschüsse bis zu 2 557 €. Kann man<br />
noch selbst auf einem Sitz Platz nehmen, ist der<br />
Treppen-Sitzlift das geeignete Gerät – z.B. bei<br />
modie-trans bereits ab 2 998 € inkl. MWSt. er-<br />
hältlich. Ist man auf den Rollstuhl angewiesen,<br />
gibt es Treppen-Plattformlifte – diese werden<br />
ebenfalls konkret angepasst für den Innen- und<br />
Außenbereich. Bei einem Treppen-Hängelift mit<br />
Rollstuhladaption wird ein Sitz bzw. der Roll-<br />
stuhl schwebend über die Treppenstufen in die<br />
gewünschte Etage befördert.<br />
Zu den Behinderten-<br />
Liften gehören auch<br />
Senkrechtaufzüge,<br />
die ausschließlich<br />
dem Transfer mit<br />
oder ohne Rollstuhl<br />
und ggf. einer Be-<br />
gleitperson dienen.<br />
Für Höhen bis 2 m<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.mercedes-benz-erleben.de.<br />
Weitere Infos von Da<strong>im</strong>lerChrysler:<br />
www.media.da<strong>im</strong>lerchrysler.com<br />
gibt es die einfache Hubplattform. Die mobilen<br />
Hubplattformen der Serie „Liftboy“ können auf<br />
Rollen von einer Person an den Einsatzort ge-<br />
fahren werden – es werden lediglich eine ebe-<br />
ne Stellfläche und eine Steckdose benötigt. Die<br />
Hub-Plattform der Serie „Liftmaster“ ist mit einer<br />
Tür an der unteren Zufahrt ausgestattet, so dass<br />
man wie in einem Aufzugschacht fährt. Auch bei<br />
diesem Gerät werden lediglich eine ebene Stell-<br />
fläche sowie der Stromanschluss von 230 Volt<br />
benötigt.<br />
Mehr Beweglichkeit <strong>im</strong> häuslichen Bereich Leben<br />
bieten Deckenfahr- und Wandlifter, die z.B. zum<br />
einfachen Transfer vom Rollstuhl ins Bett oder <strong>im</strong><br />
sanitären Bereich eingesetzt werden. Mit Dek-<br />
kenfahrliftern kann man sich frei <strong>im</strong> Raum be-<br />
wegen, sie sind leicht durch ein Handbedienteil<br />
zu bedienen (Heben und Senken, Fahren in der<br />
Schiene). Die Halterung des Wandlifters Phoenix<br />
wird an der Wand oder an einem Ständer befe-<br />
stigt, der Schwenkarm mit Antriebseinheit kann<br />
mit wenigen Griffen aus der Halterung gelöst
und in eine andere Halterung in einem anderen<br />
Raum wieder eingeklinkt werden. In Ruhestel-<br />
lung wird der Lifter Platz sparend an die Wand<br />
geklappt. Hebegeräte für den häuslichen oder<br />
pflegerischen Bedarf werden meist komplett<br />
von Kostenträgern übernommen.<br />
Neue Kathetersysteme<br />
Gleitmittel oder hydrophile Beschichtung? Mit<br />
den neuesten Systemen Liquick® PLUS und Sa-<br />
fetyCat® PLUS bietet Medical Service opt<strong>im</strong>ale<br />
Voraussetzungen für eine sichere und schonen-<br />
de Katheterisierung. Und in beiden Versionen<br />
findet sich alles Notwendige bequem in einer<br />
Verpackung. Das Liquick® PLUS System ist ein<br />
Kathetersystem mit hydrophiler Beschichtung.<br />
Durch die integrierte sterile Kochsalzlösung<br />
kann ganz auf Gleitmittel verzichtet werden.<br />
Die SoftWave-Katheterführung erleichtert das<br />
Herausschieben. Durch den integrierten Auf-<br />
fangbeutel eignet sich das System hervorragend<br />
für eine Katheterisierung unterwegs, aber auch<br />
zu Hause.<br />
Bei SafetyCat® PLUS sind Sicherheitskatheter<br />
und die Endosgel®-Spritze in einer Verpackung.<br />
Beide Kathetersysteme enthalten den einzigar-<br />
Wilhelm Meyer ist <strong>im</strong> Alter von 66 Jahren nach<br />
schwerer Krankheit gestorben. Bis zuletzt war er<br />
noch Vorsitzender des Beirates der MEYRA-OR-<br />
TOPEDIA-Gruppe in Kalletal-Kalldorf. Sein Vater,<br />
Wilhelm Meyer sen., hatte 1936 in Vlotho eine<br />
kleine Werkstatt gegründet, in der Krankenfahr-<br />
zeuge und der erste Krankenstuhl konstruiert<br />
wurden. In den Sechzigern beschäftigte MEYRA<br />
bereits über 300 Mitarbeiter. Mit Wilhelm Meyer<br />
wurde die zweite Generation aktiv <strong>im</strong> Einsatz<br />
Markt<br />
tigen SafetyCat® Sicherheitskatheter, der über<br />
speziell entwickelte SCE-Katheteraugen (SCE<br />
= Soft Cat Eye) verfügt, die innen und außen<br />
weich abgerundet sind. Die empfindliche Harn-<br />
röhrenschle<strong>im</strong>haut wird geschont und dadurch<br />
das Verletzungsrisiko min<strong>im</strong>iert. Der flexible Er-<br />
gothan-Kopf des SafetyCat® Sicherheitskathe-<br />
ters folgt der Harnröhre opt<strong>im</strong>al, dadurch kann<br />
der Katheter ohne große Druckeinwirkung si-<br />
cher eingeführt werden.<br />
Wilhelm Meyer gestorben<br />
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Meyer führt nun als geschäftsführender Gesell-<br />
schafter in dritter Generation verantwortlich das<br />
Unternehmen.<br />
61
62<br />
Richtlinien<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel-Richtlinien<br />
§<br />
(aus BAnz. Nr. 65 (S. 5416) vom 7. 4. 2005)<br />
F. Gesetzliche Verordnungsausschlüsse bei der Arzne<strong>im</strong>ittelversorgung und<br />
zugelassene Ausnahmen<br />
16. Apothekenpflichtige nicht verschrei-<br />
bungspflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel gemäß<br />
§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V<br />
16.1 Apothekenpflichtige nicht verschrei-<br />
bungspflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel sind von<br />
der Versorgung nach § 31 SGB V aus-<br />
geschlossen. Die Verordnung dieser<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel ist nach § 34 Abs. 1 Satz 2<br />
ausnahmsweise zulässig, wenn die Arz-<br />
ne<strong>im</strong>ittel bei der Behandlung schwer-<br />
wiegender Erkrankungen als Therapie-<br />
standard gelten.<br />
16.2 Eine Krankheit ist schwerwiegend,<br />
wenn sie lebensbedrohlich ist oder<br />
wenn sie aufgrund der Schwere der<br />
durch sie verursachten Gesundheits-<br />
störung die Lebensqualität auf Dauer<br />
nachhaltig beeinträchtigt.<br />
16.3 Ein Arzne<strong>im</strong>ittel gilt als Therapiestan-<br />
dard, wenn der therapeutische Nut-<br />
zen zur Behandlung der schwerwie-<br />
genden Erkrankung dem allgemein<br />
anerkannten Stand der medizinischen<br />
Erkenntnisse entspricht.<br />
16.4 Schwerwiegende Erkrankungen und<br />
Standardtherapeutika zu deren Be-<br />
handlung sind:<br />
16.4.1 Abführmittel nur zur Behandlung von<br />
Erkrankungen <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
mit Tumorleiden, Megacolon, Diverti-<br />
kulose, Divertikulitis, Mukoviszidose,<br />
neurogener Darmlähmung, vor dia-<br />
gnostischen Eingriffen, bei phosphat-<br />
bindender Medikation bei chronischer<br />
Niereninsuffizienz, Opiat-sowie Opioi-<br />
dtherapie und in der Terminalphase.<br />
16.4.2 Acetylsalicylsäure (bis 300 mg/ Dosis-<br />
einheit) als Thrombozyten- Aggrega-<br />
tionshemmer in der Nachsorge von<br />
Herzinfarkt und Schlaganfall sowie<br />
nach arteriellen Eingriffen<br />
16.4.3 Acetylsalicylsäure und Paracetamol<br />
nur zur Behandlung schwerer und<br />
schwerster Schmerzen in Co-Medikati-<br />
on mit Opioiden<br />
16.4.4 Acidosetherapeutika nur zur Behand-<br />
lung von dialysepflichtiger Nephropa-<br />
thie und chronischer Niereninsuffizi-<br />
enz sowie bei Neoblase<br />
16.4.5 Antihistaminika<br />
− nur in Notfallsets zur Behandlung<br />
bei Bienen-, Wespen-, Hornissengift-<br />
Allergien,<br />
− nur zur Behandlung schwerer, rezi-<br />
divierender Urticarien<br />
− nur bei schwerwiegendem, anhal-<br />
tendem Pruritus<br />
16.4.6 Ant<strong>im</strong>ykotika nur zur Behandlung von<br />
Pilzinfektionen <strong>im</strong> Mund- und Rachen-<br />
raum.<br />
16.4.7 Antiseptika und Gleitmittel nur für Pa-<br />
tienten mit Selbstkatheterisierung.<br />
16.4.8 Arzneistofffreie Injektions/Infusions-,<br />
Träger- und Elektrolytlösungen.<br />
16.4.9 Calciumverbindungen (mind. 300 mg<br />
Calcium-Ion/ Dosiereinheit) und Vita-<br />
min D (freie oder fixe Kombination).<br />
− nur zur Behandlung der manifesten<br />
Osteoporose<br />
− nurzeitgleichzurSteroidtherapiebei<br />
Erkrankungen, die voraussichtlich<br />
einer mindestens sechsmonatigen
-Anzeige-<br />
Steroidtherapie in einer Dosis von<br />
wenigstens 7,5 mg Prednisolonäqui-<br />
valent bedürfen<br />
− bei Bisphosphonat- Behandlung ge-<br />
mäß Angabe in der jeweiligen Fach-<br />
information bei zwingender Not-<br />
wendigkeit.<br />
16.4.10 Calciumverbindungen als Monopräpa-<br />
rate nur<br />
− bei Pseudohypo- und Hypoparathy-<br />
reodismus<br />
− bei Bisphosphonat-Behandlung ge-<br />
mäß Angabe in der jeweiligen Fach-<br />
information bei zwingender Not-<br />
wendigkeit.<br />
16.4.11 nicht besetzt<br />
16.4.12 Citrate nur zur Behandlung von Harn-<br />
konkrementen.<br />
§Richtlinien<br />
16.4.13 E. coli Stamm Nissle 1917 nur zur Be-<br />
-Anzeige-<br />
handlung der Colitis ulcerosa in der<br />
Remissionsphase bei Unverträglichkeit<br />
von Mesalazin<br />
16.4.14 Eisen-(II)-Verbindungen nur zur Be-<br />
handlung von gesicherter Eisenman-<br />
gelanaemie.<br />
16.4.15 Flohsamenschalen nur zur unterstüt-<br />
zenden Quellmittel-Behandlung bei<br />
Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom und<br />
HIV assoziierter Diarrhoen.<br />
16.4.16 Folsäure und Folinate nur bei Therapie<br />
mit Folsäureantagonisten sowie zur<br />
Behandlung des kolorektalen Karzi-<br />
noms.<br />
16.4.17 Gingko biloba blätter-Extrakt (Aceton-<br />
Wasser-Auszug, standardisiert) nur zur<br />
Behandlung der Demenz.
64<br />
Richtlinien<br />
16.4.18 Hypericum perforatum-Extrakt (hydro-<br />
§<br />
alkoholischer Extrakt, mind. 300 mg pro<br />
Applikationsform) nur zur Behandlung<br />
mittelschwerer depressiver Episoden.<br />
16.4.19 Iodid nur zur Behandlung von Schild-<br />
drüsenerkrankungen.<br />
16.4.20 Iod-Verbindungen nur zur Behandlung<br />
von Ulcera und Dekubitalgeschwüren.<br />
16.4.21 Kaliumverbindungen als Monopräpa-<br />
rate nur zur Behandlung der Hypokali-<br />
aemie.<br />
16.4.22 Lactulose und Lactitol nur zur Senkung<br />
der enteralen Ammoniak-resorption<br />
bei Leberversagen <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
mit der hepatischen Enzephalopathie.<br />
16.4.23 Lösungen und Emulsionen zur paren-<br />
teralen Ernährung einschließlich der<br />
notwendigen Vitamine und Spurenele-<br />
mente.<br />
16.4.24 Magnesiumverbindungen, oral, nur<br />
bei angeborenen Magnesiumverluster-<br />
krankungen.<br />
16.4.25 Magnesiumverbindungen, parenteral,<br />
nur zur Behandlung bei nachgewie-<br />
sen-em Magnesiummangel und zur<br />
Behand-lung bei erhöhtem Eklampsie-<br />
risiko.<br />
16.4.26 Metixenhydrochlorid nur zur Behand-<br />
lung des Parkinson-Syndroms.<br />
16.4.27 Mistel-Präparate, parenteral, auf Mi-<br />
stellektin normiert, nur in der palliati-<br />
ven Therapie von malignen Tumoren<br />
zur Verbesserung der Lebensqualität.<br />
16.4.28 Niclosamid nur zur Behandlung von<br />
Bandwurmbefall .<br />
16.4.29 Nystatin nur zur Behandlung von My-<br />
kosen bei <strong>im</strong>munsuppr<strong>im</strong>ierten Pati-<br />
enten.<br />
16.4.30 Ornithinaspartat nur zur Behandlung<br />
des hepatischen (Prae-) Coma und der<br />
episodischen, hepatischen Enzephalo-<br />
pathie .<br />
16.4.31 Pankreasenzyme nur zur Behandlung<br />
chronischer, exokriner Pankreasinsuffi-<br />
zienz oder Mukoviszidose.<br />
16.4.32 Phosphatbinder nur zur Behandlung<br />
der Hyperphosphatämie bei chro-<br />
nischer Niereninsuffizienz und Dialyse<br />
16.4.33 Phosphatverbindungen bei Hypophos-<br />
phatämie, die durch eine entspre-<br />
chende Ernährung nicht behoben wer-<br />
den kann.<br />
16.4.34 Salicylsäurehaltige Zubereitungen in<br />
der Dermatotherapie als Teil der Be-<br />
handlung der Psoriasis und hyperkera-<br />
totischer Ekzeme.<br />
16.4.35 Synthetischer Speichel nur zur Behand-<br />
lung krankheitsbedingter Mundtro-<br />
ckenheit bei rheumatischen oder on-<br />
kologischen Erkrankungen.<br />
16.4.36 Synthetische Tränenflüssigkeit bei<br />
Sjögren-Syndrom mit deutlichen Funk-<br />
tionsstörungen des Grades 2, Epider-<br />
molysis bullosa, occulärem Pemphi-<br />
goid, Fehlen oder Schädigung der<br />
Tränendrüse, Fazialisparese oder bei<br />
Lagophthalmus.<br />
16.4.37 Vitamin K als Monopräparate nur bei<br />
nachgewiesenem, schwerwiegendem<br />
Vitaminmangel, der durch eine ent-<br />
sprechende Ernährung nicht behoben<br />
werden kann.<br />
16.4.38 Wasserlösliche Vitamine auch in Kom-<br />
binationen nur bei der Dialyse. 16.4.39<br />
Wasserlösliche Vitamine, Benfotiamin<br />
und Folsäure als Monopräparate nur<br />
bei nachgewiesenem, schwerwiegen-<br />
dem Vitaminmangel, der durch eine<br />
entsprechende Ernährung nicht be-<br />
hoben werden kann (Folsäure: 5 mg/<br />
Dosiseinheit).<br />
16.4.40 Zinkverbindungen als Monopräparat<br />
nur zur Behandlung der enteropa-<br />
thischen Akrodermatitis und durch
§Richtlinien<br />
Haemodialysebehandlung bedingten<br />
nachgewiesenen Zinkmangel sowie<br />
zur Hemmung der Kupferaufnahme<br />
bei Morbus Wilson.<br />
16.4.41 Arzne<strong>im</strong>ittel zur sofortigen Anwen-<br />
dung<br />
− Antidote bei akuten Vergiftungen<br />
− Lokalanaesthetika zur Injektion<br />
− Apothekenpflichtige nicht verschrei-<br />
bungspflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel, die<br />
<strong>im</strong> Rahmen der ärztlichen Behand-<br />
lung zur sofortigen Anwendung in<br />
der Praxis verfügbar sein müssen,<br />
können verordnet werden, wenn<br />
entsprechendeVereinbarungenzwi-<br />
schen den Verbänden der Kranken-<br />
kassen und den Kassenärztlichen<br />
Vereinigungen getroffen werden.<br />
16.4.42 Topische Anästhetika und/ oder An-<br />
tiseptika nur zur Selbstbehandlung<br />
schwerwiegender generalisierter bla-<br />
senbildender Hauterkrankungen (z.B.<br />
Epidermolysis bullosa, hereditaria;<br />
Pemphigus).<br />
16.4.43 L- Methionin nur zur Vermeidung der<br />
Steinneubildung bei Phosphatsteinen<br />
bei neurogener Blasenlähmung, wenn<br />
Ernährungsempfehlungen und Blasen-<br />
entleerungstraining erfolglos geblie-<br />
ben sind.<br />
16.5 Für die in diesen Richtlinien <strong>im</strong> Ab-<br />
schnitt F aufgeführten Indikationsge-<br />
biete kann der Arzt bei schwerwie-<br />
genden Erkrankungen auch Arzne<strong>im</strong>it-<br />
tel der Anthroposophie und Homöopa-<br />
thie verordnen, sofern die Anwendung<br />
dieser Arzne<strong>im</strong>ittel für diese Indikati-<br />
onsgebiete nach dem Erkenntnisstand<br />
als Therapiestandard in der jeweiligen<br />
Therapierichtung angezeigt ist. Der<br />
Arzt hat zur Begründung der Verord-<br />
nung die zugrunde liegende Diagnose<br />
-Anzeige-<br />
in der Patientendokumentation aufzu-<br />
zeichnen.<br />
16.6 Die Verordnung der Arzne<strong>im</strong>ittel in<br />
den zugelassenen Fällen, ist in der ärzt-<br />
lichen Dokumentation durch Angabe<br />
der entsprechenden Diagnose zu be-<br />
gründen.<br />
16.7 Die Vorschriften in Nr.16.1 bis 6 regeln<br />
abschließend, unter welchen Voraus-<br />
setzungen nicht verschreibungspflich-<br />
tige Arzne<strong>im</strong>ittel
66<br />
Richtlinien<br />
zu Lasten der gesetzlichen Kranken-<br />
§<br />
versicherung verordnungsfähig sind.<br />
Insoweit finden die Vorschriften ande-<br />
rer Abschnitte der Arzne<strong>im</strong>ittel-Richt-<br />
linien, insbesondere die Vorschriften<br />
der Nr. 20 ff. der Arzne<strong>im</strong>ittel-Richtli-<br />
nien, keine Anwendung.<br />
16.8 Die Verpflichtung des Vertragsarztes<br />
zur wirtschaftlichen Verordnungswei-<br />
se von nicht verschreibungspflichtigen<br />
Arzne<strong>im</strong>itteln bleibt von diesen Rege-<br />
lungen unberührt. Der Vertragsarzt<br />
soll nicht verschreibungspflichtige Arz-<br />
ne<strong>im</strong>ittel zu Lasten des Versicherten<br />
verordnen, wenn sie zur Behandlung<br />
einer Erkrankung medizinisch not-<br />
wendig, zweckmäßig und ausreichend<br />
sind.<br />
In diesen Fällen kann die Verordnung<br />
eines verschreibungspflichtigen Arz-<br />
ne<strong>im</strong>ittels unwirtschaftlich sein.<br />
16.9 Die Regelungen in Nr. 16.1 bis 8 gelten<br />
nicht für versicherte Kinder bis zum<br />
vollendeten 12. Lebensjahr und versi-<br />
cherte Jugendliche bis zum vollendeten<br />
18. Lebensjahr mit Entwicklungsstö-<br />
rungen. 17. Verschreibungspflichtige<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel gemäß § 34 Abs.1 Satz 6<br />
SGB V<br />
Folgende verschreibungspflichtige Arz-<br />
ne<strong>im</strong>ittel sind nach § 34 Abs. 1 SGB V<br />
bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr<br />
vollendet haben, von der Versorgung<br />
ausgeschlossen:<br />
17.1 Arzne<strong>im</strong>ittel zur Anwendung bei Er-<br />
kältungskrankheiten und grippalen<br />
Infekten einschließlich der bei die-<br />
sen Krankheiten anzuwendenden<br />
Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hu-<br />
stendämpfenden und hustenlösenden<br />
Mittel, sofern es sich um geringfügige<br />
Gesundheitsstörungen handelt.<br />
17.2 Mund-undRachentherapeutika,ausge-<br />
nommen bei Pilzinfektionen, geschwü-<br />
rigen Erkrankungen der Mundhöhle<br />
und nach chirurgischen Eingriffen <strong>im</strong><br />
Hals-, Nasen-, Ohrenbereich.<br />
17.3 Abführmittel außer zur Behandlung<br />
von Erkrankungen z.B. <strong>im</strong> Zusammen-<br />
hang mit Tumorleiden, Megacolon,<br />
Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszi-<br />
dose, neurogener Darmlähmung, vor<br />
diagnostischen Eingriffen, bei phos-<br />
phat-bindender Medikation bei chro-<br />
nischer Niereninsuffizienz, bei der Opi-<br />
at- sowie Opioidtherapie und in der<br />
Terminalphase.<br />
17.4 Arzne<strong>im</strong>ittel gegen Reisekrankheit<br />
(unberührt bleibt die Anwendung ge-<br />
gen Erbrechen bei Tumortherapie und<br />
anderen Erkrankungen z.B. Menière-<br />
scher Symptom-komplex).<br />
18. Arzne<strong>im</strong>ittel zur Erhöhung der Le-<br />
bensqualität gemäß § 34 Abs.1 Satz 7<br />
SGB V<br />
18.1 Arzne<strong>im</strong>ittel, bei deren Anwendung<br />
eine Erhöhung der Lebensqualität <strong>im</strong><br />
Vordergrund steht, sind von der Ver-<br />
sorgung ausgeschlossen. Dies sind<br />
Arz-ne<strong>im</strong>ittel, deren Einsatz <strong>im</strong> We-<br />
sentlichen durch die private Lebens-<br />
führung bedingt ist oder die aufgrund<br />
ihrer Zweckbest<strong>im</strong>mung insbesondere<br />
− nicht oder nicht ausschließlich zur<br />
Behandlung von Krankheiten die-<br />
nen,<br />
− zur individuellen Bedürfnisbefriedi-<br />
gung oder zur Aufwertung des<br />
Selbstwertgefühls dienen,<br />
− zur Behandlung von Befunden an-<br />
gewandt werden, die lediglich Folge<br />
natürlicher Alterungsprozesse sind<br />
und deren Behandlung medizinisch<br />
nicht notwendig ist oder
-Anzeige-<br />
− zur Anwendung bei kosmetischen<br />
Befunden angewandt werden, de-<br />
ren Behandlung in der Regel medi-<br />
zinisch nicht notwendig ist.<br />
18.2 Ausgeschlossen sind insbesondere<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel, die überwiegend zur Be-<br />
handlung der erektilen Dysfunktion,<br />
der Anreizung sowie Steigerung der<br />
sexuellen Potenz, zur Raucherentwöh-<br />
nung, zur Abmagerung oder zur Züge-<br />
lung des Appetits, zur Regulierung des<br />
Körpergewichts oder zur Verbesserung<br />
des Haarwuchses dienen.<br />
18.3 Die nach Nr.18.2 ausgeschlossenen Fer-<br />
tigarzne<strong>im</strong>ittel sind in einer Übersicht<br />
als Anlage 8 der Arzne<strong>im</strong>ittel-Richt-<br />
linien zusammengestellt.<br />
§Richtlinien<br />
19. Verordnungsausschluss aufgrund der<br />
<strong>Recht</strong>sverordnung nach § 34 Abs. 3 SGB<br />
V Arzne<strong>im</strong>ittel, welche aufgrund von §<br />
34 Abs. 3 SGB V durch die <strong>Recht</strong>sverord-<br />
nung vom 21.2.1990 in der jeweils ak-<br />
tuellen Fassung als „unwirtschaftliche<br />
Arzne<strong>im</strong>ittel“ von der Leistungspflicht<br />
ausgeschlossen sind (so genannte Nega-<br />
tivliste). Dies sind Arzne<strong>im</strong>ittel, die für<br />
das Therapieziel oder zur Minderung<br />
von Risiken nicht erforderliche Bestand-<br />
teile enthalten oder deren Wirkungen<br />
wegen der Vielzahl der enthaltenen<br />
Wirkstoffe nicht mit ausreichender Si-<br />
cherheit beurteilt werden können oder<br />
deren therapeutischer Nutzen nicht<br />
nachgewiesen ist.
§<br />
§<br />
68<br />
Richtlinien<br />
Krankentransport-Richtlinien<br />
§<br />
(aus BAnz. Nr. 18 (S. 5416) vom 28. 1. 2004)<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
§ 1 Allgemeines<br />
§ 2 Verordnung<br />
§ 3 Notwendigkeit der Beförderung<br />
§ 4 Auswahl des Beförderungsmittels<br />
§ 5 Rettungsfahrten<br />
§ 6 Krankentransporte<br />
§ 7 Krankenfahrten<br />
§ 8 Ausnahmefälle für Krankenfahrten zur<br />
ambulanten Behandlung<br />
§ 9 Genehmigung<br />
§ 10 Information des Versicherten<br />
§ 11 Überprüfung der Richtlinien<br />
§ 12 Inkrafttreten<br />
Anlage 1: „Inhalt der Verordnung“<br />
Anlage 2: „Ausnahmefälle nach § 8 der<br />
§ 1 Allgemeines<br />
Richtlinien“ 1<br />
(1) Diese Richtlinien gemäß § 92 Abs.1 SGB V<br />
regeln die Verordnung von Krankenfahr-<br />
ten, Krankentransporten und Rettungs-<br />
fahrten in der vertragsärztlichen Versor-<br />
gung. Die Leistungen sind nach § 73 Abs.<br />
2 Nr. 7 SGB V vom Vertragsarzt zu verord-<br />
nen.<br />
(2) Gesetzliche Grundlage für die Kostenü-<br />
bernahme von Krankenbeförderungslei-<br />
stungen ist § 60 SGB V.<br />
§ 2 Verordnung<br />
(1) Für die Verordnung einer Krankenbeför-<br />
derungsleistung hat der Vertragsarzt<br />
– die Notwendigkeit der Beförderung<br />
nach § 3 zu prüfen und<br />
– das erforderliche Transportmittel nach<br />
Maßgabe der §§ 4 bis 7 auszuwählen.<br />
Die Verordnung ist auf dem vereinbarten<br />
Vordruck auszustellen. Die Inhalte der Ver-<br />
ordnung sind in Anlage 1 geregelt.<br />
(2) Der Vertragsarzt soll die Verordnung<br />
vor der Beförderung ausstellen. In Not-<br />
fällen kann er nachträglich verordnen.<br />
Ein Notfall liegt vor, wenn sich der Ver-<br />
sicherte in Lebensgefahr befindet oder<br />
schwere gesundheitliche Schäden zu be-<br />
fürchten sind, wenn er nicht unverzüglich<br />
die erforderliche medizinische Versorgung<br />
erhält.<br />
(3) Bei Fahrten mit dem privaten Kraftfahr-<br />
zeug oder mit einem öffentlichen Ver-<br />
kehrsmittel ist eine Verordnung nicht er-<br />
forderlich.<br />
(4) Für die Fahrten zu ambulanten oder sta-<br />
tionären Rehabilitationsmaßnahmen ist<br />
ebenfalls keine Verordnung auszustellen,<br />
sondern der Versicherte zur Klärung der<br />
An- und Abreise direkt an seine Kranken-<br />
kasse zu verweisen.<br />
§ 3 Notwendigkeit der Beförderung<br />
(1) Voraussetzung für die Verordnung von<br />
Beförderungsleistungen ist, dass die Fahrt<br />
<strong>im</strong> Zusammenhang mit einer Leistung der<br />
Krankenkasse zwingend medizinisch not-<br />
wendig ist. Der zwingende medizinische<br />
Grund ist auf der Verordnung anzugeben.<br />
Eine Verordnung zum Abst<strong>im</strong>men von Ter-<br />
minen, Erfragen von Befunden, Abholen<br />
von Verordnungen ist unzulässig.<br />
(2) Notwendig <strong>im</strong> Zusammenhang mit einer<br />
Leistung der Krankenkasse sind in der Re-<br />
gel nur die Fahrten auf dem direkten Weg<br />
zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort<br />
des Versicherten und der nächst erreich-
aren geeigneten Behandlungsmöglich-<br />
keit. Die Notwendigkeit der Beförderung<br />
ist für den Hin- und Rückweg gesondert zu<br />
prüfen.<br />
§ 4 Auswahl des Beförderungsmittels<br />
Maßgeblich für die Auswahl des Beförde-<br />
rungsmittels gemäß der §§ 5 bis 7 ist aus-<br />
schließlich die zwingende medizinische<br />
Notwendigkeit <strong>im</strong> Einzelfall unter Beach-<br />
tung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Für die<br />
Auswahlentscheidung ist deshalb insbe-<br />
sondere der aktuelle Gesundheitszustand<br />
des Versicherten und seine Gehfähigkeit<br />
zu berücksichtigen.<br />
§ 5 Rettungsfahrten<br />
(1) Der Versicherte bedarf einer Rettungs-<br />
fahrt, wenn er aufgrund seines Zustands<br />
-Anzeige- -Anzeige-<br />
Richtlinien<br />
mit einem qualifizierten Rettungsmittel<br />
(Rettungswagen, Notarztwagen, Ret-<br />
tungshubschrauber) befördert werden<br />
muss oder der Eintritt eines derartigen Zu-<br />
stands während des Transports zu erwar-<br />
ten ist.<br />
(2) Rettungswagen (RTW) sind für Notfall-<br />
patienten zu verordnen, die vor und<br />
während des Transportes neben den Er-<br />
ste-Hilfe-Maßnahmen auch zusätzlicher<br />
Maßnahmen bedürfen, die geeignet sind,<br />
die vitalen Funktionen aufrecht zu erhal-<br />
ten oder wieder herzustellen.<br />
(3) Notarztwagen (NAW) sind für Notfallpa-<br />
tienten zu verordnen, bei denen vor oder<br />
während des Transportes lebensrettende<br />
Sofortmaßnahmen durchzuführen oder<br />
zu erwarten sind, für die ein Notarzt er-<br />
forderlich ist. Dies gilt entsprechend<br />
§
§<br />
§<br />
70<br />
Richtlinien<br />
für die Verordnung von Notarzteinsatz-<br />
§<br />
fahrzeugen (NEF).<br />
(4) Rettungshubschrauber (RTH) sind zu ver-<br />
ordnen, wenn ein schneller Transport des<br />
Patienten mit einem bodengebundenen<br />
Rettungsmittel nicht ausreichend ist. Da-<br />
rüber hinaus sind Rettungshubschrauber<br />
anzufordern, wenn eine schnellere He-<br />
ranführung des Notarztes an den Notfal-<br />
lort zur Durchführung lebensrettender<br />
Maßnahmen oder zur Herstellung der<br />
Transportfähigkeit des Patienten mit dem<br />
jeweils geeigneten Transportmittel not-<br />
wendig ist.<br />
(5) Rettungswagen, Notarztwagen, Not-<br />
arzteinsatzfahrzeuge und Rettungshub-<br />
schrauber sind über die örtlich zuständige<br />
Rettungsleitstelle anzufordern.<br />
§ 6 Krankentransporte<br />
(1) Ein Krankentransport kann verordnet<br />
werden, wenn der Versicherte während<br />
der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder<br />
der besonderen Einrichtungen des Krank-<br />
entransportwagens (KTW) bedarf oder<br />
deren Erforderlichkeit aufgrund seines Zu-<br />
standes zu erwarten ist. Die fachliche Be-<br />
treuung in Krankentransportwagen wird<br />
nach den maßgeblichen landesrechtlichen<br />
Vorschriften durch qualifiziertes nichtärzt-<br />
liches Personal gewährleistet. Die medi-<br />
zinischtechnische Einrichtung ist auf die<br />
Beförderung von Nicht-Notfallpatienten<br />
ausgelegt.<br />
(2) Der Krankentransport soll auch dann ver-<br />
ordnet werden, wenn dadurch die Über-<br />
tragung schwerer, ansteckender Krank-<br />
heiten der Versicherten vermieden werden<br />
kann.<br />
(3) Krankentransporte zur ambulanten Be-<br />
handlung bedürfen der vorherigen Ge-<br />
nehmigung durch die Krankenkasse. Dies<br />
gilt nicht für Fahrten zu einer vor- oder<br />
nachstationären Behandlung gemäß § 115<br />
a SGB V oder zu einer ambulanten Opera-<br />
tion gemäß § 115 b SGB V.<br />
§ 7 Krankenfahrten<br />
(1) Krankenfahrten sind Fahrten, die mit<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten<br />
Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen<br />
durchgeführt werden. Zu den Mietwagen<br />
zählen z. B. auch Wagen mit behinderten-<br />
gerechter Einrichtung zur Beförderung<br />
von Rollstuhlfahrern. Eine medizinisch-<br />
fachliche Betreuung des Versicherten fin-<br />
det in diesen Fällen nicht statt.<br />
(2) Die Verordnung einer Krankenfahrt mit<br />
einem Taxi oder Mietwagen ist zulässig,<br />
bei<br />
a) Fahrten zu Leistungen, die stationär<br />
erbracht werden (§ 60 Abs. 2 Satz 1<br />
Nr. 1 SGB V),<br />
b) Fahrten zu einer vor- oder nachstatio-<br />
nären Behandlung gemäß § 115 a SGB<br />
V, wenndadurcheineausmedizinischer<br />
Sicht gebotene vollstationäre oder teil-<br />
stationäre Krankenhausbehandlung<br />
verkürzt oder vermieden werden<br />
kann,<br />
c) Fahrten zu einer ambulanten Operati-<br />
on gemäß § 115 b SGB V <strong>im</strong> Kranken-<br />
haus oder in der Vertragsarztpraxis mit<br />
<strong>im</strong> Zusammenhang mit dieser Opera-<br />
tion erfolgender Vor- oder Nachbe-<br />
handlung.<br />
Einzelheiten zu den Regelungen zu b) und<br />
c) sind in § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V i.<br />
V. m. §§ 115 a und 115 b SGB V und den<br />
darauf beruhenden Vereinbarungen ein-<br />
schließlich dem gem. § 115 b Abs. 1 SGB V<br />
gültigen Katalog geregelt.<br />
(3) Die Krankenfahrt mit einem Mietwagen<br />
oder einem Taxi ist nur dann zu verordnen,
-Anzeige-<br />
wenn der Versicherte aus zwingenden me-<br />
dizinischen Gründen öffentliche Verkehrs-<br />
mittel oder ein privates Kraftfahrzeug nicht<br />
benutzen kann.<br />
(4) Kann der Versicherte mit einem privaten<br />
Kraftfahrzeug oder öffentlichen Verkehrs-<br />
mitteln fahren, stellt der Vertragsarzt in<br />
den Fällen des Absatzes 2 Buchstabe c<br />
und des § 8 keine Verordnung, aber auf<br />
Wunsch des Versicherten eine Anwesen-<br />
heitsbescheinigung zur Vorlage bei seiner<br />
Krankenkasse aus.<br />
(5) Falls mehrere Patienten gleichzeitig zum<br />
selben Ziel gefahren werden müssen, hat<br />
der Vertragsarzt je Patient eine Sammel-<br />
fahrt unter Angabe der Patientenzahl zu<br />
verordnen, sofern keine medizinischen<br />
Gründe dagegen stehen.<br />
Richtlinien<br />
§ §<br />
(2) Voraussetzungen für eine Verordnung<br />
§ 8 Ausnahmefälle für Krankenfahrten zur<br />
ambulanten Behandlung<br />
(1) In besonderen Ausnahmefällen können<br />
auch Fahrten zur ambulanten Behand-<br />
lung außer der in § 7 Abs. 2 Buchstaben<br />
b) und c) geregelten Fälle bei zwingender<br />
medizinischer Notwendigkeit von der<br />
Krankenkasse übernommen und vom Ver-<br />
tragsarzt verordnet werden. Sie bedürfen<br />
der vorherigen Genehmigung durch die<br />
Krankenkasse.<br />
und eine Genehmigung sind,<br />
– dass der Patient mit einem durch die<br />
Grunderkrankung vorgegebenen The-<br />
rapieschema behandelt wird, das eine<br />
hohe Behandlungsfrequenz über ei-<br />
nen längeren Zeitraum aufweist,
§<br />
§<br />
72<br />
Richtlinien<br />
und – dass diese Behandlung oder<br />
§<br />
der zu dieser Behandlung führende Krank-<br />
heitsverlauf den Patienten in einer Weise<br />
beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur<br />
Vermeidung von Schaden an Leib und Le-<br />
ben unerlässlich ist.<br />
Diese Voraussetzungen sind in den in An-<br />
lage 2 dieser Richtlinien genannten Aus-<br />
nahmefällen in der Regel erfüllt. Diese Li-<br />
ste ist nicht abschließend.<br />
(3) Daneben kann die Fahrt zur ambulanten<br />
Behandlung für Versicherte verordnet<br />
und genehmigt werden, die einen Schwer-<br />
behindertenausweis mit dem Merkzeichen<br />
“aG“, “Bl“ oder “H“ oder einen Einstu-<br />
fungsbescheid gemäß SGB XI in die Pfle-<br />
gestufe 2 oder 3 bei der Verordnung vor-<br />
legen. Die Krankenkassen genehmigen<br />
auf ärztliche Verordnung Fahrten zur am-<br />
bulanten Behandlung von Versicherten,<br />
die keinen Nachweis nach Satz 1 besitzen,<br />
wenn diese von einer der Kriterien von<br />
Satz 1 vergleichbaren Beeinträchtigung<br />
der Mobilität betroffen sind und einer am-<br />
bulanten Behandlung über einen längeren<br />
Zeitraum bedürfen.<br />
(4) Die zwingende medizinische Notwendig-<br />
keit einer Verordnung der Fahrt und des<br />
Beförderungsmittels ist zu begründen.<br />
Fahrten zum Abst<strong>im</strong>men von Terminen, Er-<br />
fragen von Befunden, Abholen von Rezep-<br />
ten etc. sind keine Krankenkassenleistung.<br />
§ 9 Genehmigung<br />
Fahrten nach § 6 Abs. 3 sowie § 8 dieser<br />
Richtlinienbedürfen einer vorherigen Ge-<br />
nehmigung durch die Krankenkasse. Ge-<br />
nehmigungspflichtige Verordnungen sind<br />
der Krankenkasse frühzeitig vorzulegen.<br />
Dauer und Umfang (z. B. Transportmittel,<br />
Hin- und Rückfahrt) der Genehmigung<br />
werden von der Krankenkasse festgelegt.<br />
§ 10 Information des Versicherten<br />
Der Versicherte soll darüber unterrichtet<br />
werden, dass seine Zuzahlung gemäß §<br />
61 Satz 1 SGB V grundsätzlich zehn von<br />
Hundert der Kosten je Fahrt – mindestens<br />
jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro, al-<br />
lerdings jeweils nicht mehr als die Kosten<br />
der Fahrt – beträgt. Nur Versicherte, de-<br />
ren Zuzahlungen die Belastungsgrenze<br />
nach § 62 SGB V überschritten haben, sind<br />
bei Vorlage einer entsprechenden Beschei-<br />
nigung der Krankenkasse für den Rest des<br />
Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungen<br />
befreit.<br />
§ 11 Überprüfung der Richtlinien<br />
Die Auswirkungen dieser Richtlinien wer-<br />
den bis zum 31.12.2004 überprüft.<br />
§ 12 Inkrafttreten<br />
Diese Richtlinien treten mit Wirkung<br />
vom 01. Januar 2004 in Kraft. Bonn, den<br />
22.01.2004; Gemeinsamer Bundesaus-<br />
schuss; Der Vorsitzende, Dr. Hess<br />
Anlage 1: Inhalt der Verordnung<br />
In der Verordnung hat der Vertragsarzt<br />
insbesondere anzugeben:<br />
1. Das medizinisch notwendige Transport-<br />
mittel<br />
2. Die Begründung der zwingenden medizi-<br />
nischen Notwendigkeit unter Angabe des<br />
Diagnoseschlüssels nach ICD 10<br />
3. Die Hauptleistung der Krankenkasse, für<br />
die der Transport als Nebenleistung er-<br />
bracht wird:<br />
– vollstationäre Leistung<br />
– vor- oder nachstationäre Behandlung<br />
<strong>im</strong> Krankenhaus unter Angabe der Be-<br />
handlungsdaten (bei Organtransplan-<br />
tationen mit Angabe des Datums der<br />
Transplantation)
-Anzeige-<br />
– ambulante Behandlung <strong>im</strong> Kranken-<br />
§<br />
– teilstationäre Leistung<br />
haus<br />
– ambulante Behandlung in der Vertrags-<br />
arztpraxis<br />
– Vor- und Nachbehandlung bei ambu-<br />
lanter Operation unter Angabe der Be-<br />
handlungsdaten<br />
– ambulante Operation mit Angabe des<br />
Datums der Operation<br />
4. Ausgangsort:<br />
– Wohnung<br />
– Arztpraxis<br />
– Krankenhaus<br />
– sonstiger Ausgangsort mit entspre-<br />
5. Zielort:<br />
chender Angabe<br />
– Wohnung<br />
– Arztpraxis<br />
– Krankenhaus<br />
– sonstiger Zielort mit entsprechender<br />
Angabe<br />
6. Art des Transportes:<br />
– Sammelfahrt ja/nein; Anzahl der Mit-<br />
fahrer<br />
– Wartezeit ja/nein; Dauer der Wartezeit<br />
7. Mitteilung von Krankheitsursachen und<br />
drittverursachten Gesundheitsschäden<br />
(§ 294 a SGB V): §<br />
Anhaltspunkte für:<br />
Richtlinien<br />
– Arbeitsunfall / -folgen,<br />
– sonstiger Unfall, sonstige Unfallfolgen<br />
– Berufskrankheit<br />
– Versorgungsleiden (u.a. BVG)<br />
– Gewaltanwendung<br />
– Sonstiges<br />
8. besonders anzugebende Leistungen:<br />
– Zeitraum bei Serienverordnung gemäß<br />
§ 8 der Richtlinie<br />
– erforderliche Ausstattung bei Kranken-<br />
fahrten (z. B. rollstuhlgerechte Vor-<br />
richtung)<br />
- erforderliche Betreuung während des<br />
Transports (notärztlich, fachlich, Tra-<br />
geleistung etc.)<br />
9. bei Fahrten zur ambulanten Behandlung<br />
Angabe des Ausnahmefalles gemäß § 8<br />
Anlage 2: Ausnahmefälle nach § 8 der Richt-<br />
linien<br />
Ausnahmefälle gemäß § 8 sind in<br />
der Regel:<br />
- Dialysebehandlung<br />
- onkologische Strahlentherapie<br />
- onkologische Chemotherapie<br />
§<br />
§
74<br />
Sekretariat<br />
Silcherstraße 15<br />
67591 Mölshe<strong>im</strong><br />
Tel.: 0 62 43-52 56<br />
E-Mail: fgq-moelshe<strong>im</strong>.de<br />
Internet. www.fgq.de<br />
Impressum<br />
Arbeitsgemeinschaften<br />
(ARGE)<br />
Ambulante Dienste<br />
Milan Kadlec<br />
Bornberg 94<br />
42109 Wuppertal<br />
Tel.: 02 02-45-02 71, Fax: -39 42<br />
E-Mail: sekretariat@isb-ggmbh.de<br />
Bauen & Umwelt<br />
Dipl. Ing. Dirk Michalski<br />
Im Hohnsiefen 1<br />
53819 Neunkirchen-Seelscheid<br />
Tel.: 0 22 47-60 70<br />
E-Mail: DirkMichalski@t-online.de<br />
Internet: www.DirkMichalski.de<br />
FGQ-<strong>Recht</strong>sbeistand <strong>im</strong> Sozialrecht<br />
Herbert Müller<br />
Freiherr-vom-Stein-Straße 47<br />
56566 Neuwied-Engers<br />
Tel.: 0 26 22-88 96-32; Fax -36<br />
E-Mail: h.mueller@engers.de<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Kevin Schultes<br />
Radsäcker 9<br />
69234 Dielhe<strong>im</strong> / Unterhof<br />
Tel.: 0 62 22-77 23 13<br />
E-Mail: kevin.schultes@t-online.de<br />
Broschüren<br />
Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten in<br />
Deutschland e.V.<br />
Vorstand<br />
Erster Vorsitzender:<br />
Prof. Dr. med. Hans Jürgen Gerner<br />
Stellvertretender Vorsitzender:<br />
Christian Joach<strong>im</strong>i<br />
Schatzmeister: Franz Kniel<br />
Schriftführer: Peter Mand<br />
Beisitzer: Jürgen Buchholz,<br />
Jörg Schmekel<br />
<strong>Recht</strong><br />
Gottfried Weller<br />
Oliver Negele<br />
Dr. Loeffelladstr. 127<br />
86609 Donauwörth<br />
Tel.: 09 06-83 34; Fax: 9 99 97 16<br />
gottfriedweller@aol.com<br />
Schmerz bei Querschnittlähmung<br />
Kirstin Glatz & Chris Bartholmeß<br />
Sonnenweg 2<br />
99444 Blankenhain<br />
Tel.: 03 64 59-4 25 02<br />
E-Mail: anamkira@gmx.de<br />
Schule & Studium<br />
Karen Fischer<br />
Tel.: 02 31-75 97 55<br />
E-Mail: karenfischer@vpw.wh.unidortmund.de<br />
Urlaub<br />
Pia & Jürgen Buchholz<br />
Weißenportz 20 c<br />
53804 Much<br />
Tel.: 0 22 45-60-08 45, Fax: -03 70<br />
E-Mail: ArgeUrlaub@aol.com<br />
Internet: www.argeurlaub.de<br />
Im Sekretariat sind außer dieser noch folgende Broschüren erhältlich: „FGQ-<br />
INFO“ (mit Stützpunkten und Ansprechpartnern), „Familie & Partnerschaft“,<br />
„Gesundheit“ und „Wohnen“.<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Fördergemeinschaft der<br />
Querschnittgelähmten<br />
in Deutschland e.V.<br />
Silcherstraße 15, 67591 Mölshe<strong>im</strong><br />
Telefon (0 62 43) 52 55<br />
Telefax (0 62 43) 905 920<br />
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