Recht im Alltag
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32<br />
Bundessozialgericht:<br />
Medikamentengabe gehört<br />
zur Pflege<br />
Mit Urteil vom 17. 3. 2005 (B 3 KR 8/04 R) hat das BSG entschieden, dass die Medikamen-<br />
tengabe als Bestandteil der häuslichen Krankenpflege auch weiterhin eine Leistung der<br />
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) darstellt.<br />
Klägerin war<br />
eine 86 jährige<br />
Versicherte, die<br />
Leistungen der<br />
sozialen Pfle-<br />
geversicherung<br />
nach der Pflege-<br />
stufe 1 erhält.<br />
Der behandeln-<br />
de Arzt verord-<br />
nete ihr zwe<strong>im</strong>al<br />
täglich Medika-<br />
mentengabe in<br />
Form von häus-<br />
licherKran- kenpflege. Die<br />
beklagte Kran-<br />
kenkasse lehnte<br />
den Antrag je-<br />
doch ab, mit der<br />
Begründung,<br />
dass sie nicht zuständig sei, da die Medikamen-<br />
tengabe in einem unmittelbaren zeitlichen Zu-<br />
sammenhang mit der Nahrungsaufnahme stehe<br />
und deshalb <strong>im</strong> Rahmen der Pflegeversicherung<br />
als Grundpflege zu berücksichtigen sei.<br />
Der Klage wurde in erster und zweiter Instanz<br />
stattgegeben und die Krankenkasse zur Zah-<br />
lung der Medikamentengabe verurteilt. Der 3.<br />
Senat hat jetzt auch die Revision der beklagten<br />
Krankenkasse zurückgewiesen und klargestellt,<br />
dass es sich bei der Medikamentengabe um eine<br />
Form der Behandlungspflege handelt, die vom<br />
Verrichtungskatalog des § 14 Abs. 4 SGB XI (So-<br />
zialgesetzbuch) nicht erfasst wird. Insbesondere<br />
handelt es sich nicht um eine Pflegemaßnahme<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Verrichtung der „Nahrungsauf-<br />
nahme“ <strong>im</strong> Sinne des (Leistungs-)Katalogs. Es<br />
verbleibt daher für die Medikamentengabe bei<br />
der Leistungspflicht der gesetzlichen Kranken-<br />
kassen nach § 37 SGB V.<br />
Medikamente sind nach den Feststellungen des<br />
Gerichts keine „Nahrung“ <strong>im</strong> Sinne des § 14 Abs.<br />
4 SGB XI. Dazu zählen nur die festen und flüs-<br />
sigen Nahrungsmittel, die der Mensch zu seiner<br />
Ernährung, das heißt zur Aufrechterhaltung<br />
der Stoffwechselfunktionen zu sich n<strong>im</strong>mt. Die<br />
Regelung des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI spricht<br />
ausdrücklich nur von der „Aufnahme der Nah-<br />
rung“, nicht aber z. B. von der Aufnahme von<br />
verdaulichen Stoffen jeder Art. Deshalb stellt<br />
die Medikamentengabe grundsätzlich keine<br />
Verrichtung der Grundpflege i. S. d. § 14 Abs.<br />
4 SGB XI dar und kann ihr auch nicht gleichge-<br />
stellt werden.<br />
Für den Bereich der Medikamentengabe ist<br />
somit endgültig geklärt, dass die gesetzlichen<br />
Krankenkassen nach wie vor leistungspflichtig<br />
sind. Den Krankenkassen ist damit einmal mehr<br />
untersagt worden, eigene Zuständigkeiten auf<br />
die Pflegekassen abzuwälzen.