Recht im Alltag
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Arzne<strong>im</strong>ittel-Zuzahlungen:<br />
Allgemeine Verunsicherung<br />
Oft wissen weder Krankenkassen noch Ärzte oder Betroffene genau, was der Stand bzgl.<br />
Zuzahlung bei Arzne<strong>im</strong>itteln ist. Die Presse war voll mit Beispielen, je nach politischer Hal-<br />
tung mal mehr, mal weniger kritisch, aber <strong>im</strong>mer mit dem Hinweis, dass individuelle Fragen<br />
mit der Krankenkasse zu klären sind. Darum hier einiges <strong>im</strong> Klartext, speziell für Menschen<br />
mit Querschnittlähmung.<br />
Was heißt „chronisch kranke Menschen“?<br />
Voraussetzungen:<br />
– Arztbesuch mindestens 1 × pro Quartal und<br />
– Grad der Behinderung (GdB) mindestens 60 %<br />
und/oder Pflegestufe II/III (Pflegeversiche-<br />
rung).EntsprechendeBescheinigungenstellen<br />
die Hausärzte aus, Formulare liegen dort vor.<br />
Die Gesamtsumme aller Zuzahlungen wird auf<br />
1 % des Familieneinkommens begrenzt. Dazu<br />
zählen alle Einnahmen, also auch Renten, Miet-<br />
erträge und Zinserträge. Nicht dazu zählen<br />
Renten nach dem BVG und Pflegegeld (Pflege-<br />
versicherung, Landespflegegeld, Hilfe zur Pflege<br />
nach BSHG). Vom Einkommen werden Freibeträ-<br />
ge von 4 347 € (Partner) bzw. 3 648 € (je Kind)<br />
abgesetzt.<br />
Für Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
(nicht Hilfe zur Pflege!) nach dem BSHG oder<br />
Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz<br />
erhalten, wird nur der Regelsatz (des Haushalts-<br />
vorstandes) zugrunde gelegt d.h. 345 € (West)<br />
bzw. 331 € (Ost). Davon 2 % sind 82,80 bzw.<br />
66,10 €/Jahr.<br />
Für Verheiratete gilt: Nach § 62 SGB V Abs. 2<br />
werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnah-<br />
men gemeinsam ermittelt, d. h. sobald die Zu-<br />
zahlungen aller Familienangehörigen insgesamt<br />
1 % erreichen, kann die Person mit der schweren<br />
chronischen Erkrankung einen Befreiungsnach-<br />
weis von der Krankenkasse anfordern. Mit dem<br />
Befreiungsausweis, den die Krankenkasse dann<br />
zuschickt, sind dann keine Zuzahlungen mehr zu<br />
leisten. Das gilt auch für Ehepartner und fami-<br />
lienversicherte Kinder. Selbst versicherte Kinder<br />
gehören nicht dazu. Umgekehrt ist ihr Einkom-<br />
men auch nicht zu berücksichtigen.<br />
Die meisten Krankenkassen bieten ab dem zwei-<br />
ten Jahr zum Jahresanfang ihren Mitgliedern<br />
die Möglichkeit, durch Zahlung eines Betrages,<br />
der auf dem Familieneinkommen des Vorjahrs<br />
basiert, direkt den Nachweis zur Befreiung für<br />
das laufende Jahr zu bekommen, so dass keine<br />
Belege mehr gesammelt und möglicherweise<br />
überzahlte Beträge zurück überwiesen werden<br />
müssen.<br />
Zuzahlungen, wo gelten sie?<br />
Verschreibungspflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel: Bis zur<br />
Belastungsgrenze keine Sonderregelungen.<br />
Nicht verschreibungspflichtige Arzne<strong>im</strong>ittel<br />
müssen voll bezahlt werden. Ausnahme: Nicht<br />
verschreibungsfähige Arzne<strong>im</strong>ittel, die bei be-<br />
st<strong>im</strong>mten Krankheiten als „anerkannter Thera-<br />
piestandard“ gelten, können wie bisher auch<br />
mit Angabe der Diagnose auf der Verordnung<br />
weiter zu Lasten der Kassen verordnet werden.<br />
Dazu gehören z. B. auch Abführmittel bei Quer-<br />
schnittlähmung, Desinfektionsmittel bei ISK (Ka-<br />
theterisieren) oder methioninhaltige Medika-<br />
mente zur Vorbeugung von<br />
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