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stadtmagazin01_mai

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Interview<br />

„Da wurde schon mal<br />

die ganz große Keule<br />

herausgeholt“<br />

Die FDP-<br />

Fraktions -<br />

vorsitzende<br />

und Bremer<br />

Unternehmerin<br />

Lencke Steiner<br />

im Interview<br />

Lencke Steiner ist eine der jüngsten<br />

Unternehmerinnen Deutschlands.<br />

Gemeinsam mit ihrem Vater leitet<br />

die 30-Jährige das Bremer Familienunternehmen<br />

W-Pack. Bekannt wurde<br />

sie unter anderem durch die VOX-Gründershow<br />

„Die Höhle der Löwen“. Von 2012<br />

bis 2015 war sie zudem Bundesvorsitzende<br />

des Wirtschaftsverbandes Die Jungen Unternehmer<br />

(BJU) und Präsidiumsmitglied<br />

von Die Familienunternehmer (ASU). Im<br />

Mai vergangenen Jahres führte sie als<br />

Spitzenkandidatin die Freien Demokraten<br />

zurück in die Bremische Bürgerschaft. Im<br />

Interview spricht Lencke Steiner über ihr<br />

erstes Jahr in der Opposition, ihren Rückzug<br />

aus dem Fernsehen sowie eine Gründeridee<br />

für Bremen.<br />

Wie beurteilen Sie Ihr erstes Jahr in der Opposition?<br />

Lencke Steiner: Am 10. Mai vergangenen<br />

Jahres war die Wahl und am Tag danach sollten<br />

wir von heute auf morgen funktionsfähig<br />

sein. Dabei hatten wir am Anfang nichts:<br />

kein Haus, keine Schreibtische, kein Personal.<br />

Also haben wir unser Fraktions-Startup<br />

nach und nach aufgebaut und sind nun gut<br />

in der Spur.<br />

Was bedeutete das für Ihre Arbeit?<br />

Wir mussten zuerst Mitarbeiter finden, unser<br />

Büro einrichten und uns in viele bürokratische<br />

Abläufe im Parlament einarbeiten.<br />

Dementsprechend waren die ersten Monate<br />

sehr reaktiv, das muss ich ehrlicherweise<br />

zugeben. Dann mussten wir uns mit dem<br />

Unterschied zwischen Wahlkampf und politischem<br />

Alltag auseinandersetzen: Wie<br />

funktionieren die ganzen politischen Instrumente?<br />

Das war für mich komplett neu und<br />

ich musste mich da erst reinkämpfen. Jetzt,<br />

nach einem Jahr, konnten wir die reaktive<br />

Schiene verlassen und damit beginnen, unsere<br />

eigenen, im Wahlkampf versprochenen<br />

Ideen, anzupacken.<br />

Wie soll Ihnen das als Opposition gelingen?<br />

Wir versuchen durch Anfragen gezielt auf<br />

Dinge hinzuweisen und hoffen, die anderen<br />

auf diese Weise vielleicht mitzunehmen. Wir<br />

haben zum Beispiel zur Diskussion um Jan<br />

Böhmermann ein eigenes Gedicht gemacht,<br />

mit dem Gedanken, dass der Paragraph 103<br />

abgeschafft wird. Für uns als Liberale ist<br />

Meinungs-Freiheit ein besonders hohes Gut.<br />

Am Anfang wurden Sie als Person ein bisschen<br />

belächelt. Haben Sie das Gefühl, mittlerweile<br />

angekommen zu sein?<br />

Gefühlt ging es anfangs gerade gegen mich<br />

als Person. Es hieß immer wieder, dass ich<br />

keine Ahnung hätte und Politik nicht das<br />

Fernsehen sei. Da wurde schon mal die ganz<br />

große Keule gegen meine Person herausgeholt.<br />

Aber das hat sich mittlerweile gebessert.<br />

Sie sprachen gerade das Fernsehen an. Sie<br />

haben bei „Die Höhle der Löwen“ aufgehört.<br />

Wieso?<br />

Weil mir alles zusammen einfach zu viel Arbeit<br />

war.<br />

Es war Ihnen zu viel Arbeit?<br />

(lacht) Ja, so etwas gibt es tatsächlich. Meine<br />

Arbeit in der Bremischen Bürgerschaft<br />

fordert mich sehr und ich will diesen Job<br />

ja auch sehr gut machen. Daher musste ich<br />

Prioritäten setzen. Neben der Firma, der Politik,<br />

den Vorträgen, der Arbeit in Beiräten<br />

sowie der Familie ging das einfach nicht<br />

mehr. Daher bin ich in der dritten Staffel<br />

nicht mehr dabei.<br />

Kommen wir noch einmal zur „Höhle der Löwen“.<br />

Ihr bekanntester Satz war …<br />

… Ich bin raus! Das stimmt.<br />

Warum waren Sie häufig so schnell raus?<br />

Die Gründer, die in die Show kamen, waren<br />

oft von dem enormen Hype geprägt, der gerade<br />

um Start-ups gemacht wird. Ich komme<br />

aber aus einem alteingesessenen Familienunternehmen.<br />

Für mich ist es oft schwierig<br />

gewesen, einen Firmenwert beziehungsweise<br />

eine Bewertung eines der vorgestellten<br />

Unternehmen zu begreifen.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Als Familienunternehmerin weiß ich, wie<br />

lange es dauert und wie viel Arbeit es ist,<br />

die Werte, die hinter einem Unternehmen<br />

stehen, zu erschaffen. Ich weiß, was es heißt,<br />

Mitarbeiter zu haben und mit Situationen<br />

wie einem Konjunktureinbruch umzugehen<br />

und was alles passieren kann. Wenn dann<br />

jemand kommt, der einen Foodtruck hat,<br />

mit dem er Eis macht und mir sagt, dieser<br />

eine Truck sei 2 Millionen Euro Wert, so ist<br />

das für mich einfach schwer nachzuvollziehen.<br />

Ich denke, das würde vielen Menschen<br />

ähnlich gehen.<br />

Gibt es etwas, dass Sie sich als Gründeridee<br />

für Bremen wünschen?<br />

Ja, ich wünsche mir eine Art „Culture-House“<br />

als Start-up für die diversen<br />

Existenzförderungseinrichtungen. Toll wäre<br />

eine feste Institution, an die Gründer sich<br />

wenden können, wo es die entsprechenden<br />

Ansprechpartner gibt und wo man sich<br />

über die Arten der Förderungen informieren<br />

könnte. Dadurch würde der derzeitige Förderdschungel<br />

durchschaubarer und alle hätten<br />

die gleichen Chancen.<br />

Sehen Sie sich heute eher als Politikerin<br />

oder als Unternehmerin?<br />

Ich will es mal so sagen: Zwei Herzen schlagen<br />

ach in meiner Brust. Ich bin von ganzem<br />

Herzen Familienunternehmerin. Aber nach<br />

einem Jahr habe ich mich in die Politikwelt<br />

verliebt, große Lust etwas zu gestalten und<br />

richtig Feuer gefangen.<br />

Das Interview führte Martin Märtens.<br />

Multitalent Lencke Steiner: Unternehmerin,<br />

Politikerin und Investorin<br />

in einer Fernsehshow.<br />

<br />

Fotos: FDP-Bremen (3), VOX<br />

Zur Person<br />

Lencke Steiner wurde am 6.<br />

September 1985 in Bremen als<br />

Lencke Wischhusen geboren.<br />

Sie ist Unternehmerin und Fraktionsvorsitzende<br />

der FDP-Fraktion<br />

in der Bremer Bürgerschaft.<br />

Bekannt wurde sie unter anderem<br />

durch die VOX-Sendung<br />

„Die Höhle der Löwen“. Lencke<br />

Steiner ist verheiratet.<br />

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