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Meinviertel Juli 2019

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Kulturtipps<br />

das Machtzentrum der DDR und das Schaufenster<br />

des Sozialismus war, auf der anderen Seite aber auch<br />

Freiräume und Nischen jenseits der vorgegebenen politischen<br />

Norm bot. Begleitet wird die Ausstellung<br />

von einem umfangreichen Rahmenprogramm, das in<br />

die Bezirke getragen wird und im Digitalen sogar<br />

zum Mitmachen einlädt.<br />

www.stadtmuseum.de<br />

Bauarbeiter bei Montagearbeiten an der Leuchtschrift auf dem „Haus<br />

der Statistik“, 1969 © Bundesarchiv, Foto: Eva Brüggmann<br />

Kleine Verlage am Großen Wannsee<br />

Zum fünfzehnten Mal sind kleine Verlage aus dem<br />

deutschsprachigen Raum zu Gast im Literarischen<br />

Colloquium am Wannsee. Knapp fünfzig unabhängige<br />

Unternehmen stellen am 22. Juni ab 14 Uhr ihre Bücher<br />

sowie ihre Autorinnen und Autoren in entspannter Atmosphäre<br />

vor und laden zum Stöbern in ihrem aktuellen<br />

Verlagsprogramm ein. Für kulinarische Genüsse ist auch<br />

gesorgt. Und zum krönenden Abschluss der kleinen Büchermesse<br />

dirigiert Malte Schiller die Clarinets of Glory<br />

in den Sonnenuntergang.<br />

www.lcb.de<br />

Sonnenuntergang am Wannsee vom Literarischen Colloquium aus<br />

gesehen © LCB<br />

Berlinbuch-Tipp: Hinter der Plattenbaufassade<br />

In der letzten Dekade vor dem Mauerfall entstand in<br />

Marzahn die größte, von elfgeschossigen Plattenbauten<br />

dominierte Großbausiedlung der DDR. Nach der Wende<br />

verlor das hoffnungsvolle Wohnbauprojekt schnell<br />

an Attraktivität, heute wohnen hier – so das landläufige<br />

Vorurteil – die Langzeitarbeitslosen, die sozial Verwahrlosten,<br />

die Armen. Und viele Nazis. Die Verhaltensforscherin<br />

Christiane Tramitz legt mit „Die Schwestern<br />

von Marzahn“ den Finger in diese offene Wunde, erzählt<br />

vom Leben ganz unten, indem sie hinter die Plattenbaufassaden<br />

blickt, um anhand von Einzelschicksalen<br />

Empathie zu wecken, mit dem hehren Ziel, die Mittelschicht<br />

wachzurütteln und gesellschaftliche Gräben zu<br />

schließen. In zwei exemplarischen Handlungssträngen<br />

entwirft sie die Geschichte des Wendeverlierers Fabian,<br />

dessen Ehe mit Marie nach dem Tod des gemeinsamen<br />

Sohnes zerbricht. Während Marie Trost und Hoffnung<br />

bei zwei katholischen Schwestern findet, die Anfang<br />

der 90er-Jahre aus dem Westen kommend in Marzahn<br />

eine Anlaufstelle für Haltlose und Zweifelnde eröffnet<br />

haben, schöpft Fabian wieder Hoffnung durch die<br />

ungewöhnliche Freundschaft zu einem vernachlässigten<br />

Schwesternpaar, das schon monatelang ohne elterliche<br />

Betreuung im selben Haus einige Stockwerke unter ihm<br />

wohnt. Für ihre Recherchen zu diesem Buch hat sich<br />

die Autorin für einige Monate in einem der zahlreichen<br />

Hochhäuser eingemietet, Einsamkeit und Anonymität<br />

auf sich wirken lassen,<br />

Gespräche mit ihren<br />

Nachbarn geführt und<br />

aus all den Eindrücken<br />

und Schicksalen<br />

ihre berührend-bedrückende,<br />

aber nicht<br />

ganz zuversichtslose<br />

Reportage destilliert,<br />

die eher Roman als<br />

Dokumentation ist.<br />

„Die Schwestern von Marzahn“<br />

erschien im Frühjahr <strong>2019</strong><br />

im Ludwig Verlag © Marc<br />

Lippuner<br />

mein/4<br />

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