Bücherstube Horn Magazin Sommer2019
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Sein<br />
ist<br />
das<br />
Insel-<br />
Reich<br />
Vor exakt 300 Jahren wurde der Seemann Robinson Crusoe von seinem geistigen Herrn, Daniel Defoe,<br />
auf eine Insel verbannt. Der Lohn für das harte Los war ein Fixplatz in der Weltliteratur.<br />
Zum Jubiläum gibt es endlich eine ungekürzte Neuübersetzung und eine illustrierte Originalversion.<br />
Es ist schon ein schlimmes Schicksal,<br />
das Robinson Crusoe widerfuhr.<br />
Immerhin setzte ihn sein Schöpfer,<br />
der einige Zeit sogar im Gefängnis<br />
verbrachte, nach einem Schiffbruch<br />
auf einer einsamen Insel aus, 28 Jahre<br />
lang – und keinerlei Protest oder Einspruch<br />
des Protagonisten ist möglich.<br />
Dass er es, gemeinsam mit seinem Gefährten<br />
Freitag, rasant zu Weltruhm<br />
brachte, mag schon einiger Trost sein,<br />
ist aber keine wirkliche Entschädigung<br />
für all die Entbehrungen, die<br />
das Inseldasein mit sich brachte.<br />
Tatsächlich hätte der Brite Daniel<br />
Defoe wohl nicht einmal im Traum<br />
daran gedacht, welch weltberühmte<br />
Figur er da zu literarischem Leben<br />
erweckte. Wie hoch die Gesamtauflage<br />
des Werkes ist, lässt sich nicht<br />
beziffern, auch die Zahl der Verfilmungen<br />
ist kaum noch überschaubar.<br />
Gleiches gilt für die Übersetzungen;<br />
manche waren stümperhaft, andere<br />
fielen erheblich kürzer aus als das<br />
1719 in London erschienene Original.<br />
Und etliche ebenfalls gekürzte Versionen<br />
erschienen als Jugendbücher.<br />
Aber die Faszination, die das Schicksal<br />
des Schiffbrüchigen ausübt, ist bis<br />
heute ungebrochen. Zumal ja auch<br />
an Sekundärliteratur und Spekulationen<br />
über den „wahren“ Robinson<br />
kein Mangel besteht. Enorm groß ist<br />
auch die Zahl der Autoren, die sich die<br />
Robinsonade zum Vorbild für eigene<br />
Abenteuerromane wählten. Vieles<br />
deutet bekanntlich darauf hin, dass es<br />
sich beim klassischen Lieferanten der<br />
Geschichte um den Seefahrer Alexander<br />
Selkirk handelte, der nach einem<br />
Streit mit seinem Kapitän auf einer<br />
Insel ausgesetzt wurde. Aber auch<br />
der soll die Geschichte frei erfunden<br />
haben. An Deutungen besteht also<br />
keinerlei Mangel.<br />
einer kommentierten, aufwendig ausgestatteten<br />
und höchst bibliophilen<br />
Ausgabe, erschienen im mare-Verlag.<br />
Defoes Original ist ja eigentlich eine<br />
zweiteilige Gesellschaftskritik, bei<br />
der nur der erste Teil von Robinsons<br />
Zeit auf der Insel handelte. Nun liegt<br />
ein Prachtwerk vor, als Pflichtlektüre<br />
nicht nur für all jene, die in ihrer<br />
Jugend irgendeine Mini-Version lasen.<br />
Wer es bilderreich liebt, kann<br />
auch eine zweite Variante wählen.<br />
Der Knesebeck-Verlag veröffentlichte<br />
ebenfalls eine ungekürzte Ausgabe des<br />
Klassikers, von Willi Glasauer wunderbar<br />
illustriert. Auf jeden Fall ist die<br />
Zeit wieder reif für die Insel.<br />
Daniel Defoe<br />
Robinson Crusoe<br />
Übers. v. Rudolf Mast<br />
mare, 416 Seiten<br />
Euro 43,10<br />
ISBN 978-3-86648-291-3<br />
Foto: mare, Knesebeck<br />
Umso erfreulicher ist es, dass dieser<br />
Klassiker der Meeresliteratur im Jubiläumsjahr<br />
endlich in ungekürzter<br />
Neuübersetzung erscheint. Verantwortlich<br />
dafür zeichnet Rudolf Mast,<br />
der sich der Originalausgabe annahm.<br />
Resultat: eine brillante Neuversion in<br />
Daniel Defoe,<br />
Willi Glasauer<br />
Robinson Crusoe<br />
Übers. von Karl Altmüller<br />
Knesebeck, 304 Seiten<br />
Euro 30,80<br />
ISBN 978-3-95728-250-7<br />
Buchmedia <strong>Magazin</strong> 38<br />
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