Neue Szene Augsburg 2019-07
Stadtmagazin für Augsburg
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ZOOM<br />
Fridays for Future<br />
Interview mit einem Demonstranten<br />
Jeden Freitag bestreiken Tausende Schüler auf der ganzen Welt ihren<br />
Schulunterricht. Sie gehen unter dem Motto „Fridays for Future“ auf die Straße<br />
und demonstrieren für einen effektiven Klimaschutz - auch in <strong>Augsburg</strong>. Wir haben<br />
mit dem Aktivisten Paul Primbs über Kritik an der Bewegung und deren Ziele<br />
gesprochen. Von Marcus Ertle<br />
PPaul, wie viele Schulstunden hat dich der Klimaschutz bisher gekostet?<br />
Die Schulzeit liegt jetzt doch schon etwas hinter mir und da ich dieses und<br />
letztes Semester freitags sowieso keine Vorlesungen habe, waren es für mich bis<br />
jetzt eher Demos als Streiks.<br />
Trotzdem ist konsequenter Umwelt- und Klimaschutz natürlich nichts, was<br />
ich alle paar Freitage mit drei Stunden so einfach abhaken kann.<br />
Du bist bei den Grünen?<br />
Ja, ich engagiere mich auch bei der Grünen Jugend, da haben wir jetzt eine<br />
Gruppe, die sich regelmäßig trifft, um entlang der Wertach Müll zu sammeln,<br />
das sind dann auch schnell immer ein paar Stunden. Mein Fahrrad ist<br />
tempomäßig natürlich kein Auto und oft muss ich zu einem weiter entfernten<br />
Supermarkt radeln, um unverpacktes Obst und Gemüse zu finden, aber vor<br />
allem die Planung von Aktionen zu Themen wie Plastik oder Kohle nimmt<br />
schon eine Menge Zeit in Anspruch. Es geht den allermeisten Demonstranten<br />
also sicher nicht darum, dass sie sich einen entspannten Freitag machen und<br />
mit dem Thema Klimaschutz haben sie gar nichts am Hut. Das sagen ja viele<br />
Kritiker, aber das ist natürlich totaler Quatsch.<br />
Wieso machst du mit?<br />
Die Klimakrise ist für die Stabilität der Ökosysteme unseres Planeten und<br />
für viele Millionen Menschen eine existenzielle Bedrohung. Das ist eine<br />
echt unangenehme Wahrheit, auch wenn wir in Deutschland aktuell noch<br />
keine Folgen spüren und bis vor Kurzem nur wenige Parteien und eine<br />
Handvoll Organisationen darauf aufmerksam gemacht haben. Aber wir<br />
müssen uns klar machen, dass wir es mit einer globalen Krise zu tun haben,<br />
die in Zukunft auch immer mehr uns betreffen wird. Fridays for Future<br />
hat es endlich geschafft, dass Klimaschutz ein Thema ist, über das jetzt in<br />
Talkshows gesprochen wird und zu dem sich endlich auch Parteien, für die<br />
zukunftsorientierte Politik und Klimaziele absolute Fremdwörter waren,<br />
äußern müssen. Dass ich diese Bewegung unterstütze, ist für mich also<br />
überhaupt keine Frage, die Situation ist viel zu ernst und die Sache ist viel zu<br />
wichtig, um nicht mitzumachen.<br />
Wie viele Leute beteiligen sich im Schnitt an der FFF-Demo in <strong>Augsburg</strong>?<br />
Beim letzten Streik waren es zwischen 1.000 und 1.500. Beim ersten Streik<br />
waren es ähnlich viele. Zwischendrin waren es auch mal weniger, aber selbst<br />
beim schlimmsten Regen, den kältesten Temperaturen und trotz der Schulferien<br />
waren wir immer locker dreistellig.<br />
Um was genau geht es euch?<br />
Einerseits ganz simpel erstmal darum, darauf aufmerksam zu machen, dass<br />
wir in uns in einer Krise befinden und Politiker*innen anfangen müssen, dementsprechend<br />
zu handeln. Auf die Frage: „Worum genau geht es euch?“ kamen<br />
ganz klare Forderungen. Kohleausstieg bis 2030 und 100 Prozent erneuerbare<br />
Energieversorgung bis 2035. Bis Ende dieses Jahrs wollen wir einen Stop der<br />
Subventionen für fossile Energieträger und eine längst überfällige Steuer<br />
auf Treibhausgasemissionen. Wir müssen als Gesellschaft umdenken und<br />
anfangen, zukunftsorientiert und nachhaltig zu denken und zu handeln. Das<br />
ist keine Krise, die wir einfach aussitzen können. Vor 30 Jahren hätten wir den<br />
Kurs noch leicht ändern können und wären nie in diese Lage gekommen, jetzt<br />
aber brauchen wir radikale Änderungen.