31.07.2019 Aufrufe

Magazin Forschung 2019

Das Magazin Forschung 2019 zeigt Aktuelles rund um die Forschungsaktivitäten der OTH Regensburg und in der diesjährigen Ausgabe viele interessante Projekte zum Thema Künstliche Intelligenz.

Das Magazin Forschung 2019 zeigt Aktuelles rund um die Forschungsaktivitäten der OTH Regensburg und in der diesjährigen Ausgabe viele interessante Projekte zum Thema Künstliche Intelligenz.

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DIGITALISIERUNG | 63<br />

Speicher, ...) ihren Aufwand substantiell reduzieren können.<br />

Große Hoffnung liegt daher auf Konzepten, die den<br />

grundlegenden Rechenprozess neu denken – Quantencomputer<br />

sind ein möglicher Kandidat.<br />

In Gegensatz zu klassischen Rechnern, die mit Sprachen<br />

wie C/C++, Java oder C# programmiert werden, Problemlösung<br />

auf hochabstrahierter Ebene ermöglichen und<br />

Programmierern eine umfangreiche Sammlung an wiederverwendbaren<br />

Primitiven für Standardoperationen<br />

ermöglichen, werden Quantencomputer mit völlig unterschiedlichen<br />

Mechanismen angesteuert, die eher an die<br />

Anfangszeit des maschinellen Rechnens in den 50er-Jahren<br />

des letzten Jahrhunderts als an modernes Softwareengineering<br />

erinnern. Während moderne Rechner mit<br />

Bits und Bytes arbeiten, deren Werte beliebig geschrieben,<br />

verknüpft und ausgelesen werden können, arbeiten<br />

Quantenannealer – der in unserer Arbeit verwendete<br />

Maschinentyp – mit Quantenbits, die die wenig intuitive<br />

Eigenschaft besitzen, gleichzeitig den Wert 0 und den<br />

Wert 1 besitzen zu können. Diese kontraintuitive Eigenschaft<br />

weckt in Physik und Informatik die Hoffnung auf<br />

radikal neue Rechenmethoden.<br />

Ein Annealer verwendet kein explizites Programm, in dem<br />

Anweisungen Schritt für Schritt abgearbeitet werden,<br />

sondern fokussiert sich auf die Beschreibung des Problems<br />

mit Hilfe einer bestimmten mathematischen Formulierung,<br />

der sogenannten Quadratic Unconstrained<br />

Binary Optimization (QUBO): Das Problem wird mit Hilfe<br />

einer Funktion binärer Variablen beschrieben, die maximal<br />

in zweifach kombinierter Form auftauchen können;<br />

die Funktion wird zudem so konstruiert, dass die Variablenbelegung,<br />

die den kleinstmöglichen Funktionswert<br />

liefert, zugleich die optimale minimale Lösung für das<br />

Problem kodiert. Ein „Programm“ (QUBO) für das GAP-<br />

Problem hat in dieser Formulierung beispielsweise die<br />

Form:<br />

Projektleiter<br />

Prof. Dr. Wolfgang Mauerer<br />

Labor für Digitalisierung<br />

Projektmitarbeiterin<br />

Irmengard Sax, B.Sc.<br />

Kooperationspartnerin<br />

Prof. Dr. Claudia Linhoff-Popien<br />

Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)<br />

Um das Gate Assignment-Problem lösen zu können,<br />

muss es in diese Struktur „eingepassst“ werden – hier<br />

gibt es, wie bei jeder Programmieraufgabe, Freiraum für<br />

Kreativität. Die Arbeit hat zwei unterschiedliche Varianten<br />

aufgestellt und deren Vor- und Nachteile untersucht.<br />

Geschwindigkeitsvorteile für Quantencomputer ergeben<br />

sich (noch) nicht, was auf den ersten Blick enttäuschen<br />

wirken mag, für Fachexperten aber wenig überraschend<br />

ist: Bei Hardware, die gerade erst den Laborkinder -<br />

schuhen entwachsen ist, ist es wichtiger, ein Verständnis<br />

für deren Funktionsweise, Stärken und Schwächen zu<br />

entwickeln, als bestehende Techniken in der Leistung zu<br />

schlagen. Neben der komplexen Übertragung der Problemstellung<br />

in die Sprache der Quantenannealer (die in<br />

Deutschland aktuell nur von wenigen Personen beherrscht<br />

wird), wurden zwei verblüffende Ergebnis festgestellt:<br />

• Redundante Kodierung bei der Programmierung führt<br />

nicht nur zu einfacheren Programmen, sondern auch<br />

zu besseren Lösungen.<br />

• Die QUBO-Programme können durch ein in der Arbeit<br />

entwickeltes einfaches Verfahren radikal verkleinert<br />

werden (die Programmlänge sinkt um bis zu 80 %),<br />

ohne wesentliche Abschläge bei der Lösungsqualität in<br />

Kauf nehmen zu müssen. Vor allem bei stark ressourcenbeschränkter,<br />

real verfügbarer Hardware sind kompakte<br />

Programme essentiell, um industriell relevante<br />

Probleme bewältigen zu können.<br />

Die Suche nach dem kleinsten Wert der Funktion verwendet<br />

(sehr illustrativ gesprochen) eine zweite Eigenschaft<br />

der Quantenmechanik, den Tunneleffekt: Stellt man sich<br />

die Lösung wie in Abbildung 1 gezeigt als Ball vor, der in<br />

einer hügeligen Landschaft in das tiefste Tal (Optimallösung)<br />

rollen soll, ohne ein vorzeitiges Ende auf einer<br />

Hochalm (lokales Minimum) zu finden, kann im klassischen<br />

Fall viel „Schwung“ notwendig sein, um einen lokalen<br />

Berg überwinden zu können, um von einem lokalen<br />

Neben-Minimum in ein globales Minimum zu gelangen.<br />

Auf einem Quantenannealer kann der Ball unter dem<br />

Berg hinweg „tunneln“, und erreicht den gesuchten Zustand<br />

dadurch schneller und mit weniger Aufwand.<br />

Das Grundlagenthema wird im Labor für Digitalisierung<br />

im Rahmen eines auf drei Jahre angelegten privatwirtschaftlich<br />

finanzierten Kooperationsprojekts mit einem<br />

international tätigen Großkonzern weiterbearbeitet. Die<br />

in der Arbeit entwickelten Techniken sollen dabei systematisch<br />

auf weitere industrielle Probleme ausgeweitet<br />

werden.<br />

Irmengard Sax, OTH Regensburg ■<br />

Prof. Dr. Wolfgang Mauerer, OTH Regensburg ■<br />

Thomas Gabor, LMU ■<br />

Dr. Sebastian Feld, LMU ■<br />

Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien, LMU ■

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