Roth Journal-2019-09
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RATGEBER RECHT<br />
Fehlerquellen bei der Scheidung<br />
Die Trennung eines Ehepaars verläuft<br />
meist umgeplant und spontan. Die Gefühle<br />
kochen hoch und die Beziehung findet<br />
ein Ende. Wer die typischen Stolperfallen<br />
kennt, vermeidet schon die schlimmsten<br />
Fehler.<br />
Zunächst ist mit dem Irrtum aufzuräumen,<br />
dass man wegen einer Verfehlung schuldig<br />
geschieden wird. Das Zerrüttungsprinzip<br />
hat das Schuldprinzip abgelöst, niemand<br />
wird in Deutschland schuldig geschieden.<br />
Es ist prinzipiell belanglos, wer das Scheitern<br />
der Ehe verursacht hat. Nur in Ausnahmefällen<br />
und auch nur in bestimmten<br />
Teilbereichen, wie z.B. beim Unterhalt,<br />
können sich hier Rechtsfolgen ergeben.<br />
Sie möchten die Scheidung günstig halten<br />
und denken an eine Online Scheidung. Wir<br />
können nur dringend davon abraten, diesen<br />
Gedanken zu verfolgen. Online Scheidungen<br />
gibt es nämlich in Deutschland<br />
rechtlich nicht. Letztendlich muss ein Anwalt<br />
vor Gericht wegen des Anwaltszwanges<br />
die Anträge stellen. Wer keinen Anwalt<br />
hat, kann keinen Antrag stellen und<br />
ist vor Gericht faktisch rechtlos. Somit ist<br />
die vermeintliche günstige Online Scheidung<br />
nichts ls eine Werbemaßnahme, die<br />
höchst fragwürdig ist.<br />
Ihre Scheidung scheitert auch nicht im<br />
Geld: Wenn Sie die Voraussetzungen der<br />
Verfahrenskostenhilfe erfüllen, dann wird<br />
die Scheidung und deren Kosten von der<br />
Staatskasse getragen. Auch aus diesem<br />
Grunde braucht niemand eine online<br />
Scheidung in Erwägung zu ziehen, die oftmals<br />
mit erheblichen rechtlichen Nachteilen<br />
behaftet ist. Ein Beratungsgespräch<br />
vor Ort ist durch nichts zu ersetzen.<br />
Eine Scheidung heißt nicht, dass das Sorgerecht<br />
für das gemeinsame Kind sofort<br />
entfällt. Auch „das Kind wegnehmen“ Argument<br />
ist oftmals völlig unbegründet.<br />
Das gemeinsame Sorgerecht besteht in<br />
der Regel nach einer Scheidung fort. Derjenige<br />
Elternteil, der das Kind unter der<br />
Woche betreut, entscheidet allerdings<br />
dann zumeist über die Alltagsangelegenheiten<br />
des Kindes. Dies dient letztendlich<br />
dem Kindeswohl.<br />
Bei einer Scheidung muss man auch nicht<br />
sämtliche Themengebiete ausstreiten. Es<br />
bietet sich oft an, eine Scheidungsvereinbarung<br />
gemeinsam zu erarbeiten. Natürlich<br />
ist dies nicht einfach und erfordert im<br />
Hinblick auf die emotionale Situation von<br />
allen Beteiligten Vernunft und Souveränität.<br />
Das Ergebnis einer solchen gemeinsam<br />
erarbeiteten Scheidungsvereinbarung ist<br />
aber auf der Grundlage dafür, dass im<br />
weiteren Leben, insbesondere im Hinblick<br />
auf die Kinder, ein deutlich entspannter<br />
Umgang möglich ist, als wenn sämtliche<br />
Themengebiete vor Gericht ausgestellten<br />
werden müssen. Der Unterzeichner hatte<br />
hier jahrelange Erfahrung eines Fachanwalt<br />
für Familienrecht und Mediator, sodass<br />
wir hier zur Verfügung stehen.<br />
Hierbei ist es oft ein Irrtum, dass man der<br />
Meinung ist, man könne eine Scheidungsvereinbarung<br />
mündlich oder privatschriftlich<br />
selbst errichten. Dies geht jedoch nur<br />
in ganz limitierten Umfang, sodass wir<br />
dringend davon abraten, hier Selbstregeln<br />
aufzustellen, die man im guten Glauben<br />
an deren Wirksamkeit zunächst errichtet<br />
hat und dann, wenn die Sache eskaliert,<br />
feststellen muss, dass all das, was man<br />
vereinbart hatte, nichts wert ist und nicht<br />
gilt.<br />
Eine Blitzscheidung, wie man sie z.B. in<br />
den USA kennt, gibt es in Deutschland in<br />
der Regel nicht. Es gibt wenige Ausnahmefälle,<br />
die eine Härtefallscheidung rechtfertigen.<br />
Diese sind allerdings eine ganz große<br />
Ausnahme.<br />
Wir beraten seit vielen Jahren im Familienrecht<br />
und vertreten Ihren Interessen.<br />
RA Stephan Baumann<br />
Fachanwalt für Familienrecht<br />
Mediator<br />
16 <strong>09</strong> | <strong>2019</strong>