200 Jahre Majolika
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Nummer 152 Sonderveröffentlichung <strong>Majolika</strong><br />
Samstag, 4. Juli 2020<br />
Anzeige<br />
»Das möchte<br />
ich noch<br />
erleben!«<br />
Rita Kässer setzt sich für ein<br />
»Schwarzwälder Keramikmuseum« ein<br />
Foto: Kohlmann<br />
n Von Carsten Kohlmann<br />
Schramberg. Rita Kässer ist<br />
heute die älteste in ihrer Heimatstadt<br />
noch lebende Kerammalerin<br />
der Schramberger<br />
<strong>Majolika</strong>fabrik. Im Frühjahr<br />
hat die traditionsbewusste<br />
Schrambergerin ihr 94.<br />
Lebensjahr vollendet.<br />
Von 1940 bis 1942<br />
erlernte sie in der<br />
Schramberger <strong>Majolika</strong>fabrik<br />
diesen<br />
Beruf und entwickelte<br />
sich später<br />
zur Textilkünstlerin<br />
und Grafikerin und<br />
schließlich zur<br />
Kunstlehrerin am<br />
Gymnasium<br />
Schramberg weiter.<br />
Das historisch-kulturelle<br />
Erbe der Keramikindustrie<br />
ist Rita<br />
Kässer eine Herzenssache,<br />
für die<br />
sie sich mit großer<br />
Leidenschaft einsetzt.<br />
Bereits in ihrer<br />
Kindheit war Rita<br />
Kässer von Menschen<br />
und Produkten<br />
der Schramberger<br />
<strong>Majolika</strong>fabrik<br />
umgeben. Ihre Mutter<br />
Rosa Kässer, geborene<br />
Werner (1899 bis 1 986), war<br />
vor ihrer Heirat als angelernte<br />
Kerammalerin beschäftigt.<br />
Eine Vase, die ihre Mutter mit<br />
dem Dekor »Gobelin« bemalt<br />
hat, bedeutet Rita Kässer sehr<br />
viel. Ihr Onkel Oskar Werner<br />
(1902 bis 1945), zu dem sie<br />
eine sehr innige Beziehung<br />
hatte, schenkte ihr ein elfteiliges<br />
Puppenstubenservice mit<br />
einem ganz besonderen Dekor,<br />
das sie ebenfalls bis heute<br />
besitzt.<br />
Über die Familie ihrer Mutter<br />
reichen die Beziehungen<br />
noch weiter in die Firmengeschichte<br />
zurück. Theodor<br />
Rita Kässer (links) im Jahr 1942 mit ihrer Kollegin Irene Kasprzak (rechts) am Burgweg<br />
mit Blick auf die Schramberger <strong>Majolika</strong>fabrik Foto: Privat<br />
Winter (1839 bis 1919), der<br />
Großvater ihrer ebenfalls in<br />
der Schramberger <strong>Majolika</strong>fabrik<br />
beschäftigten Tante<br />
Hilde Werner (1910 b is<br />
1989), war bereits in der<br />
Steingut- und Porzellanfabrik<br />
von Uechtritz & Faist tätig.<br />
1871 hatte er zusammen mit<br />
seinem Kollegen Gramsamer<br />
(1843 bis<br />
1891) mit dem Gewerkverein<br />
der Porzellan-<br />
und verwandten<br />
Arbeiter<br />
die erste Gewerkschaft<br />
in Schramberg<br />
gegründet.<br />
In dieser Familientradition<br />
begann<br />
auch die bereits<br />
als junges Mädchen<br />
künstlerisch<br />
begabte Rita Kässer<br />
im Zweiten Weltkrieg<br />
ihren Berufsweg<br />
in der Schramberger<br />
<strong>Majolika</strong>fabrik.<br />
1946 wechselte<br />
sie nach einem<br />
Pflichtjahr und weiterer<br />
Berufstätigkeit<br />
in der Schramberger<br />
<strong>Majolika</strong>fabrik<br />
in das Internat<br />
des Franziskanerinnenklosters<br />
Sießen<br />
in Oberschwaben, in dem sie<br />
bereits mit Schwester Maria<br />
Innozentia Hummel (1909 bis<br />
1946) befreundet war, deren<br />
Kinderbilder und -figuren bis<br />
heute ein Welterfolg sind. M it<br />
der Schramberger <strong>Majolika</strong>fabrik<br />
fühlt sie sich zeitlebens<br />
eng verbunden und bekundet<br />
der Unternehmerfamilie ihre<br />
größte Achtung: »Schon<br />
Moritz Meyer hatte ein großes<br />
Herz für Schramberg.<br />
Und Peter Meyer ein noch<br />
größeres.«<br />
Von Museum beeindruckt<br />
Am Gymnasium Schramberg<br />
zählten Annnette und Michael<br />
Melvin zu ihren Schülern,<br />
mit denen sie auch regelmäßig<br />
Firmenbesuche machte.<br />
Über viele <strong>Jahre</strong> organisierte<br />
sie jährliche Treffen<br />
ehemaliger Kerammalerinnen<br />
und -maler: »Das war immer<br />
sehr schön. Das haben alle<br />
genossen.«<br />
Bei einem Ausflug des Elisabethenvereins<br />
nach Zell am<br />
Harmersbach vor ein paar<br />
<strong>Jahre</strong>n hat sie das neu gestaltete<br />
Firmenmuseum der Zeller<br />
Keramik mit einem Überblick<br />
über alle Dekore von<br />
den Anfängen bis zur Gegenwart<br />
sehr beeindruckt: »Alle<br />
<br />
<br />
MAJOLIKA<br />
IN<br />
SCHRAMBERG<br />
haben gesagt: Warum macht<br />
man das in Schramberg<br />
nicht?« Aus diesem Grund<br />
möchte Rita Kässer über ein<br />
»Schwarzwälder Keramikmuseum«<br />
das Gespräch mit<br />
Oberbürgermeisterin Dorothee<br />
Eisenlohr suchen. »Das<br />
möchte ich noch erleben! Das<br />
ist mein großer Wunsch an<br />
Schramberg«, sagt Rita Kässer,<br />
die als älteste noch lebende<br />
Mitarbeiterin der Schramberger<br />
<strong>Majolika</strong>fabrik zum<br />
<strong>200</strong>-jährigen Firmenjubiläum<br />
der Oberbürgermeisterin diese<br />
historische Botschaft für<br />
die Zukunft ihrer Heimatstadt<br />
ans Herz legen wird.<br />
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