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200 Jahre Majolika

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Nummer 272 SONDERVERÖFFENTLICHUNG MAJOLIKA<br />

Samstag, 23. November 2019<br />

Grußwort<br />

Erstaunliche Lebensleistung<br />

Simon Kendall<br />

Die lange und wechselvolle<br />

Geschichte<br />

der <strong>Majolika</strong><br />

zeigt anschaulich<br />

die Entwicklungen<br />

und Umbrüche<br />

der Wirtschaftsgeschichte<br />

ebenso wie<br />

die der deutschbritischen<br />

Geschichte.<br />

Nach der Entrechtung<br />

und dem vom NS-Staat<br />

erzwungenen Verkauf der Fabrik<br />

mussten die jüdischen<br />

Eigentümer, die beiden Brüder<br />

Moritz und Leopold Meyer,<br />

1938 nach Großbritannien fliehen.<br />

Dort verbrachte die Familie<br />

zehn <strong>Jahre</strong>, Sohn Peter trat<br />

sogar in die britische Armee<br />

ein. 1949 kehrte Moritz Meyer<br />

mit seiner Ehefrau Julie und<br />

seinem Sohn als einer der wenigen<br />

deutsch-jüdischen Emigranten<br />

nach Deutschland zurück<br />

und startete den erfolgreichen<br />

Neubeginn der Firma.<br />

1970 übernahm nach seinem<br />

Tod sein Sohn die Firma.<br />

Mittlerweile wird sie in der<br />

dritten Generation von den<br />

INFO<br />

Enkeln Annette und<br />

Michael Melvin<br />

geführt, die sie<br />

in einen erfolgreichen<br />

Gewerbepark<br />

umgewandelt<br />

haben.<br />

Ich freue<br />

mich besonders,<br />

dass die Familie<br />

Großbritannien<br />

verbunden geblieben<br />

ist – dem Land, in<br />

dem Moritz und Leopold Meyer<br />

wie so viele entwurzelte,<br />

entrechtete deutsche Juden<br />

eine neue Heimat gefunden<br />

haben.<br />

Ihre Rückkehr nach Deutschland<br />

und ihr beruflicher Erfolg<br />

stehen für eine erstaunliche<br />

Lebensleistung, die ich bewundere.<br />

Und ihre Geschichte ist<br />

ein Beispiel für die lange und<br />

erfolgreiche Beziehung zwischen<br />

unseren beiden Ländern.<br />

Ich wünsche der Familie und<br />

der Firma alles Gute für ihre<br />

Zukunft!<br />

Simon Kendall<br />

Britischer Generalkonsul<br />

für Baden-Württemberg<br />

und Bayern<br />

Briten im Landkreis Rottweil<br />

erlaubnis benötigen. Daraufhin<br />

haben sich im vergangenen<br />

Jahr 23 Briten einbürgern<br />

lassen, 2019 waren es bisher<br />

nochmals zwölf.<br />

Zum Vergleich: Im Jahr 2015<br />

bekam im Landkreis Rottweil<br />

lediglich ein Brite einen deutschen<br />

Pass, 2016 stellte niemand<br />

einen entsprechenden<br />

Antrag und 2017 waren es<br />

sechs britische Bürger, die<br />

eingebürgert worden sind, so<br />

Martina Schuster.<br />

Die feierliche Einbürgerungsfeier,<br />

an der<br />

auch Annette<br />

und Michael<br />

Melvin teilnahmen,<br />

fand übrigens<br />

Ende vergangenen<br />

<strong>Jahre</strong>s<br />

statt. zeg<br />

Azubis werden per<br />

Handschlag begrüßt<br />

Persönliches |Lore Brantner und Christian Weisser im »Hirsch«<br />

Sehr persönliche Erinnerungen<br />

an die <strong>Majolika</strong> –<br />

oder besser an den damaligen<br />

Firmenchef – haben<br />

auch Lore Brantner und<br />

Christian Weisser.<br />

Schramberg (zeg). Den<br />

Schrambergern ist diese Begebenheit<br />

im Gedächtnis geblieben:<br />

»Mitte der 1960er-<strong>Jahre</strong><br />

waren wir Lehrlinge im Gasthof<br />

Hirsch in Schramberg. In<br />

dieser Zeit kam Herr Peter<br />

Meyer öfters mit Geschäftsbesuch<br />

in den ›Hirsch‹ zum Essen.<br />

Bevor er das Restaurant<br />

betrat, kam er in die Küche,<br />

begrüßte den Chef und auch<br />

uns Lehrlinge per Handschlag,<br />

was uns sehr stolz<br />

Kunstwerke bei SMF selbst gebrannt<br />

Zeitzeugen |Erinnerungen des Unternehmers Martin Maurer<br />

Schramberg (zeg). Bereits als<br />

Kind kam der Schramberger<br />

Unternehmer und Vorsitzende<br />

des Museums- und Geschichtsvereins<br />

Schramberg,<br />

Martin Maurer, mit der <strong>Majolika</strong><br />

in Kontakt:<br />

»In den 1950er-<strong>Jahre</strong>n hat<br />

der damals in Schramberg<br />

arbeitende Künstler Erich<br />

Hauser für Kinder und Jugendliche<br />

Töpferkurse ausgeschrieben.<br />

Nachdem ich aus<br />

einer alten Hafnerfamilie<br />

stamme und mein Vater mich<br />

Lore Brantner als Auszubildende mit 15 <strong>Jahre</strong>n. Unser Foto<br />

zeigt sie beim Catering im Privathaus von Peter Meyer.<br />

Rückblick auf fast acht Jahrzehnte<br />

Gewerbepark aktuell |Peter Renz veröffentlicht seine Biografie<br />

Schramberg (zeg). Auch das<br />

renommierte Orientteppich-<br />

Fachgeschäft von Peter Renz<br />

findet sich im Gewerbepark<br />

<strong>Majolika</strong>.<br />

Das Leben von Peter Renz,<br />

Jahrgang 1941, hat so manche<br />

Kehre genommen. Gemeinsam<br />

mit dem Autor Daniel<br />

Bachmann blickt er nun mit<br />

seinem Buch »Der Händler –<br />

Knotenpunkte meines Lebens«<br />

(260 Seiten, Gmeiner<br />

Verlag) auf fast acht Jahrzehnte<br />

zurück.<br />

Die öffentliche Buchvorstellung<br />

findet am kommenden<br />

Donnerstag, 28. November,<br />

19 Uhr, im Bärensaal statt.<br />

Klar, geht es in seiner Biografie<br />

auch um Teppiche, aber<br />

nur ein bisschen. Menschen,<br />

Weggefährten, Freunde, Beziehungen,<br />

in Schramberg, in<br />

Europa und im Orient – darauf<br />

hat Peter Renz sein Augenmerk<br />

gerichtet.<br />

als betrieblichen Nachfolger<br />

vorgesehen hatte, war seine<br />

folgerichtige Lösung für Freizeitbeschäftigung<br />

seines Sohnes<br />

die Hinführung auf den<br />

Hafnerberuf und als solches<br />

ein Kurs für Töpfern bei<br />

Erich Hauser genau das Richtige.<br />

Es war auch spannend.<br />

Auf mit Muskelkraft angetriebenen<br />

Töpferscheiben<br />

wurden<br />

Teller, Vasen,<br />

Kannen und Tassen<br />

geformt. Die-<br />

Martin Maurer<br />

se wurden dann in die <strong>Majolika</strong><br />

zum Brennen<br />

gebracht. Mit<br />

der ungeheuren<br />

Hitze des<br />

Brennofens<br />

wurde das Material<br />

dann hart<br />

und so hielten<br />

wir voller Stolz<br />

die Kunstwerke<br />

in der<br />

Hand. Dies<br />

<br />

<br />

MAJOLIKA<br />

IN<br />

SCHRAMBERG<br />

machte. Er fragte nach dem<br />

Personalessen, das wollte er<br />

dann auch. Nach dem Essen<br />

kam Herr Meyer wieder in die<br />

Küche. Er verabschiedete sich<br />

wieder per Handschlag und<br />

drückte uns Lehrlingen öfters<br />

fünf Mark in die Hand. Das<br />

war für uns immer was ganz<br />

Besonderes, da unser Monatslohn<br />

20 Mark betrug. Auch<br />

nach mehr als 50 <strong>Jahre</strong>n, denken<br />

wir oft zurück, was Herr<br />

Meyer für ein bescheidener,<br />

großzügiger und feiner<br />

Mensch war, wenn von der<br />

<strong>Majolika</strong> gesprochen wird.«<br />

u Die nächsten <strong>Majolika</strong>-<br />

Sonderseiten erscheinen<br />

am Samstag, 21. Dezember.<br />

Peter Renz ist weit mehr als<br />

Teppich-Experte.<br />

war meine<br />

erste Berührung<br />

mit der <strong>Majolika</strong>, der<br />

noch viele aus anderen Gründen<br />

folgen sollten. Später entwickelte<br />

sich eine Liebe zu altem<br />

Schramberger Bildergeschirr<br />

und zum Bewusstsein,<br />

dass da seit 1820 fleißige Töpfer,<br />

Maler und Gestalter Großartiges<br />

geleistet haben. Ich<br />

gratuliere der ganzen <strong>Majolika</strong>-Familie<br />

zum <strong>200</strong>-jährigen<br />

Jubiläum und hoffe, dass die<br />

Erzeugnisse und Leistungen<br />

aus dieser Fabrik noch lange<br />

geschätzt werden.«<br />

Im Zuge der Brexit-Verhandlungen<br />

hat das Landratsamt<br />

im vergangenen Jahr alle 55<br />

im Landkreis Rottweil lebenden<br />

Briten angeschrieben und<br />

über mögliche rechtliche<br />

Konsequenzen aufgeklärt – so<br />

auch Annette und Michael<br />

Melvin, die – obwohl in<br />

Deutschland geboren – bis dahin<br />

ausschließlich die britische<br />

Staatsbürgerschaft besaßen.<br />

Sollte Großbritannien<br />

den EU-Status<br />

verlieren, sei eine<br />

doppelte Staatsangehörigkeit<br />

gesetzlich sehr fraglich, erläutert<br />

Martina Schuster von der<br />

Staatsangehörigkeitsbehörde<br />

des Landratsamts. Es sei derzeit<br />

auch nicht geklärt, ob britische<br />

Staatsbürger nach<br />

Wirksamwerden des Brexit<br />

künftig in Deutschland eine<br />

Aufenthaltserlaubnis beziehungsweise<br />

eine Arbeits-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

TEL. 0800 124 2242

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