Franz Eisenreiter
aus: Simbacher Anzeiger, Ausgabe 15.11.2019
aus: Simbacher Anzeiger, Ausgabe 15.11.2019
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15. November 2019<br />
Simbacher Anzeiger<br />
Nr. 22/2019<br />
Simbacher<br />
EHRENBÜRGER<br />
Sanitätsrat und Bürgermeister<br />
Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong><br />
von Walter Geiring<br />
Es gibt einige Simbacher Persönlichkeiten,<br />
die für ihre Verdienste mit dem Ehrenbürgerrecht<br />
der Stadt ausgezeichnet<br />
wurden. Um diese nicht in Vergessenheit<br />
geraten zu lassen, wird der Simbacher Anzeiger<br />
diese Ehrenbürger und ihr Wirken in<br />
den nächsten Ausgaben des Anzeigers wieder<br />
aufleben lassen.<br />
Der erste im Bunde dieser Ehrenbürger-<br />
Runde ist Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong>. Er war Sanitätsarzt<br />
und zugleich langjähriger Bürgermeister<br />
der damaligen Gemeinde Simbach.<br />
<strong>Eisenreiter</strong> zählt in der Geschichte des Ortes<br />
mit 21 Jahren Bürgermeistertätigkeit zu den<br />
Amtsinhabern mit der zweitlängsten Dienstzeit,<br />
die nur noch durch Alt-Bürgermeister<br />
Richard Findl mit 24 Jahren übertroffen<br />
wurde.<br />
Am 1. Februar 1889 war es, als sich, der<br />
am 14. Dezember 1862 in Asenham geborene<br />
<strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong> als junger Arzt in Simbach<br />
niederließ. Seine erste Praxis befand<br />
sich im Gasthausgebäude Strohammer,<br />
dem Eckhaus Kirchenplatz/Anton-Gober-<br />
Straße. Im Jahr 1906 verlegte <strong>Eisenreiter</strong><br />
seine Praxis in den Neubau des Café Kerl,<br />
der heutigen Innstraße 18, in dem später die<br />
Hypobank untergebracht war und jetzt die<br />
Geschäftsstelle der Volkshochschule ihren<br />
Sitz hat. Im Jahr 1930 entschloss sich <strong>Eisenreiter</strong>,<br />
in der Passauer Straße ein eigenes<br />
Haus zu bauen, das in der Simbacher<br />
Bevölkerung als „<strong>Eisenreiter</strong>-Villa“ bekannt<br />
wurde und noch heute vielen ein Begriff ist.<br />
Hierhin verlegte <strong>Eisenreiter</strong> auch seine<br />
Arztpraxis, bis er 1933 in den Ruhestand<br />
ging und somit auf eine 47-jährige Tätigkeit<br />
als Arzt blicken konnte.<br />
Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong> mit Ehefrau Maria und<br />
Hund Maxi<br />
Doch das war nur ein Einblick in die berufliche<br />
Entwicklung <strong>Eisenreiter</strong>s als Arzt – ab<br />
1900 war Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong> auch politisch<br />
engagiert und wurde Mitglied des Gemeinderats<br />
in Simbach. Von Mai 1910 bis<br />
Mai 1911 hatte er, nach Ableben des damaligen<br />
2. Bürgermeisters Bachmeier, dessen<br />
Amt inne und rückte am 1. November 1911,<br />
nach dem Rücktritt von Bürgermeister An-<br />
ton Mühldorfer, als Stellvertreter-Bürgermeister<br />
des Ortes auf. Offiziell übernahm <strong>Eisenreiter</strong><br />
den Bürgermeisterposten nach den Bürgermeisterwahlen,<br />
am 1. Januar 1912. Bis<br />
zum April 1933, also 21 Jahre, übte Dr. <strong>Franz</strong><br />
<strong>Eisenreiter</strong> dieses Amt aus.<br />
Mit starker Hand leitete <strong>Eisenreiter</strong> die Geschicke<br />
der Gemeinde, denn nur so konnte die<br />
schwere Kriegs- und Leidenszeit, die anschließend<br />
über das Land durch den Ersten<br />
Weltkrieg hereinbrach, bewältigt werden.<br />
Auch in den politisch unruhigen Zeiten und<br />
der Inflation genoss Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong> das<br />
Vertrauen der Simbacher Bevölkerung. Sein<br />
70. Geburtstag wurde mit einem abendlichen<br />
Fackelzug, der sich zu einer riesigen „70“ formierte,<br />
pompös gefeiert. Zu den zahlreichen<br />
Festredner zählte auch Regierungsrat Steger:<br />
„Nicht nur in der Kriegs- und Revolutionszeit,<br />
sondern auch in der schweren Nachkriegszeit<br />
haben Sie die Gemeinde glücklich gesteuert<br />
und nur Ihrer zielbewussten Führung ist es zu<br />
danken, dass Simbach einer der wenigen Orte<br />
Niederbayerns ist, der einen ausgeglichenen<br />
Haushalt hat.“, lobte Steger.<br />
Am 23. November 1932 beschloss der Gemeinderat<br />
Simbach Sanitätsrat Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong><br />
anlässlich seines 70. Geburtstages<br />
am Mittwoch, 14. Dezember 1932, das Ehrenbürgerrecht<br />
der Gemeinde Simbach zu verleihen.<br />
Bis 1933 setzte sich <strong>Eisenreiter</strong> als Bürgermeister<br />
mit aller Kraft und einer Koalition aus<br />
Bayerischer Volkspartei, SPD und Bauernbund<br />
für das Wohl der Gemeinde ein. <strong>Eisenreiter</strong><br />
war kein Freund der Nationalsozialisten,<br />
deshalb kündigte er bereits vor der<br />
Wahl im April 1933 an, für eine Wiederwahl<br />
nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Bei den<br />
anschließenden Wahlen fungierte er noch als<br />
Wahlleiter. Nachfolger von Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong>,<br />
im Amt des Bürgermeisters, wurde Ortsgruppenleiter<br />
Josef Eiben.<br />
Im Alter von 85 Jahren verstarb der hoch<br />
angesehene Mitbürger an einem Donnerstag<br />
in Simbach, es war der 28. Oktober 1948. In<br />
all der Zeit seines irdischen Daseins hatte er<br />
sich mit einer Vielzahl von ehrenamtlichen<br />
Tätigkeiten bis heute sein Andenken bewahrt.<br />
Unvergessen sind seine Bemühungen um die<br />
freiwillige Sanitätskolonne, dessen Gründer<br />
er im Jahr 1899 war. Als leitender Arzt fungierte<br />
<strong>Eisenreiter</strong> von 1914 bis 1918 im Reservelazarett<br />
in Mariental, zudem als ärztlicher<br />
Beirat des Frauenvereins beim Roten Kreuz<br />
sowie als Feuerwehrarzt. Das große ehrenamtliche<br />
Engagement reichte aber noch weiter.<br />
So war er nicht nur eine große Stütze bei<br />
der Errichtung des Simbacher Bezirksmuseums<br />
(1911 - 1912), das im Rathausturm untergebracht<br />
war, sondern auch Ehrenvorstand<br />
des Bienenzuchtvereins und Gründer sowie<br />
Leiter des Simbacher Liederkranzes und Auf-<br />
Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong><br />
Haus: <strong>Eisenreiter</strong> Villa<br />
Ehefrau Maria mit Tochter Marie
15. November 2019<br />
Simbacher Anzeiger<br />
Nr. 22/2019<br />
Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong> mit Schildkröten und Hund Maxi<br />
Grabstätte von Dr. <strong>Eisenreiter</strong><br />
sichtsrat bei der Gewerbebank. Auch der<br />
Turn- und Sportverein wird ihn nie vergessen,<br />
denn sein größter Verdienst war die Errichtung<br />
der Turnhalle.<br />
Jahrzehntelang unterstützte er den Wanderer-<br />
und Verschönerungsverein zunächst<br />
als Ausschuss- und später als Ehrenmitglied.<br />
So fiel in seine Amtszeit im Jahr 1900<br />
die Errichtung des Schwimmbades im Moos,<br />
1905 die Erschließung der nach ihm benannten<br />
Dr. <strong>Eisenreiter</strong>-Klamm und 1924<br />
die Schaffung der Anlage um den Heldengedenkstein<br />
auf der Marienhöhe. Der dort eingemeißelte<br />
Vers stammt ebenfalls von <strong>Eisenreiter</strong>.<br />
<strong>Eisenreiter</strong> gehörte zu den Gründungsmitgliedern<br />
der Bayernpartei, dessen Weiterentwicklung<br />
er bis ins hohe Alter mit regem Interesse<br />
verfolgte. Trotz vieler privater Rückschläge<br />
konnten die Schicksalsschläge sein<br />
seelisches Gleichgewicht nicht stören, <strong>Eisenreiter</strong><br />
erlebte zwei Weltkriege und verlor<br />
zweimal einen großen Teil seines Vermögens.<br />
Im Jahr 1904 heiratete er Maria Hoft aus<br />
Stubenberg, deren Heimat die heutige Gastwirtschaft<br />
Ecker war. Aus der Ehe ging zwei<br />
Jahre später lediglich Tochter Marie hervor,<br />
die leider im selben Jahr verstarb.<br />
Bei der Beerdigung von Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Eisenreiter</strong>,<br />
auf dem Simbacher Friedhof, bezeichnete<br />
Stadtpfarrer Johann Bergmann ihn als einen<br />
Großen, der in die Geschichte Simbachs<br />
eingeht und nur die Pflichten gegenüber den<br />
Menschen gekannt hatte. Im Ruhestand<br />
lebte <strong>Eisenreiter</strong> still und zurückgezogen in<br />
seinem Heim mit dem großen Garten an der<br />
Passauer Straße. Gerne genoss er mit seinem<br />
treuen Begleiter „Maxi“ Spaziergänge<br />
durch „seinen“ Ort und gehörte so lange Zeit<br />
zum Stadtbild Simbachs.<br />
Quellenangaben: Simbacher Zeitung, Unterlagen<br />
Stadtarchiv Simbach, die Familien Nüßlein und<br />
Wimmer sowie die Internetseite: alt-simbach.de/<br />
Jürgen Kühnert.