immobilia 2019/11 - SVIT
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FOKUS INTERVIEW<br />
KLIMAPOLITIK<br />
Hat der Ständerat – auch im Hinblick<br />
auf die Wahlen – dem Druck der Strasse<br />
nachgegeben?<br />
Der Ständerat sah sich in der Pflicht, nachdem<br />
Links und Rechts im Nationalrat einen Scherbenhaufen<br />
angerichtet haben. Insofern stimmt der<br />
Eindruck. Der Ständerat setzt nun zu meinem<br />
Leidwesen auf Verbote, Gebote und Steuern.<br />
Marktwirtschaftliche Konzepte bleiben weitestgehend<br />
auf der Strecke.<br />
Welche Instrumente hätten Sie bevorzugt?<br />
Ich möchte vorausschicken, dass ich der Überzeugung<br />
bin, dass es einen verbesserten Klimaschutz<br />
braucht. Einerseits habe ich mich dafür stark gemacht,<br />
den Deckel auf den CO2-Abgaben aber nicht<br />
zu hoch anzusetzen, nämlich beim international<br />
anerkannten Satz von maximal 120 Franken pro<br />
Tonne CO2 und nicht bei den jetzt beschlossenen<br />
210 Franken. Anderseits bevorzugen wir als Partei<br />
die Förderung von Innovation, die wir als wichtigen<br />
Schlüssel für die Lösung des Klimaproblems betrachten,<br />
und setzen auf Lenkungsabgaben statt<br />
Umverteilung.<br />
Wie wird sich der Nationalrat in seiner neuen<br />
Zusammensetzung zur Vorlage stellen?<br />
Ich gehe davon aus, dass der Nationalrat die Vorlage<br />
weder weiter verschärft noch massgeblich entschärfen<br />
wird. Die Signale aus der zuständigen<br />
Kommission deuten darauf hin. Linke und Grüne<br />
müssen sich bewusst sein, dass sie den Bogen mit<br />
Blick auf eine Volksabstimmung nicht überspannen<br />
dürfen. Sonst erleidet das Gesetz an der Urne<br />
Schiffbruch.<br />
BIOGRAPHIE<br />
MARTIN<br />
SCHMID<br />
(*1969), FDP GR, Dr.<br />
iur. HSG, ist Rechtsanwalt<br />
und Partner der<br />
Kanzlei Kunz Schmid,<br />
Chur. Von 2003 bis<br />
20<strong>11</strong> war er Mitglied<br />
der Bündner Regierung,<br />
bis 2007 als Vorsteher<br />
des Departements für<br />
Justiz, Sicherheit und<br />
Gesundheit, danach als<br />
Vorsteher des Departements<br />
für Finanzen<br />
und Gemeinden. 20<strong>11</strong><br />
wurde Martin Schmid<br />
in den Ständerat gewählt<br />
und seither zweimal<br />
wiedergewählt. Er<br />
ist unter anderem Mitglied<br />
der Kommission<br />
für Rechtsfragen und<br />
der Kommission für<br />
Wirtschaft und Abgaben<br />
sowie Vizepräsident<br />
der Kommission<br />
für Umwelt, Raumplanung<br />
und Energie. Im<br />
Weiteren präsidiert er<br />
den Verband «Entwicklung<br />
Schweiz».<br />
Wäre das ein Ausgang, den Sie begrüssen<br />
würden?<br />
Sagen wir es so: Ich hätte mir ein anderes CO2-Gesetz<br />
gewünscht. Aus meiner Sicht ist es keine Katastrophe,<br />
eine missratene Vorlage nochmals an den<br />
Absender zurückzuschicken. Es geht um ein langfristiges<br />
Ziel, und dabei darf die soziale und wirtschaftliche<br />
Komponente nebst dem Klimaschutz<br />
nicht auf der Strecke bleiben.<br />
Im Gebäudesektor beschneidet der<br />
Bund mit der Revision den Spielraum der<br />
Kantone. Die Reaktion fiel entsprechend<br />
harsch aus. Haben Sie Verständnis für<br />
diese Haltung?<br />
Ich hätte den Kantonen mehr Kompetenzen bei der<br />
Umsetzung im Gebäudesektor eingeräumt. Stattdessen<br />
wird ihnen die Kompetenz im Gebäudebereich<br />
nun praktisch entzogen. Der Ansatz der Kantone,<br />
die Themen Energie und Klima aufeinander<br />
abzustimmen, ist richtig. Sonst werden Ölheizungen<br />
durch Wärmepumpen ersetzt, ohne dass die Gebäudehülle<br />
saniert wird. Das kann aus übergeordneter<br />
Sicht nicht das Ziel sein. Bei den Kantonen<br />
entsteht der Eindruck, der Bund ordne nun alles<br />
dem Klimaziel unter.<br />
Aber die Kantone haben auch nicht in<br />
jeder Hinsicht erfüllt. Die Förderprogramme<br />
kommen nicht vom Fleck, die Mustervorschriften<br />
werden halbherzig eingeführt.<br />
Müsste sich die Kritik der Kantone nicht<br />
auch gegen sich selbst richten?<br />
Die Kantone können die Rechnung nicht ohne die<br />
Stimmbürger machen. Mit der Konkretisierung in<br />
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IMMOBILIA / November <strong>2019</strong>