syndicom magazin Nr. 14
Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.
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syndicom
Nr. 14 November–Dezember 2019
magazin
Frischluft
im
Bundeshaus
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Inhalt
4 Teamporträt
5 Kurz und bündig
6 Die andere Seite
7 Gastautor
8 Dossier: Unsere Neuen
im Parlament
Liebe Leserinnen und Leser
16 Arbeitswelt
19 Bessere Renten für
Selbständige
22 Politik
25 Recht so!
26 Freizeit
27 1000 Worte
28 Bisch im Bild
30 Aus dem Leben von ...
31 Kreuzworträtsel
32 Was ich vom Parlament
erwarte
«We, not me» – wir, nicht ich!
Grüne Welle, Klimapolitik, Linksrutsch,
Frauenwahl – Schlagzeilen, die nach der Wahl
die Gazetten und Berichterstattungen dominierten.
Klar ist, dieses Wahlergebnis kommt
für die Schweiz einem Erdrutsch gleich.
Unser Parlament wird weiblicher und jünger.
Die Kosten für die Krankenkasse, die ungelösten
Probleme bei der Rentenfrage und der Klimawandel
führten zu einem starken Mobilisierungseffekt
bei den jungen Wählerinnen und
Wählern. Ebenso hat der Frauenstreik seine
Wirkung entfacht. Diese Populationen verlangen
eine nachhaltige Politik, Gesellschaft und
Umwelt. Lösungen für die Zukunft, und diese
nicht irgendwann. Und vor allem eine Politik,
die nicht die Einzelnen, sondern die Gesellschaft
ins Zentrum stellt.
Genau – We, not me!
Wie sich dies auf die offenen Fragen und
Problema tiken wie Klima politik, den Lohnschutz,
die Rentenfrage, den Service public,
die steigenden Gesundheitskosten, Gleichstellung
oder auf die fortschreitende Digitalisierung
in der Arbeitswelt auswirkt, ist allerdings
weiter offen. Gefragt sind in allen
Belangen Lösungen, die breite und nachhaltige
Wirkung entfalten für eine moderne Schweiz,
die ihren gesellschaftlichen und sozialen
Verpflichtungen nachkommt. Daran wird ein
Parlament gemessen.
Daniel Münger,
Präsident syndicom
4
8
22
Titelbild:
Fabien Fivaz (Grüne Neuenburg),
Baptiste Hurni (SP Neuenburg), Tamara
Funiciello (SP Bern) und Franziska Roth
(SP Solothurn) am Tag der neuen
Parlamentarier*innen im Bundeshaus.
Hinten: Flavia Wasserfallen (SP Bern).
4
Teamporträt
«Es macht Spass, unsere Erfahrung
sinnvoll und nützlich einzusetzen»
Paul Heinzelmann war zehn Jahre im
Betriebsdienst der SBB tätig und Mitglied
der Gewerkschaft SEV. Anschliessend
arbeitete er 30 Jahre lang bei
Swisscom, wo er verschiedene Positionen
innehatte, darunter in der Personalabteilung
und im Customer Field
Service. Er ist Mitglied bei syndicom
und ging 2018 in den Ruhestand.
Edith Annaheim hat 44 Jahre bei
Swisscom gearbeitet, syndicom-Mitglied
ist sie seit 26 Jahren. Sie war aktiv
im Vorstand der Sektion Olten/Solothurn.
2016 kam Edith zu Worklink, dem
Instrument des Swisscom-Sozialplans,
und konnte sich dort als Mitinitiatorin
der Organisation Plus einbringen. In
dieser Funktion hat sie schon über
150 Beratungsgespräche durchgeführt.
Auch Jürg Schär war vor der Pensionierung
im letzten Februar bei Swisscom,
in der Informatik. An seinem ersten Arbeitstag
1984 ist er der Gewerkschaft
beigetreten und ihr seither treu geblieben.
In der Organisation Plus engagiert
er sich in den Pensionierungsberatungen,
um bei schwierigen Entscheiden
im Übergang zu einem neuen Lebensabschnitt
sozialen Kontakt zu bieten.
Text: Mark Herbst
Bild: Peter Mosimann
«Organisation Plus»:
Jetzt kommen die
Älteren!
Die Idee, Erfahrung und Wissen der
reiferen Kolleg*innen einzusetzen
und zu nutzen, hat dazu geführt, im
Mai 2019 die «Organisation Plus» bei
syndicom zu bilden. Mit viel Engagement
und Freude wurden und werden
Projekt ideen zur Mitgliederwerbung
entwickelt, erste Projekte
wollen wir jetzt umsetzen!
Edith Annaheims Projekt richtet
sich an alle Mitglieder, die sich eine
Frühpensionierung überlegen: «Warum
soll ich länger arbeiten, wenn ich
im Fall einer Entlassung sowieso
kaum noch Chancen bei der Arbeitssuche
habe? Die Option vorzeitige
Pensionierung muss man im Einzelfall
prüfen. syndicom kann dich beraten
und dir helfen, eine Entscheidung
zu treffen!»
Unser Mitglieder-Projekt betrifft
die Austrittsbearbeitung. Warum
schrumpfen Gewerkschaften, in unserem
Fall syndicom? Weil mehr
Mitglieder austreten als eintreten,
so einfach! Die Organisation Plus
nimmt die Problematik auf und will
den Austretenden die Vorteile einer
Mitgliedschaft wieder in Erinnerung
rufen und die Wertschätzung entgegenbringen,
die sie vielleicht in der
Vergangenheit vermisst haben –
selbstverständlich mit Respekt und
Mut zur Einfachheit. Paul Heinzelmann
sagt: «Mit meiner Mitarbeit
kann ich Mitglieder und syndicom
sinnvoll unterstützen. Der Austausch
und die erfüllende Aufgabe machen
viel Spass. Mach doch mit!»
Dies geschieht zusammen mit
Sébastien Bourquin, Leiter der Mitgliederentwicklung.
Wir wollen seine
Erfahrungen nutzen und erarbeiten
ein Vorgehen, das in kleinen, bearbeitbaren
Portionen aktive Aufgaben
zuweist. Jürg Schär dazu: «Die aktive
Mitgestaltung ist eine Chance für
alle Mitglieder, das Verbessern der
Wertschätzung liegt in unseren Händen.
Ich mache mit!»
Wir wollen auch bei der Mitgliederwerbung
aktiv werden. Interessierte
Kolleg*innen um die 60 sind
bei uns in der Organisation Plus
herzlich willkommen. Wir treffen
uns regelmässig, erarbeiten die
Werkzeuge, die wir brauchen, nutzen
die bereits bestehenden und freuen
uns, Projekte zu realisieren, die unserer
syndicom Nutzen stiften und
uns selbst auch Freude bereiten.
Kurz und
bündig
Sozialpartnerschaftlicher Dialog mit Smood \ Altersdiskriminierung
bekämpfen \ Jurassische Chauffeur*innen demonstrieren
vor dem Parlament \ SGB-Initiative für 13. AHV-Rente \ Frauen
bei Ringier sichtbarer \ 170 Lohnerhöhungen nachträglich
5
Dialog bei der
Smood AG eingeleitet
Die Foodkurier*innen der Smood AG, die
mit der Migros zusammenarbeitet, beschwerten
sich über ihre Löhne und
Arbeitsbedingungen, insbesondere über
die Kommunikation von Einsatzplänen
und über Entschädigungen für die Nutzung
ihrer privaten Telefone und Fahrzeuge.
Diese Kurierdienste fallen unter
das Postgesetz, dessen Bedingungen
eingehalten werden müssen. syndicom
ist erfreut, dass die Smood AG Bereitschaft
signalisiert, einen sozialpartnerschaftlichen
Dialog aufzunehmen. Das
Unternehmen könnte insbesondere den
GAV für Velokuriere und urbane Kurierdienstleistungen
unterzeichnen.
Altersdiskriminierung
bekämpfen
Der Verband Avenir50plus, der die Interessen
von älteren Erwerbslosen wahrnimmt,
hat bei Professor Kurt Pärli eine
Rechtsschrift in Auftrag gegeben. Diese
spricht sich für einen Rechtsschutz vor
Altersdiskriminierung aus. Wie der Verband
betont, wird die Einführung einer
Überbrückungsleistung, die verhindert,
dass Ausgesteuerte nach einem langen
Erwerbsleben zur Sozialhilfe gehen
müssen, ihr Ziel nur zusammen mit einem
solchen Rechtsschutz erreichen.
Unmut und Demonstration vor
dem jurassischen Parlament
Rund 150 Chauffeur*innen und Sympathisant*innen
demonstrierten am
27. November vor dem jurassischen Parlament.
Sie wehren sich gegen die Art
und Weise, wie die Buslinien in diesem
Kanton ausgeschrieben wurden. In der
Ausschreibung wurde auf Kriterien zum
Schutz der Arbeitsbedingungen verzichtet.
Die Chauffeur*innen, die symbolisch
gelbe Westen trugen, übergaben der Regierung
Praliné-Bomben, um zu zeigen,
dass sie mit den Ausschreibungen eine
soziale Zeitbombe in der Hand hält und
die Fahrer*innen nicht opfern darf.
10-Punkte-Massnahmenpaket
des SGB für mehr Kaufkraft
Die Delegiertenversammlung des SGB
hat eine Volksinitiative für eine 13.
AHV-Rente beschlossen. Damit soll
dem Problem abgeholfen werden, dass
die Pensionskassenrenten sinken, während
die Beiträge immer mehr steigen.
Die zusätzliche Rente wäre gleich hoch
wie die übrigen monatlichen AHV-Renten.
Dies entspräche einer Erhöhung
um 8,33 %, von der die tiefen und mittleren
Einkommen am meisten profitieren
würden. Im Übrigen hat der SGB
zehn Massnahmen für mehr Kaufkraft
vorgeschlagen. Dazu gehören die Ausschüttung
eines Teils der SNG-Gewinne
an die AHV, ein 13. Monatslohn für alle
in den GAV und in den Betrieben und
eine Erhöhung der Familienzulagen.
Ringier will Frauen sichtbarer
machen
Der Ringier-Konzern will mit Hilfe von
Künstlicher Intelligenz die Artikel über
Frauen und Männer auf seinen Webseiten
analysieren. Bilder, Titel und Leads
werden im Hinblick auf die Sichtbarkeit
von Frauen und Männern ausgewertet.
Gleichzeitig wird gemessen, wie oft
Frauen und Männer zu Wort kommen.
Auf Blick.ch liegt der Anteil der Artikel
über Frauen bei 25 %. Ziel ist, Frauen
sichtbarer zu machen, indem die Redaktionen
für die Gleichwertigkeit in
der Berichterstattung sensibilisiert
werden.
170 Mitarbeitende von
PostFinance erhalten
Lohnerhöhung im Nachhinein
PostFinance und syndicom haben die
Umsetzung der 2019 eingeführten
Lohnmassnahmen kontrolliert.
Dies betraf die 800 Personen, denen
der Vorschlags wert nicht gewährt wurde.
Für 170 PostFinance-Mitarbeitende
wurde vereinbart, auf der Grundlage
der Kontrolle eine nachträgliche Lohnerhöhung
vorzunehmen.
Agenda
Dezember
bis 31.
Akrobatik
Zürich, Bauschänzli.
Der traditionelle Weihnachtszirkus
Conelli zeigt internationale Stars der
Akrobatik-Szene.
Januar
bis 5.
Picasso, Gorky, Warhol
Kunsthaus Zürich.
Skulpturen und Arbeiten auf Papier aus
der Sammlung Looser.
20.
Ehrlichkeit ist
Interpretationssache
Rüschlikon/Zürich, Gottlieb Duttweiler
Institut, 18 Uhr.
«Typisch Mensch? Verhalten und Ehrlichkeit
in einer digitalen Welt»: Der
Verhaltensökonom Michel Maréchal
diskutiert mit dem Neuro psychologen
Lutz Jäncke.
22.
Unterwegs mit dem
Nachtwächter
Bern, Zytglogge, Kramgasse, 18.30 Uhr.
Das Mittelalter erleben mit dem Hüter
der Stadt. Haarsträubende Erzählungen
über Hinrichtungen und Gespenster
hören und erfahren, wieso sich
in Bern ein Nachtwächter und eine
Nachtwächterin abwechselten.
Februar
Vom 27. bis 29.
Reclaim Democracy
Kongress, Zürich, Rote Fabrik.
Der Kongress wird vom Denknetz
Schweiz in Kooperation mit 47 Partnerorganisationen
ausgerichtet.
An über 50 Workshops werden rund
2000 Teilnehmende erwartet. syndicom
wird einen Workshop zum Thema
Service public digital durchführen.
syndicom.ch/agenda
6 Die andere
Hans Hollenstein
Seite
ist seit 2012 Präsident der Eidgenössischen Postkommission
(PostCom). Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften
an der Universität Bern arbeitete er im Kader der Axa-
Winterthur. 2005 bis 2011 war er im Zürcher Regierungsrat.
1
Wie sehen Sie nach sieben Jahren als
PostCom-Präsident und zum Zeitpunkt
Ihres Rücktritts die Gesamtsituation
der Post?
Die Schweizerische Post wurde vom
Weltpostverein zum dritten Mal in
Folge als beste Post der Welt ausgezeichnet.
Sie erfüllt und übertrifft alle
Vorgaben von Gesetz und Verordnung.
Die Post steht aber auch im
Wettbewerb und vor grossen Herausforderungen,
vor allem was die
Grundversorgung und ihre künftige
Finanzierung anbelangt.
2
Haben die Mindestanforderungen,
die 2019 für Unternehmen ohne GAV
eingeführt wurden, die Gefahr von
Lohndumping gebannt?
Ja. Wir stellen fest, dass die Mindeststandards
wirksam vor Lohndumping
schützen und heute eine grosse Zahl
von Angestellten – auch über die
Sozial partner – von höheren Standards
profitieren.
3
Haben Sie mit der Festlegung eines
Mindestlohns von 18.27 Franken in
der Logistik dem Lohndumping nicht
gerade Tür und Tor geöffnet?
Die PostCom ist nur für den Postsektor
zuständig. Mit der Einführung
dieser Standards haben wir das
Lohndumping auf keinerlei Weise
begüns tigt, ganz im Gegenteil. Wir
tragen zur Verhinderung eines Prekariats
bei und schützen die Schwächsten,
die keinen GAV haben. Im Übrigen
kontrolliert die PostCom die
Einhaltung der Arbeitsbedingungen
und sanktioniert wenn nötig.
4
Was halten Sie von den neuen
Konkurrenten, die seit Kurzem im
Markt tätig sind?
Die PostCom verfolgt die Entwicklungen
in den Postmärkten sehr genau
und prüft bei jedem neuen Anbietertyp,
ob er unter die Postgesetzgebung
fällt. Die Gleichbehandlung aller Unternehmen
in einem Postmarkt muss
unbedingt gewährleistet werden.
5
Ende 2018 war die Anzahl der Poststellen
(1078) fast gleich hoch wie die
Anzahl der Postagenturen (1061).
Wie sieht es Ende 2019 aus?
Ende 2019 wird es mehr Agenturen
als Poststellen geben. Der Transformationsprozess
geht weiter. Man
muss aber sagen, dass die Agenturen
auch Vorteile bieten, zum Beispiel
längere Öffnungszeiten.
6
Sollen die Angestellten der Agenturen
besser ausgebildet werden, um
die Dienstleistungsqualität zu verbessern?
Das ist tatsächlich eine unserer Forderungen,
die in unserem Jahresbericht
aufgeführt sind. Die Post soll
insbesondere zur Einführung eines
Qualitätssicherungssystems für Postagenturen
verpflichtet werden.
Text: Sylvie Fischer
Bild: PostCom
Gastautor
Vor Kurzem habe ich einige Tage mit
23 Studierenden des Masterstudiengangs Journalismus
in Neuenburg verbracht, an einem Kurs
über die Grundsätze unseres Berufs. Wache
Geister, gute Fragen: In den Westschweizer Redaktionen
wird sich in 18 Monaten ein sehr guter
Jahrgang wiederfinden. Dennoch habe ich mich
– laut – gefragt: Wie viele arbeiten in zehn
Jahren noch im Journalismus und wie viele in
der Kommunikation? Einige verzogen den Mund,
denn alle träumen von Recherchen und Reportagen.
Und die Journalist*innen arbeiten für die
Wahrheit und die Demokratie. Die Kommunikationsmitarbeitenden
für ihr Unternehmen.
Ja, das ist etwas verkürzt. Es gibt Journalist*innen,
die andere Beweggründe haben. Und
die Arbeit einiger Kommunikationsmitarbeitender
ist von echtem öffentlichem Interesse.
Dennoch gelten die Grundsätze aus unserem
Kurs – Suche nach der Wahrheit, Distanz zu den
Akteuren, den Interessen der Bürgerinnen und
Bürger dienen – nicht für die Kommunikation.
Ich vermute, dass zwei Drittel in die Kommunikation
gehen werden. Die der Universitäten
zum Beispiel. In seinen Recherchen für ein Buch
zählte Urs Hafner 179 Kommunikationsleute in
12 Institutionen. Viermal mehr als in den 80ern.
Uni Genf und ETH Zürich liegen mit 25 Stellen an
der Spitze. Was Urs häufig hörte: «Die Medien
machen ihre Arbeit nicht mehr, also müssen wir
es selbst tun.» Tatsächlich sind die Magazine
der Unis besser als manche Titel der grossen
Schweizer Medienunternehmen. Gleiches gilt für
die Kultur, die Wirtschaft, die Gesundheit.
Die Moral der Geschichte? Journalist*innen,
an die Arbeit! Wenn die Lesenden nicht mehr
zwischen Journalismus und Organisationskommunikation
unterscheiden, dann müsst ihr
diesen Unterschied zeigen: in den traditionellen
Medien oder in neuen Medien wie meinem, die
ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Eines
Tages wird das Pendel wieder in die andere
Richtung ausschlagen.
Viel Kommunikation,
wenig Journalismus
Serge Michel, 50 Jahre alt, ist in Yverdonles-Bains
(VD) aufgewachsen. Er ist Mitgründer
und Redaktionsleiter der digitalen
Heidi.news. Er war stellvertretender
Herausgeber von Le Monde und Chefredakteur
von Le Monde Afrique. Seine
ersten Berichte erschienen 1989 im
Journal de Genève.
Für seine Bericht erstattung aus Iran,
wo er vier Jahre als Korrespondent für
Le Figaro und Le Temps arbeitete, erhielt
er 2001 den Albert-Londres-Preis. Später
wurde er stellvertretender Chefredaktor
des Temps. Im Jahr 2005, während er bei
LʼHebdo war, gründete er den Bondy Blog
als Stimme der Banlieue. Serge ist Autor
mehrerer Bücher über Iran, Irak, Afghanistan
und über die Chinesen in Afrika.
7
Franziska Ryser, Grüne St. Gallen,
vorn Mitte, und Valentine Python,
Grüne Waadt, auf dem Einführungstag
für neue Parlamentarier*innen
im Bundeshaus. Dahinter: Marionna
Schlatter-Schmid, Grüne Zürich, und
Christine Badertscher, Grüne Bern,
in grüner Jacke: Manuela Weichelt-
Picard, Grüne Zug.
Die Stützen und die Gegner der Gewerkschaften in den Räten
Was wir vom jüngeren und weiblicheren Parlament erwarten
Invasiver Lobbyismus und «Parlamentariershopping»
Interessenbindungen werden offengelegt oder halt nicht
Dossier 9
Unsere
Neuen im
Parlament
10 Dossier
«Die Zukunft wird zeigen, wo das
neue Parlament seine Werte hat»
syndicom-Präsident Daniel Münger spricht
über die Rolle der Frauen in den Gewerkschaften
und die Themen, für die syndicom sich
mit dem neuen Parlament einsetzen wird.
Interview: Sylvie Fischer
Bilder: Yoshiko Kusano
Daniel Münger, was denkst du als Präsident von syndicom
von diesem neuen Parlament? Sind die Gewerkschaften
mit mehr Grünen und Frauen besser dran?
Die Umverteilung, der Umbau unserer Wirtschaft, die
digitale Zukunft und die sozialen Herausforderungen
sind eine Frage der Werthaltung. Die Zukunft wird uns
zeigen, wo das neue Parlament seine Werte haben wird.
Corrado Pardini und Adrian Wüthrich (SP, BE) müssen
gehen, aber viele Frauen stehen jetzt für die Haltung der
Gewerkschaften: Tamara Funiciello aus der Unia, Samira
Marti (SP, BL), Präsidentin VPOD Region Basel, Edith
Graf-Litscher (SP, TG), Sekretärin SEV, oder Katharina
Prelicz-Huber (GPS, ZH), Präsidentin VPOD und Mitglied
des Präsidialausschusses des SGB. Ist es jetzt Zeit, dass
die Frauen auch in den Gewerkschaften eine grössere
Rolle spielen?
Die Frauen spielen in den Gewerkschaften schon lange
eine bedeutende Rolle, und dies zu Recht. In politischen
Kernthemen, wie zum Beispiel dem Lohnschutz bei den
bilateralen Verträgen, sind wir auf ihre starken Stimmen
angewiesen.
Man muss auch die wiedergewählten Barbara Gysi und
Irène Kälin dazuzählen, die die Gewerkschaftsbünde
von St. Gallen und Aargau präsidieren. Werden gewisse
Themen mehr debattiert mit diesem grösseren Frauenanteil?
Welche? Unterstützt syndicom diese Projekte?
Es ist zu hoffen, dass Themen wie Gleichstellung, Vereinbarkeit
von Familie und Beruf, die Rentenfrage, um
nur ein paar zu nennen, in Zukunft einen deutlich höheren
Stellenwert geniessen werden. syndicom steht für
diese Themen und setzt sich dafür ein.
Wird sich syndicom mehr für die Klimafrage engagieren?
Und wie?
syndicom wird sich mit aller Kraft für einen Umbau unserer
Wirtschaft und Gesellschaft einsetzen. Dabei wird
entscheidend sein, dass die Zeche für den ökologischen
Umbau nicht die Arbeitnehmenden zahlen.
Wir werden
nicht müde,
für gleichen
und guten Lohn
zu kämpfen.
Die Bremsen
Auf Platz 1 der Gegner der Gewerkschaftspolitik in der
Schweiz bleibt natürlich die SVP. Man erinnere sich an ihr
fragwürdiges Kampagnenplakat für die Wahlen im Herbst.
Darauf wurde ein Apfel von Würmern ausgehöhlt, die ihre
politischen Gegner darstellten. «Sollen Linke und Nette die
Schweiz zerstören?», war darauf zu lesen. Seine politischen
Gegner als Ungeziefer abzubilden, erinnert an die von Nazi-
Deutschland verwendete Propaganda zur Entmenschlichung
der Jüdinnen und Juden. Nationalrat Albert Rösti aber erklärte,
das Sujet wolle die Gefahren für das Land zeigen, beispielsweise
die «Klima hysterie» und das Rahmenabkommen
mit der EU. Es sei daran erinnert, dass die Gewerkschaften
das Rahmenabkommen in der aktuellen Form ablehnen.
Für sie sind die flankierenden Massnahmen eine rote Linie,
die nicht überschritten werden darf.
Bei bestimmten Arbeitgebern und den rechten Parteien
gebe es heute starke Tendenzen, überhaupt nicht mehr
mit den Sozialpartnern zu verhandeln, warnt SGB-Präsident
Pierre-Yves Maillard. Zur Zeitung work sagte er, die SVP-
National rätin Magdalena Martullo-Blocher habe dies vorgespurt.
2017 habe sie sich öffentlich gegen Mindestlöhne,
gegen Gesamtarbeits verträge und gegen den Lohnschutz bei
den flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit
ausgesprochen. In ihrer Sicht hätten diese Massnahmen den
Gewerkschaften «unverhältnismässig viel Macht» verliehen.
Damit, so Pierre-Yves Maillard weiter, träten einige SVP-Mitglieder
die alten Schweizer Prinzipien mit Füssen, die von den
Bürgerlichen selbst stammen: Die sozialen Fortschritte sollen
nicht im Gesetz, sondern in der Sozialpartnerschaft geregelt
werden, hätten diese immer gesagt.
Der SVP-Nationalrat Thomas Aeschi ging noch weiter und
kritisierte die Sozialpartnerschaft als Ganzes. Arbeitgeberverbände
wie Gewerkschaften würden sich auf dem Rücken
der Arbeitgeber und der Angestellten bereichern, indem sie
immer neue Gesamtarbeitsverträge abschliessen.
Der SVP-Initiative gegen die Personenfreizügigkeit tritt die
Unia mit aller Macht entgegen. Sie sieht darin einen Angriff
auf die flankierenden Massnahmen. Die Initiative schwächt
den Lohnschutz und unsere Gesamtarbeitsverträge und
stempelt alle ohne Schweizer Pass zu Sündenböcken, meinen
die Unia-Delegierten.
Auch bei neuen Nationalräten wie etwa beim SVP-Mann
Jean-Pierre Gallati (AG) wird die Tendenz deutlich, die unternehmerische
Freiheit gegen die staatliche Förderung in
Stellung zu bringen (diesmal im Falle der Medien). Auch hier
in klarer Gegnerschaft zu gewerkschaftlichen Positionen.
Adrian Wüthrich, Alt-Nationalrat (SP, Bern),
Thomas Hardegger, Alt-Nationalrat (SP, ZH),
Katharina Prelicz- Huber, Nationalrätin (Grüne, ZH),
Martin Naef, Alt-Nationalrat (SP, ZH),
Claude Janiak, Alt-Ständerat (SP, BL).
Sind die sehr niedrigen Frauenrenten in der zweiten Säule
und der AHV ebenfalls ein Kampfthema für syndicom?
Und wie will syndicom den Kampf gewinnen?
Die Rentenfrage ist Kernthema für uns Gewerkschaften.
Die am Kongress des SGB beschlossene Lancierung einer
13. AHV-Rente und die damit verbundene Stärkung der
ersten Säule sind ein Schritt in diese Richtung. Die Gewerkschaften
werden nie aufhören, für gute Renten zu
kämpfen.
Am 14. Juni haben die Frauen auch ihre zu niedrigen
Löhne thematisiert. Wie wird sich syndicom dafür engagieren?
syndicom thematisiert seit Jahren bei unseren Sozialpartnern
die Lohngleichheit. Dies hat in unseren GAV zu
einigen Erfolgen geführt. syndicom wird nicht müde
werden, nicht nur die Lohngleichheit, sondern alle niedrigen
Löhne zu thematisieren und für diese den gewerkschaftlichen
Kampf zu führen.
Was werden in dieser Legislaturperiode der Räte, etwa
bis 2023, die wichtigsten Themen für syndicom sein?
Unsere Legislatur bei syndicom geht bis zum nächsten
Kongress im 2021. Unsere Themen, was syndicom intern
angeht, sind die Mitgliederentwicklung, das finanzielle
Gleichgewicht, unser Vertrauensleutenetz. Im gewerkschaftspolitischen
Bereich stehen viele Herausforderungen
an, etwa die bilateralen Verträge mit der EU und der
damit verbundene Lohnschutz, der Service public, die
Digitalisierung, die Arbeitszeitverkürzung oder die Weiterentwicklung
unserer Vertragswerke.
Wie wichtig ist es, dass nun SGB-Präsident Pierre-Yves
Maillard und der Walliser Mathias Reynard (SP), Präsident
des Walliser Gewerkschaftsbundes, im Nationalrat
unsere Themen unterstützen können?
Je stärker die gewerkschaftliche Stimme im Parlament
hörbar ist, desto besser für uns. Insbesondere wenn es
um die flankierenden Massnahmen zu den bilateralen
Verträgen, den Service public, die Rentenfrage, aber
auch um die digitale Zukunft der Schweiz geht.
Die Verteidigung des Service public hält uns auch bei der
Post in Atem. Welche Parlamentarier*innen sind für syndicom
hier hilfreich und welche stehen auf der Bremse?
Der Service public ist nicht nur eine Frage bei der Post.
Die Politik ist gefordert, für unsere Gesellschaft einen
modernen, zukunftsgerichteten Service public im Lande
zu formen. syndicom hat dies längst erkannt und an unserem
letzten Kongress mit Forderungen untermauert.
Diese Forderungen dienen europaweit als gewerkschaftliches
Vorbild für einen modernen Service public im
digita len Zeitalter. Dabei gilt es vor allem, die immer
noch bestehenden Liberalisierungs- und Deregulierungstendenzen
zu stoppen und das Parlament mit unseren
Forderungen zu überzeugen.
Ein Grüner oder eine Grüne im Bundesrat.
Was denkt syndicom darüber?
syndicom hat dieses Thema in seinen Gremien noch
nicht diskutiert. Meine Meinung ist, dass der Bundesrat
die politischen Stärken im Parlament abbilden soll.
«Die Arbeitenden
sollen nicht die Zeche
für den ökologischen
Umbau zahlen»
Daniel Münger
12 Dossier
Die Stützen
Eine Wahl der Rekorde: Noch nie hat eine Partei auf einen
Schlag 17 Sitze hinzugewonnen, wie es die Grünen im
Nationalrat taten. Neu kommen sie auf 28 Mandate.
Die Grünliberalen haben 16 Sitze. Und noch nie hat eine Partei
12 Sitze auf einmal verloren, wie jetzt die SVP. Nach Klimademos
und Frauen streik ist die schweizerische Politlandschaft
volatil wie nie zuvor. 58 Sitze haben die Partei gewechselt,
ein Rekord!
Der Nationalrat bleibt allerdings bürgerlich dominiert. SVP
(25,6 %), FDP (15,1 %) und CVP (11,4 %) zusammen bleiben stärker
als Grüne und SP, welche Federn lassen musste (16,8 %).
Für die Neugewählten bedeutet dies, dass sie Allianzen bilden
müssen, um politische Kämpfe zu gewinnen. Das trifft sich
gut. Denn der SGB hat zwar die Nichtwiederwahl von Corrado
Pardini (SP, BE), Mitglied der Geschäftsleitung der Unia, zu
bedauern, einer «hochkarätigen Persönlichkeit mit ausgezeichnetem
Leistungsausweis». Dafür werden sich zwei
Romands, weit über die Parteigrenzen hinaus beliebte Wahl -
Lokomotiven, im Parlament für die gewerkschaftlichen Anliegen
einsetzen. Pierre-Yves Maillard (SP, VD) zum einen, der
SGB-Präsident, der massgeblich zum Kompromiss zwischen
Arbeitgebern (SAV) und Gewerkschaften (SGB, Travail.Suisse)
für die zweite Säule beigetragen hat: Erreicht wurde, dass
der Senkung des Umwandlungssatzes auf 6 % eine bessere
Absicherung der Teilzeitangestellten und geringere Beiträge
bei den Seniorinnen und Senioren gegenübergestellt werden.
Zum anderen Mathias Reynard, Präsident des Walliser
Gewerkschaftsbundes, der sich stark engagiert für die Geschlechtergleichstellung,
die Arbeitsbedingungen der Angestellten
und die Verteidigung des Service public (Post, öffentlicher
Verkehr) sowie im Kampf gegen Homophobie.
Eine Verbindung zu den Arbeitnehmerorganisationen sichern
bei den Frauen neben Tamara Funiciello, Feministin und
frühere Unia-Gewerkschaftssekretärin (siehe Seite 22 dieser
Ausgabe), auch die Präsidentin des VPOD Basel, Samira Marti
(SP, BL), zu deren politischen Schwerpunkten soziale Gerechtigkeit
und Feminismus gehören, sowie Edith Graf-Litscher
(SP, TH), Sekretärin des SEV, die sich insbesondere für den
Service public im Verkehrsbereich engagiert. Für Katharina
Prelicz-Huber (Grüne, ZH), VPOD-Präsidentin und Mitglied des
Präsidialausschusses des SGB, zeigt die Wahl in den Nationalrat,
dass die progressiven, linken Kräfte zugelegt haben und
damit die Stimme der Arbeitnehmenden im Parlament stärker
geworden ist. Auch sie setzt sich für eine Reform der Altersvorsorge
ein, von der insbesondere Frauen profitieren können.
Die Löhne müssen vor allem in bestimmten «Frauenberufen»
aufgewertet werden. Der Grüne Fabien Fivaz (NE), der sich auf
kantonaler Ebene besonders für die Erhaltung der Sozialpartnerschaft
im öffentlichen Dienst eingesetzt hat, könnte
eine wertvolle Verstärkung werden. So auch die beiden auf
Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte Christian Dandrès (SP,
GE) und Baptiste Hurni (SP, NE).
Unter den Wiedergewählten sind Barbara Gysi (SP, SG),
Präsidentin des Gewerkschaftsbundes St. Gallen und Verfechterin
der Lohngleichheit und einer besseren Anerkennung der
Care-Arbeit, und Irène Kälin (Grüne, AG), Präsidentin von
« Arbeit Aargau». Sie kämpft für Elternzeit, eine Digitalisierung,
die die Menschen mitnimmt und mit ihnen ausgestaltet wird,
und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Im Ständerat schliesslich wurde Paul Rechsteiner (SP, SG),
ehemaliger SGB-Präsident, wiedergewählt, der sich in sozialen
Kämpfen, aber auch für den Lohn- und Rentenschutz und
tragbare Krankenkassenprämien engagiert. Für eine Sensation
sorgte Marina Carobbio (SP, TI), deren Vater, Werner
Carobbio, ein Urgestein der Tessiner Linken ist. Sie wird die
erste Frau und erste Sozialdemokratin für das Tessin im
Stände rat.
Pierre-Yves Maillard,
Präsident des SGB und
Nationalrat (SP, VD),
und Paul Rechsteiner,
früherer Präsident des
SGB und weiter Ständerat
(SP, SG).
Dossier
Einblicke in die Dunkelkammer:
So regiert das Kapital die Politik
13
Ist es schon Korruption? Oder noch
Lobbyismus? Die Schweiz braucht dringend
griffige Regeln für die Politikfinanzierung.
Text: Oliver Fahrni
Bilder: Yoshiko Kusano
Das neue Parlament ist bestellt. Nun hat, am frühen
Abend des 20. Oktober, die Jagdsaison der Lobbyisten
begon nen. Sie nennen es «Parlamentariershopping»:
68 Neugewählte müssen auf die Interessen und Wünsche
von Banken, Konzernen und Verbänden eingeschworen
werden, die Wiedergewählten gilt es bei der Stange zu
halten.
Seither wird eifrig getafelt und diniert, möglichst
diskret. Netzwerke müssen neu geordnet werden. Dossiers
über geeignete Kandidat*innen lagen längst bereit,
etwa beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, der
in seiner Parlamentariergruppe zuletzt mehr als die Hälfte
der gewählten eidgenössischen «Volksvertreter*innen»
steuerte. In Verwaltungsräten werden Sessel für die
Politikerinnen und Politiker bereitgestellt, manche fett
honoriert. Und ist es kein VR-Mandat, tut es auch ein
Beratervertrag.
3274 Mandate diverser Art hat die unabhängige Organisation
Lobbywatch.ch für die 246 National- und Ständeräte
und -rätinnen gezählt (in der alten Zusammensetzung).
In Wahrheit dürften es deutlich mehr sein, denn
die Zahl stützt sich auf die Selbstdeklaration der Gewählten.
Nur wird die nicht kontrolliert. So berichtete der «Beobachter»
2018 etwa, dass der BDP-Politiker Lorenz Hess
nur 9 seiner 21 Mandate offengelegt habe – verschwiegen
habe er unter anderem seine Rolle im Versicherungskonzern
Visana, die immerhin mit weit über 100 000 Franken
bezahlt sei.
Der Parlamentarier ist der bessere Lobbyist
Kein Zweifel möglich: Der Schweizer Politikbetrieb ist gut
geschmiert. Hunderte von Einflussagenten verfügen über
ausreichend Mittel, die Gunst der Gewählten mit Zuwendungen
zu vergelten, mit Geld, Honoraren für reale und
fiktive Beratungen, Reisen und Spesen, mit Krediten und
anderen Vorteilen.
Gut geschmiert und bestens organisiert. Ein SVP-
Parlamentsneuling erzählt beim Kaffee im Berner Hotel
Belle vue, wie ein Parteikollege und ein Versicherungslobbyist
ihn und andere Frischlinge gedrängt haben, auch
für die nächsten Jahre einer versicherungsfreundlichen
Zusammensetzung der Kommission für soziale Sicherheit
und Gesundheit (SGK), eine Domäne der SVP, zuzustimmen.
Die Kommissionen sind das Herz der Schweizer Politik.
Was dort in nicht-öffentlichen Sitzungen an Gesetzen
und Bestimmungen fixiert wird, gilt. Manchmal ändert
das Ratsplenum noch Nuancen, doch nur selten stösst ein
Rat um, was eine Kommission vorgespurt hat. Dafür
sorgen allein schon der Druck der Lobbyisten und die
informellen Absprachen hinter den Kulissen in «Interessengemeinschaften»,
«Aktionskreisen» und «Reflexionsgruppen».
Die SGK ist, neben der Kommission für Wirtschaft und
Abgaben (WAK), nicht nur ein besonders wichtiges
Gremium für den Alltag und die soziale Sicherheit der
Nationalrätin Regula Rytz
(Grüne, Bern) und
Ständerätin Céline Vara
(Grüne, Neuenburg).
Bürger*innen, sie ist auch ein krasser Fall: 2015–2019 waren
in der SGK Ständerat Kommissionsmitglieder mit einem
direkten Mandat aus der Versicherungsbranche gar
in der absoluten Mehrheit, wie Martin Hilti, der Geschäftsführer
von Transparency International in der Schweiz,
festhält. Transparency, eine Nichtregierungs organisation,
kämpft weltweit gegen die Korruption.
Was Wunder, haben die Versicherungskonzerne freie
Fahrt für den Abriss an den Sozialversicherungen zugunsten
der privaten Versicherungen, exorbitante Prämienexplosionen
und einiges mehr. Der Wille der Bürger*innen
spielt keine Rolle mehr, denn es hat sich eingestellt,
was der freisinnige Appenzeller Ständerat Andrea Caroni
erfreut als «Verschmelzung von Parlamentarier und
Lobby ist» beschreibt.
Am 20. Oktober
hat die Jagdzeit
der Lobbyisten
begonnen.
14
Dossier
Ist das noch Lobbyismus
oder ist es schon Korruption?
Das hässliche Wort Korruption
Geld regiert – und dies ungebremst, in der Schweiz. Das
gilt für das Parlament, das gilt für die Parteienfinanzierung,
das gilt für Wahlen und Abstimmungskämpfe. Als
«einziges Land Europas hat die Schweiz auf nationaler
Ebene die Politikfinanzierung nicht reguliert», sagt Korruptionsexperte
Hilti. Er erkennt darin ein «eklatantes
Demokratie defizit».
Zwar haben Sozialdemokraten, Linke und Grüne mit
Vorstössen immer wieder versucht, Transparenz, Fairness
und Demokratie herzustellen, doch die bürgerlichen
Parlamentarier*innen schmettern das regelmässig ab. Sie
haben dafür gesorgt, dass der Einfluss der Lobbys im vergangenen
Jahrzehnt sogar stark zugenommen hat. Ihre
Kungelei ist schlicht zu profitabel.
Gerne schieben die Bürgerlichen die Schutzbehauptung
von der direkten Demokratie vor: Mit Geld lasse sich
kein Sitz im Parlament und keine Abstimmung kaufen.
Studien belegen jedoch in Dutzenden von Fällen den Zusammenhang
zwischen eingesetzten Mitteln und Resultat,
und allein schon der massive Einsatz von Geld durch
die Konzerne und ihre Lobbys widerspricht dieser These.
Im Auftrag des SP-Nationalrates Cédric Wermuth haben
zwei Journalisten, finanziert durch ein Crowdfunding,
die Geldflüsse genauer recherchiert («Lobbyreport
2019»): Allein aus den Branchen Versicherungen/Krankenkassen
und Banken/Finanz konnten sie Zuwendungen
von 26 Millionen Franken an Parlamentarier*innen nachweisen
– 96 Prozent davon gingen an Vertreter*innen von
SVP, FDP und CVP. Manche Räte und Rätinnen häufen dabei
bis 30 Verwaltungsratsmandate auf. Modellrechnungen
zeigen, dass für die Periode 2015–2019 leicht eine
halbe Milliarde Franken aus der Wirtschaft an die Politiker*innen
geflossen sein könnten. Ohne die teuren Abstimmungskampagnen
einzurechnen.
Ist das nun schon Korruption oder ist es noch Lobbyismus?
Dass gesellschaftliche Gruppen sich für ihre Interessen
einsetzen, ist eine Grundlage der Demokratie. Aber
diese Geldflüsse und alle anderen eingesetzten Mittel
müssen für sämtliche Bürger*innen offen einsehbar sein.
Und verbindliche Regeln sollten dafür sorgen, dass die
Interessen gruppen über in etwa gleich lange Spiesse verfügen.
Vom Nutzen des legalen Fussabdruckes
Diese Geldflüsse
müssen für alle
einsehbar sein
Zu Beginn des Jahres hat Transparency «Das Lobbying in
der Schweiz» durchleuchtet («Verdeckter Einfluss. Heikle
Verflechtungen. Privilegierter Zugang»: Transparency.ch,
unter Publikationen). Die Korruptionsbekämpfer formulieren
10 dringende Verbesserungsmassnahmen für ein
legitimes Lobbying in der Schweiz. Darunter Offenlegungspflichten
und entsprechende Register und Kontrollen.
Ausgewogene Kommissionen und Gremien. Und transparente
politische Prozesse. Martin Hilti: «Im gesetzgeberischen
Prozess sind nur zwei Phasen des Lobbyings transparent:
die Vernehmlassung und die Debatten in den
Rats plenen. Aber die Öffentlichkeit sollte den gesamten
legislativen Fussabdruck, also alle Einflussnahmen während
dem ganzen Prozess kennen.»
Tatsächlich finden entscheidende Momente der Gesetzgebung
und der Bundesratsbeschlüsse in einer Art
Dunkelkammer statt, wo Verwaltung, Lobbys und Politiker*innen
mauscheln. Interessengruppen schreiben
manchmal ganze Gesetzestexte oder schrauben an ihnen
herum – und niemand erfährt davon. So geschehen beispielsweise
mit der Unternehmenssteuerreform II, die
durch die Eingriffe von Treuhand-Lobbyisten zum
Milliarden beschiss wurde. Und die Lobby-Politiker*innen
peitschen dies dann durch die Kommissionen.
Das Stimmvolk könnte bald Licht in die Dunkelkammer
bringen. Im Dezember kam die Volksinitiative
für Transparenz in der Politikfinanzierung ins Parlament.
Vor dem Volk wird sie gute Chancen haben.
Transparency.ch
Volksinitiative: Transparenz-ja.ch
Fotostrecke
Die Berner Fotografin Yoshiko Kusano ist seit 2000 im Bundeshaus
akkreditiert und verfolgt das Geschehen unter der
Kuppel. Sie hat dieses Dossier bebildert, mit Fotos vom Einführungstag
für neue Parlamentarier*innen, Momentaufnahmen
im Café des Alpes im Bundeshaus und draussen sowie
von der Pressekonferenz der Grünen, an der die Bundesratskandidatur
von Regula Rytz bekannt gegeben wurde.
Yoshiko Kusanos Bilder wurden mehrmals am Fotopreis des
Kantons Bern ausgestellt. Nach einer Lehre im Atelier von
Guy Jost in Bern ist sie als Freischaffende für diverse Medien
und Agenturen im In- und Ausland tätig. Die Leser*innen des
syndicom-Magazins kennen sie von ihren Porträts und Reportagefotos,
in denen sich ihre Sensibilität, ihr Interesse
für Menschen und schöne Bildgestaltungen zeigen.
2019 brachte sie Fotografinnen aus der ganzen Schweiz zu
einer gemeinsamen Arbeit über den Frauenstreik zusammen.
yoshikokusano.com
Das Parlament: grüner, jünger, weiblicher
Parteistärken im Nationalrat 2019
Angaben in Prozent
FDP 15,1 %
SP 16,8 %
GPS 13,2 %
CVP 11,4 %
SVP 25,6 %
Quelle: bfs.admin.ch
glp 7,8 %
Sonstige 4,5 %
BDP 2,5 %
EVP 2,1 %
EDU 1 %
45,1 %
Wahlbeteiligung
Durchschnittsalter der 200 Nationalratsmitglieder
Wahlbeteiligung tiefer als in den vergangenen Jahren
2007
2011
2015 2019 2007 2011 2015 2019
51,4 50,2 50,3 49 48,3 % 48,5 % 48,41 % 45,1 %
Quelle: sda
Quelle: Bundesamt für Statistik, gfs.bern
Die Jüngsten 2019
GPS
44,8 Jahre
Ständerat Mandatsverteilung und
Veränderung zu 2015
Lega
SP
glp
45 Jahre
47,1 Jahre
48 Jahre
GPS
SP
5
9
+4
–3
Quelle: sda
CVP
0
So viele Frauen im Nationalrat wie noch nie
13
2019
FDP
–3
2011
2015
12
29 %
32 %
42 %
SVP
Sonstige
1
6
+1
–1
Quelle: bfs.admin.ch
Quelle: bfs.admin.ch
Frauenanteil in der Volkskammer des Parlaments
Wahlen 2019, in Prozent
15
42 %
6
47,4 %
2
53,2 %
1
61,3 %
3
53,1 %
19
39,7 %
Schweiz
Quelle: Interparlamentarische Union
Spanien
Kuba Ruanda Bolivien Frankreich
16
Eine bessere
Arbeitswelt
Flexibilität muss
entschädigt werden
Die Uhr im Kopf:
Angestellten
wird es schwer
gemacht, ihre
arbeitsfreie Zeit
zu organisieren.
(© Elnur Amikishiyev)
Du wirst kurzfristig in eine andere
Schicht versetzt. Du wirst am Vorabend
für einen Einsatz am nächsten
Tag angefragt und sagst aus Loyalität
zur Arbeitskollegin Ja. Statt der vereinbarten
zwei Samstage im Monat
machst du «ausserordentlicherweise»
drei. Die WhatsApp-Nachricht deines
Chefs kommt am Morgen früh vor
Dienstantritt. Jede*r kennt diese
Situationen, es wird allmählich zur
Normalität. Arbeitgeber verlangen immer
mehr Flexibilität. Die Arbeitnehmenden
können ihre freie Zeit kaum
mehr vernünftig planen und ihre
Erholung wird beeinträchtigt. Doch
müssen wir dies einfach hinnehmen,
flexibel sein, weil es dem Zeitgeist entspricht?
Nein. Denn unsere Flexibilität
dient dem Arbeitgeber. Er spart
damit Geld. Im Fachjargon heisst das
Opportunitätskosten. Und diese Kosten
dürfen nicht allein auf Arbeitnehmende
abgewälzt werden. Dafür müssen
sich die Gewerkschaften einsetzen,
sei es auf gesetz licher Ebene oder über
die Sozialpartnerschaft. Flexibilität
muss entschädigt werden, sie muss
etwas kosten.
Matthias Loosli
syndicom gehört ins
Parlament
In den nächsten vier Jahren wird sich
weisen, wie stark sich die grün-feministische
Verschiebung auf die Entscheide
des neuen Parlaments auswirken
wird. Denn die Mehrheiten
haben sich nicht wesentlich verändert.
Die bürgerlichen Parteien dominieren
nach wie vor in beiden Räten.
syndicom hat bei diesen Wahlen
wichtige Bezugspunkte verloren, nicht
nur im linken Lager. Die «Verlängerung
der Werkbank» ins Parlament ist
mit diesen Wahlen geschwächt worden.
Weshalb? Ein Grund ist hausgemacht;
denn vor vielen Jahren haben
unsere Delegierten entschieden, nicht
aktiv eine eigene politische Präsenz
im Parlament aufzubauen. Ein Fehler,
der korrigiert werden muss. Als Gewerkschaft
des Service public können
wir es uns nicht leisten, im Parlament
keine Vertretung zu haben.
Der Umbruch bei Post und Swisscom
ist nicht nur vom Marktumfeld
und von der Technologie getrieben,
sondern auch von den bundesrätlichen
Zielen. syndicom ist durch die
starke Stellung bei der Swisscom und
der Post auf eine starke politische Vertretung
und Vernetzung im Parlament
angewiesen. Wir dürfen es nicht mehr
dem Zufall überlassen, ob wir auf dem
politischen Parkett in Bern vertreten
sind. Denn wir sind es unseren Mitgliedern
schuldig, direkt mit zu beeinflussen,
in welche Richtung sich der
Service public und damit die Post und
die Swisscom entwickeln.
Giorgio Pardini, Leiter Sektor ICT und
Mitglied der Geschäftsleitung
«Verbindliche Regeln zur Nutzung der KI bei gleichzeitiger
Minimierung der damit verbundenen Risiken» Aus der KI-Resolution von syndicom
17
Künstliche Intelligenz für
die Menschen
Die syndicom-Mitglieder im Sektor ICT haben am
1. November zum Abschluss einer nationalen Konferenz
eine Resolution zu Künstlicher Intelligenz (KI) verabschiedet.
Potenzial für den gesellschaftlichen
Fortschritt
An der Konferenz zum Thema «Künstliche
Intelligenz und Ethik» beleuchteten
die eingeladenen Redner*innen
verschiedene Aspekte im Zusammenhang
mit KI: Gender, Datenschutz,
Menschenrechte und Ethik sowie entsprechende
Anwendungen. Aufbauend
auf Erkenntnissen auch dieser
Referate, konnte der Sektor ICT Positionen
zu Künstlicher Intelligenz festlegen.
Wir anerkennen das Potenzial von
KI für den gesellschaftlichen Fortschritt,
sofern die Technologie zugunsten
der Menschen eingesetzt
wird. Deshalb wollen wir uns auch aktiv
am gesellschaftlichen Diskurs beteiligen
– damit das Wohlergehen der
Menschen im Vordergrund steht.
Chance für die Arbeitszeitreduktion
Das Zusammenspiel zwischen Mensch
und KI-Systemen birgt die Chance,
das Verhältnis der Lebensbereiche zueinander
neu zu denken und zu gestalten,
dies besonders in Verbindung mit
einer bedeutenden Arbeitszeitreduktion
ohne Einkommenseinbusse. Damit
die Chancen genützt und gleichzeitig
die Risiken im Zusammenhang
mit KI minimiert werden können, will
syndicom die Entwicklung und Anwendung
von KI verbindlich regeln.
Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie
schützen
Wir fordern in der Resolution, dass
Freiheits- und Menschenrechte sowie
rechtsstaatliche und demokratische
Prinzipien geschützt werden müssen.
Bei der Entwicklung von KI-Systemen
soll die Diversität der Entwickelnden
geachtet und gefördert werden. Zudem
soll beim Design, bei der Entwicklung
und Einführung sowie beim
Einsatz von KI-Systemen die ethische
und soziale Verantwortung wahrgenommen
werden. KI-Systeme sollen
transparent, verständlich, erklärbar
und als solche erkennbar sein.
Wenn KI-Systeme Menschen betreffen,
sollen die Betroffenen das
Vortrag auf der nationalen syndicom-Konferenz
zur Künstlichen Intelligenz. (© syndicom)
Recht haben, diese Entscheide anzufechten
und durch einen Menschen
prüfen zu lassen. Waffen, die auf
KI-Systemen basieren, sind zu verbieten.
Politische Forderungen
Die Datenpolitik der Schweiz muss
wirksame Regeln für die Datensicherheit,
den Datenschutz und den Schutz
der Privatsphäre enthalten. Um die
Mitbestimmung aller Arbeitenden in
Bezug auf KI-Systeme und die Datenverarbeitung
sicherzustellen, müssen
entsprechende Personalvertretungen
gebildet und mit wirksamen Mitbestimmungsrechten
ausgestattet werden.
Daniel Hügli
Unsere Resolution und mehr Infos (frz.):
Bit.ly/35KF5XZ
Weltkonferenz der
grafischen Industrie
und Verpackung
Vom 21. bis 25. Oktober fand in Toledo
(Spanien) die Konferenz von UNI
Global Graphical & Packaging statt,
dabei war auch syndicom. Rund
hundert Gewerkschafter*innen aus
42 Ländern kamen unter dem Motto
«Unsere Gewerkschaft kämpft!» zusammen.
Die Branche
Seit Jahren befindet sich die Branche
in einem tiefgreifenden technologischen
Wandel. Das E-Book hat sich
dennoch nicht durchgesetzt. Global
gesehen unterscheiden sich die grafischen
Industrien der einzelnen Länder
nicht stark. Der Zeitungsdruck ist
rückläufig, während sich der Bereich
Verpackungen, speziell Kartonagen,
dank dem Online-Handel positiv entwickelt.
Auch bei den Tissue-Erzeugnissen
(WC- und Haushaltspapier,
Reinigungs- und Taschen tücher) gibt
es Wachstum. Beherrscht wird die
Branche von multinationalen Konzernen:
Amcor, Westrock, Smurfit Kappa,
Sofidel, Kimberly Clark, DS Smith
werden von vielen Teilnehmenden erwähnt.
Politik und Arbeitsbedingungen
Beunruhigend ist die Politik der
Trumps, Bolsonaros, Orbans, Salvinis
und ähnlicher Entscheidungsträger,
wie auch die Situation in der Türkei, in
Syrien und in Chile. Die wiedergewählte
Präsidentin von UNI Global, Joaquina
Rodriguez, erklärte, dass wir
uns nicht nur für unsere Arbeitsbedingungen,
sondern auch für eine solidarischere
Welt einsetzen müssen.
Der Kampf für die Rechte der Arbeitnehmenden
ist besonders hart
etwa in Indonesien, Brasilien, Senegal
oder Côte d’Ivoire. In diesen Ländern
sind Arbeitnehmerrechte inexistent
oder es fehlen die Ressourcen, um sie
zu verbessern. Dennoch kämpfen alle
mit grosser Entschlossenheit. In Kolumbien
werden jährlich 150 Gewerkschafter
getötet. In Polen werden die
Gewerkschaften wieder aufgebaut,
ausgehend von den grossen Multis.
Aus England kam die Warnung, dass
bestehende Gesamtarbeitsverträge
un be dingt verteidigt werden müssen,
da es dort aufgrund der Politik fast keine
mehr gibt. Und wenn man an die
Schweiz denkt, stellt sich die Frage:
Muss man erst den Tiefpunkt erreichen,
bevor die Leute reagieren?
Angelo Zanetti
Zentralsekretär Medien
uniglobalunion.org
18 Arbeitswelt
«Ich will schon kooperativ sein.
Aber die Grenzen sind eigentlich überschritten.» Karin Steinmann
Einseitige Flexibilität
akzeptieren wir nicht
Matteo Antonini ist Leiter des Sektors Logistik und
Mitglied der syndicom-Geschäftsleitung
Die Post verlangt von ihren Angestellten
je länger, je mehr Flexibilität. Eine
Umfrage bei PostMail zeigte letztes
Jahr: Bei drei von vier Personen entspricht
die Einsatzplanung nicht
ihrem Arbeitspensum. Sie werden
häufiger eingesetzt, und jede*r Vierte
erhält den Arbeitsplan erst eine Woche
im Voraus. Das betrifft primär
Teilzeit-Angestellte, häufig Frauen.
Die einseitig abverlangte, unentschädigte
Flexibilität wirkt sich negativ auf
das Privatleben der Angestellten aus,
und zwar physisch und psychisch.
Deshalb muss es unser Ziel sein, dass
Flexibilität entschädigt wird.
syndicom verständigte sich mit
den Verantwortlichen von PostMail
auf einen standardisierten Prozess, in
dem die Bedürfnisse der Teilzeit-Angestellten
nach freien Tagen erhoben
werden. So ein Mechanismus löst
nicht die ganze Problematik der einseitig
abverlangten Flexibilität, er ist
nur ein Puzzle stein. In den laufenden
GAV-Verhandlungen fordern wir, dass
der gezeichnete Prozess künftig für
alle Bereiche der Post gilt.
Die gewerkschaftliche Antwort auf
einseitig abverlangte Flexibilität ist
klar: Wer von den Angestellten Flexibilität
verlangt, muss dafür bezahlen.
Die Post muss Opportunitätskosten
selber tragen und darf sie nicht einfach
auf die Mitarbeitenden abwälzen.
Matteo Antonini
syndicom.ch/gavpost
«Ich muss flexibler sein,
auf Kosten meiner Freizeit»
Karin Steinmann ist Kundenberaterin bei PostNetz. Sie erzählt,
wie die Dienstplanung ihr Privatleben beeinflusst und dass
Loyalität unter den Arbeitskolleg*innen grossgeschrieben wird.
Wie sieht deine Arbeitswoche aus?
Mit einem Pensum von 80 % arbeite
ich Montag bis Freitag meistens von
10 bis 12 und von 14 bis 18 Uhr. Samstagseinsätze
gehören 2-mal pro Monat
dazu. Aber da muss ich flexibel bleiben.
Es kann schon vorkommen, dass
ich 3–4 Samstage hintereinander eingeplant
bin. So komme ich regelmässig
auf eine 6-Tage-Woche. Und den
fixen freien Tag, der mir als Teilzeitangestellte
zustehen sollte, gibt es nicht
mehr einfach so. Oder meine Arbeitskolleg*innen
müssten in die Bresche
springen – das will ich nicht, wir sind
loyal zueinander. Aber es hat sich
schon einiges verändert.
Was hat sich verändert?
Auf meiner Poststelle sind wir weniger
Personal. Auf meiner Poststelle wurde
vor einem Jahr eine 100 %-Stelle gänzlich
gestrichen. Wir müssen also flexibler
sein. Von anderen höre ich, dass
ihre Einsatzpläne fast täglich ändern.
Manchmal erfahren sie am Vorabend,
auf welcher Poststelle und zu welcher
Zeit sie am nächsten Tag arbeiten.
Man kontrolliert am Abend, wie der
Einsatz am Morgen sein wird. Auf die
Karin Steinmann, Kundenberaterin PostNetz
in Biel, seit 36 Jahren bei der Post,
alleinstehend mit zwei Kindern, arbeitet mit
einem 80 %-Pensum. (Bild zVg)
Einsatzplanung, die 2–3 Monate im
Voraus kommt, kann man sich kaum
verlassen. Das beobachte ich seit fünf
Jahren.
Was heisst das für dein Privatleben?
Die Planung meiner Freizeit, die Teilnahme
am sozialen Leben ist schwierig.
Ein Glück, sind meine Kinder
gross – ich kann mir kaum vorstellen,
wie das Eltern mit Betreuungsaufgaben
meistern. Bis zu einem gewissen
Grad will ich kooperativ sein. Aber die
Grenzen sind eigentlich überschritten.
Ich wollte eine Weiterbildung besuchen,
was ja vom Arbeitgeber erwünscht
wird, doch mit diesen
Arbeitseinsätzen ist das quasi unmöglich.
Wie erklärst du dir den Wandel?
Natürlich verändert sich die Gesellschaft.
Alles ist auf Abruf, vieles geschieht
elektronisch. Das verstehe ich.
Ich bin ja ein Teil dieser Entwicklung.
Das setzt die Post unter Druck. Doch
den Spardruck, gerade bei PostNetz,
baden häufig wir aus, indem von uns
mehr Flexibilität verlangt wird. Das
geht auf Kosten unserer Freizeit, der
Gesundheit und schlägt auch auf die
Motivation.
Was wünschst du dir?
Eigentlich mag ich meinen Beruf, den
Kundenkontakt, die Abwechslung –
ich bin seit vielen Jahren dabei. Doch
es scheint mir, dass meine Arbeit weniger
geschätzt wird. Wenn ich flexibler
sein muss, dann möchte ich auch
eine Gegenleistung dafür – aber die
sehe ich nicht. Ich empfinde diese
Entwicklung als sehr einseitig, und sie
geht zulasten der Angestellten.
Interview: Matthias Loosli
«Altersvorsorge für Selbständigerwerbende: Frische Ideen
vom neuen Parlament gefordert!» Michael Moser
19
Anständige Renten für
die kreativen Berufe
Rund um die Kampagne Was-ist-meine-Arbeit-wert.ch, die sich
mit dem Wert der Arbeit in der grafischen Branche befasst, hat
syndicom eine Umfrage über die Arbeits- und Einkommenssituation
bei selbständigerwerbenden Kreativen gestartet.
In dieser Umfrage fragt syndicom
auch ab, wie die Selbständigerwerbenden
für das Alter versichert sind. Die
Antworten sind alarmierend und erschreckend:
Gerade mal 24,5 % wissen,
wie hoch ihre Rente dereinst sein
wird, und nur 13,6 % sind überzeugt,
dass sie tatsächlich zum Leben reichen
wird. Nachfragen bei der Pensionskasse
Freelance von syndicom
bestäti gen, dass eine typische selbständige
Grafikerin zwischen 30 000
und 40 000 Franken Jahreseinkommen
bei der Pensionskasse versichert.
Dies ergibt im Pensionsalter zusammen
mit der AHV eine Rente zwischen
2372 und 2681 Franken – was nicht für
das Leben im Alter reicht und erst
recht nicht der Lohn für ein ganzes Berufsleben
sein darf.
Und das sind sogar noch diejenigen,
die überhaupt einzahlen können.
All jene, die sich die 12,5 % für Beiträge
an die 2. Säule gar nicht leisten können,
sitzen am Schluss sogar mit nur
einer 1431-fränkigen AHV-Rente da.
Das veraltete Rentensystem
braucht dringend neue Impulse
Warum ist so etwas 2019 also überhaupt
möglich? Warum ist unser Rentensystem
immer noch darauf ausgerichtet,
dass jemand sein ganzes
Leben zu 100 % angestellt ist, während
mit der Umgestaltung unserer Arbeitswelt,
dem Aufkommen von neuen Arbeitsformen
immer weniger Leute so
arbeiten können, selbst wenn sie es
wollten?
Hier sind dringend neue politische
Lösungen gesucht, und zwar sofort!
Schritte, die in die richtige Richtung
gegangen wären, nämlich Richtung
Stärkung der 1. Säule, wurden mit der
Alters vorsorge 2020 und vorher AHV+
abgelehnt. Die laufende Revision
AHV 21 enthält nichts, was die Situation
der Selbständigerwerbenden verbessern
würde. Mit dem jüngeren,
progressiveren und moderneren Parlament
besteht zumindest die Hoffnung,
dass das Bewusstsein für neue
Arbeitsformen verbreiteter sein wird.
Hoffen alleine ist ganz sicher nicht
genug. Ohne den Druck der Betroffenen
wird sich nichts verändern, so viel
ist klar. syndicom will darum 2020 mit
der Kampagne Was ist meine Arbeit
wert? einen ersten Schritt tun und gewerkschaftspolitische
Massnahmen
zugunsten der Grafikerinnen und Grafiker
und auch aller anderen Selbständigen
und Arbeitenden in neuen Arbeitsformen
ergreifen.
Michael Moser
Nicht mal 14 % der Selbständigen glauben, dass ihre Rente dereinst zum Leben reichen wird. (© Fotomelia)
Umfrage: Was-ist-meine-Arbeit-wert.ch
Info: syndicom.ch/wasistmeinearbeitwert
Appell der
Vierten Gewalt an
das Parlament
Unser politisches System baut auf der
Gewaltenteilung auf. Die Legislative
beschliesst Gesetze, die Exekutive
setzt sie um und die Judikative entscheidet
im Rechtsstreit. Dies verhindert,
dass die Macht bei einzelnen Personen
oder Institutionen konzentriert
wird: Gewaltenteilung soll dem Machtmissbrauch
einen Riegel schieben.
So viel zur Theorie. Um zu informieren,
wie die drei Behörden und die
Unternehmen funktionieren, braucht
jede demokratische Gesellschaft eine
vierte Gewalt: die Medien. Sie beobachten,
recherchieren, haken kritisch
nach. Sie sind die Wachhunde der
Demokratie. Können die Medien ihre
Funktion immer weniger ausüben,
weil die Stellen abgebaut werden, die
Honorare der Freien ins Bodenlose
sausen, die neuen Medien finanziell
kaum überleben, dann haben wir alle
ein Problem: Wir werden unvollständig
oder falsch informiert über das,
was hinter den Kulissen abgeht.
Daher appelliert syndicom an das
neue Parlament: es ist höchste Zeit für
eine neue Förderung der Medien! Wie
sie effektiv gestärkt werden, steht in
unserem neuen medienpolitischen
Positionspapier. Ziel ist, dass die Medienschaffenden
unabhängig, nach
den berufsethischen Regeln des Presserats
und mit anständigen Arbeitsbedingungen
und Löhnen ihrer Rolle als
Vierte Gewalt gerecht werden können.
Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin syndicom,
Leiterin Sektor Presse und elektronische Medien.
20 Arbeitswelt
«Ein Tag auf der Strasse reicht nicht. Um die Welt zu
verändern, müssen wir uns organisieren.» Pierre-Yves Maillard
Für einen
starken öffentlichen Dienst
Pierre-Yves Maillard sieht dem zentralen Thema der nächsten
Delegiertenversammlung des SGB mit Begeisterung entgegen.
Er fordert eine Annäherung zwischen den Bewegungen der Zivilgesellschaft
und den Gewerkschaften.
«Endlich jemand, der klar, direkt und
ohne Umschweife spricht!» Der Erste,
der am Treffen mit Pierre-Yves Maillard
in Bellinzona seine Freude ausdrückte,
war der Dolmetscher. Der Anlass
war der zweite «Denktag» des SGB
Tessin und Moesa von Mitte November.
Seit einigen Monaten organisiert
die kantonale Sektion eine Reihe von
Treffen zwischen Basis, Angestellten
und Vorstandsmitgliedern, um Synergien
zwischen den Mitglieds-Gewerkschaften
zu erschliessen.
Die Arbeitsgruppen für Kommunikation,
AHV, Service public, Frauen
usw. nutzten die Gelegenheit für eine
Gesprächsrunde mit dem neuen SGB-
Präsidenten Maillard, die sich sofort
zu einer Art Rundum-Interview entwickelte.
Man diskutierte das Rahmenabkommen
mit der EU, die Lage der
SRG nach dem No-Billag-Referendum,
den Frauenstreik, das Lohn dumping
und die SVP-Initiative gegen die Freizügigkeit.
Und die Post.
Pierre-Yves Maillard gewann am «Denktag»-
Treffen viele Sympathien. (© Giovanni Valerio)
Privatisierungen zurücknehmen
Letztes Jahr hat der SGB Tessin drei
Volksinitiativen zur Wiedereinführung
der Regiebetriebe des Bundes
vorgeschlagen. Mit der Post könnte
man beginnen, sie ist für die Bevölkerung
wichtig. Auch in EU-Ländern gibt
es Ansätze, die öffentlichen Dienste
wieder zu verstaatlichen.
«Der Service public wird das Thema
der nächsten SGB-Delegiertenversammlung
im Mai», erklärte Maillard
und führte aus: «Wir haben die Betriebe
einem Management überlassen,
das nur an Produktivität und Rentabilität
denkt, nicht an den Dienst für die
Gesellschaft. Die Post macht eine
unfaire Buchhaltung: Sie betont verlustbringende
Bereiche gegenüber anderen,
um die Schliessung von Poststellen
zu rechtfertigen. Das Gleiche
geschieht bei den SBB. Privatisierung
birgt ein sehr hohes Risiko, auch in
den anderen Sektoren – Energie, Gesundheit
und Finanzen.»
Die Gewerkschaft gehört denen, die
sich darin engagieren
Auch die Allianz mit den Bürger- und
Konsumentinnenverbänden und verschiedenen
Bewegungen ist wichtig
für den Erfolg gewerkschaftlicher Aktionen.
«Schaut euch nur an, was am
14. Juni los war: eine Mobilisierung,
wie es sie in den letzten 30 Jahren
nicht gegeben hat», rief Maillard aus.
«Wir müssen den Leuten begreiflich
machen, dass ein einziger Tag auf der
Strasse nicht ausreicht. Um die Welt
zu verändern, müssen wir uns organisieren:
Nur so können wir stark werden.
Wenn festgestellt wird, dass es
in den Gewerkschaften nur wenige
Frauen und wenige junge Menschen
gibt, sollen sie sich uns anschliessen,
um das zu ändern. Es sind die Mitglieder,
die die Gewerkschaft ausmachen!
Ich hoffe, dass es in Zukunft eine immer
grössere Annäherung zwischen
den verschiedenen Bewegungen und
den Gewerkschaften geben wird.»
Maillard ging dann auf zwei weitere
Herausforderungen ein: «In 20 Jahren
werden wir in vollem Ausmass
mit dem demografischen Drama der
altern den Bevölkerung konfrontiert
sein. Daher braucht es neue Dienstleistungen,
die hunderttausend neue
Arbeitsplätze schaffen können. Und
zur Bewältigung der Klimakrise müssen
wir die kollektive Mobilität weiterentwickeln
und das Produktionssystem
verändern. Für all das brauchen
wir staatliche Mittel und die Garantie
eines starken öffentlichen Dienstes:
Das ist die neue Wirtschaft!»
Giovanni Valerio
Dossier des Gewerkschaftsbunds:
sgb.ch/themen/service-public
Neues Parlament:
Jünger, weiblicher,
grüner – besser?
Jetzt haben wir es also: Unser neues
Parlament. Auffällig viele junge Menschen
wurden ins Parlament gewählt:
sieben Leute unter 30 sitzen neu im
Nationalrat. Aber 40 % sind weiter zwischen
50 und 60. Der Frauenanteil ist
um 10 Prozentpunkte auf 42 % gestiegen.
Männer sind also immer noch
übervertreten. Die Grünen legen 6 Prozent
zu und die rechtsbürgerliche
Mehrheit aus FDP und SVP wurde abgelehnt.
Aber gewerkschaftliche Anliegen,
griffige Klimamassnahmen
und fortschrittliche Gesellschaftspolitik
werden es weiter schwer haben.
Wir können erwarten, dass junge,
gewerkschaftsnahe Nationalrätinnen
wie Samira Marti und Tamara Funiciello
junge Menschen wie mich gut
vertreten und unsere Anliegen einbringen.
Gerade wenn es um Digitalisierung,
Familienpolitik und echte
Gleichstellung geht, ticken wir oft anders.
Dort können wir sicher neue
Ideen, neue Bewegung erwarten.
Doch gewerkschaftliche Anliegen
haben im neuen Parlament keine automatische
Mehrheit. Weiter müssen
Koalitionen mit bürgerlichen Parteien
geschmiedet werden. Starke gewerkschaftliche
Aktionen, geschicktes
Lobbying und das Einbringen unserer
Stimme in die öffentliche Diskussion
sind auch weiter nötig. Aber wenigstens
ist unsere Stimme ab jetzt jünger
und weiblicher.
Dominik Fitze ist der Jugendsekretär bei
syndicom.
«Gibt es das tatsächlich in der Schweiz, dass Arbeit nicht
bezahlt wird?», fragt einer. – Ja, das gibt es. Mireille Guggenbühler
21
Ausstehende Honorare
endlich bezahlt
Über ein Jahr hat der Verlag Dornbusch freischaffende Journalist*innen
nicht bezahlt. Erst nach dem Einsatz von syndicom,
zusammen mit den Freien, wurden die Rechnungen beglichen.
Mittlerweile gibt es eine Broschüre mit empfohlenen Umgangsregeln
zwischen Redaktionen und Freien.
Im Gebäude der Dornbusch Medien
AG in Baden wird an diesem warmen
Sommertag gezügelt. Zwei Männer beladen
einen Lastwagen – wir stehen
nebendran und schreiben Plakate. Die
beiden wollen wissen, was wir hier
tun.
Die Erklärung verblüfft sie: Wir
sind freischaffende Journalistinnen
und Journalisten und hierhergekommen,
um unsere ausstehenden Honorare
einzufordern. «Gibt es das tatsächlich
in der Schweiz, dass Arbeit
nicht bezahlt wird?», fragt einer der
Zügelmänner. Ja, das gibt es.
Insgesamt 25 freischaffende Journalistinnen
und Journalisten haben
im Auftrag für die Titel der Dornbusch
Medien gearbeitet – und dafür Rechnung
gestellt. Doch die Rechnungen
wurden nicht bezahlt, darauffolgende
Mails oder Telefonate ignoriert. Die
Gesamtsumme der ausstehenden Honorare:
über 30 000 Franken.
Die Bibel als Richtschnur
Der Firmenname der Dornbusch Medien
AG lehnt sich an die Bibelstelle
um den brennenden Dornbusch an,
wie Redaktionsleiter Anton Ladner
2015 gegenüber kath.ch festhielt. Die
Bibel also ist die Richtschnur des
Unternehmens, das Wochenmagazin
Doppelpunkt: Magazin für Achtsamkeit
das Aushängeschild des Verlags.
Für dieses Aushängeschild schreiben
zu dürfen, ist ein Privileg. Dies gab
Verlagsleiter Fabian Egger allen zu
verstehen, die an jenem Sommertag
und auch später noch um ihre ausstehenden
Honorare gekämpft haben.
Begründet wurde die fehlende Zahlungsbereitschaft
mit dem angestrebten
finanziellen Turn around von
Dornbusch. Um ihn zu erreichen, wurden
die Honorare auf Eis gelegt. Und
zwar bis diesen Herbst. Erst im Oktober
2019 wurden die Rechnungen der
Freischaffenden beglichen – nach teilweise
mehr als einem Jahr Wartezeit
und auch nur, weil sich syndicom seit
vergangenem Sommer zusammen mit
den Betroffenen dafür eingesetzt hat.
Was ist ein fairer Umgang?
Ist ein solcher Umgang mit Freien fair
und professionell? Wenn nicht: Wie
könnte ein solcher denn aussehen?
Diese Frage haben sich freie Journalistinnen
und Journalisten sowie Vertreterinnen
und Vertreter von Redaktionen
gestellt und zehn Tipps erarbeitet,
die nun als Broschüre vorliegen. Es
handelt sich um empfohlene Umgangsregeln,
die keinen juristischen
Charakter haben – aber vielleicht eine
Diskussion auszulösen vermögen, wie
Freie und Redaktionen miteinander
umgehen wollen.
Mireille Guggenbühler
Freie Journalist*innen protestieren vor der Dornbusch Medien AG in Baden. (© Marco Geissbühler)
Hier findest du die Broschüre:
syndicom.ch/10tipps
Keine Chance für
sexistische Werbung
bei der Post
Der Frauenstreik mit über 500 000
Teilnehmenden hat ein starkes Zeichen
für Gleichstellung, Lohngleichheit
und gegen Sexismus am Arbeitsplatz
gesetzt. Er hat die Schweiz
aufgerüttelt und auch die Arbeitgeber
für diese wichtigen Fragen sensibilisiert.
Gerade sind Gleichstellungsfragen
ein Schwerpunkt bei den laufenden
Verhandlungen zum GAV Post.
Umso irritierender war es für die
mehrheitlich weiblichen Schalterangestellten
der Post, als sie von ihren
Vorgesetzten aufgefordert wurden,
Flyer mit dem Text: «Ein Lächeln genügt,
um mich anzumachen» an die
Kundschaft zu verteilen. Es sollte witzige
Werbung für eine PostFinance-
App sein, die sich per Gesichtserkennung
entriegeln lässt. Sofort meldeten
sich die Mitarbeitenden bei syndicom.
Sie wollten veraltete Stereotype nicht
bedienen. syndicom setzte der Post
ein Ultimatum, und die Werbeaktion
wurde unverzüglich eingestellt. Die
Post hat den Fehler schnell eingesehen.
Leider ist es niemandem vorher
aufgefallen. Der Kontext ist entscheidend:
Auf unpersönlichen Plakatwänden
mag der Spruch als Wortspiel
durchgehen, aus den Händen von
weiblichen Angestellten ist er inakzeptabel.
Das Beispiel zeigt, weshalb
wir uns weiter tagtäglich für die
Gleich stellung einsetzen müssen.
Christian Capacoel
Die Vorgeschichte bei syndicom.ch:
Bit.ly/2DewWyL
22 Politik
«Ja, sicher fühle ich mich
repräsentativ»
Die Nationalratswahlen
brachten Gewinne für die
Frauen. Der Frauenanteil
stieg auf 42 Prozent, das sind
84 der 200 Sitze. Neu gewählt
ist auch Tamara Funiciello,
eine junge, starke Politikerin,
die als Jusopräsidentin Furore
machte. Was hat sie zur
Politik bewegt und warum
ist sie Gewerkschafterin?
Interview: Patrizia Mordini
Bild: Alexander Egger
Jung, links und Frau. Fühlst du dich
repräsentativ im neuen Parlament?
Ich fühle mich sicher repräsentativ.
Ins neue Parlament wurden 7 unter
30-Jährige gewählt. Manche verstehen
nicht, dass man als Mitglied
einer bestimmten Gruppe eine bestimmte
Realität erlebt. Dies schärft
den Blick für Problematiken, die
sonst leicht übersehen werden. Und
das kann und muss man dann gut
vertreten. Bei der Rentenfrage zum
Beispiel stehen für lesbische Frauen
spezifische Fragen im Zentrum oder
bei der «Ehe für alle».
Ein Riesengewinn für Frauen und
Grüne, ein Verlust für SP und
Gewerkschaften …
Mit Corrado Pardini, Adrian Wüthrich
und Philipp Hadorn wurden
leider drei gestandene Politiker abgewählt.
Gerade Corrado hat so viel
für die gewerkschaftlichen Anliegen
getan und wichtige Dossiers besetzt
wie EU/flankierende Massnahmen.
Seit 6 Jahren arbeite ich mit ihm zusammen.
Für mich ist es krass, nun
ohne ihn im Parlament zu sein. Es
wurden jedoch auch neue Leute gewählt
wie Pierre-Yves Maillard und
Greta Gysin, die klar gewerkschaftlich
politisieren und die sozialen
Themen voranbringen. Insgesamt
haben wir immer noch eine linke
Minderheit, da die GLP nicht links
ist. Dieser sogenannte Linksrutsch
ist eben kein wirklicher.
Was gab den Ausschlag, dich
politisch zu engagieren? Wie
erlebtest du die Gewerkschaft, als
du jünger warst?
Bis ich 10 war, lebte ich in Sardinien
und mein Vater war selbständig. Zu
Hause sprachen die Eltern oft über
politische Themen. Ich stamme aus
einer politischen, gewerkschaftsnahen
Familie. In der Schweiz arbeitete
meine Mutter bei der GBI.
Als mein Vater bei der Wifag seine
Stelle verlor und Corrado für einen
guten Sozialplan sorgte, wurde ich
Mitglied der Gewerkschaft. An der
Uni wurde ich zur Feministin. Als
ich mich im Studierendenrat engagiert
hatte, erkannte ich die Wichtigkeit
von Gendersprache. Und
Gleichstellung heisst, dass es Frauen
und Männern gleich gut gehen soll.
Feminismus ist für mich aber, dass
es Frauen und Männern besser geht.
Marxismus analysiert übrigens nur
den Widerspruch zwischen Kapital
und Arbeit und lässt die unbezahlte
Arbeit aus, die mehrheitlich von den
Frauen geleistet wird.
Wie hat dich geprägt, dass dein
Vater aus Italien stammt und die
Eltern Arbeiter sind?
Ich weiss, was es heisst, wenn noch
viele Tage bevorstehen und kein
Geld auf dem Konto ist, oder zu entscheiden,
ob man jetzt zum Zahnarzt
geht oder nicht. Ich habe während
der Schule und dem Studium
viele Jobs gemacht wie Büros putzen.
1 Million sind armutsgefährdet
in der Schweiz!
Was denkst du über die Gewerkschaften
heute?
Sie sind unverzichtbar. Ich wurde
vor 7 Jahren bei der Unia als Zuständige
für Detailhandel und Frauen
angestellt und bin heute noch als
Jugendzuständige im Gewerkschaftsbund
Kanton Bern tätig. Die Gewerkschaften
sind mein politisches
Daheim. Aktuell würde ich stärker
auf die Mitgliederbindung als die
Gewinnung setzen. Und die Gewerkschaften
attraktiver für Frauen
machen.
Mit Sicherheit wirst du dich im
Natio nalrat mit deinen Themen
Gleichstellung und soziale Gerechtigkeit
einsetzen. Hast du schon
Vorstösse im Köcher?
Das wäre etwas vermessen. Schwerpunkte
sind für mich eine Senkung
der Arbeitszeit, keine Erhöhung des
Rentenalters, die Revision des
Sexual strafrechts und der Kampf
gegen den Abbau des Service public
– und es fehlen 25 000 Kitaplätze.
Die Gewerkschaften beteiligten
sich stark an der Organisation des
Frauen streiks. Sollen sie das auch
beim Klimastreik im nächsten Mai?
Alle Streiks hängen zusammen!
Der Klimastreik stellt die gleiche
Frage, nämlich: was soll im Zentrum
stehen? Es braucht einen Systemwechsel
– im Dienste aller Menschen.
Ich kann mir gut vorstellen,
für gewerkschaftliche Themen mit
den neuen Kolleg*innen zusammenzuarbeiten.
Man darf Politik
im Rat und auf der Strasse nicht
trennen. Eine starke Bewegung auf
der Strasse kann etwas im Rat verändern!
Politik
LGBTI-Personen brauchen
den Schutz des Gesetzes
23
Am 9. Februar 2020 kommt
es zu einer Volksabstimmung
über die Erweiterung der
sog. Rassismus-Strafnorm
um das Kriterium der
sexuellen Orientierung.
70 % der homosexuellen
Arbeitnehmenden haben in
den letzten drei Jahren
Diskriminierung im Beruf
erlebt.
Text: Reto Wyss, SGB
Bild: Burst
Damit die Schweiz die bereits 1965
von der UNO verabschiedete Rassendiskriminierungskonvention
ratifizieren konnte, revidierte sie im
Jahr 1995 endlich ihr Strafgesetzbuch
und erweiterte es um den als
«Rassismus-Strafnorm» bekannten
Artikel 261bis. Es war ein harter
Kampf gegen die Reaktionären in
diesem Land, die sich angeblich
«den Mund nicht verbieten lassen»
wollen.
Nicht minder im Verzug ist die
Schweiz heute, was den Schutz von
Lesben, Schwulen, Trans- und Interpersonen
betrifft. Wir liegen in der
europäischen Rangliste zur rechtlichen
und gesellschaftlichen Lage
von LGBTI-Personen auf dem beschämenden
22. Rang – noch hinter
Ungarn, das nicht für ein besonders
queerfreundliches Klima bekannt
ist. Die Rangierung der Schweiz hat
wesentlich damit zu tun, dass «Aufrufe
zu Hass» gegen LGBTI-Personen
bei uns noch immer nicht
rechtlich geahndet werden können,
wofür wir übrigens regelmässig vom
Europarat gerügt werden.
Volksabstimmung im Februar
Mit der Erweiterung der Strafnorm
um das Kriterium der sexuellen Orientierung
würde sich das zumindest
für Lesben, Schwule und Bisexuelle
endlich ändern. Kollege Mathias
Reynard hat die Gesetzesänderung
bereits 2013 mit einer parlamentarischen
Initiative verlangt. Das Parlament
ist ihm nach langem Hin und
Her mit grossem Mehr gefolgt,
worauf jedoch rechtskonservative
Kreise erfolgreich das Referendum
ergriffen haben (wenn auch mit unlauteren
Mitteln: «Unterschreiben
Sie hier gegen Homophobie!»). Am
9. Februar 2020 kommt es daher
noch zu einer Volksabstimmung.
Diskriminierung findet dort
statt, wo die Leute ihre Zeit verbringen,
und deshalb allzu oft auch am
Arbeitsplatz. LGBTI-Personen sind
davon besonders betroffen, wie sowohl
statistische Fakten als auch
unzählige individuelle Erfahrungen
zum Vorschein bringen. Gemäss aktuellen
Umfragen haben 70 % der
homosexuellen Arbeitnehmenden
in den letzten drei Jahren im Beruf
Diskriminierung erlebt. Bei Transpersonen
sind Diskriminierungen –
gar Kündigungen – aufgrund ihrer
Geschlechtsidentität noch viel häufiger.
Leider sind nun gerade Letztere
von der Erweiterung des Strafartikels
explizit ausgeschlossen, denn
das für sie relevante Kriterium der
«Geschlechtsidentität» kippte das
Parlament wieder aus der Vorlage.
Nach einer erfolgreichen Volksabstimmung
muss hier schnellstmöglich
nachgebessert werden.
Und das Gleichstellungsgesetz?
Am Arbeitsplatz geht Diskriminierung
von beruflicher oder sozialer
Ausgrenzung über obszöne Bemerkungen
bis hin zu Zwangsoutings
und sexueller Belästigung. Materiell
ist Diskriminierung für LGBTI-Personen
einschneidend, wenn sie in
der Verweigerung oder im Verlust
des Arbeitsplatzes gipfelt. Noch gibt
es keine rechtliche Handhabe, wie
das Bundesgerichtsurteil vom Mai
zur Nichtanwendbarkeit des Gleichstellungsgesetzes
für LGBTI-Personen
wieder zum Ausdruck brachte.
Die erweiterte Strafnorm würde dies
für schwule, lesbische und bisexuelle
Arbeitnehmende endlich ändern,
denn Arbeitsverträge fallen klar in
den Schutzbereich. Arbeitnehmende
hätten endlich eine Möglichkeit,
sich bei diskriminierender Verweigerung
(allenfalls dem Verlust)
einer Stelle rechtlich zu wehren.
Davon abgesehen: Die Abstimmung
am 9. Februar hat grosse
Signal wirkung. Sehen wir weiter zu,
wie einige wenige die Gesellschaft
auf Kosten von Minderheiten spalten?
Oder wollen wir eine Schweiz,
in der alle ihren Platz haben und
sich sicher und willkommen fühlen?
Ein Ja ist unabdingbar, und dafür
müssen auch wir Gewerkschaften
vehement einstehen!
Der SGB zum erwähnten Urteil:
Bit.ly/2QPeMvG
Materiell ist Diskriminierung
für LGBTI-Personen besonders
einschneidend, wenn sie
in der Verweigerung oder im
Verlust des Arbeitsplatzes
gipfelt.
24 Politik
Bezahlbare Wohnungen
sind möglich!
Am 9. Februar stimmen wir
über die Volksinitiative des
Mieterinnen- und Mieterverbandes
ab. Diese ist dringend
nötig. Denn die Mietpreise
steigen seit Jahren an.
Text: Mieterinnen- und
Mieter verband Schweiz
Bild: Fotomelia
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund
hat die Initiative «Mehr bezahlbare
Wohnungen» seit der Lancierung
unterstützt und ist im
Initiativkomitee vertreten.
Wie der Bundesrat in seiner
Botschaft zur Initiative «Mehr bezahlbare
Wohnungen» selbst feststellt,
«greift die Initiative einen für
die Wohnraumversorgung in der
Schweiz wichtigen Punkt auf. Für
Wohnungssuchende, insbesondere
für solche mit geringer Kaufkraft, ist
es schwierig, eine ihren Bedürfnissen
entsprechende Wohnung zu finden.
Indizien dafür sind die hohen
Wohnkostenbelastungen der wirtschaftlich
schwächeren Haushalte
sowie die Zunahme des Pendelverkehrs»
(Botschaft, S. 2).
Da mehr gemeinnützige Wohnungen
errichtet werden sollen,
baut die Initiative auf einem
bewährten System auf: der Wohnungsproduktion
durch gemeinnützige
Wohnbauträger. Bereits heute
produzieren diese Wohnbauträger
in Städten, aber auch auf dem Land
bezahlbare Wohnungen, die langfristig
deutlich günstiger sind, da
sie keine Renditeobjekte sind.
Immer mehr Wohnungen von
renditegetriebenen Gesellschaften
In den letzten Jahren ist es zu einer
beunruhigenden Veränderung auf
dem Immobilienmarkt gekommen.
Im Jahr 2000 gehörten nämlich
noch fast 60 % der Mietwohnungen
einer Privatperson. Heute sind nur
noch 47 % der Mietwohnungen im
Besitz von Privatpersonen. Weder
die öffentliche Hand noch die
Wohnbaugenossenschaften konnten
seit dem Jahr 2000 ihren Anteil
an den Mietwohnungen wesentlich
erhöhen. Von 2000 bis 2017 hat sich
der Anteil der Mietwohnungen, die
in der Hand von Immobilienfirmen
sind (Versicherungen, Banken, Immobilienfonds,
Immobilienaktiengesellschaften
etc.), von 29 % auf
39 % erhöht. In absoluten Zahlen
bedeutet dies einen Zuwachs von
300 000 Wohnungen. Das Resultat:
Es werden häufig zu teure Wohnungen
gebaut werden und an Lagen,
wo es wenig Nachfrage gibt. Bei gewinnorientierten
Mietverhältnissen
sind die Mieten im Schnitt deutlich
höher als bei gemeinnützigen Wohnungen.
Der Unterschied macht
jährlich ganze zwei Monatsmieten
aus. In Kernstädten sind es sogar
drei Monatsmieten. «Es ist so, dass
schweizweit so viele Wohnungen
leer stehen, wie es in der Stadt Bern
Wohnungen gibt. Aber in der Stadt
Bern stehen keine Wohnungen leer
und es herrscht Wohnungsnot. Daher
braucht es insbesondere in den
Städten dringend Lösungen, und da
sind auch der Bund und die Kantone
gefragt», so Carlo Sommaruga,
Präsident MV Schweiz.
Wir können Wohnungen deutlich
günstiger bereitstellen, wenn sie
keinen Gewinn abwerfen müssen.
Der Bundesrat gibt vor, die Situation
zu verbessern, indem er den «Fonds
de Roulement» über die nächsten
zehn Jahre mit 250 Millionen Franken
realimentiert. Tatsächlich führt
dies aber dazu, dass jedes Jahr
weiterhin nur 800 bis 900 gemeinnützige
Wohnungen gebaut werden,
was in etwa dem jetzigen Stand entspricht.
Der Anteil der gemeinnützigen
Wohnungen wird damit weiter
sinken.
Die Initiative ist umsetzbar
Dank dem Vorkaufsrecht zu Marktpreisen
kommen gemeinnützige
Wohnbauträger zu Bauland und
dank dem bewährten Fonds de Roulement
kommen Wohnbaugenossenschaften
zu Krediten. Den Bund
kosten die Kredite nichts, aktuell
spülen sie gar Zinsen in die Bundeskasse.
Wohnbaugenossenschaften
bauen dort, wo es eine Nachfrage
nach mehr bezahlbarem Wohnraum
gibt. Bei energetischen Sanierungen
muss der Erhalt von bezahlbarem
Wohnraum stärker berücksichtigt
werden. Balthasar Glättli, Vizepräsident
MV Schweiz: «Die Mieten in der
Schweiz steigen und steigen Jahr für
Jahr. Es ist im Interesse der gesamten
Bevölkerung, dass die Mieten
bezahlbar sind. Die Initiative ist
nötig, umsetzbar und sehr effektiv.»
Mieterverband.ch
Recht so!
25
Lieber Rechtsdienst
Ich bin syndicom-Mitglied aus Überzeugung
und möchte mich auch in der Firma für
meine Kolleginnen und Kollegen einsetzen,
sie vor der Geschäftsleitung ver treten.
Könnte ich deshalb «aus Rache» entlassen
werden?
Wenn ich als Arbeitnehmervertreterin gewählt
werde: welchen Handlungsspielraum
habe ich, besonders was die Zeit angeht,
die ich für die Wahrnehmung des Mandats
benötige?
Falls ich nicht gewählt werde: Wie kann ich
meine gewerkschaftlichen Rechte dann
ausüben?
Antwort des syndicom-Rechtsdienstes
Die Koalitionsfreiheit oder das Recht, sich gewerkschaftlich
zu betätigen, ist in der Bundesverfassung (Art. 28) verankert.
Dort werden die Gewerkschaftsvertreter*innen
oder die von den Arbeitnehmenden gewählten Vertreter*innen
allerdings nicht ausdrücklich erwähnt.
In erster Linie ist der Schutz der Arbeitnehmervertretenden
im Mitwirkungsgesetz (Art. 12) festgelegt. Dieses
Gesetz hat einen breiteren Geltungsbereich als das Obligationenrecht
(OR), sieht aber keine spezifischen Sanktionen
vor wie das OR.
Im Arbeitsrecht herrscht eine grundsätzliche Vertragsfreiheit.
Artikel 336 OR enthält aber eine nicht abschliessende
Liste von Fällen, in denen eine Kündigung missbräuchlich
ist. Der Begriff der missbräuchlichen
Kündigung selbst wird allerdings nicht definiert. Gemäss
der Lehre ist eine Kündigung missbräuchlich, wenn die
Gründe, auf denen sie beruht, unserem Gerechtigkeitsempfinden
zuwiderlaufen, weil sie mit den in der heutigen
Gesellschaft anerkannten Werten im Widerspruch
stehen.
Missbräuchlich sind insbesondere Kündigungen
wegen der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder der
rechtmässigen Ausübung einer gewerkschaftlichen Tätigkeit
(Art. 336 Abs. 2 Bst. a und b). Dabei handelt es sich
um eine relativ zwingende Bestimmung. Das heisst, es
darf nicht zum Nachteil der Arbeitnehmenden davon
abgewichen werden.
Damit die gewerkschaftliche Tätigkeit geschützt ist, muss
sie rechtmässig und gemäss dem Arbeitsvertrag (oder
dem Gesamt- bzw. Normalarbeitsvertrag) ausgeübt werden.
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Recht, die Ausübung
der gewerkschaftlichen Tätigkeit durch Vertrag,
Reglement oder Anordnungen einzuschränken (vgl.
Art. 321d OR), wenn diese Einschränkung auf objektiven
Gründen beruht. Dazu gehören etwa das Interesse an
einem ungestörten Betriebsablauf oder die Kundenbeziehungen.
Die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmenden
haben keinerlei besondere Privilegien in
Bezug auf ihre Treuepflicht.
Anders ist es bei den gewählten Arbeitnehmervertreter*innen,
die ihre Tätigkeit während der Arbeitszeit ausüben
können, wenn die Wahrnehmung ihrer Aufgabe es
erfordert und ihre Berufsarbeit es zulässt (Art. 13 Mitwirkungsgesetz).
Im Gesetz ist nicht festgelegt, welche gewerkschaftlichen
Rechte die Arbeitnehmenden im Betrieb ausüben dürfen.
Häufig ist diese Frage in den Gesamtarbeitsverträgen, Betriebsreglementen
bzw. Einzelarbeitsverträgen geregelt.
Als rechtmässige Tätigkeiten betrachtet werden müssten
beispielsweise die Verteilung einer Gewerkschaftszeitung
während der Pausen oder die Nutzung eines vom Arbeitgeber
zur Verfügung gestellten Raums für eine Informationsveranstaltung
ausserhalb der Arbeitszeit.
syndicom.ch/rechtso
26 Freizeit
Tipps
Mit Stress und Älterwerden
umgehen im Beruf
Wie ist es, wenn man im Berufsleben
älter wird und das 50. Altersjahr
bald überschreitet oder bereits
überschritten hat? Im Movendo-
Kurs «Älter werden im Beruf», der
am 12. und 13. Februar in Männedorf
(ZH) im Hotel Boldern stattfindet,
lernen die Teilnehmenden mit
der Erwachsenenbildnerin Astrid
Mehr, ihre Stärken und Schwächen
herauszuarbeiten und eine gute
Balance von Berufs- und Privatleben
zu erreichen. Die Veranstaltung
richtet sich an Mitglieder und Interessierte,
die eine Standortbestimmung
machen und es wagen wollen,
Veränderungen in Angriff zu nehmen.
Diese können sie in diesem
Kurs planen und so den Zugang zur
eigenen Energie wiederfinden (kostenlos
für die Mitglieder, 820 Franken
für die anderen).
Auch für Jüngere ist das Berufsleben
oft mit Stress verbunden.
Heute leiden viele Menschen am
Arbeitsplatz unter Überlastung und
ständig steigenden Anforderungen.
Stress kann krank machen. Hier gilt
es, früh genug die Notbremse zu ziehen.
Die Bildungsveranstaltung
«Umgang mit Stress in Beruf und
Alltag» vom 17. bis 18. Februar in
Gais, Hotel Idyll, wird von der Erwachsenenbildnerin
Sybille Wölfing
geleitet und hat zum Ziel, dass die
Teilnehmenden mit Stress umzugehen
lernen. Der Kurs ermöglicht
eine Auseinandersetzung mit der
eigenen Situation und zeigt, welche
Veränderungsstrategien man anwenden
kann. Die Teilnehmenden
werden eine Stressanalyse durchführen
und sich Ziele setzen, um
den Umgang mit Belastungen besser
meistern zu können (kostenlos
für die Mitglieder, 820 Franken für
die anderen).
Dunkles Kapitel
© Chronos Verlag
Unter dem Titel «Des lois d’exception?
/ Sondergesetze?» beschreibt
die Unabhängige Expertenkommission
Administrative Versorgungen –
die auf eine Initiative des Ständerates
und ehemaligen Präsidenten
des Gewerkschaftsbundes Paul
Rechsteiner eingesetzt wurde –, wie
mit der Massnahme der administrativen
Versorgung etliche Menschen
weggesperrt und vom gemeinen
Recht ausgeschlossen wurden: Alle,
deren Verhalten als sittenwidrig angesehen
wurde oder die ihre Pflicht
als gute Arbeiter nicht erfüllten.
1981 wurde die Massnahme und ihr
rechtliches Instrumentarium abgeschafft,
später mit der Entschuldigung
des Bundesrates verurteilt.
Dieses zweisprachige Buch beleuchtet
auch die Praxis der administrativen
Versorgung im Kanton Freiburg
im 20. Jahrhundert: Es ging darum,
«Arbeits scheue zur Arbeit zu erziehen
und Vagabunden ihre Träume
von Freiheit ohne Arbeit zu nehmen».
Denn die Kosten der Fürsorge,
welche den Gemeinden oblagen,
verlangten, diese Bürger «wieder
gerade zubiegen».
Aber nicht nur: Auch ledige junge
Mütter und Kinder von Eltern,
die «falsch dachten» oder schlicht
arm waren, wurden Opfer solcher
Platzierungen. Genauso wie «Gewohnheitstrinker»,
denen Ärzte,
Kirchen und gemeinnützige Vereine
eine Behandlung angedeihen
liessen, wie zwei Beiträge über
Luzern und Thurgau zeigen.
Auch die schwache gerichtliche
Kontrolle dieser Massnahmen und
der kaum vorhandene Schutz der
Versorgten – ohne Gewerkschaft
oder andere Vertretung – wird aufgedeckt.
Ein umfassender Bericht,
der uns die Augen öffnet.
Scham und Hemmungen
© MFK
Heisse Ohren beim Flirten, Angstschweiss
vor einem öffentlichen
Auftritt: Solche eher unangenehmen
Situationen sind den meisten von
uns nicht unbekannt. Das Museum
für Kommunikation in Bern beleuchtet
diese und zeigt ihr verborgenes
Potenzial. Denn Hemmungen
bewahren uns vor unüberlegten
Handlungen und falschen Entscheidungen.
Im Rahmenprogramm können
wir unsere Hemmungen fallen lassen:
In einer Lach-Yoga-Stunde (14.
Januar, 12–13 Uhr) zum Beispiel, wo
es darum geht, so viel wie möglich
zu lachen, mit Atemtechniken, die
das Glücklichsein fördern und dank
denen wir das Leben etwas leichter
nehmen können.
Darf man in der Nase bohren?
Ein aussergewöhnliches Theaterexperiment
gibt Kindern zwischen
8 und 15 die Möglichkeit, darüber
zu diskutieren, was man darf und
was nicht. Es geht um den Mut, öffentlich
die eigene Meinung zu sagen
(ab 25. Januar).
In der «Human Library» können
wir unbekannte Welten kennenlernen
(30. April). Ein transsexueller
Mensch, ein*e Obdachlose*r oder
eine Sexarbeiterin beantworten unsere
Fragen. Eine Möglichkeit zum
Austausch und zur Überwindung
unserer Ängste und Hemmungen.
In einem Workshop mit Amnesty
International lernen wir, auf
Stamm tischparolen, bei denen uns
oft die Argumente fehlen, passend
zu antworten (5. Mai, mit Anmeldung!).
Anmeldung:
Movendo.ch
Des lois d’exception? / Sondergesetze?
Christel Gumy et al., 2019, 48 Franken
MFK.ch
Bis 19. Juni 2020
1000 Worte
Ruedi Widmer
27
28 Bisch im Bild Im Oktober und November 2019 war syndicom vor dem Parlament in Delémont
bei den 150 Demonstrierenden und allen, die sich solidarisch zeigten, in Gossau
und Eclépens an den Ausstellungen über die Gleichstellung, in Winterthur am
Journalismustag und in Biel bei den Pensionierten.
1
2
3
4
5
1–4 In Delémont demonstrierten vor dem jurassischen Kantonsparlament rund 150 Chauffeur*innen von PostAuto und den Chemins de fer
du Jura (CJ) sowie Sympathisant*innen. Die Chauffeur*innen werden nicht hinnehmen, dass sich ihre Arbeitsbedingungen infolge der
Ausschreibung der Buslinien verschlechtern. (© Hélène Tobler)
5 Die Delegiertenversammlung von Post CH bekundet ihre Solidarität mit den jurassischen Chauffeur*innen. (© Sheila Winkler)
6 Ebenfalls solidarisch zeigte sich die Versammlung in der lateinischen Schweiz am 15. November. (© Sheila Winkler)
7 In Gossau fand am 14. Oktober die Vernissage der Ausstellung über die Gleichstellung im Logistikzentrum der Post statt. (© Dominik Fitze)
8 Die Gleichstellungsausstellung wurde auch im Briefzentrum Eclépens gezeigt. (© syndicom)
9 Der syndicom-Stand am Journalismustag in Winterthur. (© syndicom)
10 Die Retraite des Vorstands der Pensionierten wurde in Biel durchgeführt. (© Rodolphe Aeschlimann)
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Aus dem
Leben von ...
Nicolas Maître
«Es soll auch für uns lukrativ sein»
Nicolas Maître (*1961) hat mit 17 bei der
Post als Briefträger angefangen. Er arbeitete
vor allem in Biel in der Zustellung
und im Versand. 1988 übernahm er
von seinem Vater in vierter Generation
die Poststelle in Epauvillers. Im Jahr
2000 schloss er eine Weiterbildung
zum Techniker Informatik ab. Heute
übernimmt der Vater von drei erwachsenen
Kindern Stellvertretungen in den
jurassischen Poststellen. Seit 2009 ist
er Gemeinderat von Clos du Doubs und
seit 2015 SP-Abgeordneter im jurassischen
Parlament.
Er ist seit über vierzig Jahren
Gewerkschaftsmitglied.
Text: Sylvie Fischer
Bild: Hélène Tobler
Die Chauffeurslöhne
im Jura dürfen
nicht sinken
«Ich bin Mitglied der Verkehrskonferenz
für die Gemeinde Clos
du Doubs. 2017 habe ich an einer
Sitzung dieser Konferenz von der
Ausschreibung der Buslinien erfahren.
Ich machte mir damals bereits
Sorgen, dass dies auf dem Rücken
der Angestellten geschehen könnte.
Aber der Verkehrsminister versprach
uns, es gäbe keinen Grund zur Beunruhigung.
Was nicht stimmte, denn
keines der Versprechen wurde gehalten.
Bald reiche ich im jurassischen
Parlament den vierten Vorstoss ein.
Wir erhalten einen gewissen gewerkschaftlichen
Druck aufrecht, um die
Entscheide des Kantons Jura und des
Bundes in Richtung einer zufriedenstellenden
Lösung zu lenken.
Erstens fordern wir einen Jahreslohn,
der über dem Mindestlohn von
58 000 Franken liegt, den das Bundesamt
für Verkehr (BAV) empfiehlt.
Der branchenübliche Lohn im Jura
wird derzeit auf 72 000 Franken geschätzt.
Wir wollten, dass die Regierung
die Kriterien Qualität, Fixkosten
und Personalübernahme in die
Ausschreibungsbedingungen aufnimmt,
was sie nicht getan hat.
Der Kanton hätte freiwillig angeben
können, dass für diese Funktion
ein branchen üblicher Lohn existiert,
da der Lebens standard in unserer
Region in der BAV-Richtlinie nicht
berücksichtigt wird. Wir möchten,
dass diese Kriterien, die gute Arbeitsbedingungen
sicher stellen, beachtet
werden. Die Entscheidung darf nicht
zulasten des Personals ausfallen.
Die französische RATP oder die
spanischen Unternehmen, die sich
für die Übernahme der Buslinien interessieren,
kümmern sich nicht um
diese Fragen. Sie sind sogar so weit
gegangen, die Chauffeur*innen auszuspionieren,
um das beste Angebot
einreichen zu können! Besorgt bin
ich auch, weil einige Firmen Sicherheitsprobleme
mit ihrer Busflotte
haben. Dies sollte beim Vergleich der
Anbieter negativ gewichtet werden.
Meine 80%-Stelle bei der Post ermöglicht
mir, alle zusätzlichen politischen
und gewerkschaftlichen Aufgaben
wahrzunehmen. Dass meine
Frau Verständnis dafür hat, trägt
ebenfalls dazu bei. Dank den Stellvertretungen
in den Filialen habe
ich im Jura ein ziemlich grosses
Kontaktnetz.
Ich bin vor allem Aktivist und Gewerkschafter
sowie SP-Abgeordneter.
Deshalb bin ich bereit, bis zum
Schluss zu kämpfen, damit die Vergabe
nicht auf Kosten der Angestellten
dieser Buslinien geht. Der Entscheid
dürfte Anfang 2020 bekannt
gegeben werden. Auf Empfehlung
der Regierung vergibt der Bund
(BAV) die Linien für zehn Jahre. Ein
lukratives Geschäft von 20 Millionen
Franken jährlich, also 200 Millionen
in zehn Jahren. Wir kämpfen dafür,
dass ein grosser Teil dieser Summe
via Löhne den Chauffeur*innen zukommt,
damit sie und ihre Familien
anständig leben können.»
syndicom.ch zu den jurassischen Buslinien:
Bit.ly/2raqV3C
Impressum
Redaktion: Sylvie Fischer, Giovanni Valerio,
Marc Rezzonico, Marie Chevalley
Tel. 058 817 18 18, redaktion@syndicom.ch
Mitarbeit: Rieke Krüger
Porträts, Zeichnungen: Katja Leudolph
Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg
Druck, Layout und Korrektorat: Stämpfli AG, Bern
Adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung,
Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern
Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17
Inserate: priska.zuercher@syndicom.ch
Abobestellung: info@syndicom.ch
Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für
Nichtmitglieder: Fr. 50.– (Inland), Fr. 70.– (Ausland)
Verlegerin: syndicom – Gewerkschaft
Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,
Postfach, 3001 Bern
Das syndicom-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.
Ausgabe Nr. 15 erscheint am 24. Februar 2020
Redaktionsschluss: 13. Januar 2020.
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Das syndicom-Kreuzworträtsel
Immer gern gesehen: Zu gewinnen gibt
es diesmal einen Coop-Gutschein im
Wert von 40 Franken, gespendet von
unserer Dienstleistungspartnerin Coop.
Das Lösungswort wird in der nächsten
Ausgabe zusammen mit dem Namen der
Gewinnerin oder des Gewinners veröffentlicht.
Lösungswort und Absender auf einer
A6-Postkarte senden an: syndicom-
Magazin, Monbijoustrasse 33, Postfach,
3001 Bern. Einsendeschluss: 13. 1. 20
Die Gewinnerin
Die Lösung des syndicom-Kreuzworträtsels
aus dem syndicom-Magazin
Nr. 13 lautet: DIGISOZIAL.
Gewonnen hat Ruth Scheidegger aus
Aarberg. Der Reka-Check ist unterwegs.
Wir gratulieren herzlich!
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32 Inter-aktiv
Was erwartest du dir vom
neuen Parlament?
Regina Frei, Buchhändlerin
Ich erhoffe mir vom neuen Parlament,
dass es jetzt vor allem das
schon lange nötige Anpassen der
bestehenden Gesetze an die zunehmend
offenere Gesellschaft vorantreibt,
besonders im Bereich der
Gleichstellung aller Menschen.
Benjamin von Wyl,
freischaffender Journalist
Ich hoffe auf eine baldestmögliche
Verfassungsänderung:
Der Medienartikel für Radio und
Fernsehen soll auf Zeitungen
und Onlinemedien ausgeweitet
werden.
Andrea Pardo, Zusteller
Ich erhoffe mir, dass den Löhnen
der unteren Mittelschicht mehr
Beachtung geschenkt wird. Ich
wünsche mir anständige Löhne
für alle und Erleichterungen für
Familien mit Kindern (Krankenkasse,
Steuern). Es braucht
weniger Worte und mehr Taten!
Niclas Glauser, Enterprise
Customer Care Swisscom
Ich erwarte: Einen weiteren
Schritt zur gesellschaftlichen
und rechtlichen Gleich stellung
aller Geschlechter und eine
faktenbezogene Diskussion
zum Thema Einführung 5G.
Sebastian Walter,
DevOps Engineer Swisscom
Patrick Pflumm,
Chauffeur PostAuto
Ich erwarte, dass die Löhne verteidigt
werden und nicht die
Grenzen. Es muss für gerechte,
vertraglich festgelegte Löhne
gekämpft werden, bei denen
nicht zwischen einheimischen
Arbeitnehmenden und Grenzgänger*innen
unterschieden
wird.
Rachel Grüninger,
PostAuto-Angestellte
Ich erwarte, dass den lokalen Arbeitnehmenden
besondere Sorge
getragen und ihnen ein anständiger
Mindestlohn geboten wird. Als Frau
wünsche ich Gleichstellung zwischen
den Geschlechtern, was die
Behandlung und auch die Entlöhnung
angeht. Ich würde auch einen
längeren Vaterschaftsurlaub begrüssen.
Der Klimawandel muss gestoppt
werden, aber nicht auf den Schultern
der Arbeitenden. Die Unternehmen,
welche seit Jahren die Umwelt
zerstören, sollen den Umbau der
Wirtschaft bezahlen.
Priscilla De Lima,
Journalistin
Alda Viviani,
Freelance-Übersetzerin
Ich erhoffe mir vom Parlament
den Einsatz für einkommensabhängige
Krankenkassenprämien,
die
höchstens 10 Prozent des
Einkommens betragen.
Vom neuen Parlament erwarte
ich konkrete Massnahmen für
Lohngleichheit und eine bessere
Vereinbarkeit von Familie und
Beruf.