UmweltJournal Ausgabe 2019-05
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10 ABFALLBEHANDLUNG, -VERWERTUNG <strong>UmweltJournal</strong> /September <strong>2019</strong><br />
Integrierte Managementsysteme<br />
BVT Schlussfolgerungen<br />
Abfallverbrennung<br />
DI Dr. Rudolf Kanzian<br />
Mit Stand Dezember 2018 hat das European IPPC Bureau<br />
(EIPPCB) einen abschließenden Entwurf zu den<br />
BVT-Schlussfolgerungen für die Abfallverbrennung veröffentlicht.<br />
Das Referenzdokument enthält unter anderem Spannbreiten<br />
von Emissionsgrenzwerten für Luft und Wasser und kann<br />
kostenfrei in englischer Sprache von der Website des EIPPCB<br />
heruntergeladen werden. Altanlagen sind innerhalb von vier Jahren<br />
nach der noch <strong>2019</strong> zu erwartenden Veröffentlichung der BVT-<br />
Schlussfolgerungen im Amtsblatt der Europäischen Union an den<br />
Stand der Technik anzupassen.<br />
Wie auch schon in den bereits im August letzten Jahres veröffentlichten<br />
Schlussfolgerungen für die Abfallbehandlung, wird auch<br />
hier die Einführung und Anwendung eines Umweltmanagementsystems<br />
(UMS) als beste verfügbare Technik zur Verbesserung<br />
der allgemeinen Umweltleistung angeführt. Dabei wird allerdings<br />
nicht die gesamte Organisation mit allen ihren Produkten und<br />
Dienstleistungen einbezogen, sondern nur die IPPC Anlage selbst,<br />
da diese die in der Industrie-Emissionsrichtlinie geregelte Einheit<br />
darstellt. Das UMS muss dabei nicht zwingend standardisiert sein.<br />
Es wird aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Einführung<br />
eines standardisierten Umweltmanagementsystems, wie etwa gemäß<br />
EMAS oder ISO 14001, zu einer höheren Glaubwürdigkeit<br />
beitragen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das<br />
UMS zusätzlich einer externen Überprüfung unterzogen wird.<br />
Neu ist allerdings, dass der Entwurf bei den Anforderungen<br />
hinsichtlich UMS sowohl eine interne, als auch eine unabhängige<br />
externe Überprüfung verlangt. In anderen, älteren BVT-Schlussfolgerungen<br />
ist an dieser Stelle nur von internen oder externen<br />
Prüfungen die Rede. Wird der Entwurf von der EU-Kommission<br />
angenommen, bedeutet das, dass in Zukunft die Durchführung<br />
eines externen Audits des UMS für IPPC-Abfallverbrennungsanlagen<br />
als verbindlich anzusehen ist.<br />
In diesem Zusammenhang hebt der Entwurf speziell ein UMS<br />
gemäß EMAS als Beispiel für die Erfüllung der Anforderungen<br />
an Umweltmanagementsysteme hervor. EMAS bringt vor allem<br />
deshalb zusätzliche Glaubwürdigkeit, da es - insbesondere durch<br />
das Instrument der Umwelterklärung - den Austausch mit der<br />
Öffentlichkeit forciert. Weiters tragen auch die Anforderungen<br />
hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung geltender Rechtsvorschriften<br />
zu mehr Glaubwürdigkeit bei.<br />
In diesem Sinne könnte sich ein normiertes UMS gemäß<br />
ISO 14001 oder EMAS zukünftig als durchaus praktikabel für<br />
die betroffenen Betriebe erweisen, obwohl die Einführung eines<br />
zertifizierten Umweltmanagementsystems nicht zwingend vorgeschrieben<br />
werden soll.<br />
DI Dr. Rudolf Kanzian<br />
Mag. Melanie Zwirn, M.Sc.<br />
KANZIAN ENGINEERING & CONSULTING GmbH – KEC<br />
office@kec.at<br />
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Ejvind Pedersens Mission für eine bessere Recyclingindustrie:<br />
Die Vision der Closed-Loop-Produktion<br />
Ejvind Pedersen ist eine prominente Persönlichkeit in der Ressourcen-Industrie. Er verwandelt Müllverbrennungsasche<br />
in reine Metallfraktionen mit Primärrohstoff-Qualität und beliefert den Automobilsektor mit recycelten<br />
Ressourcen. Feinkorn in der Rostasche so aufbereiten, dass die Metalle der Qualität von Primärrohstoffen gleich<br />
kommen – das hat Pedersen nun zum Unternehmer des Jahres in Dänemark gemacht. Jetzt sucht er Kooperationen,<br />
die seine Idee in der Welt weiterführen.<br />
In den 1960er Jahren zog<br />
Ejvind Pedersens Vater nach<br />
Afrika – eine Entscheidung,<br />
die Ejvind Pedersen nach eigener<br />
Überzeugung zu dem gemacht<br />
hat, was er heute ist. Pedersen beschreibt<br />
es heute als Bereitschaft,<br />
Risiken einzugehen und den Mut<br />
aufzubringen, eine sichere Umgebung<br />
wie Dänemark zu verlassen,<br />
um Chancen zu suchen und Erfahrungen<br />
zu sammeln.<br />
Nach der Schule und zurück<br />
in Kopenhagen begann er seine<br />
berufliche Laufbahn in einem<br />
Unternehmen der Rohstoffindustrie<br />
mit Werken in Südamerika. Es<br />
folgten einige Jahre in Venezuela,<br />
Bolivien, Kolumbien und Peru als<br />
technischer Leiter von sechs Werken,<br />
in denen er zwei Aluminiumschmelzen<br />
für Getränkedosen<br />
(UBC) errichtete. Zu Beginn der<br />
Schulzeit seiner Kinder, kehrte<br />
Pedersen mit seiner Familie nach<br />
Dänemark zurück.<br />
Aus Fehlern lernen<br />
und der Vision folgen<br />
Der junge Pedersen war während<br />
seines Aufenthalts in Südamerika<br />
alles andere als stolz auf den Umgang<br />
der Industrie mit der Umwelt<br />
und den Menschen. Er fasste<br />
den Entschluss, eine moderne<br />
Technologie für eine bessere<br />
Ressourcen-Rückgewinnung zu<br />
entwickeln. Hierbei konzentrierte<br />
er sich auf die Verarbeitung<br />
und Wiederverwendung von<br />
Metallen um den CO 2<br />
Ausstoß<br />
zu verringern.<br />
1989 investierte Pedersen acht<br />
Millionen Euro in Dänemark und<br />
baute eine Anlage zur Einschmelze<br />
gebrauchter Getränkedosen.<br />
Allerdings führte der Fall der<br />
Berliner Mauer und die wirtschaftlichen<br />
Veränderungen zu<br />
drastisch sinkenden Preisen in<br />
der Metallindustrie. „Ich verlor<br />
alles“, erinnert er sich. 2002 begann<br />
Pedersen ein weiteres Mal<br />
ganz von vorne und baute Scanmetals<br />
auf, das Unternehmen, das<br />
er heute erfolgreich führt. „Sue<br />
(Anm.: seine erste Mitarbeiterin<br />
und seither im Unternehmen<br />
beschäftigt) und ich begannen<br />
1: Ejvind Pedersen (66), CEO von Scanmetals A/S in Dänemark:<br />
„Steinert war zur Stelle, als ich eine Lösung brauchte, und vermietete<br />
mir seine Röntgen-(XRT)-Sortiermaschine zur Herstellung sauberer<br />
Aluminiumprodukte.“ | 2: Andere Unternehmen vernachlässigen<br />
die feine Körnung. Hierin liegt der Vorteil für Scanmetals. 3: Der<br />
„EY Entrepreneur of The Year“-Award ist einer der prestigeträchtigsten<br />
Preise für Corporate Excellence weltweit. Das Programm ist in<br />
60 Ländern vertreten und vereint die besten Unternehmer der Welt.<br />
damit, Nichteisenmetalle von<br />
Hand zu sortieren.“ Auf diesem<br />
Weg schaffte es Scanmetals zurück<br />
in die Gewinnzone. Zwar<br />
hatte auch Scanmetals mit der Finanzkrise<br />
2008 zu kämpfen, aber<br />
diesmal überwand Pedersen die<br />
Krise mit Durchhaltevermögen<br />
und Entschlossenheit. „Steinert<br />
war zur Stelle, als ich eine Lösung<br />
brauchte, und vermietete<br />
mir seine Röntgen-(XRT)-Sortiermaschine<br />
zur Herstellung<br />
sauberer Aluminiumprodukte“,<br />
erklärt Pedersen. Damit war der<br />
Grundstein für seine finanzielle<br />
Unabhängigkeit gelegt, die es ihm<br />
ermöglichte, seine Vision europaweit<br />
zu verbreiten. Inzwischen<br />
gibt es dank Pedersens Erfolg viele<br />
unterschiedliche Sortieranlagen,<br />
die Müllverbrennungsasche<br />
in Primärressourcen verwandeln.<br />
Fokus auf die feinen<br />
Nichteisenmetalle<br />
Pedersen zufolge glaubte vor<br />
sechs Jahren noch niemand an<br />
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1<br />
2 3<br />
das Potenzial der kleinen Partikel<br />
in der Asche. „Wir produzieren<br />
täglich vier LKW-Ladungen<br />
Aluminium“, erklärt er. „Und die<br />
finden in der Ressourcen-hungrigen<br />
Industrie ihren Absatz.“ Entscheidend<br />
ist, dass die Industrie<br />
sich nicht direkt aus dem Primärbergbau<br />
versorgen muss, und<br />
ihre Nachhaltigkeitsbilanz steigt,<br />
wenn sie hochwertige Sekundärrohstoffe<br />
einsetzen.<br />
Die größte Verbrennungsanlage<br />
von Kopenhagen produziert<br />
circa 240.000 Tonnen Müllverbrennungsasche<br />
pro Jahr. „Etwa<br />
20 Prozent des Abfalls aus Verbrennungsanlagen<br />
wird zu Rostasche.<br />
Der Metallanteil in dieser<br />
Asche – Partikel von ein bis 100<br />
Millimeter – beträgt etwa zwei<br />
Prozent.“ Nach der Verbrennung<br />
erhöht die Abscheidung von NE-<br />
Metallen mittels Wirbelstromscheidung<br />
den Metallanteil von<br />
zwei auf 50 bis 60 Prozent. Die<br />
Anlagen verkaufen die behandelte<br />
Asche für circa 1.000 Euro<br />
pro Tonne. „Das heißt, dass wir<br />
2.000 Euro pro Tonne Metall<br />
bezahlen. Und für mich liegt der<br />
Benefit in den kleinen Partikeln,<br />
im Feinkorn.“<br />
Steinert ermöglicht<br />
Closed-Loop-Produktion<br />
Fotos: Steinert<br />
Pedersen fokussiert sich nun auf<br />
die Herstellung von Aluminium.<br />
Also auf Herstellung von highend<br />
Qualität, die seine Kunden<br />
benötigen. Er investierte früh in<br />
Technologien zur Trennung von<br />
Schwer- und Leichtfraktionen<br />
und deren Upgrade in sortenreine<br />
Metallprodukte wie unter anderem<br />
Aluminiumlegierungen.<br />
Der Prozess beginnt mit dem<br />
Nichteisenmetallscheider für die<br />
Zorba-Rückgewinnung aus der<br />
Asche. Hierauf folgt im nächsten<br />
Schritt die Separation des Edelstahls<br />
mittels Induktionssortiersystem.<br />
Die Steinert XSS T (Röntgentransmission)<br />
erzeugt dabei<br />
sehr reines Aluminium durch die<br />
Aussortierung von Schwermetallen.<br />
Die Erkennung der Sortieranlage<br />
ist so präzise, dass sie eine Aluminiumreinheit<br />
von 99,9 Prozent<br />
erreicht. Die Steinert KSS FLI XF<br />
(Röntgenfluoreszenz) wiederum<br />
ist die modernste Lösung zur<br />
Trennung von Schwermetallen<br />
in Kupfer, Messing, Zink und<br />
Edelmetalle. Der Reinheitsgehalt<br />
liegt bei den Schwermetallen bei<br />
über 97 Prozent.<br />
Kunden wie beispielsweise<br />
Aluminiumhütten nehmen fast<br />
100 Prozent des Aluminiums das<br />
Scanmetals von diesem Typ produziert,<br />
ab zur Produktion neuer<br />
Alu-Dosen. Hier wird der Closed-Loop<br />
Gedanke Realität. Für<br />
die Herstellung von Getränkedosen<br />
waren Hersteller lange auf<br />
reines Aluminium direkt aus dem<br />
Bergbau angewiesen. Pedersens<br />
Kunden sind sehr zufrieden mit<br />
der Qualität der rückgewonnenen<br />
Ressourcen von Scanmetals<br />
und müssen nicht länger Primäraluminium<br />
aus den Bergwerken<br />
beziehen – eine echte Win-win-<br />
Situation, da der Käufer gleichzeitig<br />
seine Nachhaltigkeitsbilanz<br />
verbessert. Bis zu zehn Mal kann<br />
rückgewonnenes Aluminium<br />
damit ohne Qualitätseinbußen<br />
recycelt werden.<br />
„EY Entrepreneur<br />
of the year 2018“-Award<br />
Ernst & Young überreichte vergangenes<br />
Jahr Ejvind Pedersen<br />
den Unternehmerpreis in der<br />
Kategorie „Innovation“. Er überzeugte<br />
die Jury mit beeindruckenden<br />
Wachstumsraten, mit<br />
seiner Innovationskraft und seinem<br />
sozialen Engagement. Und<br />
auch diesmal nutzte Pedersen die<br />
Gunst der Stunde. Er fragte in<br />
seiner Dankesrede, ob jemand in<br />
seine Vision investieren möchte,<br />
um diese in die Welt zu tragen<br />
und weitere Arbeitsplätze in der<br />
Ressourcenindustrie zu schaffen.<br />
„Ich habe aus Fehlern gelernt.<br />
Ich habe ein gesundes Unternehmen<br />
aufgebaut, und ich habe<br />
eine innovative Vision mit viel<br />
Zukunftspotenzial. Es hat in<br />
meinem Leben viele Herausforderungen<br />
gegeben, aber ich<br />
habe meine Chancen immer<br />
genutzt, und damit war ich<br />
erfolgreich. Das hat mir Selbstvertrauen<br />
gegeben.“<br />
Eine Woche nach der Preisverleihung<br />
konnte Pedersen den<br />
nächsten Erfolg verbuchen. Die<br />
Lego-Familie meldete sich bei<br />
ihm und stieg ins Geschäft ein.<br />
Das Unternehmen schenkt seinen<br />
Visionen Vertrauen und will<br />
in die Expansion seiner nächsten<br />
Projekte in Europa investieren<br />
– damit der Materialkreislauf<br />
erhalten bleibt. Übrigens: Scanmetals<br />
ist in der Lage, innerhalb<br />
eines Jahres nach Erteilung der<br />
Betriebsgenehmigung seitens<br />
der Umweltbehörden ein neues<br />
Werk zu errichten und in Betrieb<br />
zu nehmen. Neue Werke werden<br />
in Eigenregie, als Joint-Venture<br />
oder im Rahmen von Kooperationen<br />
geführt.