GESUNDHEIT „Diagnose ist der wichtigste Part“ Dr. Wolfdietrich Boos im Interview zu den neuen Herausforderungen an den Rücken Was ist dabei der erste Schritt? Wichtig ist es zu Beginn, als Arzt genau zuzuhören. Nicht jeder Patient versteht die Signale des eigenen Körpers so gut, dass er dem Mediziner eindeutige Hinweise auf die Ursache geben kann. Manchmal müssen wir uns mehr Zeit nehmen, um im Gespräch herauszufinden, wo der Schuh tatsächlich drückt. 44 Foto: Pixabay Seit 1985 hat er etwa 9000 Operationen an der Wirbelsäule durchgeführt und weiß: Rückenschmerzen betreffen einen erheblichen Teil der Bevölkerung. Dr. Wolfdietrich Boos leitet seit 2007 die Abteilung Neurochirurgie an der Paracelsus-Klinik. Wir haben den Experten anlässlich des „Tages der Rückengesundheit“ am 15. März zu aktuellen Herausforderungen an die Wirbelsäule befragt. Volkskrankheit Rücken – warum leiden so viele Menschen an Problemen im Bereich der Wirbelsäule? Der Hauptgrund dafür ist: Wir werden immer älter. Die Formulierung Volkskrankheit ist plakativ und unterschlägt die Vielfalt der möglichen Ursachen und Symptome von Rückenleiden. In Wahrheit gibt es extrem viele unterschiedliche Erkrankungen der Wirbelsäule – und die sind keineswegs neu. Ein Kollege, der Hobby-Paläontologe ist, hat sehr alte Skelette untersucht. Dabei fand er heraus: Unsere Vorfahren hatten die gleichen Rückenleiden wie wir. Allerdings lag deren Lebenserwartung bei 20 Jahren und nicht wie heutzutage bei über 80. Welche Auswirkungen hat diese verlängerte Lebensdauer auf die Rückengesundheit? Die Wirbelsäule ist für etwa 50 Jahre gebaut. Darüber hinaus setzen Verschleißerscheinungen ein, die zunächst nicht krankhaft sind, aber trotzdem schmerzhafte Symptome hervorrufen, die wir auf unterschiedliche Weise behandeln können. In den vergangenen Jahren haben diese altersassoziierten Veränderungen enorm zugenommen. Häufig haben wir es mit Stenosen zu tun, also Einengungen der Nervenkanäle in der Wirbelsäule, die mitunter zu Taubheit in Armen und Beinen führen oder zu Funktionsstörungen beim Greifen und Gehen. Als Neurochirurg schaffe ich im Fall einer Stenose operativ wieder Platz für die Nerven. Bei welchen Symptomen sollte man auf jeden Fall einen Arzt konsultieren? Es ist völlig normal, ab und zu Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule zu haben. Ab einem gewissen Alter kommt es ab und zu vor, morgens mit einem steifen Nacken aufzuwachen. Wenn die Schmerzen nach einigen Tagen von allein abklingen, ist ein Besuch beim Arzt in der Regel nicht notwendig. Wenn der Schmerz hingegen bleibt, ist eine Konsultation durchaus ratsam. Für den Fall, dass der Schmerz kontinuierlich zunimmt, sollte man frühzeitig einen Termin vereinbaren um eine behandlungswürdige Krankheit auszuschließen. Wie gehen Sie vor, um bei der Vielfalt der möglichen Ursachen die richtige Diagnose zu stellen? Zunächst schauen wir auf die Beschwerden und führen dann eine klinisch-neurologische Untersuchung durch, die mitunter die Beweglichkeit, Reflexe und Muskelfunktionen prüft. Wenn ein Nerv irritiert ist, kann eine Stenose vorliegen, die auf eine Veränderung der Knochen zurückzuführen ist. Möglich ist aber auch, dass der Nerv entzündet ist. Das Symptom ist in beiden Fällen gleich, die Ursache jedoch unterschiedlich. Die Bilder aus der Radiologie geben uns Aufschluss darüber, womit wir es zu tun haben. Die Diagnose ist der wichtigste Part des ganzen Prozesses. Der diesjährige „Tag der Rückengesundheit“ steht unter dem Motto „Achtsam durch den Tag – Rückenbelastungen gesund meistern“. Wie kann man vorbeugen, um den Rücken gesund zu halten? In unserem Alltag fehlt es oft an abwechslungsreicher Bewegung. Unsere Vorfahren sind über Stock und Stein gelaufen und haben sich auf vielfältige Weise körperlich betätigt. Sport, der diesen archaischen Bewegungsmustern ähnlich ist, ist deshalb gut für den Erhalt der Rückengesundheit. Ich denke da zum Beispiel an Ballsport, bei dem man einfach drauflos läuft, ohne viel nachzudenken. Aber auch leicht durchzuführende, zyklische Sportarten wie Laufen, Schwimmen und Radfahren sind ratsam. Es gibt auf der anderen Seite auch jene Menschen, bei denen bestimmte Erkrankungen prädestiniert, also vererbt, sind. Bewegung ist kein Allheilmittel, aber generell empfehlenswert, um die Rückengesundheit bis ins hohe Alter zu erhalten. (KW) Infos und Terminvereinbarungen telefonisch unter 0421 / 4683-545 und per Mail an mvz-neurochirurgie@bremen-pkd.de Dr. Wolfdietrich Boos, Leitender Facharzt der Abteilung Neurochirurgie an der Paracelsus-Klinik und Experte für Wirbelsäulenchirurgie. Foto: FR
Paracelsus-Klinik Geballte medizinische Kompetenz 45