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Stadt-Anzeiger Nr. 662 29. März 2020 Seite 12
Seit 2014 sind beide auf Mallorca. Sie arbeitet dort als Pfarrerin der „Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde auf den Balearen“.
Er engagiert sich als Sozialarbeiter in diakonisch-sozialen Aufgaben der Gemeinde.
Ein Paradies für eine evangelische Pfarrerin und ihren Ehemann?
Von Bad Meinberg nach Mallorca –
so sah der Weg von Heike und Paul
Stijohann im Jahr 2014 aus. „Damit
begann für uns eines der letzten
Abenteuer“, erklärt die 59-Jährige.
Sie erinnert sich, wie alles anfing:
„Du, Paul, komm‘ mal bitte, hier ist
eine Stellenausschreibung für ein
Auslandspfarramt. Aber es können
sich nur beide – Pfarrer/in und
Ehemann/frau – bewerben“. Die
Entscheidung der beiden reifte. Es
war letztendlich keine Entscheidung
gegen ihre bisherige Kirchengemeinde
in dem lippischen Kurort, in dem
Heike Stijohann 17 Jahre tätig war.
Sondern der Entschluss, noch einmal
etwas ganz Neues anzufangen, ein
anderes Gemeindeleben mitzugestalten
und eine neue Sprache zu
lernen. Daraus hat sich nach Aussage
der Stijohanns eine Lebensentscheidung
unter besonderen Bedingungen
ergeben. StAz-Redakteur Arnold
Pöhlker traf die Eheleute vor Ort
und wollte von ihnen wissen, was
sie damit meinen. Beide nehmen
sich viel Zeit, um über ihr Leben auf
Mallorca zu sprechen. Der auf sechs
Jahre angelegte Entsendungsauftrag
der Pfarrerin durch die Ev. Kirche
in Deutschland (EKD) endet am 1.
September dieses Jahres. Dann geht‘s
für beide zurück nach Deutschland.
Abenteuerliche Wege
und Bedingungen
Abenteuerlich ist schon der Weg
zum ev. Pfarrhaus in S‘Arenal, das
zugleich Begegnungsstätte der Gemeinde
ist. Das „Mallorca Magazin“
nannte es ein Gefühl von Wildwest,
wenn man über die unbefestigte
Erdstraße mit Wurzelknollen und
Schlaglöchern geht. Binnen kurzer
Zeit sind parkende Autos mit einer
dicken Staubschicht bedeckt. Inzwischen
wird die Straße ausgebaut.
Abenteuerlich sind die Lebensbedingungen
auf der Insel. Das Wasser aus
der Leitung kommt aus der Zisterne
und eignet sich nur zum Duschen und
Blumengießen. Trinkwasser muss in
Kanistern herangeschafft werden –
zu etwa 1000 Euro Zusatzkosten im
Jahr. Abenteuerlich muten auch die
Arbeitsbedingungen der Pfarrerin an.
An fünf festen Standorten, verteilt
über die Insel, finden regelmäßig elf
Gottesdienste im Monat statt.
Jeden Sonntag zwei in gegensätzlicher
Richtung. Vormittags geht‘s
für Heike Stijohann mit dem Auto
über insgesamt 180 Kilometer nach
Cala Ratjada und zurück nach Arenal.
Am frühen Abend noch einmal
80 Kilometer in die umgekehrte
Richtung nach Paguera und retour.
Einmal im Monat fliegt Pfarrerin
auf die Nachbarinsel Ibiza nach
San Rafael, um dort Gottesdienst
mit Residenten und Touristen zu
feiern und pfarrdienstliche Aufgaben
wahrzunehmen. Unter der Woche
finden auf der Insel weitere Gottesdienste
statt. Außerdem trifft sich die
Gemeinde im Verlauf des Kirchenjahres
bei zahlreichen besonderen
Festen. Auch dabei feiern die meist
deutschsprachigen Gemeindeglieder
Gottesdienst. Anschließend ist man
in geselliger Runde beisammen.
Meist finden diese Veranstaltungen
im Pfarrhaus oder Pfarrgarten statt.
Hin und wieder nutzt die Gemeinde
auch das besondere Flair der Insel
Nichts Neues im Trägerverein Freibad Belle. Zumindest
betrifft dies den Vorstand. Denn der alte ist
auch der neue. Die anwesenden Mitglieder sprachen
dem amtierenden Vorstand um den Vorsitzenden Paul-
Hermann Linnemüller einstimmig das Vertrauen aus.
Auch wenn in dieser Jahreszeit und bei der aktuellen
Wetterlage der Gedanke an die Badesaison noch nicht
so recht Einzug halten will, laufen beim Trägerverein
die Vorbereitungen für die Saison 2020 schon.
In seinem Jahresrückblick blickte der Vorsitzende auf
das Jahr 2019 zurück. Nach dem Rekordsommer 2018
mit fast 11.000 Besuchern, besuchten im vergangenen
Jahr etwa 7400 Gäste die Beller Batze. „Wir liegen
damit aber noch vergleichsweise hoch“, bemerkte
Linnemüller. Nachdem die Renovierung des Kiosks
rechtzeitig vor Saisonbeginn beendet wurde, konnte
der Badebetrieb am 19. Mai starten. Einen Tag später
hatten die Badefreunde viel Glück. Der Starkregen der
über die Region zog verschonte das Schwimmbecken.
“Bei uns wurde „nur“ der Parkplatz und die Gebäude
überflutet“, erinnerte der Vorsitzende. Dank vieler
fleißiger Helfer war bereits am darauffolgenden Tag
für besondere Festlichkeiten im
Tramuntana-Gebirge oder z. B.
auf dem Puig de Santa Magdalena
bei Inca.
Pragmatische Ökumene
Zwei ökumenische Gottesdienste
mit überwältigendem Besuch werden
von allen christlichen Gemeinden
gemeinsam Weihnachten in der Kathedrale
von Palma gefeiert. „Daran
nehmen jeweils 3000 Menschen teil“,
freut sich Stijohann. Grundsätzlich
lebt man Ökumene pragmatisch
auf der Insel, hat Stijohann erfahren.
„Menschen unterschiedlichen
Glaubens kommen hier zu den
Gottesdiensten und Veranstaltungen,
wo auch immer sie wohnen“. Die
ev. Gemeinde hat keine eigenen
Kirchengebäude. Pragmatische
Ökumene bedeutet deshalb, dass die
katholischen Kirchen und Kapellen
gegen eine Gebühr mitgenutzt werden
dürfen. „Wir haben sozusagen ein
Abo bei den kath. Kollegen“, erklärt
die Theologin. Das sei kostengünstiger
als eigene Häuser zu unterhalten.
Eine kleine Besonderheit: Da die
kath. Kirchen auf der Insel nicht beheizt
sind, verteilt die ev. Gemeinde
zu ihren Gottesdiensten an Wintertagen
wärmende Wolldecken. Auch
in der Führungsetage wird Ökumene
in einem guten Sinne praktiziert.
Regelmäßig trifft sich ein ökumenischer
Kirchenrat aus Vertretern
aller christlichen Konfessionen. In
diesem Kreis werden gemeinsame
Wallfahrten, Gottesdienste und die
Woche der Einheit der Christen
geplant. Außerdem informieren sich
die Beteiligten untereinander über
eigene Vorhaben. Bei den gemeinsamen
Veranstaltungen bietet jede
Kirchengemeinde etwas Typisches
und bringt landestypisches Essen
auf den Tisch.
Taufen und Trauungen
sind stark nachgefragt
Bevorzugt finden auf der schönen
Mittelmeerinsel kirchliche Familienfeiern
statt. Die Statistik der ev.
Gemeinde zählt etwa 100 Taufen und
Trauungen im Jahr mit durchschnittlich
80 Teilnehmern! Die Bandbreite
reicht von sehr großen Feiern bis zu
kleineren, meist individuellen Gottesdiensten.
Heike Stijohann erzählt:
Ein Ehepaar war schon viele Jahre
standesamtlich verheiratet. Nun
wollten sie sich auch kirchlich trauen
lassen. „Da es beiden nicht möglich
war, die Kirchenmiete aufzubringen,
haben wir den Gottesdienst in
unserem Pfarrgarten gefeiert. Paul
war Trauzeuge, Fotograf und beim
anschließenden geselligen Beisammensein
auch Grillmeister“. Etwas
Besonderes war für die lippische
Seelsorgerin die Trauung der Nichte
der schwedischen Königin Silvia von
Schweden in der Kathedrale von
Palma mit vielen prominenten Besuchern.
Beerdigungen finden selten
auf Mallorca statt. Die ev. Gemeinde
zählt etwa sechs im Jahr. Das sind
deshalb so wenige, weil die Verstorbenen
(Touristen, Residenten)
meist nach Hause überführt werden,
wo dann von ihnen im Gottesdienst
Abschied genommen wird.
Das Leben der Anderen
Wie wichtig Kirche im „Leben der
Anderen“ ist, zeigt sich am Beispiel
Sie schauen auf sechs gemeinsame Jahre auf Mallorca zurück: Pfarrerin
Heike und Paul Stijohann.
Foto: Arnold Pöhlker
der monatlichen Gefangenenbesuche
im Gefängnis von Mallorca. Paul
Stijohann berichtet von der Weihnachtsfeier:
„Wenn Heike bei einer
Andacht im Advent mit ihrer Gitarre
„Macht hoch die Tür, die Tor macht
weit“ anstimmt, dann ist das schon
erhebend und auch sehr speziell.“ Der
Besuchsdienst schenkt den Straftätern
ein offenes Ohr, egal, was sie
getan haben. Alle hier Einsitzenden
sind arm dran, haben meist kein
Geld. Im Winter sind ihre Zellen
unbeheizt und bitter kalt, im Sommer
brütend heiß. Die Gemeinde besorgt
bei jedem Besuch für jeden eine
Kleinigkeit wie Kleidung, Schuhe,
Waschpulver, Socken und vieles
mehr. Das alles wird aus Diakoniespenden
finanziert. Einer der Gefangenen
sprach aus, was die meisten
Häftlinge empfinden: „Ihr seht in
uns den Menschen“. Damit aus
den zahlreichen kirchlichen Feiern
kein „Gottesdienst-Marathon“ wird,
schickt die EKD für einige Monate einen
Winterpfarrer zur Unterstützung.
So stellt die Kirche sicher, dass die
hauptamtliche Pfarrerin wenigsten
einen Tag in der Woche – meist
dienstags – auch mal persönlichen
Interessen nachgehen kann.
„Kirche aus dem
Kofferraum“
Was die kirchliche Arbeit erschwert,
sind lange Dienstfahrten auf der weitläufigen
Insel. In ihrem Fahrtenbuch
verzeichnet die Pfarrerin annähernd
25000 Kilometer im Jahr mit dem
Auto. Man lebt hier ein Stück weit
als „Kirche aus dem Kofferraum“,
wie ein früherer Seelsorger bemerkte.
Hier kommt der Pfarrer zur Gemeinde,
nicht umgekehrt. Schön ist, dass
das Gemeindeleben überkonfessionell
ausgerichtet ist. Zu allen Veranstaltungen
wird in ökumenischer
Weite eingeladen. Selbstverständlich
sind auch Konfessionslose herzlich
willkommen. Nach Gottesdiensten
und am Rande von Veranstaltungen
ist die persönliche Begleitung durch
die Inselpfarrerin wichtig. Häufig
kommt es zu seelsorgerlichen Kontakten,
die weitere Gespräche nach
sich ziehen. „In hohem Maße sind
Kirchenferne darunter, “, erklärt
Arnold
DIE SERIE IM STADT-ANZEIGER
Stijohann. Wichtig seien daneben
aber auch Krankenbesuche der hier
lebenden Residenten gemeinsam mit
einem Besuchsdienst der Gemeinde.
Kirchentagsfeeling in
die Gemeinde tragen
Generell wird die Kirche auf der
Insel als den Menschen sehr nahe
stehend wahrgenommen. Aber was
macht die kirchliche Arbeit so besonders
auf Mallorca? Heike Stijohann
Beller Batze weiter in bewährten Händen
Die Beller wollen Baden gehen
Hat vollstes Vertrauen der Mitglieder. Der Vorstand um Paul-Hermann Linnemüller (6.v.l.).
orientiert sich bei ihrer Antwort an
Luther, der dem Volk bekanntlich
aufs Maul geschaut hatte. „Was
der Reformator meinte, müssen wir
in die Sprache und Musik unserer
heutigen Zeit übersetzen“. Dabei
müsse sich Kirche stets leiten lassen
von der Frage: Wie kann man die
„Gute Nachricht“ in die Gemeinde
tragen und spürbar werden lassen,
dass der Glaube das Leben tragen
kann!? Unter diesem Motto zu arbeiten
bedeutet aber totaler Einsatz
für die Gemeinde und Menschen.
Halbe Sache mag Heike Stijohann
in ihrer beruflichen Ausrichtung
ohnehin nicht. Wer – wie der Autor
– diese agile Frau lange kennt, spürt,
wie sie für ihre Aufgaben geradezu
brennt. Das birgt Risiken, sich zu
viel zuzumuten beziehungsweise
aufbürden zu lassen. Auch wenn sie
dies nicht gelten lässt und sagt: „Bei
der ein und anderen gut gemeinten
Absicht kann ich auch mal fröhlich
scheitern“.
Fast sechs Jahre Mallorca und auch
die engagierte Zeit vorher haben
Spuren hinterlassen. Aber Heike
Stijohann ist und bleibt wie sie ist:
eine Pfarrerin mit Leib und Seele.
Gerade das macht sie so wertvoll.
Es ist ihre Fröhlichkeit und Herzlich-
Termine, leitet regelmäßig Gruppen
der Gemeinde, begleitet seine Frau
bei Fahrten, hat sogar seine gärtnerische
Leidenschaft im Pfarrgarten
entdeckt und diesen mit viel Mühe
zu einem mediterranen Refugium
umgestaltet. Bei Festen und Feiern
ist er Organisator, Grillmeister und
ein praktischer Helfer bei vielerlei
Handreichungen. „Paul ist es, der
die Menschen in den verschiedenen
Gruppen zusammenbringt, also eine
ganz wichtige diakonisch-soziale
Aufgabe in der Gemeinde erfüllt“,
freut sich Heike Stijohann.
Man spürt, wie dankbar sie für all
diese Unterstützung ist. Dass Paul
Stijohann seine Qualifikation als Sozialarbeiter
zugutekommt, versteht
sich von selbst.
Diesmal:
triftt...
auf Mallorca
keit, auf Menschen zuzugehen; ihre
Empathie gegenüber Trauernden und
Kranken; ihre leidenschaftliche Art
zu predigen und die Frohe Botschaft
kreativ und mutig in die heutige Zeit
zu übersetzen.
Als Teil eines Beziehungsnetzwerkes
arbeitet sie auch an allen
Knotenpunkten in der Gemeinde mit.
Eine wichtige Rolle übernimmt dabei
ihr Ehemann Paul Stijohann. Er hält
seiner Frau den Rücken frei, macht
sich im Haushalt nützlich, erinnert an
„Segen to go“
Da „Segen to go“ so etwas wie
Programm auf der Insel ist, geht‘s
bald auf Freizeitfahrt mit den Konfirmanden
nach Barcelona.
Mit im staatlich subventionierten
Inselflieger sitzen auch deren Eltern
und Geschwister. An drei mit Aktivitäten
vollgepackten Tagen denkt
Pfarrerin Heike Stijohann intensiv
mit den jungen Menschen über
Gott, ihr Leben und die Welt nach.
Zwischendurch und parallel läuft
Heike u. Paul Stijohann
ein Rahmenprogramm. Daran sind
Eltern und Geschwister beteiligt. Das
erweist sich als besonderes Erlebnis
für Jung und Alt, wieder etwas Gemeinsames
zu unternehmen. Auch
das gemeinsame Kochen und die
Geselligkeit zählen dazu.
Auch die Ev. Kirche auf den Balearen
hat auf die Corona-Pandemie reagiert
- Pfarrerin Heike Stijohann hält
jetzt Andacht über Youtube. Klicken
Sie https://youtu.be/8KwuwsFbEro.
Kirchkaffee nach dem Gottesdienst in Cala Ratjada im fröhlichen Kreis einiger Residenten mit Heike und
Paul Stijohann (rechts im Bild).
Foto: Arnold Pöhlker
kaum noch etwas davon zu sehen. Deutlich besseres
Wetter gab es beim traditionellen Pfingst- und Taufgottesdienst.
Das 28. Freibad Open-Air zeigte zwei
unterschiedliche Gesichter. Während der Freitag bei
gutem Wetter einen ordentlichen Besuch hatte, wurden
doch viele Besucher durch den früh einsetzenden
Regen vom Besuch am Samstag abgehalten. Das ist
besonders deswegen schade, weil das Open-Air eine
wichtige Einnahmequelle ist.
„Wir müssen Finanzen für zwei Jahre vorhalten,
um eventuelle Reparaturen und andere Investitionen
jederzeit tätigen zu können“, erläuterte Paul-Hermann
Linnemüller. In diesem Zusammenhang beschloss die
Versammlung auch, den Mitgliedsbeitrag erstmals
seit der Umstellung von D-Mark auf Euro von 20
auf 30 Euro zu erhöhen. Für die neue Saison ist die
Eröffnung zum 17. Mai geplant. Reinigungs- und
Wartungsarbeiten stehen noch davor am 24. und 25.
April auf dem Programm. Am 26. und 27. Juni steigt
dann das 29. „Beller Freibad Open-Air“. Der Verein
hofft auf ein Einsehen des Wettergottes und verspricht
nicht nur ein musikalisches Feuerwerk.